Recht

Rechtliche Fallstricke der OTC-Werbung

Wie sich Abmahnungen und Verfahren vermeiden lassen

Der Wegfall der Preisbindung für OTC-Arzneimittel feiert in wenigen Monaten sein zehnjähriges Jubiläum. Spätestens seit jenem 1. Januar 2004 scheint die Preiswerbung im Bereich des OTC-Sortiments zum guten Ton zu gehören. Nicht immer wird diese auch den rechtlichen Anforderungen in der Praxis gerecht, es drohen Abmahnungen, wettbewerbsrechtliche Verfahren und öffentlich-rechtliche Sanktionen. Der vorliegende Beitrag möchte einige wesentliche Fallstricke aufzeigen und deren Vermeidungsmöglichkeit transparent machen.

Der „liberale“ OTC-Sektor

Im Vergleich zu den strikten Vorgaben im Bereich der Rx-Produkte erscheint der OTC-Markt für den marketing-affinen Apotheker nahezu als Paradies für die Kundenansprache. Allerdings ist nicht jedem bewusst, dass auch dieser Bereich rechtlich durchaus reguliert ist, es gelten schließlich (nach wie vor) neben dem Berufsrecht u.a. die Vorgaben des Heilmittelwerbegesetzes (HWG), des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) und die ein Nischendasein fristende Preisangabenverordnung (PAngV).

Praxistipp: Im Bereich der OTC-Werbung kann grundsätzlich nur auf die fehlende Preisbindung und die Möglichkeit einer unmittelbaren Endverbraucheransprache gebaut werden. Ansonsten hat die Werbung den gleichen strengen Vorgaben zu entsprechen, wie eine Werbung für Rx-Produkte.

Pflichtangaben nach HWG

Ähnlich wie im Bereich der Patientenansprache durch die Werbung von Arzneimittelherstellern haben auch Apotheker bei der Werbung gegenüber Endverbrauchern die Erfordernisse der sogenannten Pflichtangaben zu erfüllen, die in § 4 Abs. 1 HWG aufgeführt sind. Im Bereich der OTC-Werbung ist zudem Abs. 3 zu beachten, der im Falle der Ansprache von Verbrauchern einerseits den Hinweis „Zu Risiken und Nebenwirkungen lesen Sie die Packungsbeilage und fragen Sie Ihren Arzt oder Apotheker“ erfordert, andererseits die Listenangaben nach Absatz 1 teilweise für nicht obligatorisch erklärt.

Ebenfalls wichtig ist die Privilegierung des Absatzes 6, der die sogenannte Erinnerungswerbung erfasst und die Pflichtangaben entfallen lässt. Eine solche Erinnerungswerbung liegt nach dem Gesetz vor, wenn ausschließlich mit der Bezeichnung eines Arzneimittels oder zusätzlich mit dem Namen, der Firma, der Marke des pharmazeutischen Unternehmers oder dem Hinweis: „Wirkstoff:“ geworben wird – eine Definition, die im (Rechts-)Alltag für mancherlei Streitigkeiten führt. Schließlich ist zu beachten, dass die Pflichtangaben ebenfalls dann nicht anzuwenden sind, wenn keine produktbezogene Werbung vorliegt, also die Werbung sich nicht auf ein individuelles oder jedenfalls individualisierbares Produkt bezieht, worunter z.B. die Bewerbung eines Preisvorteils von 20% beim Kauf von Produkten aus dem Bereich der Erkältungsmedikation fallen würde.

Praxistipp: Bewerben Sie ein bestimmtes Produkt gegenüber Endkunden und stellt die Werbung nicht lediglich eine Erinnerungswerbung dar, so muss die Werbung (nur) folgende Angaben gut lesbar enthalten:

1. die Bezeichnung des Arzneimittels

2. bei Monopräparaten die Angabe „Wirkstoff:“, soweit dieser nicht im Namen selbst genannt ist

3. die Anwendungsgebiete

4. Warnhinweise, soweit sie für die Kennzeichnung der Behältnisse und äußeren Umhüllungen vorgeschrieben sind

5. „Zu Risiken und Nebenwirkungen lesen Sie die Packungsbeilage und fragen Sie Ihren Arzt oder Apotheker.“

Verstöße gegen das UWG

Mögliche Verstöße gegen das UWG sind in einer solchen Bandbreite denkbar, dass der Versuch der umfassenden Darstellung zum scheitern verurteilt wäre. Im Folgenden soll daher nur auf Grundzüge und den „Dauerbrenner“ AVP eingegangen werden.

Das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb schreibt vor, dass eine Werbung insbesondere weder unlauter noch irreführend sein darf. Bezüglich der Unlauterkeit hat der Gesetzgeber in § 4 des UWG einen Katalog geschaffen, der solche Umstände (nicht abschließend) aufzählt, bei deren Vorliegen jedenfalls von einer Unlauterkeit auszugehen ist (sog. Regelbeispiele). Als solche seien exemplarisch genannt, dass unlauter handelt, wer „bei Verkaufsförderungsmaßnahmen wie Preisnachlässen, Zugaben oder Geschenken die Bedingungen für ihre Inanspruchnahme nicht klar und eindeutig angibt oder – besonders praxisrelevant – „einer gesetzlichen Vorschrift zuwiderhandelt, die auch dazu bestimmt ist, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln“, was durch den abstrakten Verweis eine Vielzahl von möglichen Verstößen nach sich zieht. Nur beispielhaft sei darauf hingewiesen, dass auch die sogleich näher beleuchtete Preisangabenverordnung zu den das Marktverhalten regelnden Vorschriften gehört und ein Verstoß wettbewerbsrechtlich verfolgt werden kann.

Ein „beliebter“ Verstoß ist im Zusammenhang mit der Bewerbung eines Preisvorteils gegenüber dem AVP zu sehen. Immer wieder ist es Gegenstand gerichtlicher Auseinandersetzungen (jüngst Landgericht Berlin, Urteil vom 31.5.2013, Az. 103 O 155/12), dass Apotheker mit prozentualen Rabatten gegenüber dem AVP werben, ohne – nach Ansicht der Gerichte – genügend darauf hinzuweisen, was den AVP ausmacht und dass dieser in aller Regel nicht mit dem UVP gleichzusetzen ist. Da gerade dies oftmals unterlassen wird, sehen die Gerichte darin einen Verstoß gegen das Irreführungsverbot des § 5 Abs. 1 Nr. 2, nach dem eine geschäftliche Handlung dann irreführend ist, wenn sie unwahre Angaben enthält oder sonstige zur Täuschung geeignete Angaben über den Anlass des Verkaufs wie das Vorhandensein eines besonderen Preisvorteils, den Preis oder die Art und Weise, in der er berechnet wird, oder die Bedingungen, unter denen die Ware geliefert oder die Dienstleistung erbracht wird, enthält.

Praxistipp: Einen zahllos anzutreffenden Verstoß gegen das UWG stellt es dar, wenn ohne spezifische Erläuterung eines Preisvorteils gegenüber dem AVP geworben wird, da der Endverbraucher diesen mit einem UVP des Herstellers gleichsetzt.

Beachtung der Preisangabenverordnung

Teilweise nur stiefmütterlich werden – gänzlich zu Unrecht – die Angabepflichten nach der Preisangabenverordnung behandelt. Entgegen teilweise bestehender Ansicht ist diese sehr wohl auch auf OTC-Arzneimittel anzuwenden. Die gegenteilige Auffassung beruht mutmaßlich auf § 9 Abs. 1 Nr. 3 PAngV, nach dem diese Verordnung nicht anzuwenden ist „auf Waren und Leistungen, soweit für sie aufgrund von Rechtsvorschriften eine Werbung untersagt ist“. Ein solches Verbot gilt jedoch eben nicht für sämtliche Arzneimittel, sondern nur für verschreibungspflichtige Arzneimittel, wenn die Werbung nicht gegenüber Fachkreisen erfolgt. Konsequenterweise ist die Preisangabenverordnung bei OTC-Werbung gegenüber Endverbrauchern anwendbar und zu beachten.

Der Zweck der Verordnung besteht darin, durch eine sachlich zutreffende und vollständige Verbraucherinformation Preiswahrheit und Preisklarheit zu gewährleisten und durch optimale Preisvergleichsmöglichkeiten die Stellung der Verbraucher gegenüber Handel und Gewerbe zu stärken und den Wettbewerb zu fördern. Dieses Ziel wird insbesondere durch die Pflicht zur Angabe des Endpreises (§ 1 PAngV) und des sogenannten Grundpreises (§ 2 PAngV) erreicht. Der Endpreis bedeutet dabei den Einschluss der Mehrwertsteuer und eventueller Versandkosten. Während dieses Erfordernis in der Regel beachtet wird, ohne dass darin die bewusste Erfüllung einer gesetzlichen Pflicht erkannt wird, sorgt die fehlende Angabe des Grundpreises des Öfteren für Streitigkeiten. Diese verlangt das zusätzliche Angeben des Preises je Mengeneinheit einschließlich der Umsatzsteuer und sonstiger Preisbestandteile.

Praxistipp: Bei Preisangaben in der OTC-Werbung ist die Preisangabenverordnung zu beachten, die neben der Angabe des Endpreises auch insbesondere die des Grundpreises zur leichteren Vergleichbarkeit verlangt.

Rechtsanwalt Andreas Frohn, Kanzlei am Ärztehaus,
Frehse Mack Vogelsang, Köln, www.kanzlei-am-aerztehaus.de

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