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Management
Dem Kunden Respekt erweisen
Mit den Menschen achtsam und wertschätzend umgehen – es fängt mit der Einstellung zu sich selbst an
Der Management-Vordenker Peter F. Drucker hat den Satz geprägt: „Wer sich nicht selbst führen kann, kann überhaupt niemanden führen.“ Ähnlich verhält es sich mit dem Respekt, den wir anderen Menschen gegenüber aufbringen: Wer sich nicht selbst angenommen hat, wer sich nicht selbst respektiert und wertschätzt, dem fällt es schwer, anderen Menschen gegenüber Respekt an den Tag zu legen. Darum ist die Frage, ob wir im Kundengespräch wertschätzend agieren können, letztendlich eine Frage der Persönlichkeitsentwicklung und Herzensbildung.
Heißt das, dass Respekt nicht erlernbar ist? Wohl nur in einem gewissen Ausmaß. Wer von seiner Persönlichkeitsstruktur her grundsätzlich misstrauisch gegenüber anderen Menschen eingestellt ist und über ein negativ geprägtes Menschenbild verfügt, also stets davon ausgeht, der andere wolle ihm schaden, kann kaum eine respektvolle Haltung einnehmen. Trotzdem gibt es Verhaltensweisen, die dem respektvollen Umgang mit anderen entsprechen und durchaus trainierbar sind.
Aktiv Gemeinsamkeiten herstellen
Ein kundenorientiertes Gespräch kann derjenige führen, der sich in die Vorstellungswelt des Kunden versetzt, um dessen Wünsche und seinen Bedarf festzustellen. Dazu ist Empathie notwendig – das Mitfühlen mit dem Gegenüber. Die Hirnforschung betont, dabei spiele das Prinzip der Ähnlichkeit eine entscheidende Rolle: „Wir fühlen mehr mit Leuten, die uns ähnlich sind“ – so der Hirnforscher Christian Keysers in einem Interview mit dem Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ (Heft 29/2013. S. 124). Dabei seien kleinste Details entscheidend: „Würde ich Ihnen sagen, ich sei ebenfalls mal beim Spiegel gewesen, hätten Sie für eine Weile deutlich mehr Mitgefühl mit mir“, so Keysers. Nun ist Mitgefühl nicht identisch mit Respekt – aber wer mit anderen Menschen mitfühlt, ist eher in der Lage, sie in ihrem So-Sein zu respektieren und wertzuschätzen.
Was hat dies konkret mit dem Kundengespräch in der Apotheke zu tun? Nun – der Apotheker und sein Team können es erlernen, Gemeinsamkeiten mit dem Kunden zu entdecken und herzustellen. Wenn sich im Kundengespräch herausstellt, dass der Kunde einem ähnlichen Hobby nachgeht, kann der Apotheker dies offensiv thematisieren. Spricht er mit dem Kunden – zum Beispiel – über die gemeinsame Begeisterung am Segelsport, stellt er so ein Gefühl der Empathie, des Mitfühlens her. Es fällt ihm leichter, dem Kunden gegenüber wertschätzend und respektvoll aufzutreten, weil es jenen gemeinsamen Erfahrungshintergrund gibt. Er signalisiert ihm: „Wir sind uns ähnlich, wir schwimmen auf derselben Wellenlänge.“ Und dann fällt es leichter, ein Kundengespräch zu führen, in dem es darum geht, sich auf den Bedarf und die Erwartungen des Kunden zu konzentrieren.
Voraussetzung dafür ist die gute alte Fähigkeit des Zuhörens und aktiven Reagierens auf das, was der Kunde sagt. Das mag nicht immer gelingen. Aber wenn auf die Kundin zu Hause ein krankes Kind wartet, werden wohl jeder Apotheker und jede PTA in der Lage sein, eine Situation anzusprechen, in der sie sich gleichfalls um ihr krankes Kind oder einen kranken Angehörigen kümmern mussten. Indem sie die ähnliche Situation ansprechen, stellen sie eine Gemeinsamkeit in den Vordergrund und finden so den direkten Zugang zum Kunden.
Menschen, die aufgrund ihres Weltverständnisses und Menschenbildes grundsätzlich dazu in der Lage sind, den respektvollen Umgang mit Kunden zu pflegen, sind im Vorteil. Aber auch Menschen, die Schwierigkeiten haben, eine Beziehung zum Kunden aufzubauen, können es sich durch die Technik „Aktiv Gemeinsamkeiten herstellen“ in einem gewissen Ausmaß antrainieren, sich mit dem Gegenüber auf einer Wellenlänge einzuschwingen.
Fällt es den Menschen in Zeiten, in denen sich eine Ellbogenmentalität immer mehr verbreitet, schwerer, Respekt zu erweisen? Vielleicht. Durch die Fixierung auf Abschluss, Umsatz und Gewinn droht in vielen Branchen die Zerstörung des zarten Pflänzchens „Kundenkultur“. Das eröffnet neue Möglichkeiten: Apotheker, die Kundengespräche mit ethisch legitimierten Grundsätzen sowie Respekt und Wertschätzung führen und ihre Mitarbeiter auf die Bedeutung dieser Tugenden hinweisen, haben gute Chancen, vom Kunden als glaubwürdige Problemlöser und seriöse Nutzenstifter wahrgenommen zu werden. Der achtsame Umgang mit dem Kunden kann mithin den Aufbau eines Wettbewerbsvorteils gegenüber der Konkurrenz nach sich ziehen.
In die Rolle des Kunden schlüpfen
Besonders herausfordernd wird der respektvolle Umgang in problematischen Kundensituationen und wenn der Kunde es dem Apotheker und seinem Team schwermacht, ihm wertschätzend gegenüberzutreten. Das ist oft bei Reklamationen der Fall: Der Kunde reagiert unsachlich und wirft der PTA vor, sie habe einen Fehler gemacht. In dieser heiklen Situation wertschätzend zu agieren, verlangt ein hohes Maß an empathischer Kompetenz: „Bringe ich den Besserwissern und Nörglern, kurz: den schwierigen Kunden den angemessenen Respekt entgegen, verhalte ich mich selbst dann anständig, wenn ich das Gespräch aufgrund des Verhaltens des Kunden am liebsten beenden würde?“ Wiederum hilft das Prinzip weiter, Gemeinsamkeit herzustellen: Die PTA erinnert sich darin, wie sie selbst einst als Kundin im psychologischen Nebel stand, sich über etwas geärgert und einen Verkäufer darum nicht gerade fair behandelt hat. So gelingt es ihr, sich in die Gefühlswelt des sich beschwerenden oder nörgelnden Kunden zu versetzen – die Grundvoraussetzung für die achtsame und respektvolle Kommunikation mit dem Kunden.
Respektregeln aufstellen
Es ist gewiss von Vorteil, wenn der Apotheker das Thema „Respektvoller Umgang mit den Kunden“ in einer Teamsitzung anspricht und gemeinsam mit seinen Mitarbeitern überlegt, welche Verhaltensweisen dazu beitragen, Wertschätzung zu zeigen. Daraus kann sich ein Verhaltenskatalog entwickeln, der zum Beispiel die folgenden Prinzipien umfasst:
- Wer mit dem Kunden respektvoll kommunizieren will, muss dafür Zeit investieren. Fragen stellen, zuhören, Feedback geben, den Kunden verstehen wollen – das braucht seine Zeit. Umso wichtiger ist das Wissen der Mitarbeiter, dass die Chefin oder der Chef damit einverstanden ist, dass sie sich diese Zeit nehmen dürfen.
- Kommunikationskompetenz: Alle Beteiligten erlernen das aktive Zuhören, sind also fähig, genau zuzuhören und auf das einzugehen, was der Kunde äußert.
- Respektvoller Umgang kann im Team trainiert werden: Indem sich die Mitarbeiter und der Apotheker untereinander mit Wertschätzung begegnen, bauen sie die Kompetenz auf, diesen Respekt auch im Kundenkontakt zu zeigen.
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