- DAZ.online
- DAZ / AZ
- DAZ 12/2013
- Rauchzeichen vom Vatikan
Prisma
Rauchzeichen vom Vatikan
Zwischen den Extremen "schwarz" und "weiß" gibt es viele Graustufen, wie nicht erst seit Ödipussi alias Loriot bekannt ist. Wenn es aber in einem System per Definition kein "grau" gibt, ist es oft schwer zu entscheiden, ob es sich bei einem grauen Phänomen um "schwarz" oder "weiß" handelt. Dieses Problem war bei der Papstwahl im Jahr 2005 akut, trat aber diesmal nicht auf – dank moderner Chemie und Verbrennungstechnik.
Nach den Wahlgängen in der Sixtinischen Kapelle werden die ausgezählten Stimmzettel nicht archiviert, sondern an Ort und Stelle in einem Ofen verbrannt. Um der Öffentlichkeit mitzuteilen, ob ein neuer Papst gewählt wurde oder nicht, hat man durch Zugabe weiterer Brennstoffe den Rauch möglichst dunkel oder möglichst hell gemacht. Das Erstere erreichte man durch stark rußende Stoffe wie Pech, Harz oder auch Ruß an sich. Das Letztere erreichte man im Umkehrschluss durch Zugabe von Stoffen, die möglichst rußfrei verbrennen, wie z. B. Pflanzenfasern (Flachs, Hanf); den bei der Verbrennung entstehenden Wasserdampf, der durch Kondensation wie eine weiße Wolke erscheint, vermehrte man noch, indem man feuchtes Stroh aufs Feuer legte.
Bei der Papstwahl im Jahr 2005 wurden erstmals ein zweiter Ofen und Chemikalien eingesetzt, um die Graustufen des Rauches zu modulieren, was allerdings nicht ganz zufriedenstellend gelang. In diesem Jahr aber verlief alles perfekt. Die Angaben über die Zusammensetzung der verwendeten Brandsätze sind etwas widersprüchlich, doch so viel ist klar: Die Kartuschen für den schwarzen Rauch enthalten Anthracen, diejenigen für den weißen Rauch enthalten Lactose.
0 Kommentare
Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.