Fragen aus der Praxis

Verordnungsfähigkeit von Calcium und Vitamin D3

Eine ältere Dame betritt die Apotheke, sichtlich verwirrt. Eine Stammkundin, die gelegentlich über Rückenschmerzen klagt, aber ansonsten fit ist, immer noch zu ihrer Gymnastik geht und sich sehr gerade hält. Nun hat sie ein grünes Rezept über Calcium/Vitamin-D-Brausetabletten in der Hand, die sie jeden Tag nehmen soll. Ihre Knochendichtewerte seien so schlecht geworden, sie habe jetzt Osteoporose und solle dies nehmen. Aber für Osteoporose gäbe es doch wohl Medikamente, die sie nicht selbst bezahlen müsste?

Calcium in Kombination mit Vitamin D3 wird häufig bei Osteoporose eingesetzt und wirkt sich günstig auf den Knochenstoffwechsel aus. Calcium ist vor allem für die Festigkeit der Knochen und für die Muskelfunktion notwendig, spielt aber auch eine Rolle bei diversen Signalübertragungswegen innerhalb und außerhalb der Zelle. Das "Sonnenvitamin" D3 (Colecalciferol, Cholecalciferol) ist eigentlich kein Vitamin, sondern ein Hormon. Es wird in der Haut unter Sonneneinwirkung (UV-B) aus einem Prodrug (Provitamin D3) gebildet und fördert die Aufnahme von Calcium aus dem Magen-Darm-Trakt sowie die Härtung des Knochens. Allgemein reguliert es den Calcium- und Phosphathaushalt des Körpers und ist an weiteren Stoffwechselvorgängen des Körpers beteiligt. Im Gegensatz zum Calcium kann Vitamin D3 nur sehr begrenzt über die Nahrung aufgenommen werden, insbesondere über Fettfische (Makrele, Lachs, Hering), Eigelb und einige Speisepilze. Die Hauptquelle ist die Bildung in der Haut; zudem kann der Körper relativ viel Vitamin D speichern (Fett und Muskelgewebe). Im Körper wird aus Vitamin D3 zunächst 25-OH-Vitamin-D3, die Speicherform, die auch im Blut bestimmt werden kann. Dieses wird dann in die Wirkform Calcitriol umgewandelt. Eine Messung von Calcitriol ist aufgrund der geringen Konzentration und kurzen Halbwertszeit nicht sinnvoll, so dass bei Blutspiegelbestimmungen in der Regel 25-OH-Vitamin-D3 bestimmt wird (siehe unten). Vitamin D3 als Wirkstoff wird meist in IE bzw. IU (Internationalen Einheiten bzw. international units) oder in µg angegeben; dabei entsprechen 1µg 40 IE (1).

Osteoporose

Osteoporose ist eine Skeletterkrankung mit verminderter Knochenmasse, einer Verschlechterung der Mikroarchitektur des Knochengewebes und damit einhergehend einer Gefahr erhöhter Knochenbrüchigkeit. International validierte Klassifikationskriterien existieren nicht, es gibt aber eine Stadieneinteilung der WHO (Tabelle 1) [2]. In Deutschland gibt es Empfehlungen des Dachverbandes Osteologie DVO ("Prophylaxe, Diagnostik und Therapie der Osteoporose bei Erwachsenen"); die Leitlinie befindet sich in der Überarbeitung, die Gültigkeit wurde aber bis 1. Oktober 2014 verlängert [3].

Tabelle 1: WHO-Stadieneinteilung der Osteoporose (2)
Grad 0OsteopenieKnochenmineralgehalt vermindert 
(T-Score: – 1 bis – 2,5), keine Frakturen
Grad 1OsteoporoseKnochenmineralgehalt vermindert 
(T-Score: < – 2,5), keine Frakturen
Grad 2Manifeste 
Osteoporose
Knochenmineralgehalt vermindert 
(T-Score: < – 2,5), 1 bis 3 Wirbelkörperfrakturen
Grad 3Fortgeschrittene 
Osteoporose
Knochenmineralgehalt vermindert 
(T-Score: < – 2,5), multiple Wirbelkörperfrakturen, oft auch extraspinale Frakturen

Calcium/D3 nicht in jedem Fall verordnungsfähig

Zur Basistherapie empfiehlt die Leitlinie bis zu 1000 mg Calcium täglich, aber nur, wenn die Zufuhr über die Nahrung nicht ausreicht. Die Gesamtzufuhr aus Nahrungscalcium und Supplementen sollte 1500 mg nicht überschreiten. Für Vitamin D3 werden in der Leitlinie 800 bis 2000 IE pro Tag empfohlen (3). Die Calcium- und/oder Vitamin-D3-Präparate sind apothekenpflichtige Arzneimittel, die für Erwachsene nach Anlage I der Arzneimittelrichtlinie in Ausnahmefällen verordnet werden können. Die Indikationen sind im Kasten aufgeführt [4].

Arzneimittel-Richtlinie, Anlage I, Nr. 11 und 12

Nr. 11

Calciumverbindungen (mind. 300 mg Calcium-Ion/Dosiereinheit) und Vitamin D (freie oder fixe Kombination)

nur zur Behandlung der manifesten Osteoporose,

nur zeitgleich zur Steroidtherapie bei Erkrankungen, die voraussichtlich einer mindestens sechsmonatigen Steroidtherapie in einer Dosis von wenigstens 7,5 mg Prednisolonäquivalent bedürfen,

bei Bisphosphonat-Behandlung gemäß Angabe in der jeweiligen Fachinformation bei zwingender Notwendigkeit.

Nr. 12

Calciumverbindungen als Monopräparate nur

bei Pseudohypo- und Hypoparathyreodismus,

bei Bisphosphonat-Behandlung gemäß Angabe in der jeweiligen Fachinformation bei zwingender Notwendigkeit.

Zusatz

In Anlage I Nummer 11 werden nach den Wörtern "Calciumverbindungen (mind. 300 mg Calcium-Ion/Dosiereinheit) und Vitamin D (freie oder fixe Kombination)" die Wörter "sowie Vitamin D als Monopräparat bei ausreichender Calciumzufuhr über die Nahrung" eingefügt

(Beschluss des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) vom 17. Januar 2013, noch nicht im Bundesanzeiger veröffentlicht)

Gleich der erste Punkt regelt die Anwendung bei Osteoporose. Eine Calcium- und Vitamin-D3-Supplementierung zulasten der GKV ist nur zur "Behandlung einer manifesten Osteoporose" möglich, die nach der Leitlinie und auch nach der Stadieneinteilung der WHO als eine Osteoporose gekennzeichnet ist, bei der schon Knochenbrüche aufgrund der verminderten Knochendichte aufgetreten sind. Häufig sind dies gesinterte Wirbelkörperbrüche, die zu dem berüchtigten "Witwenbuckel" führen, aber auch andere Brüche ohne adäquates Trauma. Eine Verordnung der Calcium- und Vitamin-D3-Präparate ohne entsprechende Knochenbrüche, also nur aufgrund der Knochendichtemessungen ist nicht möglich, was von den Patienten häufig nicht verstanden wird. Auch Ihre Patientin ist irritiert: "Ich bin doch krank, muss ich erst gebrochene Knochen haben, bis die Kasse meine Therapie bezahlt?"

In diesem Falle ja: Calcium/Vitamin D3-Präparate gehören zunächst in den Bereich der Prävention von Knochenbrüchen, und allein die Knochendichtemessung gibt keinen Aufschluss darüber, ob eines Tages tatsächlich Knochen brechen oder nicht. Für die Therapieempfehlungen in der Leitlinie (für eine spezifische medikamentöse Therapie durch z. B. Bisphosphonate) ist ausschlaggebend, wie hoch das geschätzte Risiko für Frakturen in den nächsten zehn Jahren ist. Dabei ist neben dem Alter die Knochendichte einer von mehreren Faktoren, die berücksichtigt werden [3].

Weitere Indikationen, die eine Verordnung auf einem Kassenrezept möglich machen, sind eine langandauernde Steroidtherapie (mindestens sechs Monate mit einer bestimmten Cortison- Menge) sowie eine Therapie mit Bisphosphonaten, die in der Fachinformation eine Calciumsubstitution zwingend vorschreiben. Diese gibt es derzeit allerdings nicht, in den Fachinformationen finden sich eher Formulierungen wie "auf eine ausreichende Calciumversorgung sollte geachtet werden" [5]. Zusätzlich wird eine Monosubstitution mit Vitamin D3 möglich sein, wenn die Calciumzufuhr über die Nahrung gesichert ist (Beschluss des G-BA vom 17.1.2013, noch nicht in Kraft) [4].

Auch die Monotherapie mit Calcium ist möglich (siehe Kasten , Ziffer 12). Der Apotheke obliegt keine Prüfpflicht, ob die Calcium- und/oder Vitamin-D3-Verordnung gemäß der AM-RL erfolgt ist. Aber Achtung: es gibt einige Calcium-Präparate, die keine apothekenpflichtigen Arzneimittel sind, sondern nur Nahrungsergänzungsmittel. Gelegentlich findet sich eines davon auf einem Kassenrezept wieder, darf aber nicht zulasten der GKV abgegeben werden (z. B. Calcimagon 500®, Calcium dura® Filmtabletten, alternativ können Calcium CT® Kautabletten oder Calcium Brausetabletten von Hexal abgegeben werden bzw. der Rabattpartner für die entsprechende Krankenkasse).

Calcium ist nicht immer gut

Nun gibt es aber auch Kunden in der Apotheke, die Calcium/Vitamin D3 weder auf einem Kassenrezept verordnet bekommen noch auf Empfehlung des Arztes selbst kaufen, sondern die einfach nur etwas "für die Knochen" tun und Calcium/Vitamin D3 erwerben möchten. Insbesondere von Vitamin D3 hat man doch so viel Gutes gelesen und möchte damit Krebs, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes und vielen anderen Erkrankungen mehr vorbeugen. Schließlich leben die Deutschen in einem Vitamin-D-Mangelland, und Calcium ist immer gut – oder?

Bisher ging man davon aus, dass eine Einnahme von Calcium positive Auswirkungen und in einem weiten Dosierungsbereich auch keine negativen Folgen hat; somit haben viele Patienten regelmäßig Calcium, auch ohne ärztliche Rücksprache, eingenommen. Nun hat die Deutsche Gesellschaft für Endokrinologie (DGE) davor gewarnt, in "Eigenregie" Calcium zusätzlich zur Nahrung einzunehmen. Das sei nur in wenigen Fällen empfehlenswert, etwa bei älteren Menschen, die nicht genug Calcium über die Nahrung erhalten [6].

Zwei aktuell veröffentlichte Untersuchungen hatten bei einer Einnahme von 1000 mg Calcium pro Tag und mehr in nachträglichen Analysen ein bis zu 20% höheres Risiko für einen Herz-Kreislauf-Tod ergeben [7, 8]. Die Zielsetzung dieser Studien war zwar nicht die Fragestellung, ob die zusätzliche Einnahme von mehr als 1000 mg Calcium das Risiko für schwerwiegende Herz-Kreislauf-Ereignisse erhöht, aber solange es keine randomisierten Studien zu dieser Frage gibt, sollte eine Calciumsupplementierung im Selbstmedikationsbereich sorgfältig abgewogen werden.

Große Spannbreite bei Vitamin D3

Noch unübersichtlicher stellt sich die Situation bei Vitamin D3 dar. Zwar gibt es Hinweise darauf, dass ein niedriger Vitamin-D3-Spiegel auch bei anderen Erkrankungen außer Osteoporose eine Rolle spielen könnte. Aber was ist ein niedriger Vitamin-D3-Spiegel? In Deutschland gibt es zwar Grenzwerte, aber international sind die Grenzwerte durch eine große Spannbreite gekennzeichnet. Allgemein gilt aber ein unterer Schwellenwert für 25-OH-Vitamin D3 von 10 bis 12 ng/ml bzw. 25 bis 30 nmol/l (Umrechnungsfaktor: 2,496 nmol/l entsprechen 1 ng/ml). Dies stellt einen behandlungsbedürftigen Mangel dar, der Zielwert liegt in Deutschland nach Auffassung z. B. der Leitlinie Osteoporose oder der DGE (Deutsche Gesellschaft für Ernährung) bei 20 ng/ml (entsprechend 50 nmol/l) [3, 10]. Für Patienten mit Osteoporose und sehr niedrigen Werten empfiehlt die Leitlinie 800 bis 2000 IE täglich, für gesunde Senioren erscheint der DGE eine tägliche Dosierung von 400 IE ausreichend. Allgemeiner Konsens ist, dass insbesondere bei älteren Patienten eine gute Vitamin D3-Versorgung die Sturz- und Frakturhäufigkeit vermindern kann. Tägliche Dosen von bis zu 4000 IE werden als unbedenklich eingestuft [9].

Andere Länder, andere Empfehlungen

Andere Länder haben andere Vorstellungen: die Endocrine Society (USA) bezeichnet eine Serumkonzentration unter 20 ng/ml als defizient sowie zwischen 21 bis 29 ng/ml als insuffizient. Das NIH (National Institute of Health, USA) wiederum kategorisiert Serumkonzentrationen unter 12 ng/ml als defizient, zwischen 12 bis 20 ng/ml als inadäquat, Werte über 20 ng/ml als adäquat und über 50 ng/ml (bzw. 60 ng/ml) als zu hoch. Wieder andere Wissenschaftler finden auch Werte bis zu 100 ng/ml wünschenswert. Dementsprechend werden auch andere Dosierungen empfohlen: Das Institute of Medicine (IOM) der USA empfiehlt 2010 für Menschen > 70 Jahre ohne vorherige 25-OH-Vitamin-D-Messung eine tägliche Zufuhr von 800 IE Vitamin D, als tägliche noch als unbedenklich eingestufte Höchstdosis werden 4000 IE angegeben [10].

Wichtig bei der Beurteilung der Vitamin-D3-Laborwerte ist, auf gleiche Einheiten zu achten. Zudem ist je nach Labor und Verfahren mit einer enormen Schwankungsbreite um bis zu 40% zu rechnen – ein Umstand, der schon die Vitamin-D3-Bestimmung und damit die Entscheidung für oder gegen eine Therapie als nicht ganz so verlässlich erscheinen lässt, wie sie häufig dargestellt wird [11]. Zudem ist natürlich mit jahreszeitlichen Schwankungen zu rechnen: im Hochsommer werden die Werte höher sein als im späten Winter und beginnendem Frühjahr [12].

Etwa 80 bis 90% des benötigten Vitamin D3 produziert der Körper endogen über die UV-Bestrahlung. Somit sind besondere Risikogruppen für eine Unterversorgung alle Menschen, die keine ausreichende UV-Bestrahlung bekommen, z. B. ältere bettlägerige, gebrechliche oder mobilitätseingeschränkte Menschen, ältere Menschen, die selten in der Sonne sind, Menschen mit dunkler Hautfarbe sowie Menschen, die im Freien selbst Gesicht und Hände bedecken (z. B. Verschleierung). Auch Menschen, die – eigentlich gewünscht – hohe Lichtschutzfaktoren auftragen, laufen Gefahr, ihre körpereigene Vitamin-D3-Produktion zu unterbinden. Solarium hilft hier nicht: häufig sind dort nur UV-A-Lampen installiert, von den sonstigen Risiken ganz zu schweigen [1].

Was ist zu tun? Die Vitamin-D-Zufuhr über die Ernährung mit den üblichen Lebensmitteln (1 bis 2 µg pro Tag bei Kindern, 2 bis 4 µg pro Tag bei Jugendlichen und Erwachsenen) reicht nicht aus, um den Zielwert für die angemessene Zufuhr bei fehlender endogener Synthese zu erreichen. Was fehlt, muss entweder über die Einnahme eines Vitamin-D-Präparates erfolgen (als Schätzwert für eine angemessene Zufuhr bei fehlender körpereigener Zufuhr gibt die DGE 800 IE pro Tag an) oder über eine Erhöhung der endogenen Synthese durch Sonnenbestrahlung [10]. Als Faustregel gilt: pro Tag von Frühling bis Herbst ein Aufenthalt von bis zu 30 min im Freien, wenn Arme und Gesicht unbedeckt sind. Dies hängt natürlich noch vom Wetter, von der Tageszeit, vom Hauttyp und von weiteren Faktoren ab. Damit werden normalerweise die Vitamin-D-Speicher des Körpers aufgefüllt, von denen dieser über die Winterzeit zehrt [1].

Hochdosiertes Vitamin D3 rezeptpflichtig

Vitamin D3 ist rezeptfrei bis zu einer Tagesdosis von 1000 IE. Ein Antrag auf Anhebung der verschreibungsfreien Tagesdosis auf 2000 IE wurde 2011 vom BfArM abgelehnt [13]. Außerhalb der Apotheken dürfen nur Tagesdosen bis zu 400 IE verkauft werden – eine Grenze, die häufig und vor allem in Multivitaminpräparaten nicht eingehalten wird (Tabelle 2). Zudem gibt es einige apothekenpflichtige Präparate. In Deutschland sind mehrere freiverkäufliche und apothekenpflichtige Präparate im Handel sowie höher dosierte verschreibungspflichtige Präparate (Vigantol Öl®, Dekristol 20.000®). Insbesondere Dekristol 20.000 wird initial zur Behebung schwerwiegender Vitamin-D-Mangelzustände eingesetzt. Es ist aber nur zugelassen "zur einmaligen Anwendung bei der Anfangsbehandlung von Vitamin-D-Mangelzuständen". Eine darüber hinaus notwendige weitere Behandlung mit Dekristol 20.000® I.E. muss individuell vom Arzt festgelegt werden [14]. Mittlerweile wird Dekristol 20.000® aber auch zur Dauerbehandlung verordnet (wöchentlich oder in größeren Zeitabständen) und birgt damit die Gefahr eines off-label-uses (Gebrauch außerhalb der Zulassung); erste Kassenärztliche Vereinigungen dokumentieren bereits Regressanträge [15]. Der Apotheke obliegt hier aber keine Prüfpflicht.

Tab. 2: Grenzen für Vitamin-D3-haltige Arzneimittel
verschreibungspflichtig>1000 IE pro Tag*
apothekenpflichtig>400 IE pro Tag**

* Verordnung über die Verschreibungspflicht von Arzneimitteln (Arzneimittelverschreibungsverordnung – AMVV)

 

 ** Verordnung über apothekenpflichtige und freiverkäufliche Arzneimittel (AMVerkRV) 

Antwort kurz gefasst

Verordnung von Calcium- und/oder Vitamin D3 auf Kassenrezept ist in bestimmten Fällen möglich (s. Kasten).

Die Apotheke hat keine Prüfpflicht, ob eine Verordnung gemäß Arzneimittelrichtlinie vorliegt.

Einige Präparate sind als Nahrungsergänzungsmittel im Handel. Diese sind nicht verordnungsfähig.

Calcium-Supplementation in der Selbstmedikation sollte sorgfältig abgewogen werden, da ein erhöhtes kardiovaskuläres Risiko nicht ausgeschlossen werden kann.

Empfehlungen für Vitamin-D3-Substitution sind sehr uneinheitlich. Konsens ist, dass Ältere von guter Versorgung profitieren. Bis 4000 I.E. gelten als unbedenklich.

Von Frühling bis Herbst wird ein Aufenthalt von bis zu 30 min/d im Freien, Arme und Gesicht unbedeckt, empfohlen, um die Vitamin-D3-Speicher aufzufüllen.

Insa Heyde, Daniela Böschen, Stanislava Dicheva, Anna Hinrichs, Heike Peters, Apothekerinnen und wissenschaftliche Mitarbeiterinnen in der Arbeitsgruppe "Arzneimittelanwendungsforschung", Zentrum für Sozialpolitik, Universität Bremen

Literatur:

[1] Ausgewählte Fragen und Antworten zu Vitamin D, 22. Oktober 2012, gemeinsame FAQ des BfR, DGE und des MRI (www.BfR.bund.de)

[2] Qualitätssicherung in der Rheumatologie, Dt. Rheumatologische Gesellschaft, Januar 2008 (http://dgrh.de/qualitaetsmanual2008.html), letzter Zugriff 9. März 2013

[3] Leitlinie Osteoporose, gültig bis 1. Oktober 2014, letzter Zugriff 9. März 2013

[4] Arzneimittel-Richtlinie, Anlage I, Nr. 11 und 12, www.g-ba.de/informationen/richtlinien/3/, letzter Zugriff 15. März 2013

[5] Fachinformationen diverser Bisphosphonate, letzter Zugriff 9. März 2013

[6] Pressemitteilung der DGE (Deutschen Gesellschaft für Endokrinologie: "Endokrinologen warnen vor Nahrungsergänzung in Eigenregie: Zu viel Kalzium erhöht Sterblichkeit durch Herzkreislauferkrankungen", http://www.endokrinologie.net/presse_130226.php, 26.02.13, letzter Zugriff 9. März 2013

[7] Xiao, Qian et al.: Dietary and supplemental calcium intake and cardiovascular disease mortality. The National Institutes of Health - AARP Diet and Health Study JAMA INTERN MED published online February 4, 2013 http://archinte.jamanetwork.com/ article.aspx?articleid=1568523 

[8] Michaëlsson, Karl et al., Long term calcium intake and rates of all cause and cardiovascular mortality: community based prospective longitudinal cohort study BMJ 2013; Published 13 February 2013 http://www.bmj.com/content/346/bmj.f228

[9] Ross AC, Manson JE, Abrams SA et al.: the 2011 report on dietary reference intakes for calcium an vitamin D from the Institute of Medicine: what clinicians need to know. J Clin Endocrinol Metab 2011: 96: 53 – 38

[10] Deutsche Gesellschaft für Ernährung, D-A-CH-Referenzwerte für die Nährstoffzufuhr 1. Auflage, 4., korrigierter Nachdruck 2012, Kapitel Vitamin D, www.dge.de, letzter Zugriff 9. März 2013

[11] Ringversuche der deutschen Gesellschaft für Klinische Chemie, KV Sachsen, Rundschreiben 10/2012

[12] Robert-Koch-Institut: Antworten des RKI auf häufig gestellte Fragen zu Vitamin D, http://www.rki.de/SharedDocs/FAQ/vitamind3/vitamind3.html, letzter Zugriff 9. März 2013

[13] BfArM: Ergebnisprotololl der 66. Sitzung des Sachverständigen-Ausschusses für Verschreibungspflicht, 11. Januar 2011, www.bfarm.de, letzter Zugriff 9. März 2013

[14] Fachinformation Dekristol 20.000, Stand November 2008

[15] KV Sachsen; KV Berlin, Berliner Budget-Bulletin 04/2011

 

Kommentar

Eine Frage des Aufdrucks?

Vitamin-D-Präparate mit einer Tagesdosis über 400 IE sind apothekenpflichtig. Soweit richtig. Die Argumente liegen auf der Hand: als fettlösliches Vitamin sollte es nicht völlig unkritisch eingenommen werden, es besteht Beratungsbedarf. Allerdings ist der Satz "Vitamin-D-Präparate mit einer Tagesdosis über 400 IE sind apothekenpflichtig" an diesem Punkt nicht zu Ende. Der Punkt ist ein Komma und die Fortsetzung lautet: "wenn sie Arzneimittel sind". Betrachtet man die Sache völlig unvoreingenommen, würde man an dieser Stelle mit Hilfe des gesunden Menschenverstandes annehmen, dass für Nahrungsergänzungsmittel, die zu großen Teilen in Drogerien, Supermärkten und übers Internet verkauft werden, also offenbar generell weniger bis keinen Beratungsbedarf haben, niedrigere Grenzwerte für den Wirkstoffgehalt gelten als für das besondere Gut Arzneimittel. Zudem sind die meisten Menschen bei Einnahme eines Arzneimittels eher sensibilisiert, dass das Präparat bei unsachgemäßer oder unnötiger Einnahme auch schädlich sein könnte, als bei einem Präparat, das lediglich die Nahrung ergänzt. Ein weiteres Argument dafür, dass der Vitamin-D-Gehalt von Nahrungsergänzungsmitteln unterhalb der Grenze der Apothekenpflicht eines Arzneimittels mit entsprechendem Wirkstoff liegen sollte. Die Realität sieht anders aus. Verschiedenste Nahrungsergänzungsmittel, die, wären sie Arzneimittel, mit ihren 800 IE Vitamin-D-Gehalt, der Apothekenpflicht unterliegen würden, sind freiverkäuflich auf dem Markt. Der Knackpunkt bei Vitaminpräparaten und anderen, nicht generell vom Vertrieb außerhalb der Apotheke ausgeschlossenen Stoffen: Arzneimittel oder nicht ist nicht eine Frage der Dosis oder der Zusammensetzung, sondern eine Frage der Indikation. Ist ein Präparat als "Mittel mit Eigenschaften zur Heilung oder Linderung oder zur Verhütung […] von Krankheiten oder krankhafter Beschwerden" deklariert, ist es ein Arzneimittel und bedarf einer Zulassung. Wird Vitamin D lediglich als Sonnenvitamin für gesunde Knochen, Zähne, Muskeln und ein intaktes Immunsystem eingenommen, ist es kein Arzneimittel. Der regulatorische Aufwand, ein solches Präparat auf dem Markt zu bringen, ist im Vergleich zu einem Zulassungsverfahren nach AMG marginal. Taxofit, Doppelherz und Co. freut es und in den Regalen der Drogeriemärkte findet sich ein breites Sortiment. Als Apotheker schüttelte man den Kopf und kommt sich, wenn man bei der nächsten Abgabe eines Vitamin-D-Präparats mit einem Wirkstoffgehalt von 500 IE seiner gesetzlich vorgeschriebenen Beratungspflicht genüge tut, etwas veräppelt vor. Patientensicherheit sollte keine Frage des Aufdrucks auf der Packung sein.

Apothekerin Julia Borsch, Redakteurin der DAZ
DAZ 2013, Nr. 12, S. 72

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