Arzneimittel und Therapie

Kurz und trotzdem gut

Bei der akuten Exazerbation einer chronisch-obstruktiven Lungenerkrankung (COPD) ist eine systemische Gabe von Corticosteroiden internationaler Behandlungsstandard. Über die Dauer und die optimale Dosis gehen die Meinungen jedoch auseinander. Eine randomisierte Studie kam zu dem Ergebnis, dass eine fünftägige Behandlung der verbreiteten 14-tägigen Therapie nicht unterlegen ist.

In Deutschland empfiehlt die Nationale Versorgungsleitlinie COPD (derzeit in Überarbeitung) bei COPD-Exazerbation eine Intensivierung der Therapie mit Bronchodilatatoren (initial ein bis zwei Hübe eines kurzwirksamen Beta-2-Sympathomimetikums, z. B. Salbutamol, und zwei Hübe Ipratropiumbromid alle zehn bis 15 Minuten). Außerdem sollten systemische Corticosteroide (20 bis 40 mg Prednisolon-Äquivalent pro Tag) für maximal 14 Tage verabreicht werden. Auch internationale Leitlinien empfehlen in diesem Fall sieben bis 14 Tage lang Corticosteroide zu verabreichen. Randomisierte klinische Studien haben gezeigt, dass eine solche Behandlung das klinische Outcome der Patienten verbessern und den Klinikaufenthalt verkürzen kann. Zur Dosierung und insbesondere zur Therapiedauer gab es bisher jedoch zu wenige gesicherte Erkenntnisse aus Studien. Dies veranlasste ein Forscherteam aus der Schweiz, eine randomisierte Nichtunterlegenheitsstudie zum Vergleich einer Kurzzeitbehandlung über fünf Tage mit einer 14-tägigen Therapie zu konzipieren. Hintergrund dafür war auch die Tatsache, dass eine – mit nicht unerheblichen Nebenwirkungen behaftete – Langzeitbehandlung mit Corticosteroiden zu den unabhängigen Risikofaktoren der COPD zählt und deshalb möglichst vermieden werden sollte.


Merkmale einer akuten Exazerbation bei COPD


  • akute Verschlechterung der Erkrankung, erkennbar an einer Zunahme von Atemnot, Husten, Auswurf, Obstruktion oder thorakaler Beklemmung (selten Fieber), die eine Änderung der Behandlung (zusätzliche medikamentöse Therapie) erforderlich macht
  • tritt besonders in den COPD-Stadien II bis IV und oft während der kalten Jahreszeit auf
Bei einer akuten Exazerbation gilt es zuerst, die Ruhe zu bewahren und eine Körperhaltung einzunehmen, die die Atmung erleichtert. Die Abbildung zeigt solche Köperstellungen. Ausgeatmet wird dabei mit der sogenannten Lippenbremse. Dazu wird beim Ausatmen die Lippenöffnung verengt (Lippen liegen locker aufeinander), so dass die Luft beim langsamen Ausatmen länger im Mund bleibt und ein leichter Druck in der Mundhöhle entsteht. Danach sollten zwei Hübe eines kurzwirksamen Beta-2-Sympathomimetikums oder zwei Hübe eines kurzwirksamen Anticholinergikums inhaliert werden. 10 bis 15 Minuten abwarten, weiter eine atemerleichternde Körperhaltung einnehmen und Lippenbremse benutzen. Tritt danach keine Besserung ein, sollte ein Notarzt verständigt werden.

Fünf versus 14 Tage

Die Studie REDUCE (REDuction in the Use of Corticosteroids in Exacerbated COPD) schloss 314 COPD-Patienten ein, die von März 2006 bis Februar 2011 mit einer akuten Exazerbation in die Notaufnahme von fünf Schweizer Unikliniken aufgenommen worden waren. Es handelte sich dabei um Raucher (≥ 20 Pack-years) oder ehemalige Raucher ohne Asthma in der Anamnese. Alle Patienten erhielten am ersten Tag 40 mg Methylprednisolon i. v., gefolgt von 40 mg Prednison oral bis zum Tag 5. Ab dem sechsten bis zum 14. Tag verabreichte man entweder weiterhin diese Dosis oder Placebo. Zusätzlich zur Studienmedikation wendeten alle Patienten sieben Tage lang ein Breitspektrum-Antibiotikum sowie, je nach Bedarf, vier bis sechsmal täglich einen inhalativen, kurzwirksamen Bronchodilatator an. Nach der Entlassung aus der Klinik bestand die Basismedikation aus je zweimal täglich einem inhalativen Corticosteroid und einem langwirksamen inhalativen Beta-2-Agonisten sowie einmal täglich 18 µg Tiotropium. Im Ermessen des behandelnden Arztes lag es, zusätzliche Behandlungen wie beispielsweise weitere inhalative Corticoide, Physiotherapie oder Sauerstoffgaben zu verordnen.

Die Zusammensetzung der beiden Studienarme war bezüglich des mittleren Alters der Patienten (69 Jahre), der Schwere der Atemwegsobstruktion und der Vorbehandlung mit Corticosteroiden sehr ausgewogen, außer dass in der konventionellen Gruppe signifikant mehr Frauen vertreten waren (p = 0,02).

Nichtunterlegenheit nachgewiesen

Primärer Endpunkt war die Zeit bis zum Auftreten einer Reexazerbation innerhalb von 180 Tagen. Unter der Kurzzeittherapie erlitten 56 Patienten (36%), unter der konventionellen Behandlung 57 (37%) innerhalb von 180 Tagen eine erneute Exazerbation. Die Hazard ratio (HR) betrug in der Intention-to-treat-Analyse 0,95 (90% KI 0,70 bis 1,29, p = 0,006), womit das Kriterium für Nichtunterlegenheit (HR < 1,515) erfüllt war. Die mittlere Zeitdauer bis zur Reexazerbation lag unter der Kurzzeittherapie bei 43,5 und unter der Langzeitbehandlung bei 29 Tagen. Obwohl die mittlere kumulative Prednison-Dosis unter 14-tägiger Behandlung signifikant höher war als unter fünftägiger (793 mg vs. 379 mg, p < 0,001), traten behandlungsassoziierte Nebenwirkungen wie gastrointestinale Blutungen, Frakturen oder Herzversagen, aber auch Hyperglykämie und Bluthochdruck, nicht häufiger auf.

Die Autoren schlussfolgern aus ihren Ergebnissen, dass bei einer akuten COPD-Exazerbation eine Steroid-Kurzzeitgabe über fünf Tage empfehlenswert sei. Sie weisen jedoch unter anderem darauf hin, dass die Basismedikation der eingeschlossenen Patienten sehr umfangreich war – aus Sicht mancher Leitlinien könnten sie als überbehandelt gelten. Auch die standardmäßige Antibiotikabehandlung in den ersten sieben Tagen deckt sich nicht mit anderen Empfehlungen. In Deutschland beispielsweise wird die Antibiotikagabe bei einer Exazerbation nur bei purulentem Sputum, erkennbar an einer gelblich-grünen Farbe, empfohlen. Doch die Autoren wollten so viele Cofaktoren wie möglich ausschließen, um die beobachteten Unterschiede letztlich nur auf die verschiedenen Corticosteroid-Regime zurückführen zu können.

Sie weisen auch darauf hin, dass die Studie keine Aussagen darüber zulässt, ob die Ergebnisse auch für Nichtraucher gelten, da alle Teilnehmer entweder Raucher oder Ex-Raucher waren.

Kommentatoren der Studie bewerten die Ergebnisse positiv. Besonders für Patienten, die pro Jahr mehrere Exazerbationen erleiden, sei die Möglichkeit eines verkürzten, aber dennoch effektiven Corticosteroid-Regimes zu begrüßen, weil damit die Steroid-Exposition gesenkt und die damit verbundene Toxizität deutlich vermindert werden könne.


Quelle

Leuppi JD et al. Short-term vs conventional glucocorticoid therapy in acute exacerbations of COPD: The REDUCE Randomized Clinical Trial. JAMA (2013), online publiziert am 21. Mai 2013, doi: 10.1001/jama.2013.5023.

Sin DD, Park HY. Steroids for treatment of COPD Exazerbations. Less is clearly more. JAMA (2013), online publiziert am 21. Mai 2013, doi: 10.1001/jama.2013.5644

Nationale Versorgungsleitlinie COPD, gültig bis 12/2012, derzeit in Überarbeitung, www.awmf.org, www.copd.versorgungsleitlinien.de


Apothekerin Dr. Claudia Bruhn


Zum Weiterlesen


Klinische Pharmazie – POP

Ein Patient mit COPD.

Wie ein Medikationsmanagement helfen kann.

DAZ 2013, Nr. 3, S. 42– 52.

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