Arzneimittel und Therapie

Entwarnung

Keine erhöhte Sterblichkeit unter Spiriva® Respimat®

Die vor einigen Jahren geäußerten Bedenken, die Inhalation von Tiotropium mithilfe eines Respimat®-Inhalators (Spiriva® Respimat®) führe zu vermehrten kardialen Nebenwirkungen und einer erhöhten Sterblichkeit, konnten in einer großen Studie ausgeräumt werden.

Das langwirksame Anticholinergikum Tiotropium wird zur Dauertherapie einer chronisch obstruktiven Lungenerkrankung (COPD) eingesetzt. Zur inhalativen Applikation stehen zwei Darreichungsformen zur Verfügung: Das 2002 eingeführte Präparat Spiriva® 18 µg Tiotropium in Hartkapseln zur einmal täglichen Applikation des Trockenpulvers mithilfe des HandiHalers® sowie seit 2007 Spiriva® Respimat® mit 2,5 µg Tiotropium als Lösung zur einmal täglichen Inhalation von zwei Hüben mithilfe des Respimat®-Inhalators. Durch die neue Inhalationshilfe (Respimat®) sollten Anwendung und Einatmen des Aerosols erleichtert werden. Bei der Inhalation mit dem Respimat® wird die Sprühwolke durch einen Überdruck im Gerät erzeugt, der vor der Anwendung durch eine Drehbewegung am Unterteil des Gerätes aufgebaut wird. Die Sprühwolke erleichtert das Einatmen des Aerosols, und es werden höhere Wirkstoffkonzentrationen erzeugt. Eine Vergleichsstudie zwischen dem HandiHaler® und dem Respimat® hatte eine Äquivalenz der Therapien hinsichtlich Wirksamkeit, Sicherheit und Pharmakokinetik gezeigt. Doch bereits drei Jahre nach der Markteinführung wurde eine Metaanalyse publiziert, der zufolge das kardiale Risiko bei Verwendung des Respimat®-Inhalators erhöht ist. In dieser Metaanalyse mit rund 6500 Patienten war die Anwendung des Anticholinergikums via Respimat® im Vergleich zur Placebogabe mit einer signifikant höheren Gesamtsterblichkeit verbunden. Andere Metaanalysen bestätigten dieses Ergebnis nicht. Es folgte eine ausführliche Debatte über die kardiale Sicherheit von Spiriva® Respimat® (siehe auch DAZ 2011, Nr. 25). In den aktuellen Fachinformationen findet sich zu Spiriva® Respimat® der Warnhinweis, das Medikament sollte bei Patienten mit bekannten Herzrhythmusstörungen mit Vorsicht angewendet werden. In der Fachinformation zu Spiriva® 18 µg Trockenpulver, das für die Inhalation mit dem HandiHaler® bestimmt ist, wird dieser Warnhinweis nicht aufgeführt.

Foto: Boehringer Ingelheim
Tiotropium kann mittels Respimat® (links) oder HandiHaler® appliziert werden. Der Respimat® als treibgasfreier Inhalator setzt eine sich langsam bewegende und lang anhaltende Sprühwolke frei, der HandiHaler® ist ein Pulverinhalationssystem, bei dem der Wirkstoff nach Durchstechen der Kapsel durch aktives Einatmen mit dem Atemzug inhaliert wird. Sicherheitsbedenken zum Respimat® konnten jetzt widerlegt werden: Eine Studie zeigte weder Hinweise auf Überlegenheit noch auf Unterlegenheit.

Große Studie zur Therapiesicherheit

Um Klarheit zur Sicherheit und Wirksamkeit der Applikation von Tiotropium mithilfe der zwei unterschiedlichen Inhalationssysteme zu gewinnen, wurde vom Hersteller Boehringer Ingelheim die TIOSPIR-Studie (TIOSPIR = Tiotropium Safety and Performance in Respimat) initiiert. Die randomisierte, doppelblinde Pa-rallel-Gruppenstudie schloss 17.135 COPD-Patienten ein, darunter auch Teilnehmer mit kardialen Erkrankungen. Sie erhielten einmal täglich 2,5 µg oder 5,0 µg Tiotropium mithilfe des Respimats® oder einmal täglich 18 µg Tiotropium mithilfe des HandiHalers®. Der primäre Studienendpunkt waren das Mortalitätsrisiko (in diesem Punkt war die Studie als Nicht-Unterlegenheitsstudie angelegt) sowie das Risiko einer ersten COPD-Exazerbation (hier war die Studie als Überlegenheitsstudie angelegt). Ferner wurde die kardiovaskuläre Sicherheit der Therapie festgehalten.

Kein Unterschied

Die durchschnittliche Anwendungsdauer lag bei 2,3 Jahren. In dieser Zeit verstarben 7,7% der Patienten der 2,5-µg-Respimat®-Gruppe und 7,4% der Patienten der 5,0-µg-Respimat®-Gruppe; in der HandiHaler®-Gruppe waren es 7,7%. Das heißt, die Anwendung von Tiotropium mithilfe des Respimats® war der Inhalation mithilfe des HandiHalers® nicht unterlegen. Was das Risiko einer Exazerbation anbelangt, so schnitt Tiotropium Respimat® in der höheren Dosis (Exazerbationen bei 48%) tendenziell besser und in der niedrigen Dosis (Exazerbationen bei 49%) tendenziell schlechter ab als der Tiotropium HandiHaler® (Exazerbationen bei 49%), doch die Unterschiede waren nicht signifikant. Die Häufigkeit schwerer kardiovaskulärer Ereignisse sowie die Todesursachen waren in den drei Gruppen ähnlich.

Die Studienautoren und ein Kommentator sehen in diesen Ergebnissen eine Bestätigung für die ähnliche Sicherheit und Wirksamkeit der beiden Applikationsmöglichkeiten für Tiotropium. Aufgrund der großen Teilnehmerzahl und der Einschlusskriterien, die die klinische Realität von COPD-Patienten widerspiegeln, hätten die Ergebnisse dieser Studie eine stärkere Aussagekraft als Resultate aus kleineren Metaanalysen oder Beobachtungsstudien, so die Autoren. 

Quelle

Wise R et al. Tiotropium respimat inhaler and the risk of death in COPD. NEJM online, 30. August 2013; DOI:10.1056/NEJMoa1303342.

Jenkins C. More than just reassurance on tiotropium safety. NEJM online, 8. September 2013; DOI:101056/NEJMe1310107.
Fachinformation Spiriva® 18 µg, Stand August 2012.
Fachinformation Spiriva® Respimat®, Stand Oktober 2012.

 

Apothekerin Dr. Petra Jungmayr

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