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Arzneimittel und Therapie
Harmlos oder kontraindiziert?
Topische Corticoide in der Schwangerschaft
Obwohl rund 6% aller Schwangeren mit lokalen Corticoiden behandelt werden, sind die möglichen Auswirkungen auf das Kind nicht genau bekannt, und in der Literatur finden sich unterschiedliche Empfehlungen zur topischen Applikation. Aufgrund der cmr-Eigenschaften (cmr: carcinogenic, mutagenic, toxic to reproduction; krebserzeugend, erbgutverändernd, fruchtschädigend) von Corticoiden können fetale Wachstumsstörungen nicht ausgeschlossen werden und sind im Tierversuch nachgewiesen. Studien zur Sicherheit externer Corticoide bei Schwangeren sind limitiert und ihre Ergebnisse inkonsistent. Daher befasste sich eine britische Studie erneut mit den Auswirkungen lokal aufgetragener Corticoide auf das Neugeborene. Für die retrospektive Kohortenstudie wurden 2658 Frauen ausgewählt, die während ihrer Schwangerschaft mit topischen Corticoiden behandelt worden waren. Die Vergleichsgruppe bildeten 7246 Schwangere ohne Corticoid-Exposition. Für beide Gruppen wurden folgende Parameter erfasst und miteinander verglichen:
- Das Auftreten von Lippen- und Gaumenspalten,
- ein niedriges Geburtsgewicht,
- vorzeitige Geburt,
- Absterben des Föten,
- niedriger Apgar Score (Punkteschema, mit dem sich der klinische Zustand von Neugeborenen standardisiert beurteilen lässt) sowie
- die Art der Entbindung.
Empfehlungen für die Praxis
Für die Anwendung Corticoid-haltiger Externa spricht die Guideline on Steroids in Pregnancy folgende Empfehlungen aus:
- In der Schwangerschaft sollten zur äußerlichen Therapie bevorzugt schwach bis moderat wirksame Corticoide eingesetzt werden.
- Starke bis sehr stark wirksame Corticoide sind Mittel der zweiten Wahl, die nur über einen kurzen Zeitraum hinweg aufgetragen werden sollten. Da das Risiko einer fetalen Wachstumsbeeinträchtigung besteht, ist die Schwangere angemessen zu überwachen.
- Wird das Corticoid auf Haut-areale mit verstärkter Resorption (wie z.B. Genitalbereich, Augenlider, Ellbeugen) aufgetragen, kann das Risiko unerwünschter Wirkungen ansteigen.
- Kombinationen aus Corticoiden und Antibiotika sind zu vermeiden.
- Das Risikopotenzial neuerer lipophiler Corticoide wie etwa Mometason oder Fluticason kann derzeit noch nicht eingeschätzt werden.
In der primären Analyse wurden zwischen den behandelten und unbehandelten Gruppen keine Unterschiede festgestellt. Auch eine weitere Analyse, in der die Stärke des eingesetzten Corticoids berücksichtigt wurde, wies keine signifikanten Unterschiede auf. Lediglich eine auf der Menge der aufgetragenen Corticoid-Zubereitung basierte Auswertung zeigte eine Assoziation zwischen der Steroid-Gabe und dem Geburtsgewicht. Wurden während der Schwangerschaft potente oder sehr potente Corticoide in einer Menge von mehr als 300 g aufgetragen, war das Risiko für ein niedriges Geburtsgewicht erhöht (Risk Ratio 7,74; 95% Konfidenzintervall 1,49 bis 40,11; p = 0,02).
Informationsmöglichkeiten
- Die Fachinformationen gängiger topischer Corticoid-Zubereitungen weisen auf mögliche Risiken und eine unzureichende Datenlage hin. Bei schwachen Corticoiden wie z.B. Hydrocortison findet sich der Hinweis auf eine zwingende Indikationsstellung und eine sorgfältige Nutzen-Risiko-Abwägung. Starke Corticoide wie etwa Clobetasolproprionat sind gemäß Fachinformation während der Gravidität kontraindiziert.
- Die Datenbank Embryotox (Pharmakovigilanz- und Beratungszentrum für Embryonaltoxikologie) differenziert in ihren Aussagen nicht zwischen innerlicher und äußerlicher Anwendung von Corticoiden. Laut Hinweisen von Embryotox kann eine indizierte systemische oder lokale Behandlung mit beispielsweise Prednisolon, Betamethason oder Dexamethason auch in der Schwangerschaft erfolgen.
- Die Guideline on Steroids in Pregnancy (herausgegeben von dem European Dermatology Forum; Stand November 2010) basiert unter anderem auf Datenbankrecherchen und einer Kohortenstudie mit rund 85.000 Schwangeren. Den ausgewerteten Daten zufolge besteht ein Zusammenhang zwischen der topischen Anwendung sehr starker und starker Corticoide und einer Wachstumsverzögerung beim Ungeborenen. Ferner besteht möglicherweise das Risiko der Bildung von Gaumen- oder Lippenspalten bei Anwendung im ersten Trimenon. Schwache und mittelstarke lokal aufgetragene Corticoide haben keine negativen Auswirkungen auf das Kind.
Aufgrund dieser Ergebnisse sehen die Studienautoren keinen Zusammenhang zwischen Wachstumsverzögerungen oder dem Auftreten von Lippen- oder Gaumenspalten und der äußerlichen Therapie mit Corticoiden. Es besteht lediglich eine Korrelation zwischen der aufgetragenen Menge sehr potenter Steroide und einem niedrigen Geburtsgewicht. Das heißt, sehr starke Corticoide sollten nur in kleinen Mengen verordnet werden, bei milden oder mäßig starken Corticoiden bestehen bei entsprechender Indikation keine Bedenken.
Quelle
Chi C et al. Pregnancy outcomes after maternal exposure to topical corticosteroids. A UK population-based cohort study. JAMA Dermatology, published online am 4. September 2013; doi:10.1001/jamadermatol.2013.5768
www.euroderm.org/index.php/edf-guidelines, Zugriff am 26. September 2013.
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