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Kostendimension der Lagerautomatisierung

Was bei der Anschaffung eines Kommissionierers auf der Kostenseite zu beachten ist

Die Apotheke ist ein personalintensiver Betrieb. Die Idee, sich durch eine Maschine bei der Lagerung und Zusammenstellung der Medikamente unterstützen zu lassen, liegt nahe. Neben der Frage, welchen Nutzen die Anschaffung bringt, geht der Blick zunächst oft auf die Kostenseite. | Von Guido Michels

Der Einbau eines Kommissionierers ist eine der betragsmäßig größten Investitionen in die Apotheke. Die Automatisierung eröffnet Chancen, die Kundenbedienung im HV sowie die Arbeitsvorgänge im Backoffice neu zu gestalten. Allerdings besteht das Risiko, dass die einmalig und regelmäßig anfallenden Kosten nicht refinanziert werden, weil man notwendige Anpassungen der Prozesse unterlässt und so das Potenzial ungenutzt lässt. Vor der Anschaffung gilt es die Auswirkungen auf die wirtschaftliche Situation durchzurechnen, steuerliche Besonderheiten zu berücksichtigen und abzuwägen zwischen Kauf oder Leasing.

Drei Komponenten auf der Kostenseite

Die Kosten für die Automatisierung des Warenlagers bestehen aus mehreren Komponenten. Dies ist zum einen der Automat selbst, wobei es große Unterschiede in Preis und Ausstattung gibt. Standardisierte Einstiegssysteme beginnen bei etwa 70.000 Euro, sind aber, was Maße, Kapazitäten und Zusatzoptionen angeht, nicht oder nur geringfügig veränderbar. Wird der Automat an besondere räumliche Gegebenheiten angepasst oder wählt man Sonderausstattungen, wie zum Beispiel einen zweiten Greifarm, die automatische Einlagerung oder ein Kühlmodul, so liegt der reine Kaufpreis schnell über 100.000 Euro.

Nun müssen zum anderen aber noch Förderbänder, manchmal auch Lifte und Rutschen eingebaut werden, um die Ware in den Handverkauf zu bekommen. Die Anbindung an die Warenwirtschaft muss stattfinden, in manchen Fällen ist eine Projektierung vor Ort nötig. Insgesamt sollte man zu den reinen Automatenkosten mit einem mittleren bis hohen vierstelligen Euro-Betrag an solchen „Nebenkosten“ rechnen. Müssen Handwerker in der Apotheke Vorarbeiten leisten – zum Beispiel Stromleitungen legen oder Wände versetzen – fallen weitere Kosten an. Vor allem, wenn der Einbau des Automaten Teil einer groß angelegten Modernisierung der Apotheke ist.

Als dritte Komponente fallen bei der Automatisierung des Warenlagers laufende Kosten an. Die größte Position sind dabei die pflichtmäßig abzuschließenden Service- und Wartungsverträge. Diese schlagen – je nach Ausgestaltung – mit monatlich rund 400 bis 600 Euro zu Buche. Darin enthalten sind unter anderem bestimmte Reparaturarbeiten, der Austausch von Teilen, manchmal auch eine Versicherung. Zusätzlich sollte man mit monatlichen Stromkosten von rund 150 Euro kalkulieren. Wird die Anschaffung kreditfinanziert, fallen Zins und Tilgung an. Deren Höhe ist abhängig vom Investitionsvolumen, der Art des Kredites und seiner Laufzeit sowie der vereinbarten Zinskondition.

Auswirkung in der Gewinn- und Verlustrechnung

Die Anschaffung eines Kommissionierers steigert zunächst die Abschreibungen in der Gewinn- und Verlustrechnung der Apotheke (s. Tab.). Die Abschreibungen sind die über mehrere Jahre verteilten Anschaffungskosten, wobei ein Warenautomat in der Regel über 8 Jahre abgeschrieben wird. Zu den Anschaffungskosten zählen neben dem Kaufpreis grundsätzlich alle Aufwendungen, die durch die Inbetriebnahme anfallen. Also auch die Kosten für den Anschluss des Kommissionierers sowie für Umbauarbeiten, die für den Betrieb erforderlich sind. Diese Aufwendungen sind daher nicht sofort als Betriebsausgabe abzugsfähig, sondern werden zusammen mit dem Kaufpreis über die Nutzungsdauer von 8 Jahren abgeschrieben. Wie Abschreibungen ausgestaltet werden, sollte man mit dem Steuerberater besprechen.

Auch die Ausgaben für den Wartungsvertrag, für Reparaturen und Strom finden sich in den jeweiligen Kostenpositionen wieder. Finanzierungskosten fallen als Zinskosten in der Gewinn- und Verlustrechnung an.

In dem folgenden, vereinfachten Beispiel beträgt die Investitionssumme für einen Kommissionierer 100.000 Euro, was linear auf 8 Jahre verteilt zu jährlichen Abschreibungen von 12.500 Euro führt. Ein Wartungsvertrag von monatlich 500 Euro und 150 Euro Strom summieren sich auf 7.800 Euro im Jahr. Wird die Investition mit einem 10-jährigen Annuitätendarlehen zu 3,5 Prozent Zinsen finanziert, so fallen gemittelt pro Jahr etwa 1.850 Euro an Zinsen an. Insgesamt steigen die Kosten der Apotheke durch die Anschaffung um 22.150 Euro im Jahr (siehe Tab. 2). Solange keine Kostensenkungen oder kein Kundenwachstum erreicht werden, sinkt das Betriebsergebnis. Auf Grundlage dieser Kalkulation können jedoch Maßnahmen quantifiziert werden, die dazu beitragen sollen, die Ausgaben zu refinanzieren.

Sonderfall Leasing

Leasing ist eine alternative Art der Finanzierung, bei der ein Wirtschaftsgut vom Leasinggeber beschafft wird und dem Leasingnehmer gegen Entgelt zur Nutzung überlassen wird. Im Falle des Warenautomaten würde der Apotheker auch beim Leasing das komplette Projekt mit dem Hersteller planen, das heißt Fabrikat, Ausstattung, Preis und Umfang des Auftrags selber festlegen. Die Leasinggesellschaft würde dann in den Kaufvertrag eintreten, das Objekt beschaffen und finanzieren. Gleichzeitig wird die Leasinggesellschaft mit dem Apotheker einen Nutzungsüberlassungsvertrag mit festgelegter Laufzeit, monatlicher Leasingrate und Vereinbarungen über Anzahlung und Restwert treffen. Das Leasingangebot kann vom Anbieter des Automaten vermittelt werden, doch auch das Einschalten einer spezialisierten Leasinggesellschaft, die in keinem Zusammenhang mit dem Hersteller steht, ist möglich.

Ein Motiv für den Abschluss eines Leasingvertrags ist der Wunsch nach Bilanzneutralität. Dies bedeutet, dass das Wirtschaftsgut bei der Leasinggesellschaft aktiviert wird und somit nicht in der Bilanz des Leasingnehmers auftaucht. Dieser verbucht lediglich die Leasingraten als Ausgaben in der Gewinn- und Verlustrechnung. Beim Kommissionierer hängt diese steuerliche Behandlung allerdings stark von der Ausgestaltung des Leasingvertrages ab. So gibt es Vertragsgestaltungen, bei denen der Kommissionierer dem Apotheker zuzurechnen ist. Dies hat zur Folge, dass der Kommissionierer sowie die Verbindlichkeiten in der Bilanz des Apothekers zu erfassen sind. Die Leasingraten sind als Kaufpreisraten zu behandeln und die Aufwendungen können lediglich im Rahmen der Abschreibung geltend gemacht werden. Es ist daher zu empfehlen, dem Steuerberater die Leasingverträge vor Vertragsabschluss zur Prüfung vorzulegen.

Ein weiteres Motiv für Leasing könnte darin liegen, Liquidität zu schonen oder eine weitere Kreditaufnahme zu vermeiden. Nachteilig ist, dass bei Nichtnutzung oder Liquiditätsproblemen eine Abgabe oder eine Kündigung des Vertrages nur schwer möglich ist. Ob Leasing gegenüber einem Kauf vorteilhaft ist, hängt also von den Konditionen des Leasingvertrages (Leasingrate, Laufzeit, Anzahlung und Restwert), von sich aus dem Vertrag ergebenden steuerlichen Auswirkungen und der Abwägung der Vor- und Nachteile des Leasings ab.

Steuergestaltung durch den Investitionsabzugsbetrag

Plant man innerhalb der folgenden drei Wirtschaftsjahre die Neuanschaffung eines Warenautomaten, kann ein Investitionsabzugsbetrag gebildet werden. Diese gewinnmindernde Rücklage ermöglicht die Vorverlagerung von Abschreibungen in ein Wirtschaftsjahr vor der Anschaffung. Dadurch kommt es zu einer Steuerstundung, wodurch Mittel eingespart werden können, um die Finanzierung der Investition zu erleichtern. Dieser Abzugsbetrag kann maximal 40 Prozent der voraussichtlichen Investitionskosten betragen. Insgesamt dürfen die Abzugsbeträge für alle geplanten Investitionen jedoch 200.000 Euro nicht überschreiten.

Für die Inanspruchnahme des Investitionsabzugsbetrages darf das Betriebsvermögen im Wirtschaftsjahr der Inanspruchnahme maximal 235.000 Euro betragen. Außerdem ist ein Nachweis für das Finanzamt erforderlich, in dem das Wirtschaftsgut seiner Funktion nach benannt wird sowie die voraussichtlichen Investitionskosten und die Höhe des Investitionsabzugsbetrages aufgeführt werden. Wann die Investition erfolgen soll, muss nicht angegeben werden.

Im Wirtschaftsjahr der Anschaffung ist der Investitionsabzugsbetrag wieder gewinnerhöhend hinzuzurechnen. Dieser Ertrag kann jedoch dadurch neutralisiert werden, dass die Anschaffungskosten in Höhe des Investitionsabzugsbetrages gemindert werden. Die planmäßigen Abschreibungen erfolgen dann von diesen geminderten Anschaffungskosten. Beträgt das Betriebsvermögen auch im Wirtschaftsjahr vor der Anschaffung maximal 235.000 Euro, sind zusätzlich Sonderabschreibungen möglich. Im Wirtschaftsjahr der Anschaffung oder Herstellung und in den folgenden 4 Jahren können dann insgesamt 20 Prozent der geminderten Anschaffungs- oder Herstellungskosten zusätzlich gewinnmindernd abgezogen werden.

Kosten-Nutzen-Betrachtung

Zusätzlich zu den geschilderten finanziellen und steuerlichen Fragen ist immer auch eine Abwägung der Kosten zu dem erwarteten Nutzen nötig. Letzterer ist vielschichtig: mehr Zeit im Handverkauf, einfachere Warenwirtschaft, kürzere Bedienzeiten, Platz und Ruhe im HV oder Kosteneinsparungen. Aber nur wenn Abläufe und Handlungsweisen in der Apotheke verändert werden, können diese Potenziale gehoben werden!

Diesen Nutzen zu bewerten und zu quantifizieren ist eine Herausforderung, aber nötig um eine Gesamtbewertung des Projektes zu treffen. Der Einbau eines Automaten sollte allerdings weniger als reines Kostensparinstrument gesehen werden, sondern als strategische Entscheidung, wie Arbeitsprozesse bei Ware und Kunde ausgestaltet werden und wie sich die Apotheke im Wettbewerb positioniert. 

Autor

Guido Michels, Treuhand Hannover GmbH, Steuerberatungsgesellschaft, Hildesheimer Straße 271, 30519 Hannover, www.treuhand-hannover.de

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