Aus den Ländern

Neue Runde im Retax-Streit eingeläutet

Mitgliederversammlung des Hamburger Apothekervereins

HAMBURG (tmb) | Kurz nach der Veröffentlichung der Entscheidungsgründe des Bundessozialgerichts zum Retaxationsurteil kritisierte Dr. Jörn Graue, Vorsitzender des Hamburger Apothekervereins, die Argumentation des Gerichts. Weitere Themen bei der Mitgliederversammlung des Vereins am 2. Dezember waren die geplante große Koalition, der Datenschutz und die Vorstandswahlen.

Die Argumentation des Bundessozialgerichts zu Nullretaxationen bei nicht rabattvertragskonformer Abgabe sei aus politischen und ökonomischen Gründen gefährlich, erklärte Graue. Das Gericht habe seines Erachtens den § 242 BGB nicht genügend berücksichtigt, dem zufolge der Schuldner die Leistung gemäß Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte zu bewirken habe.

Vereinsgeschäftsführer Dr. Thomas Friedrich sieht durch das Retaxationsurteil sogar das Sachleistungsprinzip infrage gestellt. Denn dies könne nicht funktionieren, wenn die „Gutscheine“, also die Rezepte, nichts mehr wert seien.

In seinem Geschäftsbericht wies Friedrich auch auf kuriose Retaxationen externer Dienstleister bei Rezeptprüfungen hin und bezweifelte, dass solche Dienstleister der Krankenkassen überhaupt für Ablehnungen gegenüber den Vertragspartnern zuständig seien.

Geringe Erwartungen an die neue Regierung

Fotos: DAZ/tmb
Dr. Jörn Graue

Sehr zurückhaltend äußerte sich Graue zur geplanten Großen Koalition. Er verwies auf etliche nicht erfüllte Forderungen der Apotheker, insbesondere das erhoffte Ende der Haftung für das Inkasso der „unseligen Herstellerrabatte“, Beschränkungen bei den Retaxationen, verbesserte Rezepturpreise und eine jährliche Anpassung des Festzuschlags. Graue zeigte sich verwundert, dass Schwarz-Rot das Festhalten am Fremd- und Mehrbesitzverbot explizit erwähnt. Heiße das etwa, dass bei einer möglichen „andersfarbigen“ Koalition daran gerüttelt werde, fragte er.

Graue zog das Fazit: „Wir erwarten zu viel von dieser Koalition der Angst, wenn sie denn noch auf den letzten Drücker zustande kommt.“ Auch bei den berufspolitischen Themen Leitbild und ABDA-KBV-Modell gab sich Graue vorsichtig abwartend. Zu den ausstehenden Herstellerrabatten kündigte Graue an, diese künftig gerichtlich einzuklagen.

Maßnahmen für besseren Datenschutz

Der Datenschutz bleibt für Graue ein wichtiges Thema. Damit die Apotheker nicht zu unbeabsichtigten und unbewussten Helfershelfern mutieren, haben die norddeutschen Verbände die notwendigen Maßnahmen ergriffen, so Graue. Er verwies insbesondere auf das Zertifikat eines akkreditierten Prüfzentrums für Datensicherheit, das bundesweit erstmalig für die bei den Rechenzentren NARZ/AVN abrechnenden Apotheken erstellt worden ist. Damit kommen die Apotheker ihrer gesetzlichen Kontrollpflicht vollkommen nach, die sich aus der Geheimnisträgerschaft gemäß § 203 StGB ergibt, erklärte Graue.

„Aus Schaum geboren, wie einst Aphroditen, zimmern wir uns ein neues Leitbild.“

Dr. Jörn Graue

Ehrenmitgliedschaft

Dr. Claus Greger, neues Ehrenmitglied des Hamburger Apothekervereins.

Die Mitgliederversammlung ernannte das langjährige Vorstandsmitglied Dr. Claus Greger zum Ehrenmitglied des Hamburger Apothekervereins. Greger habe in beispielhafter Weise die Interessen des Vereins wahrgenommen und sich dabei besonders um Krankenkassenangelegenheiten gekümmert, erklärte Graue. Zuletzt sei Greger ihm als erster Stellvertreter eine große Hilfe gewesen.

Vorstandswahlen

Bei der turnusmäßigen Wahl des Vorstandes wurden Dr. Ulrike Hahn, Katrin Hensen, Caroline Klante und Dr. Lutz Schehrer wiedergewählt und Christina Kosfeld neu in den Vorstand gewählt. In der anschließenden konstituierenden Sitzung des Vorstandes wurde Graue als Vorsitzender bestätigt. Hensen ist erste und Hahn zweite stellvertretende Vorsitzende. 

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