Gesundheitspolitik

AMNOG-Verfahren: Hecken sucht Dialog

BERLIN (ks) | Die frühe Nutzenbewertung neuer Arzneimittel hat sich nach mehr als drei Jahren Praxis etabliert. Rund 70 neue Arzneimittel hat der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) seit Anfang 2011 einer solchen Frühbewertung unterzogen. Sie ist Grundlage für die späteren Preisverhandlungen zwischen Hersteller und GKV-Spitzenverband.

Am 30. April lud der G-BA Vertreter aus Wissenschaft, Fachöffentlichkeit und Industrie zu einer Fachtagung, in der die bisherigen Erfahrungen mit dem Arzneimittelmarkt-Neuordnungsgesetz (AMNOG), eine Standortbestimmung und mögliche Optionen zur Weiterentwicklung im Mittelpunkt standen. Neben Vertretern der G-BA-Bänke hatten unter anderem Vertreter aus dem Bundesgesundheitsministerium, dem IQWiG, dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM), der Europäischen Arzneimittelagentur, dem Paul-Ehrlich-Institut (PEI) und der Arzneimittelkommission der Deutschen Ärzteschaft Gelegenheit zu Statements. Ebenso Vertreter der Pharmaverbände und einzelner Firmen.

Ein lernendes System

G-BA-Chef Josef Hecken betonte, dass das Verfahren der frühen Nutzenbewertung funktioniere, sich aber immer wieder Verbesserungspotenzial zeige. Mit der Fachtagung wolle der G-BA ein Forum schaffen, auf dem die unterschiedlichen Anliegen der am Verfahren Beteiligten Gehör finden. Denn das Gremium stehe „seit Einführung der gesetzlichen Regelung für einen konstruktiv-kritischen Dialog mit allen Beteiligten“. Auch mit Blick auf die Vereinbarungen zur Arzneimittelversorgung im Koalitionsvertrag sei es Anliegen des G-BA, Weiterentwicklungen und neue Herausforderungen „mit den Beteiligten gemeinsam anzugehen und hierzu auch gemeinsame Antworten zu finden“, so Hecken weiter.

BPI begrüßt Bereitschaft zum Dialog

Der Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie (BPI) begrüßte die Dialogbereitschaft. „Wir sind dazu gerne bereit“, so Dr. Norbert Gerbsch, stellvertretender Hauptgeschäftsführer des BPI. Das AMNOG und die Umsetzung der frühen Nutzenbewertung böten vielfältige Ansätze für einen solchen konstruktiv-kritischen Dialog. So müssten aus BPI-Sicht etwa für Arzneimittel für besondere Therapiesituationen wie Orphan Drugs oder Kinderarzneimittel geeignetere Bewertungsmaßstäbe entwickelt werden, die den Besonderheiten dieser Arzneimittel, wie z.B. kleine Patientengruppen, gerecht werden. Darüber hinaus regte der BPI einen regelmäßigen Austausch mit dem G-BA auf Arbeitsebene zu pragmatischen Fragen der Verfahrensverbesserung an.

vfa fordert „Stimme der Wissenschaft“

Die Hauptgeschäftsführerin des Verbands forschender Pharma-Unternehmen (vfa), Birgit Fischer, forderte andere Mitwirkungs- und Entscheidungsstrukturen im AMNOG-Verfahren. Bisher nutze der GKV-Spitzenverband seine dominante Stellung in allen Verfahrensschritten, um die Erstattungsbeträge innovativer Arzneimittel weit unter den europäischen Durchschnitt zu ziehen. Fischer: „Gute Preise für hohen Nutzen und die Unterstützung von Innovationen in der Patientenversorgung, wie von der Politik angestrebt, bleiben dabei auf der Strecke.“

Der vfa wünscht sich daher eine starke „Stimme der Wissenschaft“ im G-BA. Sie könnte Erfahrungen aus der Praxis für Innovationen und eine gute Patientenversorgung nutzen, so die Idee. Der vfa denkt dabei an Vertreter der Zulassungsbehörden (BfArM, PEI) und der medizinischen Fachkreise. Ihre Kompetenz sollte im Unterausschuss Arzneimittel des G-BA neben den Stimmen der Kassen, Leistungserbringer und Patienten einbezogen werden. So könnten sich laut vfa Interessenkonflikte des GKV-Spitzenverbands – der niedrige Preise erzielen will und zuvor auch über den Nutzen entscheidet – vermeiden lassen.

0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.