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Management
Zum Platzhirsch werden!
Multi-Channel-Marketing: konsequente Markenkommunikation auf allen Kanälen
Die Vielfalt der Werbewege hat einen neuen Namen und eine neue Dimension bekommen und ist bei Marketing-Fachleuten in aller Munde: Die Rede ist vom MultiChannel-Marketing (MCM), einem auch für Apotheker wichtigen und wachsenden Vertriebsweg. Denn der moderne Kunde hat mit vielen Traditionen gebrochen und ein individuelles Einkaufsverhalten entwickelt. Er mixt und kombiniert frech über alle Grenzen hinweg – fährt mit dem Porsche bei Aldi vor und kombiniert Markenklamotten mit H&M. Dieser hybride Kunde betrachtet sich als anspruchsvoller Individualist, der in kein Schema passen möchte, sondern sein eigenes Einkaufsmuster leben will.
„Kombinierter Einkauf:“ Internet und Laden vor Ort
Mit zunehmender Verbreitung des Internets hat sich das Endverbraucherverhalten verändert. Während in der Vergangenheit lokaler Einkauf und Internet-Einkauf (eCommerce) alternativ verwendet wurden, nutzt der Kunde diese Absatzkanäle immer stärker parallel. Daraus ergeben sich wichtige Ansätze und Chancen für die Apotheke. Beispielsweise würde ein Kunde aus dem Apothekenmarkt heute einen interessanten Artikel über ein Produkt im Internet lesen, prüfen, ob seine Apotheke das Produkt auch anbietet, in die Apotheke kommen und sich beraten lassen sowie direkt vor Ort kaufen. Das Folgeprodukt bezieht der Kunde dann vielleicht wieder über das Internet – idealerweise aus seiner betreuenden Apotheke, falls diese einen entsprechenden Service anbietet.
Ziel des Multi-Channel-Marketings (MCM) oder des Mehrkanalvertriebs (MKV) ist es, die Endkunden an der Stelle des Kaufprozesses „abzuholen“, an der er/sie sich gerade befindet. Da Multi-Channel-Einkäufer einen Milliardenmarkt umwälzen, haben das Marktforschungsinstitut Gfk Geomarketing GmbH und das Beratungsunternehmen accenture das Käuferverhalten im Non-Food-Bereich untersucht. Während der Versandhandel sich seiner Sättigungslinie nähert und langsamer wächst, fängt das Multi-Channel-Geschäft an, immer mehr zu boomen. So wird der Anteil an Multichannel-Umsätzen in den nächsten fünf Jahren um über 78 Prozent wachsen, reine eCommerce-Umsätze (der reine Internet-(Apotheken)-Versandhandel gehört hier u.a. dazu) allerdings nur noch um ca. 48 Prozent. Damit wächst im Non-Food-Bereich laut Studie die Multi-Channel-Kombination aus Ladengeschäft und Online-Shop stärker als der reine Online-Handel. Rückläufig ist und bleibt der Umsatzanteil der Kunden, die nur das lokale Ladengeschäft aufsuchen und dort kaufen (-13 Prozent). Eine weitere Studie (European Shopping Centre Trust 2013) belegt, dass sich ein Drittel aller Verbraucher vor einem Kauf im stationären Handel bereits im Internet vorinformiert hat.
Die Kunden von morgen im Blick
Dabei kann MCM wesentlich einfacher und effektiver vom lokalen Ladengeschäft umgesetzt werden, als umgekehrt (also: „Internet-goes-Retail“). Ein idealer Ansatz für lokales Marketing von Apotheken. Es hat sich in der o.g. Studie auch herausgestellt, dass Verbraucher gerne vor dem Kauf erst einen gedruckten Katalog oder Flyer konsultieren, bevor sie in den Online-Shop gehen oder vor Ort kaufen. Aber nicht jeder Kunde reagiert gleich auf das Multichannel-Angebot. Zu den affinen Zielgruppen zählen beispielsweise junge Familien aus der Mittel- und Arbeiterschicht, wahre Enthusiasten sind Studenten, Auszubildende und gut verdienende Alleinlebende. Wer meint, dass dies nicht die typischen Apothekenkunden sind, sollte bedenken: es handelt sich um wichtige Kunden von morgen – und auch Kunden, die für ihre älteren Angehörigen so einiges im Internet erledigen (bspw. auch (jüngere) Angehörige, welche (ältere) Angehörige pflegen).
Bequem soll es sein
Die Studie „NON-Food Multi-Channel-Handel 2015“ kommt zu einem weiteren, gerade für den Apothekenmarkt wichtigen Ergebnis: Kanalwechsel ist bei Weitem nicht allein auf vermeintlich günstigere Preise im Internet zurückzuführen. Vielmehr ist der Kunde auf der Suche nach dem für ihn bequemsten Weg – und da spielen Komponenten wie Transparenz, Komfort, Informationen und Beratung sowie eine große Produktauswahl eine wichtige Rolle. Die Studie prognostiziert ferner, dass MCM entscheidend das Marketing der Zukunft prägen wird. Diese Marktveränderung ist eine große Chance für die Entwicklung des lokalen Apothekengeschäfts. Gerade durch die Kombination von persönlicher Betreuung und dem Komfort des Internets kann der Apotheker viel zielgerichteter und individueller auf seine Kunden zugehen.
Dabei ist zu beachten, dass beim MCM die Aktionen in den verschiedenen Kanälen aufeinander abgestimmt publiziert werden, wobei die Zusammenstellung nur einmal erfolgt. Das erleichtert die Kampagnenplanung. Ein Beispiel hierfür sind Lösungen von Dienstleistern, bei denen aktuelle Aktionen und Angebote automatisch über Flyer, den Internetshop, die Handy-App und auch in Facebook kommuniziert werden können. Alle Vorgänge sind miteinander vernetzt, so dass es für den Kunden unerheblich ist, welchen Kanal er benutzt, die Integrität der Informationen ist sichergestellt. Denn gerade weil der Kunde die verschiedenen Kanäle nicht mehr alternativ, sondern gerne parallel nutzt, besteht die Möglichkeit, ihn auch online persönlich und individuell anzusprechen: etwa durch eine personalisierte Homepage oder Mailings, die auf den individuellen Kunden zugeschnitten sind. Hier ergänzen sich Vor-Ort (offline) und online ideal.
Wesentlich ist, dass die Apotheke und deren Werbemittel einen einheitlichen Look haben und der Kunde, gleichgültig, ob er eine App, einen Newsletter oder Flyer erhält, die Website oder den Facebook-Auftritt besucht, klar erkennt, dass er es mit „seiner“ Apotheke zu tun hat. Denn MCM in der Apotheke beginnt bereits mit dem Einstieg in ein E-Mail-Marketing, der Kombination der Flyer mit dem Online-Shop oder der Online-Bestellmöglichkeit aus Facebook heraus. Bereits durch diese wenigen Schritte hebt sich der/die Apotheker/Apothekerin von der Mehrheit der „Einkanal-Apotheker“ hervor. Angesichts der hohen Wachstumsraten des Multi-Channel-Handels haben laut GfK-Studie stationäre Händler, die den Schritt zum Multi-Channel-Handel vollziehen, die Aussicht auf einen klaren Wettbewerbsvorteil gegenüber denjenigen, die den Sprung nicht wagen.
Gleichzeitig macht die Studie deutlich, dass diejenigen, die einzelne Speziallösungen munter kombinieren, Gefahr laufen, sich zu verzetteln (Aktionen in der Offizin, Flyer und Facebook nicht harmonisiert. Einzellösungen mit mehrfachem Pflegeaufwand). Gerade um seine Zielgruppen präzise bedienen zu können und um große Zusatzaufwände von vorneherein zu vermeiden, sind integrierte MCM-Systeme eine wesentliche Erfolgskomponente. Diese bringen meist auch noch den Vorteil mit sich, dass die einzelnen Kanäle wie aus einem Guss erscheinen und die Identität der Apotheke immer im Vordergrund steht. Erst dann ergibt sich der Effekt, dass sich die einzelnen Kanäle gegenseitig unterstützen und verstärken. Durch Silobildung, also (singuläre Lösungen z.B. für Facebook oder App, die nicht mit anderen Lösungen harmonisiert sind und auf diese verweisen bzw. mit diesen integriert sind) kann ansonsten genau das Gegenteil erreicht werden.
Multi-Channel-Denken – so funktioniert es:
1. Schluss mit halben Sachen!
Der Einstieg ins Multi-Channel-Geschäft muss ganzheitlich erfolgen. Wer über mehrere Kanäle verkaufen möchte, benötigt eine Vorbestell-Plattform mit Zahlungsmöglichkeit, idealerweise einen professionellen Online-Shop. Prüfen Sie Ihren Social-Media-Auftritt, also Facebook und Co. sowie mobiles Marketing. Auch hier ist der Kunstgriff der, das Informationsbedürfnis des Kunden mit der Möglichkeit der direkten Produktbeschaffung (bspw. direkter Einkauf bei Ihnen) zu kombinieren.
2. Mit konsequenter Markenkommunikation zum Platzhirsch werden
Die Marke gehört zum wertvollsten Bestandteil einer Apotheke. Deren Etablieren ist wesentliches Ziel jedes Marketing-Engagements: Offizin, Mitarbeiter, Flyer, Internetauftritt, Facebookseite und App sollten aus einem (Marken-)Guss sein. MCM funktioniert nicht, wenn die einzelnen Kanäle nicht miteinander verzahnt sind. Die Kombination unterschiedlicher Speziallösungen verwirren den Kunden und bindet aufseiten der Apotheke unnötig viel Kosten und Zeit.
3. Die Kosten im Blick
In den meisten Apotheken werden heute viele unterschiedliche Marketing-Instrumente eingesetzt, allerdings folgen diese nicht immer einem strategischen Plan. Daher werden selten Synergie-Effekte genutzt, die sich durch einen richtigen Multi-Channel-Ansatz fast automatisch ergeben. Beispielsweise werden Flyer versendet, deren Verteilkosten bekannt und Rücklaufquoten oftmals sehr gering sind. Hat dieser Flyer eine direkte Verknüpfung zum Internetshop oder der lokalen Smartphone-Bestell-App, werden viele Kunden, die es nicht schaffen, in die Apotheke zu kommen, Produkte aus dem Flyer direkt bestellen. Die Response-Rate (sprich die Erfolgsquote des Flyers) erhöht sich, die Kosten für den Flyer relativieren/rentieren sich zunehmend. Ebenso können über E-Mail-Marketing gezielt bestimmte Zielgruppen (zum Beispiel junge Mütter) angesprochen und für die Aktion in der Apotheke geworben werben. Die Anmeldung kann gleich online erfolgen. Gutscheine für einen eng begrenzten Zeitraum sorgen für zusätzliche Dynamik.
4. Streuverluste verringern
Durch die richtige Integration der Medien erhöht sich die Intensität des Medienerfolgs, sprich die Streuverluste reduzieren sich. Durch den Einstieg und später schrittweisen Umstieg auf Online-Marketing lassen sich große Kostenblöcke für Druck und Verteilung schrittweise reduzieren. Durch die virtuelle Verlängerung der Öffnungszeiten ergeben sich gerade in den Abendstunden und am Wochenende ganz neue Potenziale, die bisher oftmals an den Versandhandel verloren gegangen sind. Dabei hat gerade der Apotheker vor Ort entscheidende Stärken (Beratung, Kompetenz, Schnelligkeit) und nur manchmal noch die kleine Schwäche, dass er seinem Kunden nicht auf allen Kanälen begegnet.
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