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Management
Unsinnige Marketingmethoden?
„Zukunft Apotheke“: Kongress der OTC-Industrie diskutiert Marketing- und Vertriebsmethoden
Vor allem BayerVital-Vertriebsleiter Thorsten Kujath brachte mit provokativen Aussagen und Fragen Leben in die Debatte – und teilweise die anwesenden Apotheker gegen sich auf. Bei einer Podiumsdiskussion über die „Zusammenarbeit zwischen Handel, Apotheke und Industrie“ sagte er, die Apotheker müssten sich schon fragen lassen, welche Entwicklungen sie in den vergangenen Jahren verpasst hätten, wenn immer mehr freiverkäufliche Arzneimittel und (ehemals) apothekenexklusive Produkte in Drogerie- und Supermärkten auftauchten.
Auch mit der Verbindlichkeit der Vereinbarungen mit Apothekenkooperationen zeigte er sich unzufrieden. Mit dieser Einschätzung stand Kujath nicht alleine, sie wurde beispielsweise auch von Dominik Klahn von der Linda AG geteilt. Die mangelnde Bindung an die Kooperation zeige sich auch darin, dass viele Apotheken in mehreren Kooperationen seien. Weitgehende Einigkeit der Diskussionsteilnehmer herrschte darüber, dass sich der Markt der Apothekenkooperationen konsolidieren werde. Es sei kein Platz für 80 oder 90 Kooperationen, meinte Christian Strauch von der Versandapotheke Apo-Rot, die seit einiger Zeit ebenfalls mit einem Kooperationsmodell auf dem Markt ist. Dem widersprach jedoch Stefan Hartmann vom Bundesverband der Kooperationsapotheken. Es sei – „Gott sei Dank“ – allein die Entscheidung des Apothekers, ob und in gegebenenfalls wie vielen Kooperationen er Mitglied sei.
Widerspruch von Apothekern
Die anwesenden Apotheker reagierten auf die Aussagen auf dem Podium mit Unverständnis und teils heftigem Widerspruch. Er habe es satt, von Industrievertretern immer wieder als „leicht vertrottelter Apotheker, der keine Ahnung von Management habe“ hingestellt zu werden, sagte ein Apotheker. Es sei doch beispielsweise eher so, dass die ständig wechselnden Außendienstmitarbeiter keine Ahnung von vereinbarten Konditionen hätten. Und gerade bei Bayer seien die Mitarbeiter im letzten Jahr dreimal ausgetauscht worden. Andere anwesende Apotheker sprangen ihrem Kollegen bei. Solange es die Hersteller nicht einmal schafften, alle Filialen eines Apothekers vom gleichen Mitarbeiter betreuen zu lassen, wolle er sich nicht sagen lassen, sich nicht auf die veränderten Marktbedingungen eingestellt zu haben, meinte einer.
„Sell in“ ist out!
Bei der Beurteilung von Marketingmaßnahmen der OTC-Industrie nahm Kujath kein Blatt vor den Mund. Vielen Werbeaktionen der Industrie sprach er rundheraus die Sinnhaftigkeit ab. Für viel Geld würden Papp-Displays in China produziert, nach Europa verschifft, mit Ware bestückt und in die deutschen Apotheken gebracht. Nur damit dort die PKA die Ware wieder auspackt, ins Regal räumt und das teure Display anschließend entsorgt.
In seinem anschließenden Vortrag konnte Kujath die Diskussion zu einem versöhnlichen Ende bringen. Es herrschte Einigkeit zwischen ihm und den Apothekern, dass die pharmazeutische Industrie aufhören sollte, möglichst viele Packungen eines Produkts in die Apotheke „zu pressen“. Es müsse doch im beiderseitigen Interesse sein, vom „Sell-in“ zu einem „Sell-out-Ansatz“ zu kommen. Industrie und Apotheker sollten sich eher darum kümmern, die Produkte an den Verbraucher, Patienten oder Kunden zu bringen. Industrie und Apotheker sollten wieder zu echten Partnern werden, sagte Kujath, anstatt 90 Prozent der Zeit bei einem Außendienstbesuch mit der Auftragsannahme zu verbringen. Dafür sei die Zeit des Außendienstlers zu schade – vor allem aber die Zeit des Apothekers.
Weitere Vorträge des von Inspirato, einer Tochtergesellschaft des Marktforschungsunternehmens Sempora, veranstalteten Kongresses beschäftigten sich mit Entwicklungen und Trends auf dem OTC-Markt.
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