Gesundheitspolitik

Große Koalition justiert nach

Substitutionsausschlussliste wird in Gesetzgebungsverfahren eingeführt

BERLIN (ks) | Die Große Koalition feilt zu Beginn der Legislaturperiode an den bestehenden Regelungen für den Arzneimittelmarkt. Es geht vor allem um gesetzliche Klarstellungen und Nachbesserungen, die Union und SPD in ihrem Koalitionsvertrag angekündigt haben. Ein Thema ist dabei die Erstellung der Substitutionsausschlussliste durch den Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA), ein anderes die Berechnung der prozentualen Margen der Apotheker und Großhändler bei Arzneimitteln mit Erstattungsbetrag.

Die erste Lesung des 14. SGB-V-Änderungsgesetzes fand bereits Ende letzten Jahres statt. In dieser ersten Fassung war der Gesetzentwurf sehr überschaubar. Die Zwangsmaßnahmen gegen Arzneimittelhersteller sollen verlängert und die Bestandsmarkt-Nutzenbewertung beendet werden. Mittlerweile liegen die ersten Änderungsanträge vor. Am 12. Februar findet die öffentliche Anhörung zum Gesetzentwurf im Gesundheitsausschuss des Bundestages statt. Was hier besprochen werden soll, muss auch formell in das Gesetzgebungsverfahren eingeführt sein. Und so gibt es nun auch einen konkreten Entwurf, wie dem G-BA gesetzlich die Aufgabe übertragen werden soll, die Substitutionsausschlussliste zu erstellen.

Unmittelbar zuvor hatten die gesundheitspolitischen Sprecher der Regierungsfraktionen erklärt, möglicherweise auf eine gesetzliche Regelung verzichten zu können – vorausgesetzt, GKV-Spitzenverband und Deutscher Apothekerverband (DAV) kommen mithilfe der Schiedsstelle bei der Erstellung der Substitutionsausschlussliste weiter (siehe DAZ Nr. 5, 2014, S. 17). Doch nun soll das Schiedsverfahren offenbar parallel zum laufenden Gesetzgebungsverfahren beobachtet werden. Wobei absehbar ist, dass die Schiedsstelle für die Ergänzung der bereits begonnenen Liste länger brauchen wird – das 14. SGB-V-Änderungsgesetz soll nach derzeitigen Planungen schon am 1. April in Kraft treten.

G-BA soll Aut-idem-Ausschluss in Richtlinie regeln

Nach dem aktuellen Änderungsantrag soll § 129 Abs. 1 Satz 8 SGB V gestrichen werden. Hier ist derzeit vorgesehen, dass sich DAV und GKV-Spitzenverband in ihrem Rahmenvertrag auf eine Substitutionsausschlussliste verständigen können. Stattdessen wird Absatz 1a ergänzt, der bislang regelt, dass der G-BA in seinen Arzneimittelrichtlinien Hinweise zur Austauschbarkeit von Darreichungsformen gibt. Nun soll der G-BA in dieser Richtlinie zudem spätestens bis zum 30. September 2014 festlegen, bei welchen Arzneimitteln die Ersetzung durch ein wirkstoffgleiches Arzneimittel abweichend von der Aut-idem-Regelung ausgeschlossen ist. „Dabei sollen insbesondere Arzneimittel mit geringer therapeutischer Breite berücksichtigt werden“, heißt es im Entwurf des neuen Gesetzestextes.

Zur Begründung des Änderungsantrages führen die Fraktionen aus, dass sich die bisherige Möglichkeit zur rahmenvertraglichen Vereinbarung nicht austauschbarer Arzneimittel in der Praxis als „zu schwerfällig und konfliktträchtig“ erwiesen habe und deshalb durch die Neuregelung ersetzt werde. Über das in der rechtlichen Grundlage für Richtlinien des G-BA vorgeschriebene Stellungnahmeverfahren würden unter anderem auch die Berufsvertretungen der Apotheker beteiligt.

Kommt der G-BA seiner neuen gesetzlichen Verpflichtung nicht fristgerecht nach, kann das Ministerium eine Ersatzvornahme vornehmen.

Ob nun am Ende die Vereinbarungslösung oder die gesetzliche Übertragung auf den G-BA das Rennen macht, muss sich zeigen. Wenn das Verfahren vor der Schiedsstelle läuft, wie derzeit geplant, stünde die Liste jedenfalls schon vor dem kommenden September. Sie tritt mit den ersten zwei Wirkstoffen sogar schon zum 1. April in Kraft.

Erstattungsbeträge werden offizieller ApU

Zwei weitere Änderungsanträge setzen die Ankündigung des Koalitionsvertrags um, gesetzlich klarzustellen, „dass der vereinbarte Erstattungsbetrag Grundlage für die Berechnung der Zu- und Abschläge in den Vertriebsstufen ist“. Im Arzneimittelgesetz (§ 78 Abs. 3a AMG) soll nun künftig ausdrücklich stehen, dass im Fall eines ausgehandelten Erstattungsbetrags, dieser der für die Berechnung der Zuschläge nach der Arzneimittelpreisverordnung maßgebliche „Abgabepreis des pharmazeutischen Unternehmers“ ist. Dies geht mit einer entsprechenden Änderung dieser Verordnung einher, mit ihr befasst sich der zweite Änderungsantrag. Zudem ist der Erstattungsbetrag die Grundlage für die Berechnung der Patientenzuzahlung.

Weiter heißt es in dem geplanten neuen § 78 Abs. 3a AMG, dass der Unternehmer das Arzneimittel abweichend auch zu einem Betrag unterhalb des Erstattungsbetrags abgeben kann. Bei dieser Bestimmung haben die Fraktionen die Re- und Parallelimporteure vor Augen. Sie sollen die Preisabstandsregeln des § 129 Absatz 1 Nummer 2 SGB V erfüllen können. Auch in diesem Fall, so heißt es in der Begründung des Änderungsantrags, bleibe die gesetzliche Verpflichtung unberührt, einen einheitlichen Abgabepreis sicherzustellen, der als Berechnungsgrundlage für den Apothekenverkaufspreis dient. Nicht zuletzt verweist die Begründung darauf, dass für den pharmazeutischen Unternehmer ungeachtet dessen weiterhin die Möglichkeit besteht, seinen Listenpreis frei festzusetzen und auszuweisen.

Schlussstrich unter bisherige Abrechnungspraxis

Damit zieht die Koalition einen Schlussstrich unter die bisherige Abrechnungspraxis. Aus Sicht der Verbände der Hersteller, Apotheker und Großhändler ist nämlich der ursprüngliche Listenpreis Basis für die Margenberechnungen. Und in diesem Sinne war bislang auch abgerechnet worden – jedenfalls sofern Hersteller tatsächlich einen Unterschied beim Listenpreis und beim Erstattungsbetrag gemacht haben.

Arzneimittelgesetzgebung abgeschlossen

Möglicherweise bleibt das 14. SGB-V-Änderungsgesetz das einzige Gesetz für diese Legislaturperiode, das sich weitergehend mit dem Arzneimittelmarkt befasst. Die Vorhaben aus dem Koalitionsvertrag für den Arzneimittelbereich wären mit ihm bereits umgesetzt. Dann könnte sich die Gesundheitspolitik auf die drängenden großen Themen Pflege und Krankenhaus konzentrieren. 

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