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DAZ aktuell
Startschuss für ARMIN gefallen
Anmeldung seit 1. April möglich – Wirkstoffverordnung ab Juli
Das Honorar teilt sich auf in einen Betrag von 94,50 Euro für das aufwendige Erstgespräch mit dem Patienten zur Feststellung und Dokumentation seiner kompletten Medikation. In jedem darauf folgenden Quartal erhalten Apotheker und Ärzte für kürzere Folgeberatungen 21 Euro Extra-Honorar. Nach Angaben von Monika Koch, Vorsitzende des Sächsischen Apothekerverbandes, erhalten Apotheker von der AOK Plus für jedes ARMIN-Rezept mit der neuen sechsstelligen Wirkstoffcodierung zudem 20 Cent zusätzliches Apothekenhonorar.
Die AOK Plus trägt zudem die Investitionskosten für die notwendige Umstellung der Apotheken- und Praxissoftware. Im ersten und zweiten Quartal der zum 1. April startenden Einschreibefrist erhalten Apotheker wie Ärzte einen Zuschuss von 1500 Euro. Ab dem 3. Quartal sinkt der Zuschuss auf 1000 Euro und ab dem 4. Quartal auf 500 Euro. Angelegt ist das ARMIN-Pilotprojekt auf einen Zeitraum von fünf Jahren. Laut AOK Plus richtet sich ARMIN an chronisch kranke Patienten, die täglich mehr als fünf Arzneimittel benötigen. Von den 2,7 Millionen AOK Plus-Versicherten betrifft dies etwa 300.000 Patienten. Allerdings ist die Zahl der Teilnehmer „gedeckelt“. Kein Arzt darf mehr als 30 Patienten in das ARMIN-Programm aufnehmen.
Seit dem 1. April können sich Apotheker und Ärzte aus Sachsen und Thüringen für die Teilnahme an ARMIN anmelden. Die Einschreibefrist dauert drei Monate. In dieser Zeit soll auch die notwendige Umstellung der Apotheken- und Praxissoftware erfolgen.
Richtig los geht es dann am 1. Juli mit der Wirkstoffverordnung und dem Medikationskatalog. Die Wirkstoffverordnung sieht eine produktneutrale Verordnung von Wirkstoffen durch den Arzt vor. Die konkrete Präparateauswahl erfolgt in der Apotheke. Bestehende AOK Plus Rabattverträge müssen dabei selbstverständlich berücksichtigt werden. Mit der Wirkstoffverordnung sollen Einsparpotenziale erschlossen werden ohne die Therapiequalität zu gefährden. Die Rabattvertragsquote liegt vor allem in Sachsen deutlich unter dem Durchschnitt.
20 Cent pro Verordnung
Mithilfe der neuen Software wählt der Arzt wie gewohnt ein Fertigarzneimittel aus. Daraus leitet das neue Praxisverwaltungssystem (PVS) Wirkstoff, Wirkstärke, Darreichungsform und Packungsgröße ab. Mit einem sechsstelligen Code wird die entsprechende Wirkstoffverordnung auf das Rezept gedruckt. Hier ein Beispiel: „#100568# Amlodipin 5 mg TAB 30 St N1#1OP#“. Für die Bearbeitung einer solchen Verordnung erhält der ARMIN-eingeschriebene Apotheker ab 1. Juli von der AOK Plus 20 Cent extra Apothekenhonorar. In Einzelfällen kann der Arzt weiterhin ein bestimmtes Präparat verordnen, die Aut-idem-Regelung bleibt erhalten.
Von der Wirkstoffverordnung sind allerdings insbesondere folgende Darreichungsformen ausgeschlossen: Arzneimittel, die auf die Haut aufgetragen werden (z.B. Salben, Gele), Arzneimittel zur Anwendung im Auge oder Ohr (z.B. Augen- und Ohrentropfen), wirkstoffhaltige Pflaster (z.B. Schmerzpflaster), Inhalativa (z.B. Asthmasprays) und Arzneimittel, die gespritzt werden (z.B. Insulin).
Medikationskatalog als Basis
Ebenfalls zum 1. Juli startet der Medikationskatalog. Der für ARMIN verwendete Medikationskatalog wurde von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) erarbeitet. Er enthält für versorgungsrelevante Indikationen zugelassene Wirkstoffe und Wirkstoffkombinationen, die nach definierten Kriterien in Kategorien eingeordnet wurden. Grundlage für den Medikationskatalog waren Therapieempfehlungen der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft (AkdÄ), Abschlussberichte des Instituts für Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG), Empfehlungen aus den Disease Management Programmen (DMP), Therapiehinweise des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA), G-BA-Beschlüsse zur frühen Nutzenbewertung, Wirkstoff AKTUELL, Bewertungen des Arzneimittelkursbuchs und Regelungen der Arzneimittel-Richtlinie. Die Unterteilung erfolge in „Standard“-Wirkstoffe, die für den überwiegenden Anteil der Patienten zur Behandlung der Erkrankung infrage kommen, in „Reserve-Wirkstoffe für Patientengruppen, für die eine Behandlung mit den Standardwirkstoffen nicht infrage kommt und in „Nachrang“-Wirkstoffe, die nur in bestimmten Behandlungskonstellationen Vorteile haben, aber in der Gesamtschau als „Nachrangig zu verordnen“ einzustufen sind.
Gegenstand des Medikationskatalogs sind zunächst folgende Krankheiten: Hypertonie, koronare Herzkrankheit, Fettstoffwechselstörung, Osteoporose, Herzinsuffizienz, Vorhofflimmern, Alzheimer-Demenz und Depression. Bis zum Januar 2015 geplant ist eine Erweiterung dieses Kataloges um Diabetes mellitus Typ 2, Antibiotikatherapie der oberen Atemwege, Antibiotikatherapie der unteren Atemwege und Antibiotikatherapie der Harnwege.
Zum 1. Januar 2015 starten soll dann das Kernstück des ARMIN-Projekts, das Medikationsmanagement (siehe Kasten).
Medikationsmanagement in fünf Schritten
Als letzter, aber zentraler Eckpfeiler soll ab Januar 2015 das Medikationsmanagement an den Start gehen. Es startet mit der Einschreibung der Patienten und wird in fünf Schritten durchgeführt. „Im Medikationsmanagement verbessert das Dreierteam aus Patient, Arzt und Apotheker gemeinsam die Arzneimitteltherapie“, so Monika Koch, Vorsitzende des Sächsischen Apothekerverbandes, bei der Vorstellung von ARMIN, der neuen Arzneimittelinitiative Sachsen-Thüringen.
Laut Koch erfasst der Apotheker zunächst die Gesamtmedikation des Patienten. Dazu befragt er den Patienten. Der Patient ist aufgefordert, alle seine Medikamente mit in die Apotheke zu bringen - vom Arzt verschriebene und seine Selbstmedikation. Dazu soll der Apotheker mithilfe eines Fragekataloges die Kenntnisse des Patienten zu seinen Arzneimitteln sowie seine Einnahmegewohnheiten erheben. Neben diesen Informationen berücksichtige der Apotheker auch eventuelle vorliegende Informationen über eine Patientendatei in der Apotheke, so Koch.
Im zweiten Schritt soll der Apotheker die Gesamtmedikation in Hinblick auf die Arzneimitteltherapiesicherheit (AMTS) pharmazeutisch prüfen. Daraus erstellt er einen vorläufigen Medikationsplan. Diese Ergebnisse des circa 90-minütigen Erstgesprächs dokumentiert der Apotheker und kommuniziert diese über die neuen Software an den betreuenden Arzt. Dafür erhält der Apotheker ein Honorar von 94,50 Euro.
Im dritten Schritt führt der Arzt laut Koch auf dieser Basis eine medizinische AMTS-Prüfung durch und aktualisiert und vervollständigt falls notwendig den Medikationsplan. Der Arzt führt zudem ebenfalls ein ausführliches Gespräch mit dem Patienten und stimmt alle Verordnungsentscheidungen mit dem Patienten ab. Dabei sollen Über-, Unter- oder Fehlversorgungen abgestellt werden. Außerdem erhält der Patient weitere Informationen über seine Erkrankung und die erforderliche Therapie. Im Anschluss an das Gespräch überreicht der Arzt dem Patienten das sogenannte „ARMIN-Patiententagebuch“.
Im 4. Schritt komplettiert der Apotheker den Medikationsplan: Er ergänzt die aktuellen Handelsnamen der Arzneimittel und händigt dem Patienten den komplettierten Medikationsplan aus. Der 5. Schritt besteht danach in der kontinuierlichen Pflege des Medikationsplanes. Dazu soll es in jedem Folgequartal ein weiteres Patientengespräch geben, das mit 21 Euro honoriert wird. „Erst durch das Medikationsmanagement werden die wesentlichen Ziele von ARMIN erreicht“, so Monika Koch.
Top 80 der Kinderarzneimittel
Bis zu zehn Infekte haben Kinder pro Jahr. Bei harmlosen Beschwerden müssen Eltern nicht unbedingt zum Arzt, sondern können auf rezeptfreie Mittel zurückgreifen. Was es dabei zu beachten gibt und welche die 80 „besten und günstigsten“ rezeptfreien Medikamente gegen häufige Kinderkrankheiten wie Husten, Schnupfen, Fieber und Blähungen sein sollen, beschreibt Stiftung Warentest in ihrer aktuellen April-Ausgabe. Dabei fällt auf, dass einige Präparate nicht aufgeführt sind, obwohl sie mit gewissen Einschränkungen für Kinder zugelassen und teilweise günstiger als von Warentest empfohlene sind. So bleiben etwa das Trockenhefepräparat Perenterol Junior, der Silomat Saft mit Pentoxyverin und auch das abschwellende und zugleich pflegende Nasic für Kinder unerwähnt.
Weil Kinder empfindlicher auf Arzneimittel reagieren als Erwachsene, sollten Eltern Medikamente insgesamt „nicht unnötig und nur in der richtigen Dosis verwenden“, mahnt Prof. Dr. Joachim Freihorst, Chefarzt der Kinderklinik Aalen und einer der Warentest-Arzneimittelexperten.
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