Prisma

Tumorviren im Rindfleisch

Risiko für Kolonkarzinom

cae | Viren im Rindfleisch sind vermutlich ein Risiko für das Kolonkarzinom. Darauf weisen sowohl die geografische Epidemiologie als auch aktuelle Forschungen des Virologen und Nobelpreisträgers Harald zur Hausen hin.

Die niedrigste Kolonkarzinomrate weltweit hat Indien, wo die Mehrheit der Bevölkerung aus religiösen Gründen kein Rindfleisch isst. In der Mongolei, wo Fleisch von Schafen, Ziegen, Pferden und Kamelen, aber nicht von Rindern täglich auf dem Speisezettel steht, ist das Risiko für Dickdarmkrebs nicht viel höher als in Indien. Dagegen schnellte die noch vor 50 Jahren sehr niedrige Kolonkarzinomrate in Japan und Korea parallel mit dem zunehmenden Rindfleischverzehr empor.

Harald zur Hausen, der den Zusammenhang zwischen humanen Papillomviren und dem Zervixkarzinom erforscht und HPV-Impfstoffe entwickelt hat, hat beim Screening von Viren im Rinderblut gleich mehrere neue Arten entdeckt, die meistenteils einer neuen Virusfamilie angehören, den TTV-ähnlichen Miniviren. Diese sind wie das 1997 identifizierte TTV (transfusion transmitted virus) durch eine ringförmige, einzelsträngige DNA gekennzeichnet. Diese Viren schaden dem Rind nicht; wenn sie allerdings in einen anderen Organismus gelangen, in dem sie sich nicht vermehren können, verändern sie die Genexpression der von ihnen infizierten Zellen, die somit zu Krebszellen entarten können. Dies ist ein allgemeiner Wirkmechanismus von Tumorviren, deren Anzahl und Verbreitung nach Ansicht von Hausens viel größer ist als gemeinhin angenommen.

Rindfleisch ist potenziell infektiös, wenn es roh oder in kurz gebratener Form verzehrt wird, weil viele Tumorviren Temperaturen bis zu 80 °C unbeschadet überstehen. Das Gesundheitsrisiko ließe sich also schon durch die Zubereitung minimieren. Man könnte auch Rinderrassen züchten, die arm an Tumorviren sind – das trifft z.B. für das Zeburind in Afrika zu –, und schließlich könnte man die Rinder mit Impfstoffen von den Tumorviren befreien. 

Quelle: Warum die Inder so selten Darmkrebs haben – ein Gespräch mit Harald zur Hausen. FAZ v. 23.04.2014.

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