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Fragen aus der Praxis

Den Plagegeistern den Garaus machen

Was gegen Kopfläuse hilft und verordnet werden darf

Läuse benötigen aufgrund ihres Entwicklungszyklus regelmäßig Blutmahlzeiten, die frisch geschlüpften Larven innerhalb kurzer Zeit (wenige Stunden), ausgewachsene Läuse können auch schon einige ohne Tage überstehen. Daher wird sich keine Laus freiwillig von ihrem Träger entfernen, eine Larve noch weniger. Eine Übertragung findet meist von Kopf zu Kopf statt; daher sind wahrscheinlich auch Mädchen, die eher die Köpfe zusammenstecken oder Haarschmuck und Mützen tauschen, etwas häufiger betroffen.

Frage

Ein etwa fünfjähriges Mädchen mit langen lockigen Haaren reicht Ihnen ein Rezept über den Tisch – der Vater hält sich auffallend im Hintergrund. Ein Blick auf das Rezept genügt, um zu wissen warum. Verordnet ist Goldgeist forte®, das Mädchen hat Läuse, und der Vater scheint das für etwas Peinliches zu halten. Fröhlich erzählt Ihnen das Mädchen, dass im Kindergarten Läuse aufgetreten sind und nun müsse sie sich dauernd kratzen.

Seit rund 20 Jahren sind Kopfläuse auf dem Vormarsch, mittlerweile ganzjährig und nicht nur zu bestimmten Jahreszeiten. Viele Eltern insbesondere von Mädchen können davon ein leidvolles Lied singen, da man häufig nicht nur einmal, sondern mehrmals betroffen ist.

Huch, wie peinlich?

Läusebefall ist weder ein Anzeichen für mangelnde Hygiene noch trifft es nur besondere Bevölkerungsgruppen. Das Wichtigste, das an anderer Stelle ausführlich dargestellt worden ist (siehe DAZ 2013 Nr. 40 „Top beraten – ein Fall für die Selbstmedikation“) , in Kürze:

  • Läuse benötigen aufgrund ihres Entwicklungszyklus regelmäßig Blutmahlzeiten, die frisch geschlüpften Larven innerhalb kurzer Zeit (wenige Stunden), ausgewachsene Läuse können auch schon einige ohne Tage überstehen. Daher wird sich keine Laus freiwillig von ihrem Träger entfernen, eine Larve noch weniger. Eine Übertragung findet meist von Kopf zu Kopf statt; daher sind wahrscheinlich auch Mädchen, die eher die Köpfe zusammenstecken oder Haarschmuck und Mützen tauschen, etwas häufiger betroffen.
  • Eine umfassende Sanierung der Wohnung ist nicht nötig. Es reicht, Handtücher, Bettwäsche, Schlafanzug und die getragene Kleidung der betroffenen Person zu waschen (mind. 60°C), Mützen, Schmusetiere und andere Gegenstände können für 48 Stunden eingefroren oder für einige Tage (ca. fünf Tage) an einem warmen Ort in einer Plastiktüte eingesperrt werden. Bürsten und Kämme werden mit warmem Seifenwasser gereinigt.
  • Läuse sind durch Waschen nicht zu entfernen, man erhält durch häufigeres Haarewaschen nur besonders saubere Läuse. Nissen (die Eihüllen der Läuse) lassen sich nur sehr schwer entfernen; es gelingt in der Regel nur zwischen zwei Fingernägeln oder durch Herausschneiden des betreffenden Haares, da sie von den Läusen mit einem sehr festen Kleber nahe der Kopfhaut an das Haar geklebt werden.
  • Nissen sind, wenn sie mehr als etwa ein bis zwei Zentimeter von der Kopfhaut entfernt sind, entweder abgestorben oder leer. Da sie so schwer zu entfernen sind, belässt man sie in der Regel im Haar. Von der früher geltenden „Nissenfreiheit“ (vor dem Wiederbesuch von Schule oder Kindergarten) ist man mittlerweile abgerückt.
  • Der häufigste Grund für einen Misserfolg bei der Behandlung sind Anwendungsfehler, insbesondere die nach acht bis zehn Tagen erneut notwendige Behandlung, eine zu kurze Einwirkzeit, zu sparsames Auftragen oder Verdünnungseffekte durch zu nasses Haar.
  • Es gibt keine vorbeugende Behandlung; Familienmitglieder sollten kontrolliert werden (Durchkämmen mithilfe von Nissenkamm und Haarspülung, siehe unten) und nur bei Befall behandelt werden.

Bei den Mitteln gegen Kopfläuse werden verschiedene Gruppen von Produkten unterschieden.

Apothekenpflichtige Arzneimittel

Zu den apothekenpflichtigen Arzneimitteln, die Inhaltsstoffe aus der Gruppe der Insektizide enthalten, zählen derzeit z.B. (siehe auch Tabelle 1):

  • Jacutin® Pedicul Spray (Inhaltsstoff: Allethrin I = Bioallethrin),
  • Infectopedicul® (Inhaltsstoff: Permethrin),
  • Goldgeist forte® (Inhaltsstoff: Pyrethrum).

Diese Arzneimittel enthalten Stoffe, die für Läuse giftig sind, aber nicht sicher gegen Nissen wirken. Bei bestimmten Patientengruppen (Säuglinge, und Kleinkinder, Schwangere und Stillende) dürfen sie nicht oder nur eingeschränkt angewendet werden. Sie sind wie alle apothekenpflichtigen Arzneimittel für Kinder bis zur Vollendung des zwölften Lebensjahres (und für Jugendliche mit Entwicklungsstörungen bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres) verordnungsfähig. Mittlerweile werden für diese Wirkstoffe Resistenzen beobachtet, so dass bei einem Wiederauftreten der Läuse das Produkt gewechselt werden sollte. Die Einwirkzeiten sind etwas unterschiedlich, sollten aber genau eingehalten werden, da die Wirksamkeit sonst nicht ausreichend ist.

Medizinprodukte

Die Medizinprodukte enthalten entweder verschiedene Öle (Kokosöl, Sojaöl u.a.), Dimeticon (ein Stoff auf Silikonbasis) oder eine Mischung aus beiden. Diese Stoffe sollen die Atemöffnungen der Läuse und auch der Nissen verkleben und so die Läuse ersticken. Da diese Mittel auf physikalischem Wege wirken, ist nicht mit Resistenzen zu rechnen. Allerdings ist die Wirkung nicht 100%ig verlässlich, daher sollte auch hier nachkontrolliert werden. Viele dieser Produkte sind leicht entflammbar; Zündquellen (Kerze, brennende Zigarette) und starke Wärmequellen (heißer Fön) sollten also ferngehalten werden.

Medizinprodukte sind nur verordnungsfähig, wenn sie auf der Anlage V der Arzneimittelrichtlinie (AM-RL) stehen (siehe Tabelle 1). Auch hier gilt die Altersgrenze: Alle diese Medizinprodukte sind für Kinder bis zur Vollendung des 12. Lebensjahres (und für Jugendliche mit Entwicklungsstörungen bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres) verordnungsfähig. Die Aufnahme in die Anlage V erfolgt nur auf Antrag des Herstellers!

Entwesungsliste

Nicht ausschlaggebend für die Verordnungsfähigkeit ist die „Entwesungsliste“ des Umweltbundesamtes, die zwar Läusemittel hinsichtlich Wirksamkeit und Unbedenklichkeit überprüft, nicht aber die Verordnungsfähigkeit festlegt. Auf dieser Liste stehen die apothekenpflichtigen Arzneimittel Jacutin Pedicul Spray®, Infectopedicul® und Goldgeist forte® sowie die Medizinprodukte Mosquito®, Nyda L® und Jacutin Peducil Fluid®.

Tipps für läusegeplagte Familien

Der Vater im oben genannten Beispiel benötigt zunächst eine Aufklärung über den Lebenszyklus von Läusen und einen Nissenkamm. Zusätzlich kann eine einfache Haarpflegespülung empfohlen werden, die nach der Wäsche ins feuchte Haar gegeben wird. Sie macht die Läuse bewegungsunfähig und die Haare lassen sich leichter Strähne für Strähne durchkämmen. Die herausgekämmte Haarpflegespülung wird auf einem Küchentuch ausgestrichen; eventuelle Läuse oder Larven lassen sich so leicht erkennen und der Befall abschätzen. Danach kann eines der oben aufgeführten Läusemittel angewendet werden. Zur Sicherheit kann nach einigen Tagen noch einmal durchgekämmt werden; finden sich dann noch erwachsene Läuse in nennenswerter Anzahl, sollte die Infektionsquelle gesucht werden, denn diese Läuse sind neu zugewandert! Dass Larven gefunden werden, ist zu diesem Zeitpunkt normal. Entscheidend ist dann die erneute Behandlung nach etwa acht bis zehn Tagen, da dann alle Larven aus den Nissen geschlüpft sind und abgetötet werden. Diese Wiederholungsbehandlung sollte immer erfolgen, auch wenn etwas anderes im Beipackzettel angegeben ist. Zur Sicherheit kann abschließend noch einmal durchgekämmt werden.

Wer häufiger mit Läusen zu tun hat, dem kann empfohlen werden, routinemäßig etwa alle zwei Wochen mithilfe einer Haarpflegespülung die Haare, insbesondere die der Kinder, zu kontrollieren. Das ist vor allem dann sinnvoll, wenn man den Verdacht hat, dass in Kindergarten oder Schule noch ein infizierter Kinderkopf unterwegs ist, der nicht oder nicht ausreichend behandelt wird.

Grundsätzlich können Läuse auch ohne Anwendung von Läusemitteln entfernt werden. Dazu muss besonders sorgfältig mithilfe einer Haarpflegespülung mit dem Nissenkamm gekämmt werden (alle vier Tage, also an den Tagen 1, 5, 9 und 13). Für Schwangere, Stillende und Menschen mit Allergien gibt es oft keine andere Möglichkeit.

Häufig werden Läuse am Wochenende entdeckt, wenn kein Kinderarzt erreichbar ist. Falls der betreffende Kinderarzt auch bereit ist, nachträglich Präparate zu verordnen, sollten Sie grundsätzlich verordnungsfähige Arzneimittel oder Medizinprodukte abgeben. Großpackungen für mehrere Personen und Packungen, die gleich einen Läusekamm enthalten, können in der Regel nicht verordnet werden und sollten daher in diesem Fall gemieden werden.

Die leidige Meldepflicht

Läusebefall gehört zu den meldepflichtigen Erkrankungen, das heißt Gemeinschaftseinrichtungen wie Kindergärten und Schulen müssen informiert werden. Auch Freunde und Spielkameraden sollten benachrichtigt werden. Verschweigen von Läusebefall vergrößert das Problem eher, daher ist unbedingte Offenheit das Günstigste. Viele Einrichtungen verlangen ein Attest, dass das Kind frei von Läusen ist, bevor es die Einrichtung wieder besucht. Auch das führt immer wieder zu Konflikten, da es oft einen recht hohen Aufwand bedeutet, mit dem Kind zum Arzt zu fahren und sich das Attest zu beschaffen. Das erhöht die Gefahr, dass bei einem erneuten Befall dieser eher verschwiegen wird, um Fehlzeiten und Aufwand zu verringern. Sinnvoller ist aber, alle Betroffenen einer Einrichtung aufzuklären und eine Bestätigung der Eltern zu verlangen, dass ihre Kinder frei sind von Läusen bzw. entsprechende Maßnahmen ergriffen wurden. 

Antwort kurz gefasst

  • Alle Läusemittel, die den Status eines apothekenpflichtigen Arzneimittels haben, sind für Kinder bis zur Vollendung des zwölften Lebensjahres (und für Jugendliche mit Entwicklungsstörungen bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres) verordnungsfähig.
  • Medizinprodukte sind nur verordnungsfähig, wenn sie Bestandteil der Anlage V der AM-RL sind. Auch hier gilt die Altersgrenze von zwölf bzw. 18 Jahren für Jugendliche mit Entwicklungsstörungen.

Quellen

Läuseregeln der Stadt Münster

www.stadt-muenster.de/gesundheit/kinder-und-jugendgesundheit/kinder-und-jugendaerztlicher-dienst.html, PDF „Die 10 Münsterschen Läuseregeln“, Stand Oktober 2010, letzter Zugriff 31. Juli 2014

Joachim Richter u.a.: „Kopfläuse – Umgang mit einer wieder auflebenden Parasitose“, in: Ärzteblatt 9. September 2005, Seite A2395 ff.

Deutsche Pediculosis-Gesellschaft, Website www.pediculosis-gesellschaft.de, letzter Zugriff 31. Juli 2014

Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung BzgA, www.kindergesundheit-info.de/themen/krankes-kind/kopflaeuse/, letzter Zugriff 31. Juli 2014 und Faltblatt „Kopfläuse…was tun?“, letzter Zugriff 31. Juli 2014

Entwesungsliste“ 18. Ausgabe, Bekanntmachung der geprüften und anerkannten Verfahren zur Bekämpfung von tierischen Schädlingen nach § 18 Infektionsschutzgesetz, Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit

 

Autorinnen

Stanislava Dicheva, Insa Heyde, Daniela Böschen, Anna Hinrichs, Heike Peters

Apothekerinnen und wissenschaftliche Mitarbeiterinnen in der Arbeitsgruppe „Arzneimittelanwendungsforschung“, Zentrum für Sozialpolitik, Universität Bremen

Universität Bremen Zentrum für Sozialpolitik

UNICOM-Gebäude Mary-Somerville-Str. 5, 28359 Bremen

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