Arzneimittel und Therapie

Kardiale Todesfälle unter Makroliden

Höheres Risiko für Clarithromycin, jedoch nicht für Roxithromycin

Es ist bekannt, dass Makrolid-Antibiotika das QT-Intervall verlängern und ihre Anwendung daher potenziell zu tödlichen Arrhythmien führen kann. In einer dänischen Register-basierten Kohortenstudie fand sich unter der Behandlung mit Clarithromycin im Vergleich mit Penicillin V ein signifikant um 76% erhöhtes Risiko für kardialen Tod, das zudem bei Frauen stärker ausgeprägt war als bei Männern. Unter Roxithromycin kam es nicht zu mehr kardialen Todesfällen.

Der der Kardiotoxizität zugrunde liegende Mechanismus wird in der Wechselwirkung der Substanzen mit dem „delayed-rectifier“ Kalium-Kanal IKr in den Herzmuskelzellen gesehen. Diese führt zu einer Akkumulation von Kalium-Ionen und zu einer Verzögerung der Repolarisation, die im Elektrokardiogramm als QT-Zeit-Verlängerung sichtbar wird. Man nimmt an, dass diese Prozesse die Entstehung von Torsade-de-Pointes-Arrhythmien begünstigen, die tödlich enden können.

Zwar gibt es bereits Untersuchungen zum kardiovaskulären Risiko der Makrolide Erythromycin und Azithromycin, zu Clarithromycin und Roxithromycin fehlten jedoch bisher kontrollierte Studien, um dieses Risiko zu quantifizieren.

Vergleich mit Penicillin V

Mithilfe verschiedener landesweiter Register (z.B. dem Danish National Prescription Registry, dem Danish Register of Causes of Death) wurden erwachsene Patienten ausgewählt, die über sieben Tage entweder mit Clarithromycin (n = 160.297), Roxithromycin (n = 588.988) oder Penicillin V (n = 4.355.309) behandelt wurden und zwischen 40 und 74 Jahre alt waren. Primärer Endpunkt war das Risiko beider Makrolide für kardialen Tod im Vergleich mit Penicillin V, das kein kardiales Risiko besitzt.

Makrolide

Makrolide sind komplexe Antiinfektiva mit 14- bis 16-gliedrigem Lactonring und glykosidisch gebundenen Zuckern. Dazu gehören Erythromycin, Clarithromycin, Roxithromycin und Spiramycin. Auch das Azalid Azithromycin und das Ketolid Telithromycin werden zu den Makroliden gezählt, obwohl das aus chemischer Sicht nicht korrekt ist. Makrolide haben bakteriostatische bis bakterizide Eigenschaften. Die Effekte beruhen auf der Hemmung der bakteriellen Proteinsynthese in der Elongationsphase durch Bindung an die 50S-Untereinheit der Ribosomen. Die Nebenwirkungen der neueren Makrolide sind im Allgemeinen gering. Doch insbesondere die kardialen Nebenwirkungen müssen bei der gleichzeitigen Gabe mit anderen QT-Intervall-verlängernden Substanzen beachtet werden. Zum Beispiel dürfen Wirkstoffe wie Citalopram nicht gleichzeitig mit Makroliden gegeben werden.

Insgesamt traten in der untersuchten Population 285 kardiale Todesfälle auf (18 unter Clarithromycin, 32 unter Roxithromycin, 235 unter Penicillin V). Im Vergleich mit Penicillin V war die Anwendung von Clarithromycin mit einer signifikant erhöhten Fallzahl verbunden (5,3 pro 1000 Patientenjahre, adjustiertes Ratenverhältnis, RR, 1,76, 95% KI 1,08 bis 2,85), nicht jedoch die Behandlung mit Roxithromycin (2,5 pro 1000 Patientenjahre, RR 1,04; 0,72 bis 1,51). Der Zusammenhang für Clarithromycin war besonders bei Frauen ausgeprägt (adj. RR 2,83; 1,50 bis 5,36 bei Frauen und 1,09; 0,51 bis 2,35 bei Männern). Die absolute Risikodifferenz kardialer Todesfälle pro eine Million Behandlungen betrug 37 unter Clarithromycin versus zwei unter Roxithromycin.

Fokus auch auf Komedikation

Großes Augenmerk richteten die Autoren auch auf die Komedikation der Patienten, insbesondere der mit CYP3A4-Inhibitoren. Da Clarithromycin und Roxithromycin über CYP3A4 metabolisiert werden, können starke Inhibitoren dieses Enzyms den Metabolismus der Makrolide hemmen. Dazu zählen beispielsweise Fluconazol oder Ritonavir. Es zeigten sich jedoch keine kardialen Todesfälle bei Patienten, die unter der Roxithromycin-Behandlung CYP3A4-Inhibitoren einnahmen.

Die Autoren regten an, dass die Ergebnisse dieser großangelegten Kohortenstudie mit insgesamt mehr als fünf Millionen Antibiotika-Behandlungen unbedingt in unabhängigen Patientenkollektiven bestätigt werden sollten, da Clarithromycin zu den breit eingesetzten Antibiotika gehört. Sicherheitsprofile für die einzelnen Makrolide, die – wie hier gezeigt – durchaus unterschiedlich ausfallen, könnten ihrer Ansicht nach bei klinischen Entscheidungen sehr hilfreich sein. 

Quelle

Svanström H et al.: Use of clarithromycin and roxithromycin and risk of cardiac death: cohort study. BMJ 2014;349:g4930 doi: 10.1136/bmj.g4930, online 19. August 2014

Fachinformation Clarithromycin AbZ® 250 mg/500 mg Filmtabletten, Stand Februar 2014

Fachinformation Roxithromycin Heumann® Filmtabletten, Stand Mai 2011

Apothekerin Dr. Claudia Bruhn

0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.