Arzneimittel und Therapie

Effektiv bei Frauen über 25?

Auch der bivalente HPV-Impfstoff wirkt bei Älteren

Auch bei Frauen über 25 Jahren, für die die HPV-Impfung zwar zugelassen, aber von der STIKO noch nicht allgemein empfohlen wird, ist der kombinierte HPV-16/18-Impfstoff effektiv und gut verträglich. Dies ergab die Zwischenauswertung einer großangelegten Studie. Er schützte nicht nur vor Infektionen und problematischen zervikalen Schleimhautveränderungen durch die beiden HPV-Hochrisiko-Typen, sondern auch vor Infektionen mit den onkogenen Typen HPV 31 und 45, die in den derzeit verfügbaren Impfstoffen nicht enthalten sind.

Vor wenigen Wochen hat die Ständige Impfkommission (STIKO) in ihren aktualisierten Empfehlungen das Alter für die HPV-Impfung herabgesetzt. Statt bisher zwischen 12 und 17 Jahren sollten Mädchen nun bereits ab einem Alter von neun Jahren geimpft werden. Die Sächsische Impfkommission (SIKO) empfiehlt zusätzlich die Impfung von Jungen und Männern im Alter von zwölf bis 17 Jahren.

Nach der STIKO-Empfehlung sollte die HPV-Immunisierung möglichst bis zur Vollendung des 17. Lebensjahres abgeschlossen sein. Mädchen und Frauen, die diesen Zeitpunkt verpasst haben bzw. bei denen im empfohlenen Alter die Impfstoffe noch gar nicht verfügbar waren, können sich auch später noch impfen lassen. Dies ist nach Expertenansicht ratsam, weil zwar das Risiko einer Ansteckung mit HPV am größten bei sehr jungen Frauen ist, sich jedoch auch sexuell aktive Frauen über 25 infizieren können.

Untersuchungen wie die vom Cervarix®-Hersteller GlaxoSmithKline unterstützte Studie VIVIANE (Human PapillomaVIrus: Vaccine Immunogenicity ANd Efficacy) waren konzipiert worden, um die Effektivität, Sicherheit und Immunogenität der HPV-Impfstoffe im höheren Alter – hier bei Frauen ab 25 Jahren – zu testen. Cervarix® ist für diese Altersgruppe bereits seit September 2012 zugelassen.

Schutz auch vor anderen onkogenen Typen?

In die multinationale, doppeltblinde, auf insgesamt sieben Jahre angelegte Phase-III-Studie waren im Zeitraum 2006 bis 2010 Frauen über 25 Jahre 1:1 auf eine Vakzinierung mit dem HPV-16/18-Impfstoff oder eine Placebo-Impfung, die nur das Adjuvanz Aluminiumhydroxid enthielt, randomisiert worden. Die Teilnehmerinnen erhielten drei Impfdosen (in den Monaten 0, 1 und 6). Sie stammten aus Australien, Kanada, Mexiko, den Niederlanden, Peru, Portugal, Russland, Singapur, Thailand, dem Vereinigten Königreich, den USA und von den Philippinen. Der Anteil europäischer Frauen lag bei 19 Prozent, jede zehnte Teilnehmerin war älter als 46 Jahre. Bis zu 15 Prozent der Frauen hatten in der Vorgeschichte oder aktuell eine HPV-Infektion. Frauen, die auf eine Placebo-Impfung randomisiert worden waren, konnten auf Wunsch nach Abschluss der Studie gegen HPV geimpft werden. Primärer Endpunkt war der Einfluss der Impfung auf eine mindestens sechs Monate persistierende Infektion mit HPV 16 oder 18 oder eine Gebärmutterhalskrebs-Vorstufe Grad 1 oder höher (CIN1+, CIN = zervikale intraepitheliale Neoplasie) als Folge einer HPV-16/18-Infektion. Sekundäre Endpunkte umfassten die Effektivität der Impfung auf onkogene HPV-Typen, die im Impfstoff nicht enthalten sind. Die mittlere Beobachtungszeit lag bei 40,3 Monaten.

Effektiv und sicher

Die Gesamtkohorte umfasste 5752 Frauen (2881 in der Impf-, 2871 in der Kontrollgruppe). Die Effektivität der Impfung gegen eine über sechs Monate persistierende HPV-16/18-Infektion war in allen Altersgruppen signifikant: Zwischen dem 26. und 35. Lebensjahr lag sie bei 83,5% (97,7% KI 45,0–96,8), bei Frauen zwischen 36 und 45 Jahren bei 77,2% (2,8–96,9) und bei Kombination aller Altersgruppen bei 81,1% (52,1–94,0). Es bestand außerdem eine Effektivität gegen eine mehr als sechs Monate persistierende Infektion mit HPV 31 (79,1%, 27,6–95,9) und HPV 45 (76,9%, 18,5–95,6).

Das Krebsrisiko – eine Typfrage

Die HPV-Typen 16 und 18 gelten als Hochrisiko-Typen, da sie weltweit für ca. 70 Prozent aller Zervixkarzinome verantwortlich gemacht werden. Darüber hinaus werden auch die Typen 31, 33, 35, 39, 45, 51, 52, 56, 58, 59 und 66 als krebserregend eingestuft.

Die Typen 16, 18, 45, 31 und 33 werden für über 85% der invasiven Zervixkarzinome verantwortlich gemacht, im Fall von HPV 31 und HPV 45 sind es jeweils vier bzw. sechs Prozent.

Im Zeitraum bis sieben Tage nach der Impfung kam es in der HPV-16/18-Gruppe etwas häufiger zu Symptomen an der Einstichstelle. Schwere unerwünschte Wirkungen wurden in beiden Gruppen annähernd gleich häufig beobachtet (10% in der Impfgruppe vs. 9% in der Kontrollgruppe); bei jeweils weniger als einem Prozent dieser Ereignisse wurde ein ursächlicher Zusammenhang mit der Impfung gesehen.

Autoren sehen weitere Vorteile

Die Autoren verweisen in der Diskussion ihrer Ergebnisse darauf, dass die Wirksamkeit der Impfung für Frauen über 45 nicht gezeigt werden konnte, da die Teilnehmerzahl in dieser Altersgruppe zu klein war.

Bemerkenswert ist aus ihrer Sicht dagegen der Befund, dass der HPV-16/18-Impfstoff auch diejenigen Frauen zuverlässig schützte, die bereits einmal mit diesen beiden Typen infiziert waren.

Für den zweiten verfügbaren HPV-Impfstoff Gardasil®, der gegen die Typen 6, 11, 16 und 18 gerichtet ist, war die Effektivität und Sicherheit bei Frauen von 24 bis 45 Jahren in zwei 2009 bzw. 2011 veröffentlichten Studien bereits gezeigt worden. 

Quelle

Skinner SR et al.: Efficacy, safety, and immungenicity of the human papillomavirus 16/18 AS04-adjuvanted vaccine in women older than 25 years: 4-year interim follow-up of the phase 3, double-blind, randomised controlled VIVIANE study. Lancet 2014, online vorab publiziert am 2. September 2014, http://dx.doi.org/10.1016/S0140-6736(14)60920-X

Cogliano V et al.: Carcinogenicity of human papillomaviruses. Lancet Oncol 2005 (4), 204

Empfehlungen der Ständigen Impfkommission (STIKO) am Robert Koch-Institut, Epidemiologisches Bulletin Nr. 34 vom 25. August 2014, www.rki.de

Empfehlungen der Sächsischen Impfkommission (SIKO) zur Durchführung von Schutzimpfungen im Freistaat Sachsen vom 02.09.1993; Stand: 01.01.2014

GlaxoSmithKline: Fachinformation CERVARIX, Stand Dez. 2013

Sanofi Pasteur MSD: Fachinformation GARDASIL, Stand März 2014

 

Apothekerin Dr. Claudia Bruhn

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