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- DAZ 37/2014
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Retaxfall der Woche
Pharmazeutische Bedenken
Erst Retax, dann Rücknahme nach Einspruch
Lassen sich nach Beratung und Aufklärung des Patienten die Bedenken einer Arzneimittelsubstitution nicht beseitigen und ist die Therapie oder Compliance des Patienten gefährdet, so kann die Apotheke Pharmazeutische Bedenken geltend machen und die Abgabe des Rabattarzneimittels verhindern.
Die rechtlichen Grundlagen bilden die Apothekenbetriebsordnung, der Rahmenvertrag sowie der dazugehörige Kommentar zum Rahmenvertrag:
ApBetrO § 17 (5):
(5) Die abgegebenen Arzneimittel müssen den Verschreibungen und den damit verbundenen Vorschriften des Fünften Buches Sozialgesetzbuch zur Arzneimittelversorgung entsprechen. Enthält eine Verschreibung einen für den Abgebenden erkennbaren Irrtum, ist sie nicht lesbar oder ergeben sich sonstige Bedenken, so darf das Arzneimittel nicht abgegeben werden, bevor die Unklarheit beseitigt ist. Der Apotheker hat jede Änderung auf der Verschreibung zu vermerken und zu unterschreiben.
Rahmenvertrag § 4 (3):
Ist ein rabattbegünstigtes Arzneimittel in der Apotheke nicht verfügbar und macht ein dringender Fall die unverzügliche Abgabe eines Arzneimittels erforderlich (Akutversorgung, Notdienst), hat die Apotheke dies auf der Verschreibung zu vermerken, das vereinbarte Sonderkennzeichen aufzutragen und ein Arzneimittel nach den Vorgaben des Absatzes 4 abzugeben; das Nähere zu dem vereinbarten Sonderkennzeichen ist in der Arzneimittelabrechnungsvereinbarung nach § 300 SGB V (Technische Anlagen 1 und 3) geregelt. Gleiches gilt in Fällen des § 17 Absatz 5 Apothekenbetriebsordnung.
Kommentar des Deutschen Apothekerverbandes e.V. zum Rahmenvertrag § 129 SGB V i.d.F. vom 01.02.2011, S. 12:
Pharmazeutische Bedenken bestehen, wenn durch den Präparateaustausch trotz zusätzlicher Beratung des Patienten der Therapieerfolg oder die Arzneimittelsicherheit im konkreten Einzelfall gefährdet sind.
Im folgenden Fall hatte die Apotheke den Austausch eines Ramipril-Präparates aufgrund der Non-Compliance-Gefahr verhindert, da nach Aufklärung des Patienten aufgrund seiner mangelnden Verständigungsmöglichkeit die Gefahr einer Therapieverweigerung bestand. Dies dokumentierte die Apotheke mit folgendem Satz:
„Pharmazeutische Bedenken, kognitiv nicht verständigbar, Patient nimmt keinen anderen Hersteller“.
Auch die Formalien wurden korrekt beachtet:
- die Sonder-PZN 2567024 wurde aufgedruckt und
- der Faktor 611 wurde korrekt in die erste Taxzeile aufgedruckt.
Dennoch wurde der Apotheke die Erstattung des abgegebenen Ramipril-Präparates mit der folgenden Begründung verweigert:
„960 Verstoß gegen die Abgabebestimmung des § 129 Abs. 1 SGB V bzw. §4 Rahmenvertrag nach §129 Abs. 2 SGB V – Nichtabgabe rabattierter Arzneimittel“.
Die Apotheke legte mit einer ausführlichen Begründung Einspruch ein:
„Widerspruch – Aufgrund der sprachlichen Verständigungsprobleme konnte Herrn XX der Austausch gegen ein anderes Arzneimittel nicht vermittelt werden. Dies wurde handschriftlich auf dem Rezept vermerkt. Die richtige Defekt-PZN weist mit dem richtigen Faktor ebenfalls auf pharmazeutische Bedenken hin. Das Vorgehen entspricht den Vorgaben des Rahmenvertrags, daher gehe ich bei dieser Retaxierung von einem Versehen aus und bitte um Rücknahme ebendieser.“
Diesem Einspruch wurde dann auch sofort stattgegeben, sodass man davon ausgehen kann, dass es sich um eine nicht sorgfältig geprüfte Retaxation handelte.
DeutschesApothekenPortal
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