DAZ aktuell

Was erwartet uns in München?

Eine Gebrauchsanweisung für den Deutschen Apothekertag 2014

SÜSEL (tmb) | In der nächsten Woche ist es wieder einmal so weit. Der Deutsche Apothekertag findet statt, diesmal in München. Doch was erwartet die Delegierten und Besucher dort? Und was haben wir alle von der Arbeit des Apothekertages zu erwarten?

Die erste Überraschung erleben Apothekertagsneulinge schon auf dem Weg dorthin. Um das Messegelände herrscht reger Betrieb und es sind viele Flaggen mit dem Apotheken-A zu sehen. So ein großer Bahnhof für den Apothekertag? Mitnichten, denn die Aufmerksamkeit gilt der Expopharm, der größten pharmazeutischen Fachmesse Europas, die parallel zum Apothekertag stattfindet. Während zur Expopharm im vorigen Jahr etwa 27.000 Besucher kamen, besuchen den Apothekertag nur einige Hundert Delegierte, sonstige Funktionsträger, Gäste und Pressevertreter. Beim Einlass reiht man sich zwischen die Messebesucher ein. „Sie wollen zum Apothekertag? Sie meinen, zur Messe? Nein, ach ganz hinten ist noch ein anderer Saal“, so könnte ein Gespräch mit dem Ticketkontrolleur ablaufen. Der Apothekertag findet also statt, während die Kollegen nebenan die neueste Technik bestaunen, sich über neue Geschäftsideen wundern oder an spaßigen Aktionen teilnehmen, mit denen die Aussteller um Aufmerksamkeit buhlen. Im Kontrast zu diesem Trubel ist die Halle des Apothekertags meist nur spärlich dekoriert. Vor einigen Jahren war sie tiefschwarz gehalten. Welche Farbe wird wohl diesmal dominieren?

Foto: A. Schelbert
Der Deutsche Apothekertag beschäftigt sich auch in diesem Jahr wieder mitinteressanten Themen und ermöglicht spannende Diskussionen.

Eröffnungen

Am Mittwochfrüh öffnet zunächst die Expopharm. In einer separaten Halle wird Fritz Becker als Vorsitzender des Deutschen Apothekerverbandes den Gästen aus der Industrie die wirtschaftliche Situation der Apotheken darstellen. Es folgen Grußworte von der Pharmaindustrie und vom Großhandel, aus denen sich deren Stimmung ablesen lässt. Um 14 Uhr beginnt der Deutsche Apothekertag mit den Reden der Politiker – und das ist viel spannender, als es klingt, besonders in diesem Jahr. Denn Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe hat seinen Besuch angekündigt. Besonders der erste Auftritt eines „neuen“ Ministers beim Apothekertag kann ein wichtiges Zeichen dafür sein, was die Apotheker künftig zu erwarten haben, was der Minister über die Apotheker weiß und ob die Chemie stimmt. Als Ulla Schmidt im Amt war, vermittelte auch die Abwesenheit der Ministerin, die sich mehrfach durch Staatssekretäre vertreten ließ, ein deutliches Signal.

Nach dem Minister werden Vertreter der Fraktionen des Deutschen Bundestages sprechen. Wer das tut und welche Fraktionen überhaupt vertreten sind, bleibt meist bis zuletzt offen. Das hängt von Terminen ab, zeigt aber auch die Wertschätzung durch die Parteien. Bleiben wir also gespannt! Für das anschließende Grußwort aus dem gastgebenden Bayern hat sich die Gesundheitsministerin Melanie Huml angekündigt. Da die Politiker meistens höflich sind und bis zur nächsten Pause im Saal bleiben, bietet der folgende Lagebericht dem ABDA-Präsidenten Friedemann Schmidt eine hervorragende Gelegenheit, die Situation der Apotheker im Zusammenhang vor einem besonderen Publikum darzustellen und berufspolitische Forderungen und Angebote zu präsentieren.

Viel Lärm um nichts?

Nach der folgenden Pause ist die Zeit der großen Worte (zunächst einmal) vorbei. Dann beginnt die Arbeit, für die die Delegierten sich auf den Weg nach München machen. In diesem Jahr werden die 34 Apothekerkammern und -verbände 279 Delegierte (zuzüglich Delegierte der Apothekerkammer Westfalen-Lippe, deren Zahl nicht erfasst wurde) mit 405 Stimmen entsenden. Ihre Funktion ist eine der großen Merkwürdigkeiten der Veranstaltung. Einerseits wird der Deutsche Apothekertag als „Parlament“ der Apotheker geradezu zelebriert. Andererseits hat er gemäß der Satzung der ABDA keine Entscheidungsgewalt. Das zeigt sich an der Formulierung der Anträge, die vom Apothekertag angenommen werden oder auch nicht. Dort heißt es stets, die Hauptversammlung der deutschen Apothekerinnen und Apotheker fordere den Gesetzgeber zu etwas auf oder sie spreche sich dafür aus, dass die ABDA bestimmte Schritte unternehmen oder sich für bestimmte Ziele einsetzen soll. Die Hauptversammlung kann jedoch keine Projekte beschließen, keine Mittel freigeben und niemanden wählen. Für die wichtigsten Entscheidungen ist die ABDA-Mitgliederversammlung zuständig. Denn die ABDA ist ein Verband der Verbände. Mitglieder der ABDA sind also nicht einzelne Apotheker, deren Repräsentanten in der Hauptversammlung zusammenkommen, sondern die jeweils 17 Apothekerkammern und -verbände, die durch ihre Vorsitzenden vertreten werden. Juristisch wird argumentiert, die Struktur der ABDA lasse eine andere Rolle der Hauptversammlung nicht zu. Außerdem könne mit wichtigen Beschlüssen nicht bis zum Apothekertag gewartet werden, der nur einmal jährlich tagt. Dagegen wird angeführt, Beschlüsse und die Wahl des ABDA-Präsidenten durch ein parlamentsähnliches Gremium hätten politisch größeres Gewicht. Daher gab es immer wieder Anträge, die mehr Macht für den Apothekertag forderten, aber keine Mehrheiten gefunden haben. Allerdings hat im langjährigen Vergleich die Bereitschaft der ABDA-Verantwortlichen zur Transparenz und zur Auseinandersetzung mit abweichenden Auffassungen auf dem Apothekertag zugenommen. Den Antrag, die ABDA-Satzung zu ändern und den ABDA-Präsidenten künftig vom Apothekertag wählen zu lassen, gibt es auch in diesem Jahr wieder – und er verspricht erneut eine spannende Debatte.

Hauptversammlung

Doch zurück zum Ablauf: Am Mittwoch um 16.15 Uhr wird die Hauptversammlung eröffnet. Dann stellt ABDA-Hauptgeschäftsführer Dr. Sebastian Schmitz den Geschäftsbericht vor, der anschließend diskutiert wird. Danach beginnt die Antragsberatung. In diesem Jahr liegen 78 Anträge vor (siehe DAZ 35, S. 11). Einige Anträge stammen vom geschäftsführenden Vorstand der ABDA, andere von kleinen Kollegengruppen, die meisten aber von Apothekerkammern oder -verbänden. Deren Inhalte wurden daher auf Landesebene schon intensiv diskutiert. Das heißt aber noch lange nicht, dass sie auf Bundesebene eine Mehrheit finden. Nicht selten zeigt sich erst bei der Diskussion in dem großen Gremium, welche fachlichen oder politischen Fallstricke hinter einer auf den ersten Blick plausiblen Idee verborgen sind. Wie lange über einen Antrag diskutiert wird, lässt sich kaum abschätzen. Bedeutsame, aber inhaltlich unumstrittene Anträge werden oft ohne Diskussion verabschiedet. Dagegen wird manchmal lange um Details einer Formulierung gerungen. Spontane Gegenanträge können verwirrend oder ermüdend sein, sind aber oft auch spannend und zeigen, dass die Delegierten ihre Aufgabe ernst nehmen. Für diese Antragsberatung sind in diesem Jahr ein kleiner Zeitraum am Mittwochnachmittag, der ganze Donnerstagnachmittag, eine kurze Zeit am Freitagvormittag und der Freitagnachmittag vorgesehen.

Besondere Diskussionen

Der Donnerstagvormittag ist für das vor einem Jahr angekündigte Leitbild reserviert, das inzwischen „Perspektivpapier Apotheke 2030“ heißt. Die Verabschiedung durch den Apothekertag soll zum öffentlichkeitswirksamen Startsignal für das Perspektivpapier werden. Für die erneute Arbeit an inhaltlichen Details dürfte demnach in München kein Raum mehr sein. Doch soll nach der Verabschiedung über die weitere strategische Ausrichtung diskutiert werden, was vermutlich ohnehin spannender ist, als das Perspektivpapier erneut auseinanderzunehmen.

Am Freitagvormittag ist nochmals die „große“ Politik dran. Anders als bei den vorab formulierten, meistens freundlichen Grußworten am Mittwoch werden die Politiker in der politischen Diskussionsrunde am Freitag deutlicher. Dann wird noch besser erkennbar, welche Absichten die Politiker im Apothekenbereich verfolgen. Viel hängt allerdings davon ab, wer überhaupt an der Runde teilnimmt. Bestätigt ist bisher nur Jens Spahn, der Vorsitzende der Arbeitsgruppe Gesundheit der CDU/CSU-Bundestagsfraktion. Spahn ist mittlerweile Stammgast beim Apothekertag und geschätzt als kenntnisreicher und munterer Diskussionsteilnehmer, der klare Worte findet. Ob die Diskussion wieder spannend wird, hängt aber davon ab, mit wem Spahn sich messen darf und wer in Zeiten der Großen Koalition überhaupt eine Gegenposition präsentieren kann. Lassen wir uns überraschen! 

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