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Arzneimittel und Therapie
Androgenentzug schädigt krankes Herz
Prostatakarzinom-Patienten mit Herzinsuffizienz sind gefährdet
Als wichtiger Therapieansatz für ein hormonabhängiges Prostatakarzinom gilt der Entzug der Androgene mittels synthetischer Analoga des Gonadotropin-Releasing Hormons (GnRH). Bei dauerhaftem Gebrauch unterdrücken sie die Testosteron-Produktion.
Unter Verdacht
Seit einiger Zeit steht die Androgenentzugstherapie allerdings auch im Verdacht, das Risiko für Diabetes mellitus sowie Herzinfarkt bzw. plötzlichen Herztod zu erhöhen, sodass Männer mit Prostatakrebs und kardiovaskulären Komorbiditäten möglicherweise besonders gefährdet sind, schwerwiegende Nebenwirkungen zu erleiden.
Androgensuppression: Anpassung der Produktinformation
Bei Arzneimitteln mit Wirkstoffen, die zur Suppression von Androgenen führen, muss die Produktinformation angepasst werden, da unter der Therapie Verlängerungen des QT-Intervalls beobachtet wurden.
Zu diesen Wirkstoffen zählen alle Gonadotropin-Releasinghormon (GnRH)-Agonisten und einige -Antagonisten, wie Abarelix und Degarelix, und Antiandrogene wie Flutamid, Nilutamid, Bicalutamid und Enzalutamid sowie Abirateron, ein 17α-Hydroxylase/C17,20-lyase (CYP17)-Inhibitor. Diese Wirkstoffe werden zur Androgensuppression im Rahmen der Behandlung des hormonabhängigen Prostatakarzinoms eingesetzt.
Hintergrund ist eine Bewertung des PRAC, die nach Auswertung von Spontanberichten in der Eudravigilanz-Datenbank und der Literatur zu der Auffassung gekommen ist, dass die langfristige Ablation von Androgenen zu einer QT-Intervall-Verlängerung führen kann. Daher sind in den Produktinformationen zusätzliche Warnhinweise einzufügen. So ist bei Patienten mit Risikofaktoren für eine QT-Intervall-Verlängerung und solchen mit einer QT-Intervall-verlängernden Begleittherapie eine Nutzen/Risiko-Abwägung vor Beginn der Therapie mit den genannten Wirkstoffen durchzuführen. Zu den Wirkstoffen, die das QT-Intervall verlängern, zählen unter anderen Klasse-1A- und Klasse-III-Antiarrhythmika, Methadon, Moxifloxacin und Antipsychotika.
Quelle: AMK, Wichtige Mitteilungen DAZ 2014, Nr. 46, S. 133
Um diese Assoziation genauer zu untersuchen, haben Forscher der Harvard Medical School, Boston, sowie des Department of Urology der UCLA, Los Angeles, die Daten von 5077 Männern mittels einer Risikoanalyse nach Fine und Gray bewertet [1].
Die Prostatakarzinom-Patienten waren im Zeitraum von 1997 bis 2006 mit einer Radiotherapie mit oder ohne adjuvanter Androgenentzugstherapie behandelt worden. Nach einer medianen Nachbeobachtungszeit von 4,8 Jahren wurde bei Männern ohne kardiale Vorerkrankungen auch keine Assoziation zwischen Androgenentzugstherapie und dem Auftreten eines Herztodes festgestellt. Ebenso verhielt es sich bei Patienten mit Diabetes mellitus, Bluthochdruck oder Hypercholesterolämie. Dagegen zeigte sich eine signifikante Risikoerhöhung bei bestehender Herzinsuffizienz bzw. vorherig erlittenem Herzinfarkt (AHR 3,28; 95%KI 1,01–10,64; p = 0,048; n = 256). Die kumulative Inzidenz (fünf Jahre) einer kardiovaskulär-bedingten Mortalität lag bei Patienten mit adjuvanter Androgenentzugstherapie bei 7%, wohingegen diese bei Patienten ohne Androgendeprivationstherapie nur bei 2% lag. Demnach beziffert sich das durch Androgenentzugstherapie potenziell erhöhte Risiko bei Patienten mit Herzinsuffizienz bzw. vorherigem Herzinfarkt auf 1 von 20 Männern, bei denen mit plötzlichem Herztod gerechnet werden muss.
Restriktiver Einsatz empfohlen
Obwohl bereits mehrere groß angelegte klinische Studien den positiven Effekt der Androgendeprivationstherapie beim Prostatakarzinom belegen konnten, sollte nach Ansicht der Autoren vor allem bei Patienten mit bekannten Herzproblemen die Behandlung sehr restriktiv erfolgen und ausschließlich angewandt werden, wenn der Nutzen dieser Therapie eindeutig gegenüber möglichen Risiken überwiegt. Das ist vor allem bei aggressiven Formen des Prostatakarzinoms der Fall. Die engmaschige Überprüfung der kardialen Funktionen kann hierbei die Sicherheit der Therapie weiter optimieren.
Quelle
Ziehr DR et al. Association of androgen-deprivation therapy with excess cardiac-specific mortality in men with prostate cancer. BJU Int. 2014. doi:10.1111/bju.12905
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