Praxis

Schützen Sie die Gesundheit Ihrer Mitarbeiter!

Gesundheitsmanagement in der Apotheke

Stundenlanges Stehen, Zugluft, blaue Flecken durch nicht zurückrollende Schübe, Gefahrstoffe in Labor und Rezeptur, schwere Kartons oder Kisten heben – all dies sind körperliche Belastungen am Arbeitsplatz Apotheke, die teils vermieden, teils verringert werden können. Sorgen Sie für mehr Gesundheit in Ihrer Apotheke – es lohnt sich!

Maßnahmen, die die körperliche Unversehrtheit der Mitarbeiter garantieren sollen, werden unter dem Begriff „Betriebliches Gesundheitsmanagement“ (BGM) zusammengefasst und vor allem in größeren Unternehmen seit vielen Jahren umgesetzt. Unfallversicherungsträger und Berufsgenossenschaften, die sich aufgrund ihrer genuinen Aufgaben diesem Thema widmen, haben branchenspezifische Regeln sowie Empfehlungen ausgearbeitet, die die körperliche Gesundheit der Beschäftigten bzw. Versicherten schützen sollen. Auch der Staat sieht sich in der Verantwortung und hat das Arbeitsschutzgesetz (ASchG) erlassen. So verpflichtet § 6 ASchG den Arbeitgeber, in seinem Betrieb aufgrund einer Beurteilung der Arbeitsbedingungen die erforderlichen Maßnahmen des Arbeitsschutzes festzustellen, umzusetzen und im Hinblick auf ihre Wirksamkeit zu kontrollieren.

Das Arbeitsschutzgesetz gilt für jedes Unternehmen unabhängig von der Betriebsgröße. Deshalb ist auch das BGM ein Thema für Kleinstunternehmen (d.h. mit bis neun Mitarbeitern*), zu denen die meisten Apotheken gehören. Die Gefährdungsbeurteilung für den Umgang mit Chemikalien und die jährliche (bei Auszubildenden unter 18 Jahren halbjährliche) Unterweisung zum Umgang mit Gefahrstoffen sind mittlerweile Routine in der Apotheke. Doch ein BGM ist mehr.

Auch an die Psyche denken …

Alarmierend ist folgende Entwicklung: Arbeitnehmer fehlen immer häufiger wegen psychischer Belastungen am Arbeitsplatz. Summarisch betrachtet, ist mehr als ein Sechstel aller Krankheitstage auf psychische Belastungen zurückzuführen. Wie das Bundesarbeitsministerium auf eine Anfrage einer Bundestagsfraktion im August dieses Jahres berichtete, sind Mitarbeiter im Gesundheitswesen besonders häufig betroffen.

Ursachen sind der steigende Wettbewerbsdruck und die weiter voranschreitende Digitalisierung der Arbeitswelt. In welchem Maße sind Mitarbeiter in Apotheken von dieser Entwicklung betroffen? In welchem Maße konkret in Ihrer Apotheke? Und was können Sie selbst tun, um die durch psychische Belastungen verursachten Krankheitstage zu minimieren – positiv formuliert: die Gesundheit Ihrer Mitarbeiter zu schützen?

Zu einer umfassenden Gefährdungsbeurteilung und zur Abrundung des BGM zählt heutzutage auch die Beurteilung psychischer Belastungen. Denn nur wenn alle Mitarbeiter auch psychisch gesund und leistungsfähig sind, kann es gelingen, den vielfältigen Herausforderungen des Alltags professionell entgegenzutreten. Maßnahmen zum Erhalt von Gesundheit und Motivation sind auch Grundlage für den betriebswirtschaftlichen Erfolg vor allem in Kleinstbetrieben, wo jeder Mitarbeiterausfall zu starken personellen und finanziellen Belastungen führt.

Ein passendes BGM für die eigene Apotheke

Für die Apotheken hat die Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege (BGW) eine am Apothekenalltag orientierte Arbeitshilfe entwickelt. Dabei sind ganz allgemein drei Schritte für die Entwicklung eines unternehmensspezifischen BGM notwendig:

Schritt 1: Risikofaktoren identifizierenRisikofaktoren können physischer oder psychischer Art, „hausgemacht“ oder unabänderlich sein. Verletzungen der Mitarbeiter durch den Umgang mit Chemikalien im Labor oder durch Stolperfallen gilt es ebenso zu verhindern wie Verletzungen durch mobbende Kollegen oder cholerisch auftretende Kunden. Für Letztere kann man sicher eine für das ganze Team tragbare Vorgehensweise finden. Zum Beispiel können „Besondere-Kunden-Kärtchen“ in Analogie zu Fleißkärtchen gesammelt werden, und bei jeder Teambesprechung erhält der eifrigste Sammler eine kleine Auszeichnung. Im Team ist es zudem durchaus opportun, schwierige Kunden mit Humor zu betrachten – natürlich darf der betroffene Kunde das nicht mitbekommen.

Schritt 2: Maßnahmen festlegen und umsetzenZur Vorbereitung von gesundheitsfördernden Maßnahmen sind Teambesprechungen gut geeignet, sofern dabei ein paar Kommunikationsregeln beachtet werden: keine persönlichen Beleidigungen, offener Umgang mit Kritik und Bemühung um eine gute Gesprächs- und Arbeitsatmosphäre. Bei den Teambesprechungen geht es auch um die Optimierung von Arbeitsabläufen, beispielsweise sicherstellen, dass ein Mitarbeiter beim Anfertigen einer Rezeptur nicht gestört wird. Gemeinsam kann man Probleme lösen und dadurch allen die Arbeit erleichtern und Anspannung und Stress reduzieren. So kann man z.B. beschließen, einen Tisch, der immer wieder für blaue Flecken sorgt, anderswohin zu stellen oder häufiger benötigte Produkte, die so weit oben untergebracht sind, dass die meisten Kollegen auf einen (meist im Weg stehenden) Elefantenfuß steigen müssen, anderswo zu lagern.

Da langes Stehen in Apotheken fast unausweichlich ist und viele Mitarbeiter unter schweren Beinen leiden – warum nicht einen gemeinsamen Einkauf bei einem Stützstrumpfhersteller organisieren?

Auch der Informationsfluss in der Apotheke ist oft gestört: Wenn größere Teams in zwei Schichten ohne Übergabe arbeiten (z.B. vor und nach der Mittagspause), können der nachfolgenden Schicht wichtige Informationen zu aktuellen Vorgängen fehlen. Passiert das häufig, ist die Situation für alle unbefriedigend. Ein Infoboard für Informationen, die die aktuelle Lieferung oder die Versorgung des Altenheims betreffen oder an einen wichtigen Anruf bei einem Arzt erinnern, bieten da Orientierung und sind besonders übersichtlich, wenn für verschiedene Bereiche bestimmte Notizzettelfarben festgelegt sind. Wichtig ist natürlich, dass das Infoboard immer aktuell gehalten wird.

Schritt 3: Den Erfolg der Maßnahmen messen

Die Einführung des QMS hat bereits dazu geführt, dass viele gesundheitsgefährdende Faktoren in der Apotheke ermittelt und beseitigt oder verringert wurden. Mit dem QMS lässt sich auch der Erfolg der Maßnahmen des betrieblichen Gesundheitsmanagements messen. Bei einem erfolgreichen BGM sind die bessere Stimmung und der Zusammenhalt im Team spürbar, übrigens auch für die Kunden.

Fazit

Als Apothekenleiter vergegenwärtigen Sie sich bitte, wie viel Aufmerksamkeit Sie der „Gesundheit“ Ihrer Computer widmen: Fakturierung, Rezeptmanagement, alle Prozesse müssen reibungslos funktionieren; Updates bringen Ihre Programme ständig auf den neuesten Stand. Auf keinen Fall darf das System abstürzen. Aber Ihre Mitarbeiter dürfen auch nicht abstürzen! Fördern Sie deren Gesundheit, dann steigen auch Leistungsfähigkeit und Effizienz. Schließlich sind Ihre Mitarbeiter Ihr wichtigstes Kapital – vor allem bei der derzeitigen Personalknappheit.

Das Arbeitsschutzgesetz ist für den Betrieb nur eine juristisch wichtige Grundlage, wichtiger für die Praxis ist das betriebliche Gesundheitsmanagement. Ein gutes BGM ist nicht zuletzt auch ein Beitrag zur langfristigen Personalbindung, denn es steigert die Attraktivität der Arbeitsplätze in Ihrer Apotheke. 

Quellen

Lennecke, Kirsten: CheckAp – Kommunikation im Team. Stuttgart 2013

BGW Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege: Gefährdungsbeurteilung in Apotheken (TP-5GB); www.bgw-online.de > Medien & Service > BGW check

www.kmu-vital.ch: Gesundheitsförderung Schweiz: KMU-vital Programm für gesunde Betriebe

www.good-practice.org > gesundheitsförderung: Datenbank mit erfolgreich umgesetzten Arbeitsgestaltungsmaßnahmen

www.gesundekmu.de: Betriebliches Gesundheitsmanagement in kleineren und mittleren Unternehmen in Rheinland-Pfalz – Leitfaden

Hartmuth Brandt, Fa. mobilissimo, Dr. Constanze Schäfer MHA, AK Nordrhein


* Die Arbeitsmarktstatistik unterscheidet ansonsten kleine Unternehmen (mit 10 bis 49 Beschäftigten) und mittlere Unternehmen (mit 50 bis 249 Beschäftigten), die unter dem Kürzel KMU zusammengefasst werden.

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