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Arzneimittel und Therapie
Antibiotika erhöhen das Blutungsrisiko
Interaktion mit Phenprocoumon oft nicht erwähnt
Anlässlich von Studien zu Interaktionen von Antibiotika mit Warfarin untersuchten deutsche Forscher nun das Interaktionspotenzial mit Phenprocoumon. Dieses hat zwar den gleichen Wirkmechanismus, aber andere pharmakokinetische Eigenschaften wie eine längere Halbwertszeit und einen CYP3A4-abhängigen Metabolismus.
In dieser Studie wurden anonymisierte Patientendaten der AOK analysiert und bei 513.338 Phenprocoumon-Patienten nach Blutungen im Zusammenhang mit Antibiotika-Einnahme durchsucht. Dazu zählen Krankenhauseinweisungen wegen größeren Blutungen, wenn in den letzten sieben Tagen mindestens einmal Antibiotika eingenommen wurden. Es gab 13.785 Einweisungen, davon 40% mit gastrointestinalen, 13% mit zerebralen und 47% mit anderen Blutungen. Jeder Fall wurde mit vier entsprechenden Kontrollpersonen verglichen. Hospitalisierte Personen zeigten öfter Begleiterkrankungen und nahmen häufiger Antidepressiva, Antirheumatika, HMG-CoA-Reduktase-Hemmer, Thrombozytenaggregationshemmer und Tramadol ein. Die Forscher fanden ein deutlich erhöhtes Risiko im Zusammenhang mit Antibiotika-Einnahme (Odds-Ratio [OR] 2,37). Am deutlichsten steigerten Cotrimoxazol (OR 3,71) und Chinolon-Antibiotika (OR 3,13) das Blutungsrisiko. Die Korrelation mit gastrointestinalen Blutungen war stärker als mit zerebralen (OR 2,09 vs. 1,34). Der stärkste Zusammenhang wurde bei anderen Blutungen (z.B. urogenital) beobachtet (OR 2,92).
Unter den Chinolonen erhöhte Ofloxacin das Risiko auf das Fünffache (OR: 4,94), während Ciprofloxacin, Levofloxacin und Moxifloxacin zu einer etwa dreifachen Steigerung führten. Cotrimoxazol vergrößerte das Blutungsrisiko fast auf das Vierfache (OR 3,86). Amoxicillin mit Clavulansäure ging mit einem etwa doppelt so hohen Risiko einher (OR 2,33), wobei dies mit Amoxicillin allein geringer war (OR 1,61). Dieser Effekt scheint zeitlich eng mit der Antibiotika-Einnahme zu korrelieren. Je näher die Verschreibung am Einlieferungstermin lag, desto höher war die Odds-Ratio (OR: 3,25 für 0 bis 3 Tage; OR 2,88 für 4 bis 7 Tage). Wurde der Zeitraum zwischen der Einweisung und der Einnahme von sieben Tagen auf 14 bzw. 21 Tage verlängert, zeigte sich immer noch ein signifikanter, wenn auch schwächerer Zusammenhang (OR 2,37 für 7, OR 2,13 für 14 und OR 1,96 für 21 Tage). Korrekturen für andere Tagesdosen, Komorbidität und Polypharmazie hatten nur geringe Auswirkungen auf die berechneten Werte.
Diese Interaktion ist besonders relevant, da sie in vielen Beipackzetteln sowie in der Roten Liste nicht erwähnt wird. Der Mechanismus bleibt unklar. Vermutet wird, dass durch die Störung der Darmflora weniger bakterielles Vitamin K produziert wird. Außerdem könnte eine Inhibition von CYP2C9 und CYP3A4 eine Rolle spielen. Für Cotrimoxazol wird auch eine Verdrängung von Phenprocoumon aus der Plasma-Eiweiß-Bindung diskutiert.
In Zukunft könnten weitere Studien durch INR-Monitoring zeigen, wie stark sich Antibiotika auf die Blutgerinnung auswirken. Weiterhin bleibt zu untersuchen, ob auch die neuen Antikoagulanzien mit diesen Wirkstoffen interagieren. Bis genauere Daten vorliegen, sollte aber das Nutzen-Risiko-Verhältnis einer Therapie mit den oben erwähnten Wirkstoffen sorgfältig abgewägt und die Einnahme mit engmaschigen INR-Kontrollen begleitet werden.
Quelle
Abbas S. Risk of bleeding and antibiotic use in patients receiving continous phenprocoumon therapy, Thrombosis and Haemostasis, prepublished online 16. Januar 2014, doi:10.1160/TH13-09-0723.
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