Medizin

Die Schwindsucht schwindet nicht

Die Behandlung der Tuberkulose bleibt eine Herausforderung

Von Clemens Bilharz | Viele Jahre schien die Tuberkulose, zumindest in unseren Breiten, so gut wie besiegt. Die Kombinationstherapie wirkte zuverlässig, die Erkrankungszahlen sanken. Seit 2009 verlangsamt sich der rückläufige Trend. Besorgniserregend ist vor allem die Zunahme resistenter Erregerstämme. Für viele Patienten ist die lange Behandlungsdauer sehr belastend, weswegen sie das strenge Regime mit mehreren Tabletten nicht immer durchhalten. Hier könnte mit Substanzen, die bei gleicher Wirksamkeit die Therapiedauer verkürzen könnten, ein Ausweg geschaffen werden.

Neben HIV/Aids und Malaria gehört die Tuberkulose weltweit zu den häufigsten Infektionskrankheiten. Nach Angaben der WHO waren im Jahr 2013 rund neun Millionen Neuerkrankungen und bis zu zwei Millionen Todesfälle zu beklagen. Letztere ereignen sich zu über 95% in den armen Ländern Afrikas oder Asiens, wobei allein jeder fünfte Tote aus Indien stammt. Zwar hat sich die Zahl der Tuberkulose-bedingten Todesfälle seit 1990 weltweit insgesamt um rund 45% verringert, dennoch gibt es keinen Grund zur Entwarnung. Im Gegensatz zu den meisten westeuropäischen Ländern ist vor allem in Osteuropa und den Staaten der ehemaligen Sowjetunion eine besorgniserregende Zunahme der Tuberkulose zu verzeichnen, insbesondere auch mit (multi-)resistenten Erregerstämmen.

Risikofaktor HIV

Begünstigt wird diese Entwicklung vor allem durch vielerorts schlechte Hygienebedingungen und marode Gesundheitswesen, aber auch durch globale Migrationsbewegungen. Ein besonders problematischer Risikofaktor ist HIV: Die Wahrscheinlichkeit einer Tbc-Koinfektion erhöht sich um ein Vielfaches, wenn der Betroffene bereits an einer HIV-Infektion leidet, vor allem bei manifestem Aids. Nach wie vor ist die Tuberkulose weltweit die häufigste Todesursache bei HIV-Infizierten.

Hohe Morbidität bei Migranten

In Deutschland waren im Jahr 2012 laut epidemiologischem Bulletin des Robert Koch-Institutes 4220 Personen an Tuberkulose erkrankt, von denen 146 verstarben. Männer waren mit 61,5% deutlich häufiger betroffen als Frauen mit 38,5%. Rund die Hälfte der Erkrankten war im Ausland geboren. Insgesamt ist auch hier die Tuberkulose-Rate bei Migranten aus Ländern, in denen die Tuberkulose noch sehr häufig vorkommt, besonders hoch. Wie in anderen europäischen Staaten, etwa in Großbritannien, scheint sich nun auch in Deutschland der über viele Jahre beobachtete rückläufige Trend bei den Fallzahlen zu verlangsamen. Typisch für die sogenannten Niedriginzidenzländer ist, dass sich die Tuberkulose-Fälle in urbanen Ballungszentren konzentrieren. Überproportional betroffen sind Menschen ohne eigenes oder mit nur geringfügigem Einkommen, Migranten aus Ländern mit hoher Tuberkulose-Rate, Obdachlose sowie Alkohol- und Drogenabhängige. Auch hier spielen Infektionen durch (multi-)resistente Erreger zunehmend eine Rolle.

Ansteckung von Mensch zu Mensch

Hervorgerufen wird die Tuberkulose durch Bakterien des sogenannten Mycobacterium-tuberculosis-Komplex, zu dem verschiedene Spezies gehören, unter anderem auch M. bovis, der Erreger der Rinder-Tuberkulose. Der häufigste Erreger von Tuberkulose-Infektionen beim Menschen ist das Mycobacterium tuberculosis. Bei den Mykobakterien handelt es sich um aerobe, unbewegliche Stäbchen, welche aufgrund ihrer Eigenschaften bei der Färbung für die Mikroskopie als säurefest bezeichnet werden. Die Infektion erfolgt in der Regel aerogen, also durch feinste erregerhaltige Tröpfchen aus der Ausatemluft von erkrankten Menschen, insbesondere wenn diese husten oder niesen. Allerdings kommt es hier nicht so leicht zu einer Ansteckung wie bei anderen über die Luft übertragenen Krankheiten wie z.B. Masern oder Varizellen. Ob überhaupt eine Infektion mit M. tuberculosis stattfindet, hängt von verschiedenen Faktoren ab:

  • Häufigkeit, Dauer und Enge des Kontakts mit einer Person, die an infektiöser („offener“) Tuberkulose erkrankt ist,
  • Menge und Virulenz der inhalierten Erreger,
  • Empfänglichkeit der exponierten Person.

Immunschwäche erhöht Erkrankungswahrscheinlichkeit

Die Inkubationszeit zwischen der Ansteckung und einer messbaren Immunantwort beträgt im Durchschnitt sechs bis acht Wochen. Allerdings führt nicht jede Infektion mit M. tuberculosis zu einer manifesten Erkrankung. Ein intaktes Immunsystem vorausgesetzt, erkranken nur etwa 5 bis 10% an einer aktiven, behandlungsbedürftigen Tuberkulose. In den ersten beiden Jahren nach der Infektion ist das Erkrankungsrisiko am höchsten, es bleibt lebenslang bestehen. In den meisten Fällen gelingt es dem Organismus, im Rahmen einer granulomatösen Gewebereaktion die Mykobakterien abzukapseln und die Infektion dadurch lokal einzugrenzen. Je nach Manifestation lässt sich die Tuberkulose klinisch in folgende Infektionsstadien einteilen (s. Abb. 1):

  • Latente tuberkulöse Infektion (LTBI): Erstinfektion mit erfolgreicher Abkapselung der Erreger (Granulom), die dadurch jedoch im Organismus persistieren.
  • Primärtuberkulose: Organmanifestation mit Ausbildung des sogenannten Primärkomplexes mit Gefahr der lokalen, hämatogenen oder lymphogenen Ausbreitung.
  • Postprimärtuberkulose: Reaktivierte Tuberkulose bei späterer Immunschwäche auch nach einer zeitlichen Latenz von Jahren bis Jahrzehnten.
Abb. 1: Mögliche Stadien der Tuberkulose nach einer Infektion mit M. tuberculosis. Der Verlauf ist im Wesentlichen abhängig von der Immunkompetenz der infizierten Person.

Betroffen ist in rund 80% der Fälle die Lunge, aber vor allem bei der Postprimärtuberkulose sind auch extrapulmonale Manifestationen möglich, etwa in den Knochen und/oder Gelenken, in der Haut, im Urogenitalbereich oder im Bereich der Hirnhäute (Meningitis tuberculosa).

Leitsymptom Husten

Eine Besonderheit der Tuberkulose ist das langsame Wachstum der Erreger, Mykobakterien teilen sich nur etwa einmal am Tag. Daher entwickelt sich die Erkrankung fast immer schleichend über einen Zeitraum von vielen Wochen. Die latente tuberkulöse Infektion verursacht in der Regel keine Symptome, selbst die primäre Lungentuberkulose geht häufig initial nur mit unspezifischen „grippalen“ Beschwerden einher. Typisch im weiteren Verlauf ist ein rezidivierender Husten, zunächst ohne, später mit gelblich-bräunlichem Auswurf, der bei Arrosion von Blutgefäßen blutig tingiert sein kann. Je nach Progression und Organbefall kommt es zu spezifischen Symptomen (s. Tab. 1), beispielsweise zu abdominalen und Flankenschmerzen bei Urogenitaltuberkulose.

In seltenen Fällen treten an den Streckseiten der Unterschenkel rötlich-bläulich-violette, aufgrund der darunterliegenden Entzündung sehr druckschmerzhafte Knötchen oder Flecken auf. Dieses Erythema nodosum gilt als kutanes Zeichen einer überschießenden Reaktion des Immunsystems auf eine Infektion – allerdings nicht nur bei Tuberkulose, sondern auch bei Streptokokken- oder Chlamydieninfekten, Toxoplasmose oder entzündlichen Darmerkrankungen wie Morbus Crohn und Colitis ulcerosa.

Immunologischer Nachweis der Infektion

Die bekannteste Methode im Rahmen der Tuberkulose-Diagnostik dürfte nach wie vor der klassische Tuberkulin-Hauttest sein. Dass der Körper sich immunologisch mit Mykobakterien auseinandergesetzt hat, lässt sich etwa sechs bis acht Wochen nach Ansteckung erstmalig nachweisen. Hierzu wird direkt in die Haut eine bestimmte Menge Tuberkulin injiziert, eine Mischung von gereinigten und selektierten Proteinen, die aus M. tuberculosis gewonnen wurden. Bei positivem Befund entsteht nach zwei bis sieben Tagen an der betreffenden Stelle ein tastbares Knötchen, das einen bestimmten Durchmesser überschreitet. Eine seit 2005 zur Verfügung stehende Alternative ist IGRA (Interferon-Gamma-Release-Assays). Sie beruht darauf, dass T-Lymphozyten nach Zugabe M.-tuberculosis-spezifischer Antigene Interferon-Gamma freisetzen, sofern das Immunsystem zuvor bereits Kontakt mit dem Erreger hatte.

Allerdings sind die immunologischen Tests für die Diagnose einer behandlungsbedürftigen aktiven Tuberkulose von untergeordneter Bedeutung. Hier stehen radiologische Methoden („pulmonaler Rundherd“) und bakteriologische Nachweise im Vordergrund. Die Erreger stammen in der Regel aus Sputum, Bronchial- oder Trachealsekret, bei entsprechendem Verdacht aber auch aus Pleuraexsudat, Magensaft, Urin, Liquor oder Biopsie-/Punktionsproben (Gelenke, Haut). Neben der kulturellen Anzüchtung ist der direkte mikroskopische Nachweis möglich oder indirekt der Nachweis von Nukleinsäuren des M.-tuberculosis-Komplexes. Essenziell hierbei ist die Prüfung der Empfindlichkeit, um etwaige Antibiotikaresistenzen zu erfassen.

Mundschutz und Meldepflicht

Nach dem Infektionsschutzgesetz muss jede behandlungsbedürftige Tuberkulose dem zuständigen Gesundheitsamt gemeldet werden (auch späterer Tod oder Therapieabbruch). Bei der nachfolgenden Umgebungsuntersuchung wird geprüft, ob bei einer der ermittelten engeren Kontaktpersonen ebenfalls eine Infektion besteht. Vor allem die offene Tuberkulose erfordert verschiedene hygienische und infektionspräventive Maßnahmen:

  • Stationäre Isolierung des Erkrankten in einem Raum mit mehrfachem Luftwechsel und gezielter Abluft nach außen. Der Raum muss täglich flächendesinfiziert werden.
  • Konsequente Hustenhygiene seitens des Patienten: niemanden direkt anhusten, beim Husten Mund und Nase mit einem Papiertuch bedecken, das erregerhaltige Material unmittelbar in bereitgestellte Abfallbehälter entsorgen und anschließend die Hände desinfizieren.
  • Bei Anwesenheit anderer Personen bzw. beim (möglichst seltenen) Verlassen des Isolierzimmers muss der Patient einen Mund-Nasen-Schutz anlegen.
  • Ärzte und Pflegepersonal tragen im Isolierzimmer Schutzkittel, Schutzhandschuhe sowie geeignete Atemschutzmasken.
  • Die Zahl von Besuchern ist so gering wie möglich zu halten. Besucher sind in die korrekte Benutzung des Atemschutzes einzuweisen.

Ausschließlich Kombinationstherapie

Grundlage einer erfolgreichen medikamentösen Tuberkulosetherapie sind zwei Aspekte:

  • Innerhalb der tuberkulösen Läsionen kommt M. tuberculosis in biologisch sehr verschiedenen Populationen vor. Um die Erreger je nach Milieu (etwa in einer Kaverne mit hohem Sauerstoffpartialdruck) auf ihren unterschiedlichen Wachstumsstufen abzutöten oder ihre Vermehrung zu stoppen, sind Medikamente mit unterschiedlichen Wirkmechanismen und Wirkorten erforderlich.
  • In jeder größeren Population von M.-tuberculosis-Komplex befinden sich bereits spontan mutierte, gegen eine bestimmte Substanz resistente Erreger. Bei inadäquater Therapie würden diese selektioniert werden und sich weiter vermehren. Das Ziel, eine Resistenzentstehung zu verhindern und vor allem bei bereits vorhandenen die Entwicklung weiterer Resistenzen zu verhindern, erfordert ebenfalls Medikamente mit unterschiedlichen Wirkmechanismen.

Daher erfolgt die Behandlung der Tuberkulose ausschließlich mit einer Medikamentenkombination. Zur First-line-Therapie stehen laut den Empfehlungen des Deutschen Zentralkomitees zur Bekämpfung der Tuberkulose (DZK) derzeit vier Substanzen zur Verfügung (s. Tab. 2): Isuoniazid, Rifampicin, Pyrazinamid, Ethambutol. Insgesamt hat die WHO fünf Medikamentengruppen zur Therapie der Tuberkulose kategorisiert (s. Tab. 3).

Zweiphasiges Standardregime über sechs Monate

In der Regel wird für Patienten ohne Risikofaktoren für eine Resistenz entsprechend nationalen wie internationalen Leitlinien eine sechsmonatige orale Kombinationstherapie aus den First-line-Medikamenten Isoniazid, Rifampicin, Pyrazinamid und Ethambutol nach folgendem Regime empfohlen:

  • Initialphase über zwei Monate: INH + RMP + PZA + EMB,
  • Kontinuitätsphase über vier Monate: INH + RMP.
  • Die Behandlung extrapulmonaler Tuberkulosen folgt dem gleichen Grundprinzip. Je nach klinischem Bild und Organbefall können zusätzliche Interventionen indiziert sein, beispielsweise eine Thorax-Drainage mit nachfolgender physikalischer Therapie bei Pleuritis tuberculosa mit Ergussbildung.

Bei ausgedehnten (z.B. kavernösen) Befunden und/oder einem mikroskopischen Nachweis von M.-tuberculosis-Komplex auch nach zwei Monaten Kombinationstherapie, kann die Verlängerung des Regimes auf neun Monate sinnvoll sein:

  • zwei Monate: INH + RMP + PZA + EMB,
  • ein Monat: INH + RMP + PZA,
  • sechs Monate: INH + RMP.

Bei positivem Tuberkulintest oder IGRA, aber Ausschluss einer aktiven Tuberkulose kann bei Risikopersonen (z.B. Kleinkinder, HIV-Infizierte) eine Chemoprävention durchgeführt werden. Hierzu wird Isoniazid als Mittel der Wahl über einen Zeitraum von neun Monaten verabreicht.

Grundsätzlich sollten alle Medikamente – am besten morgens – zusammen oder zumindest innerhalb von 20 Minuten eingenommen werden, um einen gemeinsamen Wirkgipfel zu erreichen. Bei schlechter Verträglichkeit empfiehlt sich die Einnahme nach einer leichten, nicht allzu fetthaltigen Mahlzeit. Da einige Patienten als unerwünschte Wirkung eine ausgeprägte Müdigkeit und Leistungsschwäche beklagen, kann es sinnvoll sein, alternativ die Tabletten abends zu verabreichen.

Conditio sine qua non ist die absolute Therapieadhärenz, also die zuverlässige und vollständige tägliche Medikamenteneinnahme über den gesamten Behandlungszeitraum. Leider zeigt die Erfahrung, dass manche Patienten, sobald sie sich nach einigen Wochen besser fühlen, nicht mehr einsehen, das strenge Regime mit mehreren Tabletten durchzuhalten. Daher sind Isoniazid, Rifampicin, Pyrazinamid und Ethambutol in verschiedener Zusammenstellung auch als fixe Kombinationen erhältlich. Inwieweit diese Darreichungsform der Gabe der Einzelsubstanzen „nicht unterlegen“ ist, konnte in den bisherigen Studien und Reviews noch nicht abschließend geklärt werden.

Individuelles Vorgehen bei Resistenz

Ein gravierendes Problem ist das zunehmende Auftauchen von resistenten oder sogar multiresistenten Erregerstämmen (s. Tab. 4).

Im Jahr 2009 erwiesen sich in Deutschland 11,4% der M.-tuberculosis-Stämme als resistent gegenüber mindestens einem der First-line-Medikamente (SDR-TB), im Jahr 2012 waren es 12,7%. Der jeweilige Anteil multiresistenter Stämme (MDR-TB) lag bei 2,1 bzw. 2,3%, bei in Osteuropa und in Ländern der ehemaligen Sowjetunion geborenen Patienten mit rund 13% allerdings deutlich höher. Laut WHO waren im Jahr 2013 weltweit rund 480.000 Tuberkulose-Fälle von multiresistenten Mykobakterien verursacht. Besonders besorgniserregend ist die Zunahme der äußerst schwer zu behandelnden extensiv resistenten Tuberkulose (XDR-TB) in einigen Ländern der Welt.

Bei bestehender (Multi-) Resistenz sind alle weiteren infrage kommenden Medikamente auszutesten, sodass unter Berücksichtigung des individuellen Resistenzmusters gemäß den umfangreichen Therapieempfehlungen vorgegangen werden kann. Grundsätzlich sollte das Regime um mindestens zwei oder besser drei wirksame Medikamente erweitert werden, da das Hinzufügen nur einzelner Substanzen durch Selektion wiederum zu Resistenzen führen kann. Allerdings gibt es für die meisten Empfehlungen zur Therapie der Tuberkulose bei Medikamentenresistenz oder Unverträglichkeit gegenüber einem First-line-Medikament nur wenig oder keine gesicherte Evidenz. In einer südkoreanischen Studie profitierte ein großer Teil von Patienten mit XDR-Tuberkulose beispielsweise von einer raschen Intervention mit dem Oxazolidinon Linezolid.

Verkürzung der Behandlungsdauer schwierig

Mit dem Ziel, Tuberkulose-Patienten die Therapieadhärenz zu erleichtern sowie Kosten zu senken, wurde in letzter Zeit wiederholt versucht, mit dem Austausch eines der First-line-Antibiotika die Behandlungsdauer zu verkürzen. So auch in drei unlängst veröffentlichten Studien, in denen die jeweilige Kontrollgruppe nach dem klassischen Standardregime aus zwei Monaten Initial- und sechs Monaten Kontinuitätsphase therapiert wurde. Ausgetauscht in den einzelnen Studien wurden

  • Moxifloxacin statt EMB bzw. INH für jeweils 17 Wochen,
  • Moxifloxacin bzw. Moxifloxacin plus Rifapentin statt INH für vier bzw. sechs Monate,
  • Gatifloxacin statt EMB für vier Monate.

Zunächst konnte gezeigt werden, dass die Kombination mit einem Fluorchinolon nach zwei Monaten eine raschere Abnahme positiver Bakterienkulturen bewirkte. Allerdings musste als ernüchterndes Fazit konstatiert werden, dass – was das Gesamtresultat betraf – keines der verkürzten Therapieregimes der sechsmonatigen Standardtherapie gleichwertig war.

Mit Vitamin C gegen Tuberkulose?

Unerwartete Hilfe könnte aus einem Bereich kommen, der zunächst wohl kaum mit der Tuberkulose-Therapie und ihrer Resistenzproblematik in Verbindung gebracht wird. Doch amerikanische Versuche mit Laborkulturen zeigten, dass Mykobakterien auf die Gabe von Vitamin C in eine Nährlösung unerwartet empfindlich reagierten und vollständig abstarben. Während Vitamin C beim Menschen als Antioxidans wirkt, scheint es bei Mycobacterium tuberculosis gerade das Gegenteil zu bewirken: In Gegenwart von Eisen-Ionen wurden hochreaktive Sauerstoff- und Hydroxylradikale gebildet, wodurch sogar mehrfach resistente Bakterienstämme abgetötet wurden. Der klinische Nachweis, dass die Einnahme von Vitamin-C-Präparaten auch im menschlichen Organismus zur Auslöschung vor allem resistenter Tuberkulose-Erreger beiträgt, steht freilich noch aus. 

Quelle

[1] Tuberkulose. RKI-Ratgeber für Ärzte. Fachlich-inhaltlich überarbeitete Fassung vom Januar 2013, Robert Koch Institut, www.rki.de

[2] Epidemiologisches Bulletin Nr. 11/12, März 2014, Robert Koch Institut, www.rki.de

[3] Tuberculosis. Fact sheet No. 104, updated Oktober 2014, World Health Organisation, www.who.org

[4] Tuberkulose. In: Herold G et al. Innere Medizin. Köln 2014:409-418

[5] Deutsches Zentralkomitee zur Bekämpfung der Tuberkulose (DZK), Deutsche Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin (DGP). Empfehlungen zur Therapie, Chemoprävention und Chemoprophylaxe der Tuberkulose im Erwachsenen- und Kindesalter. Pneumologie 2012;66:133–171

[6] Daxecker M, Weiss G. Therapierefraktäre Hauttuberkulose nach Methylprednisolon-Therapie. Dtsch Med Wochenschr 2008;133(8): 46-349

[7] Albanna AS, Smith BW, Cowan D, Menzies D. Fixed-dose combination antituberculosis therapy: a systematic review and meta-analysis. Eur Respir J 2013;42(3):721-732

[8] Lee M et al. Linezolid for treatment of chronic extensively drug-resistant tuberculosis. NEJM 2012;367:1508

[9] Gillespie SH, Crook AM, McHugh TD et al. Four-Month Moxifloxacin-Based Regimens for Drug-Sensitive Tuberculosis. N Engl J Med 2014;371:1577-1587

[10] Jindani A, Harrison TS, Nunn AJ et al. High-Dose Rifapentine with Moxifloxacin for Pulmonary Tuberculosis. N Engl J Med 2014;371:1599-1608

[11] Merle CS, Fielding K, Bah Sow O et al. A Four-Month Gatifloxacin-Containing Regimen for Treating Tuberculosis. N Engl J Med 2014;371:1588-1598

[12] Warner DF, Mizrahi V. Shortening Treatment for Tuberculosis – Back to Basics. N Engl J Med 2014;371:1642-1643

[13] Jacobs WR, et al. Mycobacterium tuberculosis is extraordinarily sensitive to killing by a vitamin C-induced Fenton reaction. Nature Communications 2013. Doi:10.1038/ncomms2889

 

Autor

Clemens Bilharz ist Facharzt für Anästhesie und Intensivmedizin und zusätzlich als wissenschaftlicher Fachzeitschriftenredakteur ausgebildet. Er ist als Autor und Berater für Fachverlage und Agenturen tätig.

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