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Politik
Wettbewerbswidrig: Rx ohne Rezept
BERLIN (ks) | Gibt eine Apotheke ein verschreibungspflichtiges Medikament ohne Vorlage eines Rezepts ab, so kann ein Mitbewerber wettbewerbsrechtliche Ansprüche geltend machen. Dies entschied letzte Woche der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH, Urteil vom 8. Januar 2015, Az. I ZR 123/13). Er gab damit einem Apotheker Recht, der das Verhalten einer Kollegin beanstandet hatte. Diese pflegte eine „Notfallregelung“ mit dem Arzt vor Ort, die die Nachreichung von Rezepten umfasste. Im nun vom BGH entschiedenen Fall kam eine Patientin dieses Arztes an einem Samstagmittag in die Apotheke und verlangte das rezeptpflichtige Medikament Tri Normin 25. Der Blutdrucksenker wurde der Frau bereits seit Jahren verordnet, doch an diesem Tag hatte sie kein Rezept. In der Apotheke des Klägers bekam sie das Arzneimittel nicht – dieser verwies vielmehr auf den ärztlichen Notdienst, wo sie ein Rezept erhalten könne. Doch die Kundin versuchte es in der Apotheke der Beklagten – mit Erfolg. Und das ließ sie den Apotheker auch wissen. In der Folge mahnte der Apotheker seine Konkurrentin ab. Doch die Kollegin sah sich im Recht und verwies darauf, dass sie vor der Abgabe eine ihr bekannte Ärztin telefonisch um Auskunft gebeten habe – allerdings handelte es sich dabei nicht um die Ärztin der konkreten Kundin. Der Fall wanderte vor Gericht.
Vorinstanz pro Beklagte
Das Landgericht Ravensburg gab der Klage in erster Instanz bis auf einen Teil der Abmahnkosten statt (Az.: 7 O 76/11 KfH 1). Es sah sowohl den Unterlassungsanspruch gegeben als auch einen Anspruch auf Schadensersatz. Auf die Berufung der Beklagten hat das Oberlandesgericht Stuttgart die Klage dann aber abgewiesen (Az: 2U193/12; siehe AZ 2013, Nr. 40, S. 7). Es hat angenommen, die Beklagte sei zwar nicht zur Abgabe des Arzneimittels ohne Rezept berechtigt gewesen, weil kein dringender Fall im Sinne von § 4 der Arzneimittelverschreibungsverordnung (AMVV) vorgelegen habe. Der einmalige Gesetzesverstoß sei aber aufgrund der damaligen besonderen Situation, insbesondere wegen eines geringen Verschuldens der Beklagten, nicht geeignet gewesen, Verbraucherinteressen spürbar zu beeinträchtigen.
Auf die Revision des Klägers hat der BGH nun das erstinstanzliche Urteil wiederhergestellt. Die schriftlichen Gründe liegen noch nicht vor. In einer Pressemeldung heißt es jedoch, dass die Verschreibungspflicht nach § 48 AMG dem Schutz der Patienten vor gefährlichen Fehlmedikationen und damit gesundheitlichen Zwecken diene. Durch Verstöße gegen das Marktverhalten regelnde Vorschriften, die den Schutz der Gesundheit der Bevölkerung bezwecken, würden die Verbraucherinteressen nach ständiger Rechtsprechung des BGH stets spürbar beeinträchtigt.
Keine Ausnahme
Die Beklagte sei auch nicht wegen der besonderen Umstände des Streitfalls gemäß § 4 AMVV ausnahmsweise zur Abgabe ohne Rezept berechtigt gewesen. Der BGH verweist darauf, dass der Apotheker sich grundsätzlich auf eine Entscheidung des Arztes über die Verordnung des verschreibungspflichtigen Medikaments verlassen könne. Die Ausnahmevorschrift des § 4 AMVV setze aber eine Therapieentscheidung des behandelnden Arztes aufgrund eigener vorheriger Diagnose voraus. In dringenden Fällen reicht es allerdings aus, wenn der Apotheker über die Verschreibung telefonisch unterrichtet wird. An der erforderlichen Therapieentscheidung fehle es, wenn ein Apotheker einen Arzt zu einer Verschreibung für einen dem Arzt unbekannten Patienten bewegt – wie es hier der Fall war. Das Gericht verweist zudem darauf, dass zum Zeitpunkt des Apothekenbesuchs keine akute Gesundheitsgefährdung bestand. Der Patientin sei daher auch zuzumuten gewesen, den ärztlichen Notdienst im Nachbarort aufzusuchen. |
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