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Diabetes mellitus
Süße Alternativen
Zuckeraustauschstoffe und Süßstoffe in der Diskussion
Seit dem 13. Dezember 2014 wird in Anpassung an EU-Recht die im deutschen Lebensmittelrecht bisher übliche Unterscheidung der Süßungsmittel in die Gruppen „Zuckeraustauschstoffe“ und „Zuckerersatzstoffe (Süßstoffe)“ aufgehoben; auf Zutatenlisten muss zukünftig nur noch die Oberbezeichnung „Süßungsmittel“ sowie die entsprechende E-Nummer angegeben werden [1]. Für den Verbraucher wird es dadurch schwerer, Süßstoffe auf den ersten Blick zu erkennen. Aktuell sind in der Europäischen Union acht Zuckeraustauschstoffe und elf Süßstoffe durch die European Food Safety Authority (EFSA) als sicher bewertet und zugelassen.
Zuckeraustauschstoffe
Zuckeraustauschstoffe sind Substanzen, die wie Glucose oder Saccharose als Süßungsmittel verwendet werden können, die aber größtenteils Insulin-unabhängig metabolisiert werden [2]. Derzeit sind in der Europäischen Union acht verschiedene Zuckeralkohole bzw. -gemische als Zuckeraustauschstoffe zugelassen (siehe Tabelle 1). Hierbei handelt es sich um Mono- und Disaccharidalkohole, die durch enzymatische Reduktion von Mono- bzw. Disacchariden hergestellt werden (Polyole) [3]. Die meisten dieser Substanzen kommen auch natürlich vor, so z. B. in Früchten, Gemüse und Pilzen. Da die Zuckeraustauschstoffe in Geschmack und Volumen dem Haushaltszucker nahe stehen, lassen sie sich ebenfalls für die Lebensmittelproduktion verwenden. Der Energiegehalt der Zuckeralkohole ist niedriger als jener der nicht-reduzierten Zucker; allerdings ist ihre Süßkraft (mit Ausnahme von Xylit) auch geringer als die von Saccharose [2].
Name
relative Süßkraftim Vergleich zu Saccharose
Energie[kcal/g]
Kario-genität
Anmerkungen
Saccharose
1
4
hoch
Fructose
1,5
4
hoch
Erythrit(E968)
0,7
0
keine
reduzierte Form der Weinsäurepraktisch keine gastrointestinalen Nebenwirkungenkein Effekt auf Blutzuckerspiegel
Isomalt(E953)
0,5
2,4
reduziert
partielle Hydrolyse u. a. zu GlucoseEinfluss auf Blutzuckerspiegel: gering
Lactit(E966)
0,4
2,4
reduziert
reduzierte Form der Lactosestark laxierendkein Effekt auf Blutzuckerspiegel
Maltit(E965)
0,8
2,4
reduziert
reduzierte Form der MaltoseGewinnung aus Mais-Stärkepartielle Hydrolyse u. a. zu GlucoseEinfluss auf Blutzuckerspiegel: gering
Mannit (Mannitol)E421
0,5
2,4
reduziert
natürliches Vorkommen: Feigen, Oliven, Pilzeaufgrund hoher Produktionskosten wenig verwendetEffekt auf Blutzuckerspiegel: gering
Sorbit (Sorbitol)(E420)
0,5
4
reduziert
reduzierte Form der Glucosenatürliches Vorkommen: Trockenfrüchte, Äpfel, PflaumenMetabolisierung überwiegend durch Darmflora zu organischen Säuren (laxierende Wirkung); geringe Resorption und hepatische Metabolisierung zu Glucose/Fructosepraktisch kein Effekt auf Blutzuckerspiegel
Xylit (Xylitol)(E967)
1
2,4
anti-kariogen
reduzierte Form der Xylosenatürliches Vorkommen: verschiedene Obst- und Gemüsesortenals Zwischenprodukt des Kohlenhydratstoffwechsels natürlicher Bestandteil lebender Zellenkühlender Effekt auf der Mundschleimhautgeschmacksverstärkende Wirkung auf Minzaromenpraktisch kein Effekt auf Blutzuckerspiegel
Polyglycitolsirup (E964)
0,8
2 bis 4
reduziert
Gemisch aus Maltit, Sorbit und verschiedenen hydrierten Oligo- und Polysaccharidenpartielle Hydrolyse u. a. zu GlucoseEinfluss auf Blutzuckerspiegel: gering
Grundsätzlich sieht die EFSA keine relevanten gesundheitlichen Bedenken, die gegen die Verwendung der Zuckeraustauschstoffe sprechen, weshalb für sie auch keine ADI-Werte (acceptable daily intake) festgelegt sind. Sie können daher praktisch in unbegrenzter Menge zugesetzt werden (quantum satis). Da ihr Energiegehalt zwar meist geringer ist als jener von Haushaltszucker, aber auf jeden Fall diätetisch noch relevant ist, müssen Zuckeraustauschstoffe von z. B. Diabetikern bei der Brennwert-Berechnung berücksichtigt werden.
Zuckerersatzstoffe (Süßstoffe)
Zuckerersatzstoffe (Süßstoffe, non-nutritive sweeteners) sind natürlich vorkommende oder synthetische Verbindungen, die wie Zuckeraustauschstoffe als Süßungsmittel verwendet werden können; im Gegensatz dazu besitzen die Süßstoffe jedoch eine vielfach höhere Süßkraft sowie einen praktisch vernachlässigbaren Brennwert [2, 3].
Name | relative Süßkraftim Vergleich zu Saccharose | Energie[kcal/g] | Kario-genität | Anmerkungen |
---|---|---|---|---|
Acesulfam(E950) | 100 bis 200 | 0 | keine | Geschmack: intensiv süß; schnell einsetzend und lang anhaltendMetabolisierung: keineVerwendung vorzugsweise in Getränkenhitzestabil |
Advantam(E969) | 30.000 bis 37.000 | 0 | keine | höchste bekannte Süßkraftgeschmacksverstärkende Wirkung auf Citrus-, Frucht- und Minz-Aromen |
Aspartam(E951) | 200 | 4a | keine | Geschmack: intensiv süß, geschmacksverstärkendMetabolisierung: Hydrolyse zu Asparaginsäure, Phenylalanin und MethanolthermolabilKontraindikation: Phenylketonurie (PKU) |
Aspartam-Acesulfam(E962) | 350 | ca. 0a | keine | Salz der beiden EinzelkomponentenKontraindikation: Phenylketonurie (PKU) |
Cyclamat(E952) | 35 | 0 | keine | Geschmack: „authentisch“, geschmacksverstärkend auf FruchtaromenMetabolisierung: keineniedrigste Süßkraft aller Süßstoffehäufig mit Saccharin kombiniert, um dessen metallischen Beigeschmack zu verbessern |
Neohesperidin DC(E959) | 400 bis 600 | ca. 0a | keine | Geschmack: süß mit lakritz-mentholartigem BeigeschmackMetabolisierung: keinekaschiert bittere Geschmacksnoten, daher Verwendung in flüssigen Arzneiformen |
Neotam(E961) | 7000 bis 13.000 | 0 | keine | Geschmack: langanhaltend süß, geschmacksverstärkend auf FruchtaromenMetabolisierung: keine |
Saccharin(E954) | 400 bis 500 | 0 | keine | Geschmack: süß mit bitter-metallischem Beigeschmackkeine Metabolisierunghitze- und gefrierstabil |
Steviol-Glykoside (E960) | 300 | ca. 0a | keine | Geschmack: intensiv süß mit Lakritz-BeigeschmackMetabolisierung zu Steviol |
Sucralose(E955) | 600 | 0 | keine | Geschmack: intensiv süßkeine Metabolisierung |
Thaumatin(E957) | 2500 | 4 | keine | Geschmack: verzögert süßMetabolisierung: nicht bekanntGemisch aus sechs Proteinen, gewonnen aus der Frucht von Thaumatococcus daniellii |
a) Aufgrund der sehr hohen Süßkraft müssen im Vergleich zu Saccharose o.ä. derart geringe Mengen zum Süßen verwendet werden, dass über die Substanzmenge im Endprodukt praktisch keine Energie aufgenommen wird.
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Aktuell sind in der Europäischen Union elf strukturell sehr unterschiedliche Süßstoffe zur Verwendung in Lebensmitteln zugelassen (siehe Tabelle 2). Zu den bekanntesten Verbindungen zählen Aspartam, Cyclamat und Saccharin. Die als Süßstoff zu verwendenden Substanzen sollen nicht nur süß schmecken und gesundheitlich unbedenklich sein, sondern sie müssen noch zahlreiche weitere lebensmittelchemische Kriterien erfüllen, z. B. hinsichtlich Löslichkeit, pH- und Thermostabilität oder Abwesenheit von unerwünschtem Neben- bzw. Nachgeschmack [2, 3]. Aufgrund ihrer spezifischen Eigenschaften werden in unterschiedlichen Lebensmitteln meist auch unterschiedliche Süßstoffe eingesetzt bzw. miteinander kombiniert.
Bekannte Süßstoffe. Der älteste synthetische Zuckerersatzstoff ist das Saccharin (Synthese 1879), das wegen seines bitter-metallischen Beigeschmacks häufig mit anderen Süßstoffen kombiniert wird [3]. Cyclamat besitzt zwar die geringste Süßkraft aller Süßstoffe, wird jedoch häufig verwendet, da der Geschmack von Probanden als besonders „authentisch“ und „natürlich“ beurteilt wird [7]. Aspartam ist ein Dipeptidmethylester der beiden Aminosäuren L-Phenylalanin und L-Asparaginsäure, zu denen das Aspartam im Körper auch metabolisiert wird. Bei Neohesperidin-Dihydrochalkon (Neohesperidin-DC) handelt es sich um die reduzierte Form des in Citrusfrüchten natürlich vorkommenden Flavonoids Neohesperidin. Da es besonders gut bittere Geschmacksnoten kaschiert, wird es auch als Süßstoff in flüssigen Arzneiformen eingesetzt [7]. Ein eigenes Kapitel innerhalb der Süßstoffe sind die seit einigen Jahren boomenden Steviol-Glykoside. Anders als werbewirksam dargestellt, handelt es sich dabei jedoch nicht um ein „Naturprodukt“ oder einen „natürlichen Süßstoff“, sondern um ein Produkt, das erst in einem sehr aufwendigen chemischen Prozess aus dem pflanzlichen Rohmaterial hergestellt werden muss [3].
Gesundheitliche Aspekte. Im Rahmen der gesundheitlichen Bewertung werden für die Süßstoffe durch die EFSA toxikologische Kenngrößen ermittelt und akzeptable tägliche Aufnahmemengen (ADI-Werte) abgeleitet. Außerdem sind für Süßstoffe – ebenfalls anders als für die Zuckeraustauschstoffe – Höchstmengen für verschiedene Lebensmittel festgelegt, um sicherzustellen, dass bei üblichen Ernährungsgewohnheiten die Zufuhrmenge unterhalb des ADI-Wertes bleibt. Besondere Bedeutung besitzt der Süßstoff Aspartam für Patienten, die an der erblichen Stoffwechselerkrankung Phenylketonurie (PKU) leiden und die deshalb eine strenge Phenylalanin-arme Diät einhalten müssen: Da Aspartam bereits im Darm unter anderem in Phenylalanin abgebaut wird, sollten PKU-Patienten vollständig auf Aspartam-haltige Lebensmittel verzichten. Entsprechende Lebensmittel müssen gemäß Zusatzstoff-Zulassungsverordnung mit dem Hinweis „Enthält eine Phenylalaninquelle“ versehen sein.
Kontroverse Diskussionen. Einzelne Süßstoffe wurden immer wieder mit gesundheitlichen Risiken in Verbindung gebracht. Besonders prominente Beispiele sind neben Aspartam (diskutiert als Risikofaktor für Allergien, neuroendokrine Veränderungen, Epilepsie, Hirntumore) auch Cyclamat und Saccharin (diskutiert als Risikofaktoren für Harnblasenkarzinome und reduzierte Fertilität). Grundlage dieser Diskussionen sind überwiegend Daten aus Tierversuchen; so konnte z. B. an Ratten, die extrem hohe Dosen an Cyclamat erhielten, eine erhöhte Inzidenz an Harnblasenkarzinomen gezeigt werden [7]. Diese auch in der Laienpresse häufig wiedergegebenen Befürchtungen konnten durch umfangreiche epidemiologische Untersuchungen sowohl durch die EFSA als auch durch die jeweiligen medizinischen Fachgesellschaften nicht bestätigt werden. Süßstoff-haltige Softdrinks sollten dennoch nicht in volumenrelevanten Mengen als „Durstlöscher“ konsumiert werden, da auf diese Weise die akzeptablen täglichen Zufuhrmengen tatsächlich überschritten werden können. Ein eigenes Kapitel ist die Frage, wie sich verschiedene Süßstoffe auf Appetit, Sättigungsverhalten und Körpergewicht auswirken. Die Studienlage hierzu ist jedoch äußerst komplex, weshalb sie in diesem Zusammenhang nicht abschließend dargestellt werden kann [8 – 11].
Diabetes durch Veränderung der Darmflora? Wieder angeheizt wurde die Diskussion um die gesundheitlichen Risiken von Süßstoffen mit einer vielbeachteten Studie, die im September 2014 in der Zeitschrift Nature publiziert wurde [12]. In Tierversuchen induzierten die Süßstoffe Aspartam, Saccharin und Sucralose in auch für Menschen üblichen Dosierungen einen anhaltenden Anstieg der Blutglucose-Konzentration („Glucoseintoleranz“). Zudem war dieser hyperglykämisierende Effekt in der Kombination „fettreiche Nahrung + Süßstoff“ stärker ausgeprägt als in der Kombination „fettreiche Nahrung + Glucose“. Dies erscheint zunächst überraschend, da die Süßstoffe Insulin-unabhängig metabolisiert werden. In nachfolgenden Untersuchungen konnte eine mögliche Erklärung gefunden werden. Die Süßstoffe führen bereits nach wenigen Tagen zu einer erheblichen Veränderung der physiologischen Darmflora (Dysbiose): so kam es zu einer Zunahme von Bakterien, die vermehrte Kohlenhydrate freisetzen, die dann wiederum resorbiert werden und zum Anstieg der Glucose-Konzentration beitragen. Auf diese Weise könnte die metabolisch ungünstige Wirkung hyperkalorischer, fettreicher Nahrung durch Süßstoffe noch verstärkt werden. Ob diese Studienergebnisse in der Zukunft bestätigt werden und für welche Verzehrmengen sie tatsächlich relevant sind, bleibt noch zu klären. Unabhängig davon gibt es jedoch zunehmend deutliche Hinweise darauf, dass die Darmflora eine entscheidende Rolle für die Pathogenese von Diabetes und metabolischem Syndrom spielt [13, 14]; ein entsprechender Zusammenhang mit dem Süßstoffverzehr erscheint daher durchaus plausibel.
Kariogenität. Die Kariogenität von Süßungsmitteln hängt neben dem Vorkommen vergärbarer Disaccharide auch vom natürlichen Säuregehalt sowie der Kontaktzeit mit den Zähnen ab (Klebrigkeit und Verweildauer im Mund) [2]. Von den ernährungsrelevanten Kohlenhydraten kariogen sind Saccharose, Glucose, Fructose, Maltodextrine und Stärke, da diese Zucker durch Plaquebakterien, insbesondere Streptococcus mutans, zu organischen Säuren abgebaut werden. Der Austausch kariogener Saccharide durch Zuckeraustauschstoffe oder Süßstoffe kann daher zur Kariesprophylaxe beitragen.
Eine besondere Rolle in diesem Zusammenhang spielt der Zuckeraustauschstoff Xylit. Bereits in den 1970er Jahren gab es erste Hinweise darauf, dass das Kauen Xylit-haltiger Kaugummis nicht nur über unspezifische Kaueffekte zu einer Karies-Reduktion führt, sondern dass Xylit an sich eine antikariogene Wirkung besitzt – und zwar unabhängig davon, ob es mit der Nahrung zugeführt oder als Kaugummi gekaut wird [15]. Diese ersten Daten wurden seitdem in mehreren hundert Studien bestätigt [16]. Xylit reduziert demnach nicht nur die Plaque-Entstehung um bis zu 70%, sondern bewirkt auch die Remineralisation bereits vorhandener Kariesläsionen [17], wofür verschiedene Mechanismen diskutiert werden [18].
Die antikariogen wirksame Tagesdosis Xylit wird bereits durch das Kauen von ca. fünf Kaugummis pro Tag erreicht. Dieser Xylit-Effekt ist sogar generationenübergreifend: So sinkt das Karies-Risiko von Kindern in den ersten Lebensjahren um bis zu 80%, wenn deren Mütter bereits vor dem ersten Zahndurchbruch beim Kleinkind regelmäßig Xylit-haltige Kaugummis kauen [19]. Grund dafür ist vermutlich, dass sich infolge des Xylit-Konsums die Streptokokken-Dichte im Speichel der Mutter erheblich verringert, wodurch die Übertragungsrate auf das Kind abnimmt.
Durch die Verwendung von Süßstoffen können Kalorien eingespart werden, was bei einer angestrebten Gewichtsreduktion hilfreich sein kann. Sinnvoller und langfristig gesünder ist jedoch eine grundsätzliche Ernährungsumstellung, die mehr als nur den Wechsel von Haushaltszucker auf Süßstoffe umfasst. Und auch die primär unter dem Aspekt der Zahngesundheit beworbene, zunehmende Verwendung ist kritisch zu sehen: Insbesondere der Konsum Süßstoff-haltiger Soft-Drinks als Durstlöscher kann bei Kindern zur entsprechenden Geschmacksprägung und Gewöhnung an süßen Geschmack führen, wodurch die Lust auf Süßes mittelfristig verstärkt wird. Dieses Problem ist bei erwachsenen Patienten mit metabolischem Syndrom meist manifest, was die ernährungsmedizinisch erforderliche, nachhaltige Veränderung der Ernährungsgewohnheiten erheblich erschwert. Daher müssen in der Regel verschiedene Strategien kombiniert werden, um zumindest eine teilweise Verbesserung des Ernährungsverhaltens erreichen zu können. Hier stellen verschiedene kalorienarme oder kalorienfreie Süßungsmittel, zumal wenn sie Insulin-unabhängig verstoffwechselt werden, eine mögliche Option im ernährungstherapeutischen Gesamtkonzept dar. Im Rahmen eines modifizierten Tagesplanes, der nicht allein auf eine reduzierte Zuckerzufuhr abzielt, können daher auch Süßstoffe eingesetzt werden. Dieser kalorieneinsparende Effekt von Süßstoffen wird in der Praxis jedoch häufig dadurch konterkariert, dass nach einer Umstellung von Haushaltszucker auf Süßstoffe größere Portionen der damit gesüßten Lebensmittel bzw. Speisen als vorher gegessen werden – in der Annahme, dies sein nun unbegrenzt möglich.
Literaturtipp
Zuckerersatz ohne Kalorien. Ist Stevia zu Recht in aller Munde?
Fazit
Maßvoller Zuckerkonsum (z. B. mit ca. 10% der Tages-Energiemenge) ist im Rahmen einer gesunden, ausgewogenen Ernährung unbedenklich. Es besteht also kein Anlass, Zucker grundsätzlich zugunsten von Süßstoffen zu verbannen. Die antikariogene Wirkung von Xylit, auch in Form von Kaugummis, kann als belegt gelten. Süßstoffe sind unter toxikologischen Gesichtspunkten nach aktuellem Stand des Wissens unbedenklich, sofern die ADI-Werte nicht überschritten werden. Unabhängig davon deuten neueste Daten jedoch darauf hin, dass ein regelmäßig hoher Süßstoff-Konsum zur Entstehung von Diabetes mellitus und metabolischem Syndrom beitragen könnte. Es bleibt also die pharmakologische Grundweisheit, dass alles eine Frage der Dosis ist – sowohl bei gewöhnlichem Zucker, als auch bei allen anderen Süßungsmitteln. |
Literatur
[1] Bundesinstitut für Risikobewertung. Bewertung von Süßstoffen und Zuckeraustauschstoffen – Hintergrundinformation Nr. 025/2014, 1. Juli 2014
[2] Belitz HD, Grosch W, Schieberle P. Lehrbuch der Lebensmittelchemie. 6. Auflage 2008, Springer, Heidelberg
[3] Eisenbrand G, Meyer AH, Schreier P. RÖMPP Lexikon Lebensmittelchemie. 2. Auflage 2006, Thieme Verlag Stuttgart
[4] Johnson RJ, Segal MS, Sautin Y. Potential role of sugar (fructose) in the epidemic of hypertension, obesity and the metabolic syndrome, diabetes, kidney disease, and cardiovascular disease. Am J Clin Nutr 2007;86:899-906
[5] Dalbeth N, Merriman T. Crystal Ball Gazing: New Therapeutic Targets for Hyperuricaemia and Gout. Rheumatology 2009;48:222-226
[6] Hellwege KD. Die Praxis der zahnmedizinischen Prophylaxe. 6. Auflage 2003; Thieme, Stuttgart
[7] O’Brien-Nabors L (Hrsg.) Alternative Sweeteners. 4. Auflage 2011, CRC Press
[8] Mattes RD, Popkin BM. Nonnutritive sweetener consumption in humans: effects on appetite and food intake and their putative mechanisms. Am J Clin Nutr 2009;89:1-14
[9] Mitsutomi K et al. Effects of a nonnutritive sweetener on body adiposity and energy metabolism in mice with diet-induced obesity. Metabolism 2014;63:69-78
[10] Bellisle F, Drewnoswki A. Intense sweeteners, energy intake and the control of body weight. Eur J Clin Nutr 2007;61:691-700
[11] Bellisle F et al. Sweetness, satiation, and satiety. J Nutr 2012;142:1149-1154
[12] Suez J et al. Artificial sweeteners induce glucose intolerance by altering the gut microbiota. Nature 2014;514; 81-186
[13] Festi D et al. Gut microbiota and metabolic syndrome. World J Gastroenterol 2014;20:16079-16094
[14] Shen J et al. The gut microbiota, obesity and insulin resistenance. Mol Aspects Med 2013;34:39-58
[15] Scheinin A, Mäkinen KK. Turku sugar studies I-XXI. Acta Odontologica Scandinavica 1975;33(70):1-351
[16] Mäkinen KK. Sugar alcohols, caries incidence, and remineralization of caries lesions: a literature review. Int J Dent 2010;981072
[17] Mäkinen KK. Sugar alcohol sweeteners as alternatives to sugar with special consideration of xylitol. Med Princ Pract 2011;20:303-320
[18] Burt BA. The use of sorbitol- and xylitol-sweetened chewing gum in caries control. J Am Dent Assoc 2006;137(2):190–196
[19] Söderling E et al. Influence of maternal xylitol consumption on acquisition of mutans streptococci by infants. J Dent Res 2000;79(3):882-887
Autoren
Informationen zu Prof. Dr. rer. nat. Martin Smollich und Dipl. med. päd. Birgit Blumenschein finden Sie auf S. 56.
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