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Fragen aus der Praxis

Gegen Juckreiz und Schmerzen

Zahlt die Kasse Hämorrhoidenmittel?

Bereits seit einiger Zeit befindet sich der Markt für Hämorrhoidenmittel im Umbruch. Zum einen wird eine lokale Behandlung nur noch als symptomatische Behandlung verstanden und stellt keine kausale Behandlung dar. Sie wird in der Regel nur zur Akuttherapie bei leichteren Stadien (Stadium I und II) zur Linderung der Beschwerden empfohlen.

Frage

Eine aufgebrachte ältere Dame steht vor Ihnen und schwenkt empört ein grünes Rezept für ein Hämorrhoidenmittel. Lautstark beschwert sie sich bei Ihnen, dass es „ihr“ Mittel, das ihr früher immer so gut geholfen hat, nicht mehr gibt, und schon gar nicht auf einem Kassenrezept. Überhaupt erschien ihr das Personal in der Arztpraxis sehr unsicher, was denn überhaupt noch verordnet werden kann. Auf Nachfrage stellt sich heraus, dass sie früher immer Faktu akut® Salbe bekommen hat. Jetzt bekommt sie zwar auch Faktu lind® Salbe auf einem Rezept, aber auf einem grünen, und der Arzt hat ihr auch gesagt, dass das jetzt anders zusammengesetzt sei. Gibt es gar nichts mehr auf einem Kassenrezept?

Bereits seit einiger Zeit befindet sich der Markt für Hämorrhoidenmittel im Umbruch. Zum einen wird eine lokale Behandlung nur noch als symptomatische Behandlung verstanden und stellt keine kausale Behandlung dar. Sie wird in der Regel nur zur Akuttherapie bei leichteren Stadien (Stadium I und II) zur Linderung der Beschwerden empfohlen. Zum anderen entstand mit der Marktrücknahme des Wirkstoffes Bufexamac 2009/2010 die Notwendigkeit, andere Rezepturen zu ­entwickeln, da Bufexamac früher in einigen Hämorrhoidenmitteln (z. B. Mastu®, Faktu®, Hämo Exhirud®, Hämoagil®, Rectosellan®) enthalten war. Der Wirkstoff war aufgrund einer Entscheidung der europäischen Arzneimittelbehörde (EMA) aus dem Handel genommen worden, da er unakzeptabel häufig teilweise schwer verlaufende Kontaktallergien hervorruft.

Als Basistherapie bei Hämorrhoidalleiden werden heute eine Änderung der Ernährungsgewohnheiten und ein geändertes Defäkationsverhalten empfohlen, zudem ausreichend Bewegung und eine Erhöhung der Trinkmenge. Zur Unterstützung können dabei lokal anzuwendende symptomlindernde Arzneimittel verwendet werden. Wird dadurch keine Besserung erzielt, werden zunächst halboperative Verfahren wie z. B. eine Sklerosierung oder eine Ligatur eingesetzt. Bei persistierenden Beschwerden wird in der Regel zu einer Operation geraten.

Nur noch wenig zulasten der GKV

Zulasten der GKV können nur noch sehr wenige Präparate verordnet werden. Die Verordnungsfähigkeit ist in Anlage III der Arzneimittel-Richtlinie geregelt. Dort heißt es unter Punkt 30:

Hämorrhoidenmittel in fixer Kombination mit anderen Wirkstoffen, zur ­lokalen Anwendung: Verordnungs­ausschluss verschreibungspflichtiger Arzneimittel nach dieser Richtlinie.

Somit sind nur noch einzelne Wirkstoffe zur Monotherapie verordnungsfähig, alle Kombinationsmittel sind grundsätzlich von der Verordnungs­fähigkeit ausgenommen. Apothekenpflichtige Arzneimittel (z. B. Präparate mit Hamamelisextrakt oder bestimmten Lokalanästhetika) sind formal gesehen ohnehin nur für Kinder bis zur Vollendung des 12. Lebensjahres (und für Jugendliche mit Entwicklungsstörungen) auf einem Kassenrezept verordnungsfähig. Erwachsene müssen diese grundsätzlich selbst bezahlen. Daher hat Ihre Kundin auch die Faktu® lind Salbe auf einem grünen Rezept verordnet bekommen.

Tab.: Beispiele für Hämorrhoidenmittel und ihre Verordnungsfähigkeit (die Reihenfolge ergibt sich aus den ATC-Codes in der Lauer-Taxe und stellt keine Wertung dar!)
Arzneimittel Rp/Ap/MP VOfähig nach Anlage III Zulassung (Stichwort) Inhaltsstoff(e)
Bismolan H Corti® Rp nein Symptomatische Behandlung Hämorrhoiden Stadium I und II Bismutsalz, Zinkoxid, Prednisolon
DoloProct® 0,1% + 2% Rp nein Hämorrhoiden, Analekzem Fluocortolon, Lidocain
Jelliproct® Rp nein Symptomatische Behandlung Hämorrhoiden, Analekzem Fluocinonid, Lidocain
Postericort® Rp ja Analekzem Hydrocortison
Doloposterine® Rp ja Anorektaler Symptomkomplex, Hämorrhoiden Cinchocain
Haenal akut® Ap nein Anorektaler Symtomkomplex Quinisocain
Posterisan akut® Ap nein Hämorrhoiden, Analfissuren, Anal­fisteln Lidocain
Rectogesic® Rp ja Schmerzlinderung bei chronischen Analfissuren Glyceroltrinitrat
Bismolan®, Eulatin®, Mastu® MP nein Linderung bei Hämorrhoiden Bismutsalze, Kombinationen
Faktu lind®, Hametum®,Posterine®, Haenal hamamelis® Ap nein Hämorrhoiden Grad I und II Hamamelisextrakt
Posterisan protect® MP nein Hämorrhoiden Pflegende Bestandteile wie Jojobawachs
Rp = Rezeptpflichtig, Ap = Apothekenpflichtig, MP = Medizinprodukt

Verschreibungspflichtige Monotherapeutika

Eine Übersicht über Beispiele für verschiedene Hämorrhoidenmittel bietet die Tabelle. Cortison darf nur kurzfristig zur symptomatischen Behandlung der Stadien I und II eingesetzt werden. Das einzige Cortison-Präparat (Postericort®), das formal nach Anlage III der AM-RL verordnungsfähig wäre, hat ­allerdings nur eine Zulassung beim Anal­ekzem, nicht bei Hämorrhoiden. Die Kombinationspräparate mit Cortison dürfen nur privat verordnet werden.

Ebenfalls verordnungsfähig sind das Lokalanästhetikum Cinchocain (in DoloPosterine®) sowie ein muskelrelaxierendes Mittel mit dem Wirkstoff Glyceroltrinitrat (Rectogesic®), das nur eine Zulassung zur Schmerzlinderung bei chronischen Analfissuren hat.

Und wenn Ihre Kundin kein Rezept gehabt hätte? Auch wenn sie diese Beschwerden schon früher gehabt hat, sollte ein Arztbesuch angeraten werden, damit geklärt wird, ob es sich bei den beschriebenen Beschwerden wirklich um Hämorrhoiden handelt und nicht um eine andere Erkrankung. Zur Überbrückung und schnellen Besserung der Symptome kann ein Lokalanästhetikum empfohlen werden; Mitteln mit Hamamelisextrakt wird eine entzündungshemmende und adstringierende Wirkung nachgesagt, so dass diese ebenfalls eingesetzt werden ­können.

Antwort kurz gefasst

  • Nur verschreibungspflichtige Monopräparate dürfen für Erwachsene zulasten der GKV verordnet werden.
  • Für OTCs gelten die üblichen Regeln zur Verordnungsfähigkeit: für Kinder bis zur Vollendung des 12. Lebensjahres (und für Jugendliche mit Entwicklungsstörungen), danach auf einem grünen Rezept.


Literatur:

[1] Lauertaxe, letzter Zugriff 31.03.2015, diverse Präparate

[2] www.arznei-telegramm.de, Stichwort Bufexamac, letzter Zugriff 31.03.2015

[3] Leitlinie Hämorrhoidalleiden (http://www.awmf.org/leitlinien/detail/ll/081-007.html), Stand August 2008, letzter Zugriff 31.03.2015

[4] Arzneimittelrichtlinie Anlage III (https://www.g-ba.de/informationen/richtlinien/anlage/16/), letzter Zugriff 31.03.2015

Autorinnen

Insa Heyde, Stanislava Dicheva, Anna Hinrichs, Heike Peters

Apothekerinnen und wissenschaftliche Mitarbeiterinnen in der Arbeitsgruppe „Arzneimittelanwendungsforschung“, Zentrum für Sozialpolitik, Universität Bremen

Universität Bremen; Zentrum für Sozialpolitik

UNICOM-Gebäude; Mary-Somerville-Str. 5, 28359 Bremen

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