Beratung

Die Zeckensaison ist eröffnet

Tipps gegen die Gefahr aus dem Freien

Foto: ingimage.com
Von Ines Winterhagen | Zecken lauern überall in der Natur. Sobald die ersten wärmeren Tage ins Land ziehen, werden die Parasiten aktiv und begeben sich auf die Suche nach einem Blutswirt. Ist eine Zecke mit Krankheitserregern infiziert, kann ein an und für sich harmloser Zeckenstich schnell zur Gefahr für den Menschen werden. Es drohen schwerwiegende Krankheiten, in Deutschland sind dies vor allem die Frühsommer-­Meningoenzephalitis und die Borreliose. Nach wie vor ist der Beratungsbedarf rund um das Thema Zeckenschutz in der Apotheke sehr hoch.

Weltweit gibt es etwa 870 verschiedene Zeckenarten. Die häufigste Art in Mitteleuropa ist Ixodes ricinus, der Gemeine Holzbock. Zecken sind Spinnentiere und gehören zur Unterklasse der Milben. Für ihre Entwicklung benötigen sie andere Lebewesen, von deren Blut sie sich ernähren. Im Extremfall hängt die Zecke bis zu 15 Tage an ihrem Wirt – warmblütigen Säugetieren wie Mäusen, Igeln, Eichhörnchen, Rehen, Katzen, Hunden und Menschen – und saugt dessen Blut mit ihrem hochentwickelten Stechapparat. Ausgestattet mit scharfkantigen Mundwerkzeugen (Cheliceren) ritzen Zecken die Haut ihres Opfers auf, um anschließend ihren „Stechrüssel“, das sogenannte Hypostom, in das Gewebe des Wirtes einzugraben. Man spricht von einem Zeckenstich und nicht von einem Biss. Die Zecke sondert bereits während des Stechens mit ihrem Speichel bestimmte Stoffe ab, welche die Einstichstelle betäuben und die Blutgerinnung verhindern. Einen Zeckenstich spürt man daher nicht [1].

Aktivität und Lebensraum von Zecken

Zecken werden bei Temperaturen ab sieben Grad Celsius aktiv. Damit beginnt die „Zeckensaison“ in Deutschland normalerweise im Frühjahr und endet im Spätherbst. In milden Wintern kann sie jedoch von Januar bis in den Dezember reichen. Zecken lassen sich nicht, wie irrtümlicherweise oft angenommen, von Bäumen fallen, sondern lauern im hohen Gras, im Unterholz oder auch in Büschen in maximal 1 bis 1,5 Metern Höhe auf ihre Opfer. Am wohlsten fühlen sie sich in einer feuchtwarmen Umgebung. Deshalb halten sie sich vor allem im Wald und an Waldrändern auf, in Wiesen, Parks und Gärten. Die Anwesenheit eines potenziellen Wirts erfasst die Zecke mit dem Halleschen Organ, mit dem Buttersäure aus Schweiß wahrgenommen wird. Im Vorbeigehen lässt sie sich von den Warmblütern abstreifen. Mit ihren zahlreichen kleinen, symmetrisch angeordneten Widerhaken des Stechapparates hält sich die Zecke an Haut, Fell oder Kleidung ihres Wirtes fest. Anschließend sucht sie sich eine dünnhäutige, feuchte und gut durchblutete Stelle zum Blutsaugen. Den Menschen sticht die Zecke daher besonders gerne in die Kniekehlen, unter den Armen, in Bauchfalten, im Bereich der Genitalien sowie hinter den Ohren [1, 2].

Wie gefährlich sind Zecken wirklich?

Mit dem Stich entnehmen Zecken nicht nur Blut aus den Körpern ihrer Wirte, sondern können auch Krankheitserreger übertragen. Die zwei wichtigsten durch Zecken übertragenen Krankheiten sind die Borreliose, eine bakterielle Erkrankung, sowie die Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME), eine Form der Hirnhautentzündung, die durch das FSME-Virus ausgelöst wird.

Die Verbreitung der Krankheitserreger ist unterschiedlich. Zecken können die Borreliose ubiquitär in Deutschland übertragen, wobei der Prozentsatz der Durchseuchung je nach Region sehr stark variiert. Laut Robert Koch-Institut sind bis zu 30% aller Zecken mit Borrelien infiziert [3, 4, 5]. Das FSME-Virus tritt hingegen vorwiegend nur regional in bestimmten Risikogebieten auf. In den letzten Jahren wurden immer mehr dieser Gebiete in Deutschland ausgewiesen: Waren 1998 nur 63 Stadt- und Landkreise im gesamten Bundesgebiet als FSME-gefährdet eingestuft, so sind es aktuell 142. Auf der Basis der dokumentierten Erkrankungsfälle – nach dem Infektionsschutzgesetz müssen ­FSME-Erkrankungen in Deutschland seit 2001 an das zuständige Gesundheitsamt gemeldet werden – veröffentlicht das Robert Koch-Institut jährlich aktualisierte Karten zu den FSME-Risikogebieten in Deutschland. Hier liegen die wesentlichen Verbreitungsgebiete in Baden-Württemberg und Bayern sowie in Teilen von Hessen, Rheinland-Pfalz und Thüringen, und seit 2014 mit dem Vogtlandkreis auch in Sachsen [6]. Darüber hinaus ist die Infektionsgefahr auch in anderen europäischen Ländern, vorwiegend in Osteuropa sowie in Österreich und der Schweiz hoch. Je nach Region sind 0,1 bis 5% der Zecken mit dem Virus infiziert, in einzelnen südöstlichen deutschen Landkreisen wurden auch höhere Durchseuchungsraten gefunden. Allerdings führt nicht jede Infektion zu einer Erkrankung: Von den Menschen, die von einer FSME-infizierten Zecke gestochen werden, erkrankt etwa jeder Dritte. Bei den anderen verläuft die Infektion ohne merkliche Krankheitszeichen. Schwere Krankheitsverläufe treten vor allem bei älteren Personen auf und dreimal häufiger bei Männern als bei Frauen [7]. Das Risiko einer Erkrankung ist nicht nur auf beruflich gefährdete Personen wie Förster, Jäger sowie Wald- und Landarbeiter beschränkt. Vielmehr infizieren sich 90% der an FSME Erkrankten bei Freizeitaktivitäten wie beispielsweise beim Joggen, Wandern, Radfahren, Zelten, Ausführen des Hundes sowie Arbeiten oder Spielen im Garten [8].

FSME: Symptome und Verlauf

Bei etwa 70% der Patienten zeichnet sich die FSME durch einen zweigipfligen Fieberverlauf aus. Nach einer Inkubationszeit von durchschnittlich zehn Tagen kommt es zunächst zu einer ungefähr einwöchigen Prodromalphase mit allgemeinem Krankheitsgefühl, Kopfschmerzen und Fieber. Nach vorübergehender Besserung dieser Beschwerden markiert ein erneuter Fieberanstieg wenige Tage später den Beginn der zweiten Krankheitsphase. Diese manifestiert sich in der Hälfte der Fälle als isolierte Meningitis, bei rund 40% als Meningoenzephalitis und bei ca. 10% als Meningo­enzephalomyelitis [7].

Spätfolgen

Bislang ging man davon aus, dass rund 10 bis 20% der Patienten nach einer schweren klinischen Verlaufsform der ­FSME langanhaltende oder bleibende neuropsychologische Schäden davontragen. Laut Studienergebnissen der Neurologischen Klinik Pforzheim berichteten hingegen 50% der schwer erkrankten FSME-Patienten, dauerhaft unter den Langzeitschäden der Krankheit zu leiden, wie z. B. Lähmungen der Extremitäten sowie der Atem- und Halsmuskulatur, Atemschwäche, Gleichgewichtsstörungen, Schluck- und Sprechstörungen. 30% der schwer erkrankten Studienteilnehmer starben während des Beobachtungszeitraumes. Nur knapp 20% wurden wieder vollständig gesund [9].

Impfung als Schutz vor FSME

FSME-Viren sitzen in den Speicheldrüsen der Zecken und werden daher direkt mit dem Stechakt übertragen. Auch eine rasche Entfernung der Zecke bietet deshalb keinen Schutz vor der FSME. Da die FSME-Erkrankung zudem nicht ursächlich behandelt werden kann, ist die Impfung besonders wichtig.

Die Ständige Impfkommission (STIKO) am Robert Koch-Institut empfiehlt die FSME-Impfung für folgende Personenkreise:

  • Einwohner und Besucher von Risikogebieten, die zum Beispiel aufgrund der Wohnlage auf dem Land oder durch Freizeitaktivitäten im Grünen ein erhöhtes Zeckenstich-Risiko haben.
  • Personen, die beruflich durch FSME gefährdet sind, zum Beispiel Forstarbeiter in Risikogebieten oder Laborpersonal.

Die Kosten für eine FSME-Impfung werden von den Krankenkassen bei Aufenthalt in den deutschen Risikogebieten übernommen. Außerdem bezahlen viele Kassen den Schutz gegen FSME mittlerweile auch als Reiseimpfung. Für einen vollständigen Impfschutz sind insgesamt drei Teilimpfungen erforderlich, wobei die ersten beiden Impfungen regulär im Abstand von ein bis drei Monaten verabreicht werden können. Idealerweise ist die erste und zweite Teilimpfung während der kalten Jahreszeit durchzuführen, damit zu Beginn der saisonalen Zeckenaktivität im Frühjahr bereits ein wirksamer Schutz aufgebaut wurde. Die dritte Teilimpfung nach neun bis zwölf Monaten schließt die Grundimmunisierung ab. Nach drei Jahren sollte die erste Auffrischimpfung erfolgen, weitere Auffrischimpfungen sind bei unter 50-Jährigen spätestens nach fünf Jahren, bei über 50-Jährigen nach drei Jahren erforderlich. Die entsprechenden Impfstoffe (Encepur®, FSME-Immun® jeweils als Kinder- sowie als Erwachsenendosierung) können austauschbar eingesetzt werden (Ausnahme: Schnellimmunisierung). Vergessene Auffrischimpfungen sind kein Grund für eine neue Grundimmunisierung, wenn Letztere korrekt durchgeführt wurde. Hier reicht eine einzelne Booster-Impfung, um den Impfschutz wieder zu erlangen [6, 7].

Die FSME-Impfung ist allgemein gut verträglich. Zu den möglichen Impfreaktionen gehören leichte Rötungen, Schmerzen und Schwellung an der Injektionsstelle sowie Müdigkeit oder erhöhte Temperatur, die innerhalb von wenigen Tagen abklingen. Vor allem jüngere Kinder reagieren häufig mit Fieber und Grippe-ähnlichen Beschwerden auf die Impfung. Daher sollte der Arzt für Kinder unter drei Jahren besonders sorgfältig die Notwendigkeit der Impfung prüfen.

Schutz vor Zeckenstichen

Maßnahmen zur Verhütung von FSME und Borreliose bestehen in der allgemeinen Information und Aufklärung sowie in individuellen Empfehlungen zur FSME-Schutzimpfung und zur Expositionsprophylaxe. Einen sicheren Schutz vor Zecken gibt es nicht. Aber man kann dennoch einiges tun, um Zeckenstiche zu verhindern:

  • Zeckenvegetationen vermeiden: hohe Gräser, Sträucher, Unterholz
  • Geschlossene Kleidung mit langen Ärmeln und lange Hosen tragen, Socken über die Hosenbeine ziehen.
  • Helle Kleidung ist günstiger als dunkle. Zecken kann man gut darauf erkennen und noch vor einem Stich entfernen.
  • Repellents (z. B. Autan® protection plus: Wirkstoff Icaridin 20%, ab zwei Jahren, Anti Brumm® forte: Wirkstoff N-N-diethyl-m-toluamid 30%, ab zwölf Jahren) auf die Haut auftragen. Sie halten Zecken durch ihren Geruch fern, bieten allerdings nur für ca. vier Stunden einen gewissen Schutz.
  • Nach Aufenthalt in der Natur den ganzen Körper inklusive des behaarten Kopfes sorgfältig nach Zecken absuchen. Dies ist besonders wichtig bei Kindern, die vom Frühjahr bis Herbst beim Spielen im Freien ein erhöhtes Risiko haben.
  • Hundebesitzer sollten auch ihren Vierbeiner gut nach den Blutsaugern absuchen. Weiterhin können Kontakt-Antiparasitika (Spot-on-Präparate: z. B. Exspot®, Frontline®; Zecken-abweisende Halsbänder: z. B. Bolfo®, Preventic® Rp!) und die Borreliose-Impfung für den Hund eingesetzt werden.

Medizinische Behandlung

Für die FSME existiert keine kausale Therapie. Insbesondere auf eine Gabe von immunmodulierenden Medikamenten wie Glucocorticoiden sollte wegen der Gefahr einer verschlechterten Immunabwehr zumindest während der Fieberphasen verzichtet werden. Fieber und Kopfschmerzen werden symptomatisch behandelt mit Paracetamol oder Met­amizol. Bei hartnäckigen Kopfschmerzen können auch Antiphlogistika wie Diclofenac oder Ibuprofen eingesetzt werden. Bei etwa 5% der Patienten ist wegen einer Atemlähmung oder schweren Bewusstseinsstörung eine Behandlung auf der Intensivstation notwendig. Bestimmte neurologische Funktionsstörungen erfordern krankengymnastische, ergotherapeutische und auch logopädische Behandlungsmaßnahmen [7].

Lyme-Borreliose

Die Lyme–Borreliose ist eine entzündliche Multisystem­erkrankung, die Infektion wird durch das Bakterium Borrelia burgdorferi verursacht und durch eine infizierte Zecke beim Blutsaugen übertragen. Anders als in Nordamerika bleiben die Infektionen in Europa häufig asymptomatisch. Rund 5% der infizierten Personen bilden spezifische Antikörper im Serum, jedoch nur ein sehr kleiner Teil dieser Personen (1%) entwickelt Krankheitssymptome. Die Untersuchung der aus der Haut entfernten Zecke auf Borrelien ist nicht sinnvoll, da der Nachweis von Borrelien in der Zecke keinen ausreichenden Vorhersagewert für eine zukünftige Erkrankung des Wirtes hat. Zudem erfolgt in Deutschland keine routinemäßige Borrelien-Serologie. Da das menschliche Immunsystem nach einer erstmaligen Infektion mit Borrelien erst mit Verzögerung Antikörper bildet, fallen Untersuchungen auf spezifische Antikörper gegen Borrelien bei beginnenden Erkrankungen oft negativ aus. Ein negativer Antikörpertest (IgG, IgM) kann somit eine Infektion nicht ausschließen. Und ein positiver Test ist nicht immer auf eine akute Infektion mit Borrelien zurückzuführen. Vielmehr können hohe Antikörper-Werte nach einer früheren, möglicherweise unbemerkten Infektion über viele Jahre erhalten bleiben [5, 10].

Symptome der Borreliose

Es gibt keinen typischen Krankheitsverlauf der Lyme-Borreliose. Die Erkrankung kann zahlreiche Symptome in verschiedenen Organen hervorrufen, die einzeln oder in unterschiedlichen Kombinationen auftreten können. Da diese ­Beschwerden sehr unspezifisch sind und auch bei anderen Erkrankungen beobachtet werden, lässt sich eine Lyme-Borreliose oft sehr schwer diagnostizieren. Einen charakteristischen Hinweis auf eine frühe Borrelien-Infektion (Stadium I) liefert ein lokales Erythema migrans, das sich bei 80 bis 90% der Patienten an der Haut manifestiert (siehe Foto S. 31). Dieses ringförmige, randbetonte wandernde Erythem mit zentrifugaler Ausbreitung kann nach einer Inkubationszeit von drei bis 20 Tagen in der Umgebung des infizierten Zeckenstiches beobachtet werden. Häufig sind die individuell sehr unterschiedlich ausgeprägten initialen Entzündungsreaktionen an der Haut jedoch klinisch nicht eindeutig. Weitere allgemeine Krankheitssymptome wie Muskel-, Gelenk- und Kopfschmerzen, subfebrile Temperaturen oder Nachtschweiß können hinzukommen. Im Stadium II, das meist innerhalb von sechs Monaten nach dem Zeckenstich einsetzt, kann eine disseminierte Infektion auftreten, die überwiegend das Nervensystem, die Gelenke und das Herz betrifft. Typisch sind brennende Nervenschmerzen und leichte Lähmungen der Hirnnerven, die sich in Taubheitsgefühl, Seh- oder Hör­störungen äußern. Seltener kommt es zu Lähmungen des Rumpfes sowie der Arme und Beine. Als Spätform (Stadium III) der Erkrankung tritt Monate oder Jahre nach dem Zeckenstich am häufigsten die Lyme-Arthritis und die sogenannte Acrodermatitis chronica atrophicans auf. Hierbei handelt es sich um eine chronisch-progressive Hauterkrankung bevorzugt an den Streckseiten der Extremitäten mit dünner, livider Haut. Insgesamt sehr selten ist die chronische Neuroborreliose. Die Gliederung der einzelnen Krankheitsstadien wird in der klinischen Klassifizierung zunehmend durch die Einteilung in Frühmanifestationen (Wanderröte und akute Neuroborreliose) und Spätmanifestationen (Arthritis, Acrodermatitis und chronische Neuroborreliose) ersetzt [5, 10, 11].

Medizinische Behandlung

Da die Borreliose eine bakterielle Erkrankung ist, lässt sie sich prinzipiell gut antibiotisch behandeln. Vor allem im Frühstadium auftretende Symptome können oral mit Antibiotika bekämpft werden, wohingegen später auftretende und chronische Symptome oft mehrwöchige Antibiotika-Infusionen erfordern. Die Frühinfektion sollte mindestens zwei bis drei Wochen, die Spätinfektion drei bis vier Wochen behandelt werden. Bei der Therapie der kutanen Borreliose sind Doxycyclin und Amoxicillin die Mittel der ersten Wahl. Von den Makroliden hat sich nur Azithromycin als ausreichend wirksam erwiesen, von den oral anwendbaren Cephalosporinen nur Cefuroximaxetil [4].

Belegt ist auch die Wirksamkeit von Doxycyclin bei der Behandlung der akuten Neuroborreliose. Kontrollierte Untersuchungen zur optimalen Dosierung liegen allerdings nicht vor. Die Standarddosis von Doxycyclin beträgt 200 mg/d; möglicherweise sind aber 300 mg als Tagesdosis erforderlich, um adäquate Liquorspiegel zu erreichen. Bei schweren sowie chronischen Meningitis-Verläufen und bei verzögertem Ansprechen auf die Doxycyclin-Therapie wird weiterhin eine intravenöse Behandlung mit Penicillin G oder den Cephalosporinen der 3. Generation Ceftriaxon oder Cefotaxim empfohlen. Bei asymptomatischen Patienten nach Zeckenstich ist in Deutschland keine Antibiotika-Prophylaxe üblich. Für Einzelfälle kann jedoch eine Doxycyclin-Prophylaxe erwogen werden, z. B. bei multiplen Zeckenstichen, sehr ängstlichen Personen oder nach Zeckenstich in Hoch­endemiegebieten [5].

Tab. 1: Therapieempfehlungen bei der Lyme-Borreliose [nach 4].
Frühinfektion
Antibiotikum Erwachsene Dosis/Tag Kinder Dosis/kg KG/Tag Dauer p.o.
Doxycyclin 2 x 100 mg(optimale Tagesdosis derzeit unklar) ab 9. Lebensjahr 2 bis 4 mg 14 bis 21 Tage
Amoxicillin 3 x 500 bis 1000 mg 50 mg 14 bis 21 Tage
Cefuroximaxetil 2 x 500 mg 30 mg 14 bis 21 Tage
Azithromycin 2 x 250 mg 5 bis 10 mg 5 bis 10 Tage
disseminierte und Spätinfektion
Antibiotikum Erwachsene Dosis/Tag Kinder Dosis/kg KG/Tag Dauer i.v.
Penicillin G 18 bis 24 Mio. I.E i.v. 200 bis 500.000 IE 14 bis 21 Tage
Ceftriaxon 1 x 2 g i.v. 50 bis 80 mg 14 bis 21 Tage(optimale Therapiedauer derzeit unklar)
Cefotaxim 3 x 2 g i.v. 100 mg 14 bis 21 T (optimale Therapie­dauer derzeit unklar)
ohne neurologische Symptome p.o.
Doxycyclin 2 (-3) x 100 mg ab 9. Lebensjahr 21 bis 30 Tage (optimale Tagesdosis und ­Therapiedauer derzeit unklar)
Amoxicillin 3 x 500 bis 1000 mg 50 mg 21 bis 30 Tage

Zecken entfernen: Hauptsache schnell!

Zecken sollten möglichst sofort entfernt werden. Denn je länger der Saugvorgang anhält, desto wahrscheinlicher ist eine Übertragung von Krankheitserregern. Die FSME-Viren befinden sich in den Speicheldrüsen der Zecken. Durch den Stich können sie sofort in die Blutbahn des Wirtes gelangen. Anders sieht es bei den Borrelien aus: diese Erreger befinden sich im Darm der Zecken, sodass sie erst bei längerem Blutsaugen nach zwölf bis 24 Stunden übertragen werden. Wird die Zecke frühzeitig entfernt, ist zumindest das Übertragungsrisiko für Borreliose-Erreger sehr gering [12].

Die in der Haut sitzende Zecke sollte möglichst rasch entfernt werden, da die Übertragungswahrscheinlichkeit der Erreger mit der Dauer des Saugaktes zunimmt. Die Entfernung der Zecke kann mit einer Pinzette, einer Zeckenzange, einer Zeckenkarte oder Zeckenlasso erfolgen. Die Zecke vorsichtig und mit gleichmäßigem Zug möglichst gerade herausziehen. Alternativ kann sie mit zwei bis drei Bewegungen nach rechts oder links herausgedreht werden. Der erforderliche Kraftaufwand ist beim Herausdrehen geringer, und es bleiben im Vergleich zum Herausziehen seltener Anteile der Mundwerkzeuge in der Haut zurück. Die Zecke sollten möglichst nicht gequetscht werden, denn es könnte mit Krankheitserregern infizierter Speichel oder Darminhalt schneller übertragen werden. Anschließend sollte die Stichstelle desinfiziert und beobachtet werden. [Quelle: www.zecken.de]

Hat eine Zecke zugestochen, sollten folgende Tipps berücksichtigt werden:

  • Die Zecke möglichst rasch mit einer Pinzette oder einem speziellen Zeckenentfernungsinstrument wie Zeckenzange, Zeckenkarte oder Zeckenlasso (z. B. Trix® Zeckenlasso) entfernen. Die Zeckenzange eignet sich vor allem für die Entfernung von ausgewachsenen, adulten Zecken, sowie bei der Zeckenentfernung bei Haustieren. Eine Pinzette zur Zeckenentfernung (z. B. Pharma Brutscher® Zeckenpinzette, mosquito® Zecken-Pinzette) sollte am vorderen Teil gebogen-spitz sein. Bei der Zeckenkarte fungiert die Karte als Hebel, einige Kartenmodelle besitzen unterschiedlich große Einkerbungen für unterschiedlich große Zecken (z. B. Fa. WEPA®: eine Auslassung, Dr. Schick®: drei Auslassungen).
  • Wer sich die Zeckenentfernung selbst nicht zutraut, sollte schnellstmöglich einen Arzt aufsuchen.
  • Schluss mit Mythen: Zecken auf keinen Fall mit Nagellackentferner, Öl oder Sekundenkleber ersticken. Auch dies erhöht das Risiko einer vermehrten oder beschleunigten Übertragung von Krankheitserregern.
  • Nach dem Entfernen der Zecke die Stichwunde gut mit Alkohol desinfizieren und während der nächsten Tage beobachten. Entwickelt sich eine kreisrunde Rötung, die sich weiter ausbreitet, sollte dringend ein Arzt aufgesucht werden.
  • Auch bei allgemeinen Krankheitszeichen wie Fieber, Kopf- und Muskelschmerzen sowie Abgeschlagenheit unbedingt den Arzt konsultieren.
  • An den regelmäßigen FSME-Impfschutz denken (Gegen Borreliose gibt es keine Impfung für den Menschen!).

Fachgerechte Entsorgung entfernter Zecken

Wie kann man Zecken sicher abtöten, ohne dass der Mensch dabei in Kontakt mit den Körperflüssigkeiten der Zecke kommt? Dieser Frage der richtigen Zeckenentsorgung haben sich Zeckenforscher im Auftrag von zecken.de gewidmet. Geprüft wurden folgende Methoden der Zeckentötung: mechanische Tötungsverfahren wie Zerquetschen oder Zerdrücken, Töten durch Hitzeeinwirkung und der Einsatz verschiedener Flüssigkeiten. Am wirkungsvollsten erwies sich im Zeckenhärtetest das Zerdrücken von Zecken mit einem harten Gegenstand, z. B. einem Glas. Ebenfalls erfolgreich war das Töten in 40%igem Alkohol, Chlorreiniger und Sagrotan®. Als ungeeignet stellten sich das Zertreten mit dem Schuhabsatz oder das Zerquetschen mit dem Fingernagel heraus. Auch vom Herunterspülen der Zecke in der Toilette sollte abgesehen werden, da Zecken bis zu 30 Tagen unter Wasser überleben können. An der Kleidung anhaftende Zecken sterben erst im Waschgang bzw. Wäschetrockner bei 60 °C oder nach 24 Stunden bei -20 °C im Gefrierfach. Zecken, die von einem Haustier in die Wohnung geschleppt wurden, können bis zu zehn Tage in trockenen und warmen Räumen überleben [12]. |

Quelle

[1] Westheide W, Rieger G. Spezielle Zoologie. Teil 1: Einzeller und Wirbellose Tiere, 3. Aufl., Springer, Berlin 2013

[2] Zeckenalarm – Antwort auf die wichtigsten Fragen. Centrum für Reisemedizin. www.crm.de/zecken/zeckenflyer.pdf

[3] Robert Koch-Institut (RKI) www.rki.de

[4] Kutane Manifestationen der Lyme-Borreliose, AWMF-Leitlinie Nr. 013/044, Stand 02/2009

[5] Neuroborreliose, AWMF-Leitlinie Nr. 030/071, Stand 09/2012

[6] FSME: Risikogebiete in Deutschland (Stand: April 2014) – Bewertung des örtlichen Erkrankungsrisikos. Epidemiologische Bulletin des ­Robert Koch-Instituts 2014;15:121–133, www.rki.de

[7] Frühsommer-Meningoencephalitis, AWMF-Leitlinie Nr. 030/035, Stand 09/2012

[8] Baxter_FSME_Patientenflyer_2014.pdf

[9] Langzeitprognose bei primär myelitischer Manifestation der FSME – eine Verlaufsanalyse über 10 Jahre, Prof. Dr. R. Kaiser, Der Nervenarzt 2011) www.zecken.de (Internetauftritt Fa. Baxter:

[10] Antworten auf häufig gestellte Fragen zu Borreliose, Informationen des Robert Koch-instituts (RKI), Stand: 20. August 2014, www.rki.de/SharedDocs/FAQ/Borreliose/Borreliose.html

[11] Lyme-Arthritis, AWMF-Leitlinie Nr. 027/056, Stand 01/2013

[12] www.zecken.de, Internetauftritt der Firma Baxter

Autorin

Ines Winterhagen hat in Marburg Pharmazie studiert und ist seit der Approbation 2003 in der öffentlichen Apotheke tätig. Sie ist Fachapothekerin für Offizinpharmazie, Homöopathie und Naturheilkunde. In der Reihe „Beratungspraxis“, die im Deutschen Apotheker Verlag erscheint, schrieb sie die Bücher „Neurodermitis“ und „Psoriasis“. Sie ist Referentin und Mitglied im Weiterbildungsausschuss der LAK Baden-Württemberg.

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