Aus den Ländern

Doping im Freizeit- und Breitensport

Apotheken sollen so gut wie möglich gegensteuern

MÜNSTER (hb) | Auf dem 8. Nordrhein-Westfälischen Kooperationstag „Sucht und Drogen“ am 29. April in Münster standen die Folgen unserer beschleunigten Gesellschaft im Mittelpunkt. Unter dem Tagungsthema „(Über-)LEBEN auf der Überholspur“ brachten sich auch die Apotheker mit in die Diskussion ein. In einem Workshop ­referierten Dr. Sylvia Prinz und Dr. Constanze Schäfer von der ­Apothekerkammer Westfalen-Lippe bzw. Nordrhein zum Hintergrund und zu den negativen Folgen der Leistungssteigerung mit Produkten aus der Apotheke.

Nicht nur im Leistungs-, sondern auch im Breitensport greifen ambitionierte Sportler zu Arznei- und Nahrungsergänzungsmitteln, um ihrer „performance“ auf die Sprünge zu helfen. Im Gegensatz zum Doping-Vergehen bei offiziellen Wettkämpfen wird der Arzneimittelmissbrauch im Freizeitsport nicht geahndet. Außerdem wird „Doping“ im allgemeinen Sprachgebrauch als modernes Schlagwort bei Weitem nicht so eingeschränkt verwendet wie im Sport, sondern z. B. auch zur Förderung der Hirnleistungsfähigkeit oder im übertragenen Sinne. Dabei werden unter dem Begriff „Hirndoping“ (Neuroenhancement) zum Teil auch Wirkstoffe subsumiert, die gar nicht auf der Dopingliste stehen. Damit geht aus Schäfers Sicht eine gewisse Verharmlosung des Phänomens einher. Der illegale Gebrauch wird quasi „rehabilitiert“ und Doping als Kavaliersdelikt eingestuft.

Foto: H. Blasius

Dr. Sylvia Prinz (li.) und Dr. Constanze Schäfer.

Schlechte Datenlage

Die Datenlage zum „Doping“ in der allgemeinen Bevölkerung ist mangelhaft, wie Schäfer darlegte. Als wichtige Quelle führte sie eine Auswertung des Robert Koch-Instituts zum Doping im Breitensport aus dem Jahr 2006 an (www.rki.de, unter „Gesundheitsberichterstattung des Bundes, Themenhefte“). Weitere Erkenntnisse bietet die Kolibri-Studie des RKI aus dem Jahr 2011 zur Häufigkeit der Anwendung leistungssteigernder Mittel inklusive Neuroenhancer in der Allgemeinbevölkerung. Als mögliche Bezugsquellen der Mittel nannte die Kolibri-Studie ­neben Apotheken Fitnessstudios und Messen sowie den Schwarzmarkt, auch über das Internet.

Dopen kann süchtig machen

Nach einer Aussage des Sportmediziners Prof. Dr. Dr. Winfried Banzer von der Universität Frankfurt, die Schäfer anführte, gibt es häufig eine „Eskalation der Einnahme“, wobei die „Karriere“ mit Supplementen ­startet und über apothekenpflichtige Schmerzmittel zu verschreibungspflichtigen Präparaten geht. Als Beweggründe vor allem für junge Männer gelten ein übersteigertes Körperbewusstsein und Geltungsdrang im persönlichen Umfeld. Von Amateur-Triathleten sei zudem bekannt, dass sie nicht nur ihren Körper, sondern auch die Psyche dopen. Dopen kann süchtig machen, weil die Leistungssteigerung zu einer vermehrten Ausschüttung von Endorphinen und damit zu stärkeren Glücksgefühlen ­führen kann.

Was wird genommen?

Welche rezeptpflichtigen und OTC-Arzneimittel in der Apotheke eine erhöhte Aufmerksamkeit erfordern, erläuterte Dr. Sylvia Prinz. Potenzielle Dopingmittel sind Anabolika, β2 -Agonisten, die die Atemwege „breit“ machen, Peptidhormone, z. B. Wachstumshormon, Insulin, Epo, die sehr schwer nachzuweisen sind, weil der Körper sie selbst herstellt, oder auch Stimulanzien wie Modafinil oder Amphetamine, die die Leistungsbereitschaft erhöhen.

Als nicht-rezeptpflichtige Mittel kommen z. B. nichtsteroidale Antirheumatika infrage, die Belastungsschmerzen ausschalten sollen. Nach einer Umfrage beim Bonn-Marathon 2009 nahmen die Läufer zu diesem Zweck am häufigsten Diclofenac, gefolgt von Ibuprofen – Acetylsalicylsäure dagegen eher weniger. Als gesundheitliche Folgen von NSAR beim Marathon werden Magen-Darm-Krämpfe und -Blutungen, Nierenblutungen und Herz-Kreislauf-Probleme beschrieben. Nahrungsergänzungsmittel wie L-Carnitin oder L-Arginin können bei Überdosierung Übelkeit, Erbrechen und Durchfall auslösen; Creatin kann die Nieren schädigen, vor allem, wenn zu wenig getrunken wird.

Unter dem Strich sind die Risiken ­abhängig von der Art und Menge der missbräuchlich konsumierten Wirkstoffe, wobei die Folgen vorübergehend und reversibel oder auch irreversibel sein können.

Wenigstens kompetent beraten

Da die Sportler oft selbst nicht wissen, ob eine Substanz auf der Dopingliste steht und das Risikobewusstsein wenig ausgeprägt zu sein scheint, tut Aufklärung not. Neben den Eltern, der Schule, den Vereinen usw. haben auch Ärzte und Apotheker eine hohe Verantwortung in der Prävention. Nach der Apothekenbetriebsordnung ist die Rechtslage klar: Hiernach muss das pharmazeutische Personal einem erkennbaren Missbrauch in geeigneter Weise entgegentreten und bei einem begründeten Verdacht die Abgabe verweigern.

Zwar werde man die Kunden oft nicht überzeugen können, die Finger von den entsprechenden Mitteln zu lassen, aber für eine adäquate Beratung sollte es nach Prinz‘ Überzeugung immer reichen. Hilfestellung hierfür gibt es z. B. auf der Website der Nationalen Anti Doping Agentur (www.nada-bonn.de) oder der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (www.bzga.de). |

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