DAZ aktuell

Völlig inakzeptable Konditionen

Aus für Inko-Vertrag im Saarland – AOK in der Kritik

BERLIN (jz) | Ab dem 1. Juli besteht im Saarland zwischen dem Apothekerverein und der AOK Rheinland-Pfalz/Saarland kein Vertrag mehr zur Versorgung mit aufsaugenden Inkontinenzhilfsmitteln. Nach Kündigung des bisherigen Vertrages durch die Kasse, hat der Verein die von der AOK vorgelegten neuen Konditionen abgelehnt. Während die Kasse ihr Vorgehen verteidigt, erhalten die Apotheker Unterstützung von der Gesundheitsministerin des Landes.

Die AOK hatte die bestehenden Verträge mit den saarländischen Apotheken fristgerecht zu Ende Juni gekündigt. Der anschließend vorgelegte neue Vertragstext der Kasse, der für alle Leistungserbringer gelten soll, war jedoch aus Sicht des Apothekervereins nicht hinnehmbar, da er „völlig inakzeptable Konditionen“ vorsehe. Konditionen, die eine qualitativ hochwertige Versorgung aus Sicht des Vereins nicht mehr gewährleisten würden. Einerseits wegen der vorgesehenen Pauschale von 21,95 Euro, die sowohl für den ambulanten als auch den stationären Bereich gelten soll, aber auch wegen anderer Regelungen, die die Situation der abgebenden Apotheker verschlechtert hätte.

Die neuen Bedingungen der Kasse würden außerdem dazu führen, dass AOK-Versicherte künftig mit erheblichen Auf- und Mehrzahlungen konfrontiert wären, kritisierte der stellvertretende Vereinsvorsitzende, ­Michael Pohl. „Damit verabschiedet sich auch die AOK Rheinland-Pfalz/Saarland de facto vom im Sozialgesetzbuch niedergelegten Sachleistungsprinzip.“ Mit Ablehnung des neuen Vertrages sind Apotheken des Bundeslandes somit ab dem 1. Juli nicht mehr berechtigt, Versicherte der Kasse zu beliefern, sofern sie nicht auf eigene Faust dem Vertrag beitreten. Den individuellen Beitritt zum Vertrag der AOK empfiehlt der Verein seinen Mitgliedern allerdings nicht. 

Gesundheitsministerin weist Kassen zurecht

Die öffentliche Kritik des Apothekervereins zeigte Wirkung: Die saarländische Gesundheitsministerin appellierte an die Kassen, auch künftig auf die Qualität der Hilfsmittel zu achten. „Wer sich vom Sachleistungsprinzip verabschiedet, verabschiedet sich auch von Qualität und notwendiger Beratung“, warnte Monika Bachmann. „Versicherte haben einen Anspruch auf Hilfsmittel und der muss auch zur Zufriedenheit der Beitragszahler erfüllt werden, ohne dass sie zuzahlen müssen.“ Dieser Anspruch dürfe nicht durch neue Verträge ausgehebelt werden.

Ihre Kritik bezieht sich dabei nicht nur auf die aktuelle Situation im Saarland – sie übt grundsätzliche Kritik an der Ausschreibungspraxis der Kassen: In allen, die bisher veröffentlicht wurden, sei das einzige Zuschlagskriterium der Preis. „Es ist nicht die Beratung, es ist nicht die Versorgungsqualität, es ist nicht die Hilfsmittelqualität, es ist nur der Preis. Und am Ende steht oftmals die Zuzahlung des Versicherten. Diese Ausschreibungspraxis muss überdacht werden“, fordert Bachmann. Qualität müsse auch ein Kriterium der Ausschreibung sein – nicht allein der günstigste Preis.

AOK verteidigt sich

Anders sieht man die Situation bei der AOK Rheinland-Pfalz/Saarland. Ihrer Meinung nach waren die Vergütungserwartungen der Apotheker einfach zu hoch. „Die Vergütungsforderungen des Apothekervereins lagen bei gleichen Qualitätsstandards über dem angebotenen und wirtschaftlichen Abrechnungspreis anderer Leistungserbringer“, erklärt die Kasse. Die AOK habe sich vom Grundgedanken leiten lassen, „dass die Qualitätsstandards im Sinne der Versicherten eingehalten werden und sich unter dieser Bedingung für wirtschaftliche Angebote entschieden und eben nicht ausschließlich die preisgünstigsten Angebote ausgewählt“.

Aus Sicht der AOK gewährleistet der mit mittlerweile über 200 Leistungserbringern geschlossene neue Inkontinenzvertrag auch weiterhin eine „qualitativ hochwertige, aufzahlungsfreie Versorgung mit einer breiten Leistungserbringerauswahl für Versicherte und reduziert den Verwaltungsaufwand aller Beteiligten signifikant“. Auch künftig bleibe es dabei, so die Kasse weiter, dass die Versicherten die Leistungen aufzahlungsfrei erhielten. Versicherte, die über das Maß des Notwendigen hinausgehende Hilfsmittel wollten, müssten vom Leistungserbringer im Vorfeld über die Mehrkosten aufgeklärt werden. „Es bleibt also wie bisher bei einer Versorgung nach dem Sachleistungsprinzip.“ |

Zum Weiterlesen

Hilfsmittelversorgung: AOK setzt Inko-Feldzug im Saarland fort – DAZ.online, Meldung vom 30.04.2015

Baden-Württemberg: AOK rüttelt an Inko-Verträgen – DAZ.online, Meldung vom 01.04.2015

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