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- DAZ 25/2015
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(K)ein Platz für Kranke
Ein Kommentar von Thomas Müller-Bohn
Es mag Ausschreibungen geben, bei denen die vielen Formalitäten nicht nur bürokratischer Selbstzweck sind, sondern wirklich die Qualität der gelieferten Produkte sichern. Es mag auch Ausschreibungen geben, bei denen nicht allein der Preis zählt, sondern sinnvolle Qualitätsvorgaben gemacht werden. Doch letztlich ist das Konzept von Ausschreibungen erfunden worden, um dort einen halbwegs brauchbaren Ersatz für Wettbewerb einzuführen, wo normaler Wettbewerb nicht funktionieren kann. Dies sind Großprojekte, die nur ganz selten stattfinden, oder Aufträge, für die es nur einen Nachfrager gibt. Doch dies trifft auf den Hilfsmittelmarkt nicht zu. Die Patienten mit ihren individuellen Bedürfnissen und ihre verordnenden Ärzte mit jeweils eigenen Erfahrungen entwickeln eine differenzierte Nachfrage nach unterschiedlichen Produktvarianten. Dazu kommen Apotheken und Sanitätsfachgeschäfte, die kompetent geeignete Artikel aus der breiten Produktpalette vieler Hersteller auswählen. Das ist gerade das Gegenteil eines Massenmarktes, in dem ein Vertrag für alle das beste Ergebnis erzielt. In einem solchen Markt haben Ausschreibungen mit ausschließlicher Vergabe der Versorgung nur den einen Zweck, den letzten Cent aus dem Angebot herauszuholen - koste es, was es wolle an Einschränkungen für die Patienten und bürokratischen Mühen für die Lieferanten. Diese Erkenntnis drängt sich auch deshalb auf, weil es weniger rigide und doch wirksame Wettbewerbsinstrumente gibt. Versorgung zu Pauschalpreisen und Festbeträge mit Aufzahlungsmöglichkeiten verlangen Anbietern und Patienten einiges ab und begrenzen auch die Kosten, lassen dabei aber Spielräume für individuelle Lösungen. Der unterschiedliche Umgang verschiedener Krankenkassen mit dem Thema zeigt: Ausschreibungen nach dem K.O.-Prinzip müssen nicht sein. Denn Kranke und ihre Krankheiten sind zu individuell, als dass eine Lösung für alle gleichermaßen gut sein könnte. Das gilt für die Nutzer von Hilfsmitteln ebenso wie für alle anderen Versorgungsbereiche im Gesundheitswesen.
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