Retaxation aufgrund von „Nichtbeachtung der Rabattverträge“
Die Apotheke erhielt in den Monaten Mai und April 2014 zwei Rezepte zulasten der IKK classic über das Hepatitis-C-Medikament Copegus® (Ribavirin):
Die Apotheke belieferte diese Verordnungen mit dem aut-idem-konformen Kohlpharma-Import. Die Prüfstelle der IKK retaxierte jedoch beide Verordnungen wegen „Nichtbeachtung der Rabattverträge“ und setzte insgesamt 2100 Euro ab.
Um die Rechtmäßigkeit der Retaxation zu beurteilen, muss die Rabattvertrags- und Preissituation an den Tagen der Abgabe betrachtet werden. Zum verordneten Copegus®-Import existierte zu beiden Abgabezeitpunkten ein Rabattvertragsarzneimittel: Ribavirin ratiopharm 400 mg Filmtabletten. Dennoch durfte das verordnete Importarzneimittel (Gleiches gilt für das Original) nicht gegen die Rabattarznei substituiert werden, da nicht alle Aut-idem-Bedingungen gemäß Rahmenvertrag § 4 (1) erfüllt waren. Eine Voraussetzung für die Substitution des verordneten durch ein rabattbegünstigtes Arzneimittel ist demnach die „Zulassung für ein gleiches Anwendungsgebiet, die Übereinstimmung in einem von mehreren Anwendungsgebieten ist ausreichend.“
Die Recherche in der Lauer-Taxe online zeigt, dass die Indikationsgebiete des verordneten und des rabattbegünstigten Arzneimittels nicht übereinstimmen (s. Abb.). Der entscheidende Unterschied liegt im Detail: Während das Altoriginal Copegus® und die bezugnehmenden Importe nur in Kombination mit Peginterferon alfa-2a oder Interferon alfa-2a zur Behandlung der chronischen Hepatitis C zugelassen sind, darf das Rabattvertragsarzneimittel Ribavirin ratiopharm nur in Kombination mit Peginterferon alfa-2b oder Interferon alfa-2b angewendet werden. (Anm.: Die Apotheke hat keine Pflicht zu prüfen, mit welchem Interferon das verordnete Ribavirin tatsächlich angewendet wird.)
Fazit
Die Apotheke hat mit der Abgabe des aut-idem-konformen Copegus®-Imports vertragsgemäß gehandelt, da nicht alle vom Rahmenvertrag geforderten Aut-idem-Kriterien erfüllt waren. Die „Nichtbeachtung der Rabattverträge“ gewährleistet in einem solchen Fall die Arzneimitteltherapiesicherheit, denn abweichende Informationen in den Packungsbeilagen können den Patienten schnell verunsichern und die Compliance gefährden. Hinzu kommt, dass mit der Abgabe des Rabattvertragsarzneimittels ein „Off-Label-Use“, also die Anwendung des Arzneimittels außerhalb der zugelassenen Indikation, stattgefunden hätte. Dass Rezeptprüfstellen die „Nichtbeachtung der Rabattverträge“ auch dann retaxieren, wenn die Aut-idem-Kriterien nicht erfüllt sind, ist sowohl für die Krankenkasse als auch für den Apotheker ein unnötiger bürokratischer Aufwand. Aus diesen Gründen ist die Nullretaxation durch die IKK classic zurückzunehmen. |
Apothekerin Juliane Brüggen, DAP
Apotheker Dieter Drinhaus, DAP-Retaxforum
DeutschesApothekenPortal
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