- DAZ.online
- DAZ / AZ
- DAZ 29/2015
- Apotheke 4.0 – alles ...
Apotheke 4.0 – alles Premium
Wie eine Apothekerin ihre vier Apotheken erfolgreich führt
Apotheke 4.0 – wenn man eine Apotheke so nennt, dann soll das ein bisschen nach Apothekenzukunft, nach digitalem Zeitalter klingen. „Damit liegen Sie nicht verkehrt“, bestätigt Frau Zweydinger, „aber“, so erinnert sie sich, „anfangs war das nur ein Arbeitstitel für meine vierte Apotheke.“ Während ihre drei anderen Apotheken in etwa gleich gestaltet sind in hellem Design und einem Stil, den man mit „clean“ umschreiben kann, war sie sich bei der vierten Apotheke mit ihrem Architekten einig: „Es musste etwas Neues her, etwas, was neugierig macht. Weil ich mich schon seit einiger Zeit mit der digitalen Zukunft beschäftige und mich dies besonders interessiert, ist es bei dem Namen Apotheke 4.0 geblieben.“ Mit dem Ergebnis zeigt sie sich zufrieden: „Die Apotheke ist ein Schmuckstück geworden.“
Die etwas andere Apotheke
Es gibt sie, die Apotheken, die eine besondere Philosophie haben, die außergewöhnliche Ideen verwirklichen. Kurzum, Apotheken, die anders sind als andere. In unserer Rubrik „Die etwas andere Apotheke“ stellen wir solche Apotheken vor. Dieses Mal besuchten wir die Apotheke 4.0 in Berlin.
Klar, puristisch, used look
Die Apotheke strahlt in der Tat eine besondere Atmosphäre aus für alle, die modernes, puristisches Design lieben. Frau Zweydinger arbeitete mit einem Architekten zusammen, der nicht auf Apotheken spezialisiert ist, sondern aus dem Möbeldesign kommt. Das macht sich in der Detailgestaltung, dem Einsatz besonderer Materialien in der Apotheke bemerkbar. „Die Gestaltung der Apotheke war letztlich das Ergebnis einer großen Harmonie zwischen mir und dem Architekten. Wir haben uns sehr gut ergänzt, was die Funktionalität, die Farben, Formen und das Material angeht.“ Aber sie weiß auch, dass die Innenarchitektur der Apotheke sicher nicht jedem gefällt – „aber das muss sie auch nicht“, zeigt sie sich selbstbewusst.
Zwei Gestaltungselemente fallen schon beim ersten Blick in die Apotheke auf: Der HV-Tisch, der sich fast über die gesamte Breite der Apotheke erstreckt, ist aus Beton gestaltet – was man ihm ansehen darf. Vier kleine Holzregale sind auf ihm eingeklinkt. Und die Wand hinter dem HV-Tisch beherrscht eine Riesen-Videowand aus acht Großbildschirmen. Keine Frage, das zieht die Blicke der Kunden auf sich. Auf ihr werden Schmuckbilder, Informationen, hin und wieder kleine Werbespots eingespielt. Frau Zweydinger hat hierfür eigens eine Agentur beauftragt, die nach ihren Vorgaben die Infos und Videos zusammenstellt. Mitunter lässt sie auch Präparateangebote einspielen. „Hier machen wir schon mal ein preislich attraktives Angebot, allerdings verramschen wir keine Arzneimittel“, stellt die Apothekerin klar, „bei uns gibt es kein Paracetamol für 99 Cent. Es kann nicht sein, dass Arzneimittel günstiger sind als die Bonbons, die wir verkaufen.“
Einzelne Bildschirme, auf denen diese Videos und Angebote laufen, sind auch in ihren anderen Apotheken installiert, die großflächige Videowand allerdings hat sie nur in ihrer Apotheke 4.0 eingebaut. Dass ihre Apotheken auch in anderen Bereichen technisch auf der Höhe sind, ist für sie selbstverständlich. So hat sie sich für Kommissioniersysteme von Rowa und für ein Warenwirtschaftssystem von Awinta entschieden.
Einige Regale aus Holz finden sich auch an den seitlichen Beton-Wänden der Apotheke. An manchen Regalfächern sind Touch-Panels angebracht, an denen sich der Kunde unmittelbar informieren und weitere Infos zu den Waren abrufen kann.
Für eine grafische Auflockerung der grauen Betonwände sorgt ein Mosaik aus schwarzen und transparenten rechteckigen Glassteinen, das sich an einem Teil der linken Wand vom Boden zur Decke und dort ein kleines Stück weiter in die Decke hineinzieht. Puristisches und witziges Detail: Ein antiker Wasserhahn kommt aus der linken Wand über einem Becken aus Beton. Ausgeleuchtet wird die Offizin durch von der Decke herabhängende Lampen mit Metallschirm im Industrie-Look. „Wir wollten uns mit der Gestaltung in gewisser Weise dem ‚used look‘ nähern, den man derzeit in Mode-Designstores findet, aber nicht in der Apothekenwelt. Es darf ruhig ein wenig gebraucht, ein wenig roh aussehen“, erklärt Frau Zweydinger den Apotheken-Look. Daran mitzuarbeiten hat ihr sichtlich Spaß gemacht. Den Kunden gefällt dieses andere Aussehen einer Apotheke – ein häufig gehörtes Kompliment: „Es ist eine Wohlfühl-Apotheke“. „Das zeigt, dass unser Konzept verstanden wird. Allerdings“, so räumt sie ein, „hören wir auch mal die Frage: ‚Ist das hier eine Apotheke?‘ Aber das kommt immer seltener vor.“ Es habe auf jeden Fall viel Spaß gemacht, etwas Neues auszuprobieren. Positiver Randeffekt: „Man findet leicht neue Mitarbeiter: Wer hier arbeitet, versteht das Konzept und steht dahinter oder er bewirbt sich gar nicht, weil er mit dieser Art einer Apotheke nichts anfangen kann.“
Eine Nische gefunden
Die Lage der Apotheke 4.0 in der Berliner Turmstraße ist, vorsichtig gesagt, schwierig. Rechts und links in unmittelbarer Nähe befinden sich bereits Apotheken – es ist ein Gebiet Berlins, in dem die Apothekendichte relativ hoch ist. Aber Frau Zweydinger wagte es trotzdem: „Ich versuche eine Nische zu besetzen, etwas zu machen, das es hier noch nicht gibt. Mit Sicherheit ist das nicht einfach, man braucht einen langen Atem. Aber unsere Ausrichtung hat eine klare Ansage: Wir sind eine Premium-Apotheke. Wir erleben hier in diesem Stadtteil eine Art Gentrifizierung, einen Strukturwandel: ärmere Bevölkerungsschichten wandern ab, wohlhabendere ziehen zu. Das mag nicht immer jedem und auch mir nicht gefallen, das können wir aber auch nicht verhindern. Vielleicht sind wir ein wenig früh an diesen Standort gegangen, aber er entwickelt sich. Die ersten Ergebnisse sind vielversprechend“, zeigt sie sich überzeugt.
Und zur Nische: „Wir haben einen sehr hohen pharmazeutischen Beratungsanspruch und wir beteiligen uns nicht an Preiskämpfen. Der Preis interessiert uns überhaupt nicht. Wir empfehlen in erster Linie Markenprodukte. Allerdings wollen wir keine Kunden ausschließen, jeder wird bei uns mit dem gleichen Anspruch beraten und bedient. Wir versuchen auch, neue Sortimente für die Freiwahl zu entdecken.“ Bei ihrem Freiwahlsortiment legt sie besonderen Wert auf Premiummarken und hochwertige, apothekenexklusive Produkte. In der Nähe der Apotheke befindet sich ein Drogeriemarkt, in dem immer wieder mal Produkte auftauchen, die sich eigentlich apothekenexklusiv nennen oder es früher waren. Frau Zweydinger: „Daher sind wir immer auf der Suche nach neuen Produkten, die noch nicht im Drogeriemarkt angekommen sind.“ Ihre neueste Entdeckung: eine vegane Naturkosmetiklinie, die sie nun ins Sortiment genommen hat.
Über ihre Kunden weiß sie, dass nicht wenige der Hipster-Szene angehören, junge Menschen, die eher avangardistisch, extravagant sind, aber abseits vom Mainstream. „Auch die wollen bedient werden. Wir sprechen hier mit jedem zehnten Kunden englisch.“ Apropos Sprachen: Willkommen sind bei ihr vor allem Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die neben Deutsch weitere Sprachen beherrschen. In ihrer Apotheke 4.0 arbeiten beispielsweise eine Araberin, eine Türkin und eine Russin. „In meinen Apotheken werden über zehn Sprachen gesprochen. Wenn eine Mitarbeiterin in der gewünschten Sprache gerade nicht hier ist, so stellen wir einen Telefonkontakt zu einer Mitarbeiterin in einer meiner anderen Apotheken her, die der jeweiligen Sprache mächtig ist.“ Ihre Filialleiterin der Apotheke 4.0 kann sogar Gebärdensprache, was einen neuen Kundenkreis erschlossen hat. „Auch das gehört dazu, wenn ich von Nische spreche“, fügt sie hinzu, „eine Vielzahl von Dienstleistungen, offen sein gegenüber dem Multikulturellen, die große Zahl an Sprachen, unsere offene Art gegenüber den Kunden – damit wollen wir punkten.“
Beratung – auch im Test mit Note 1
Ein Schwerpunkt in allen ihren Apotheken ist die gute und intensive Beratung – das stellte sogar die Stiftung Warentest unlängst in einem ihrer Testberichte fest. Apothekerin Zweydingers „Apotheke im Ring-Center I“, die beim Apothekentest besucht wurde, konnte als einzige alle gestellten Fragen der Tester richtig beantworten. Wie schafft man das, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter so gut beraten? „Eigentlich möchte doch jeder Pharmazeut, jede PTA gut beraten“, so die Apothekerin. „Manchmal sind es jedoch die Apothekenleiter selbst, die Vorgaben machen, was abzugeben ist, wie man sich verhalten soll – und dies steht einer guten Beratung oft im Weg. Der Mitarbeiter ist meistens von sich aus motiviert “, zeigt sie sich überzeugt, „sonst hätte er diesen Beruf nicht ergriffen und wäre nicht in die öffentliche Apotheke gegangen.“ Sicher gebe es Unterschiede bei den Mitarbeitern, und deshalb sucht sie sich ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sehr genau aus. „Leider gibt es heute weniger junge Pharmazeuten, die in die öffentliche Apotheke gehen wollen“, weiß Frau Zweydinger aus eigener Erfahrung. „Während früher das praktische Jahr in der Regel durchwegs in der Apotheke absolviert wurde, splitten die meisten heute und gehen nur noch ein halbes Jahr in die Offizin, das andere halbe Jahr wird in der Krankenhausapotheke oder in der Industrie abgeleistet.“
Ihre Linie: „Wer den Apothekerberuf ergreifen und in die öffentliche Apotheke gehen will, muss die Fähigkeit haben, zu beraten, zuzuhören, auf Menschen einzugehen und mit Menschen umzugehen. Wer das nicht kann, für den ist die Offizin nicht der richtige Platz.“ Wenn sie feststellt, dass eine Mitarbeiterin, ein Mitarbeiter hierfür ungeeignet ist, „dann müssen sich die Wege trennen“, macht die Apothekerin ihre konsequente Haltung deutlich.
Beratung, auch ausführliche Beratungsleistungen, bietet sie als kostenlose Dienstleistung an: „Geld dafür zu nehmen, haben wir versucht, aber das funktionierte hier in dieser Gegend nicht. Der Kunde kommt wieder – und das alleine zählt.“
Spitzen-Ausbildung und Fortbildung
„Wir bilden sehr gerne aus. Wir beschäftigen immer PTA-Praktikanten und Pharmazeuten im praktischen Jahr. Und natürlich haben wir auch Auszubildende“, eine Berufsgruppe, die Frau Zweydinger in keiner Weise für überflüssig in der Apotheke hält. „Selbst in unseren technisch aufgerüsteten Betrieben ist es notwendig, mit PKAs zu arbeiten. Ich setze PKAs in erster Linie für die Warenlagerhaltung und für den Telefondienst ein.“ Die Abwicklung der Warenströme mit dem Großhandel hat die Apothekerin in die Hände der PKAs gegeben. Den Einkauf, vor allem den Direkteinkauf, übernimmt sie jedoch selbst, um das Portfolio des Warensortimentes zu bestimmen.
„Klar, es ist nicht einfach, geeignete Bewerberinnen für die PKA-Ausbildung zu finden, aber es gibt sie.“
In Berlin zeige sich ein Mangel an Fachkräften für die Apotheke. Das stellt sie immer wieder fest, wenn sie Mitarbeiter sucht: „Ich habe das Glück, mit meinen Apotheken gut aufgestellt zu sein – das hat sich bei den Bewerberinnen und Bewerbern mittlerweile herumgesprochen.“
„Ganz neu: Wir haben jetzt einen eigenen Qualitätszirkel eingerichtet“, berichtet die Apothekerin, „wir beschäftigen durchschnittlich regelmäßig zehn Praktikanten in unserem Filialverbund. Diese möchten wir bestmöglich auf ihren Berufsstart in der öffentlichen Apotheke vorbereiten.“ Um den Informationsfluss zu verbessern und um Synergien zu bündeln, erarbeiten die Praktikanten mit dem jeweiligen Ausbildungsverantwortlichen Vorträge zu relevanten, den Apothekenalltag betreffenden Themen. Das sind nicht nur indikationsbezogene Themen, es gehören unter anderem auch abrechnungstechnische Vorgaben der GKV, Kommunikationstraining, Schulung zum Warenwirtschaftssystem, Aktivitäten im sozialen Netzwerk, Marketing und betriebswirtschaftliche Einblicke dazu. „Einmal wöchentlich treffen sich die Praktikanten unter der Leitung unseres Schulungsbeauftragten in unserem Veranstaltungsraum zu einem Vortrag, an dem auch unsere pharmazeutischen Mitarbeiter teilnehmen können. Durch die Einführung des Qualitätszirkels verbessern sich das Selbstwertgefühl und die Sozialkompetenz der Mitarbeiter sowie deren gruppendynamischen Prozesse. Damit wirkt sich der Qualitätszirkel positiv auf unser Corporate Identity, zwischenmenschliche Beziehungen, Qualitätsbewusstsein und Motivation aus“, berichtet Frau Zweydinger.
Was die Fortbildung betrifft: Gewisse Vorgaben macht sie ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern durchaus, d. h., bestimmte Fortbildungsveranstaltungen und -kurse, auf die sie Wert legt, sind zu besuchen. Dies wird als Arbeitszeit angerechnet. „Es gibt aber auch Fortbildungslehrgänge, die die Mitarbeiter von sich aus gerne machen, beispielsweise die Ausbildung zur Phyto-PTA oder Fach-PTA für Dermopharmazie. Solche Lehrgänge sind meist anspruchsvoll, sie kosten Geld.“ Langjährigen Mitarbeitern bezahlt die Apothekerin diese Fortbildungen gerne, im Gegenzug bringen hier die Mitarbeiter ihre Freizeit ein, so dass beide Seiten ihren Beitrag dazu leisten: „Das funktioniert sehr gut!“ Was noch hinzukommt, sind kleine Schulungen in der Apotheke vor Ort bei Produktneueinführungen: „Hier haben wir ein- bis zweimal in der Woche Kurzschulungen in der Apotheke, an denen jeder teilnehmen kann.“
Fürs Lächeln im Gesicht des Kunden
Sind die vier Apotheken unterschiedlich aufgestellt? Vom äußeren Erscheinungsbild hebt sich ihre jüngste Apotheke, die Apotheke 4.0, von den anderen ab. „Was die Beratung oder die Betreuung der Kunden betrifft, gibt es allerdings keinen Unterschied. Hier versuchen wir alles abzudecken“, so die Apothekerin. Allenfalls mitarbeiterbedingt gebe es Spezialisierungen in ihren Apotheken. So hat ihre Apotheke im Ring-Center I den Schwerpunkt Venenfachcenter. Eine Mitarbeiterin hat sich in diesem Gebiet qualifiziert und die Apotheke über die Grenzen von Berlin hinaus bekanntgemacht. Sogar eine Krankenschwester arbeitet für das Venenfachcenter.
Das Sortiment Kosmetik bildet in drei ihrer Apotheken einen Schwerpunkt. Eine staatlich ausgebildete Kosmetikerin zeigt und erläutert sachgerecht die Produkte. Kundinnen werden ab und an auch zu einer „Ladies Night“ eingeladen, Abende an denen exklusive Produkte präsentiert werden. „Wir haben auch eine Diätassistentin, so dass der Bereich Ernährungsberatung gut aufgestellt ist.“ Darüber hinaus findet der Kunde alle gängigen Dienstleistungen, die heutzutage eine gute Apotheke bietet, in ihren Apotheken: Blutdruck messen, Blutparameter bestimmen und vieles mehr, „das ist für uns Standard, das gehört dazu“.
Eine Selbstverständlichkeit ist für Frau Zweydinger außerdem die Beratung auf den Gebieten Phytopharmaka, Homöopathie, Arzneimittel für Mutter und Kind ebenso wie die Herstellung von Rezepturen – auch wenn dies ökonomisch gesehen ein Zuschussgeschäft ist. „Aber eine Apotheke muss sich diesen Aufgaben stellen.“
An Zugaben für die Kunden kommt sie nicht vorbei, wie die Apothekerin einräumt, „allerdings zurückhaltend, sinnvoll und auf einem ansprechenden Niveau mit der Maxime: ‚Wir müssen versuchen, dem Kunden ein Lächeln ins Gesicht zu zaubern‘.“ Daher sind die Zugaben aus ihren Apotheken mit einem Slogan, einem Spruch versehen, der den Kunden schmunzeln lässt. Ein Beispiel: ein Einmal-Poncho wenn’s stark regnet mit dem Spruch „wir lassen Sie nicht im Regen stehen“.
Einsatzplanung, Meetingraum
Rund 80 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter arbeiten in ihren vier Apotheken. Gemeinsame Feiern, zu denen alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zusammenkommen, sind bei vier Apotheken und langen Öffnungszeiten kaum noch zu realisieren. „Aber, es gibt immer eine Feier am ersten Sonntag im Januar“, so Frau Zweydinger.
„Wir heben uns durch unsere langen Öffnungszeiten ab, montags bis samstags bis 21 Uhr, zusätzlich zehn Sonntage. Da kommt es auf reibungslose und gute Einsatzplanung der Mitarbeiter an.“ Um dies übersichtlich abzubilden, arbeitet sie mit dem Software-Tool MEP24 – „ohne solch ein Planungshilfsmittel könnte man die Einsatzplanung der Mitarbeiter gar nicht bewältigen“. Die Einsatzpläne und die Urlaubsplanung sind sogar über eine Smartphone-App zugänglich, so dass alle jederzeit auch unterwegs über die Planung auf dem Laufenden sind. Über eine Schnittstelle arbeitet das Tool mit dem Warenwirtschafts- und Kassensystem zusammen, so dass die Zeiten mit der höchsten Kundenfrequenz ablesbar sind und personell gut besetzt werden können.
Eine Besonderheit der Apotheke 4.0 verbirgt sich im ersten Stock: ein großer Raum für 50 Personen. „Ich habe hier aus einer Not eine Tugend gemacht: Zusammen mit den Apothekenräumen musste ich diesen Raum hinzunehmen.“ Sie nannte ihn Meeting 4.0 und baute ihn für Veranstaltungen aller Art aus, für Mitarbeiterschulungen, aber vor allem auch für themenbezogene Informationsveranstaltungen für Kunden. Der Raum ist ausgestattet mit neuester Multimedia-
technik. Im vorderen Bereich des Raums ist sogar eine kleine Küchenzeile eingebaut, ausgestattet mit modernster Küchentechnik, so dass hier praktisch und lebendig Vorträge zur Ernährungsberatung abgehalten und Beispiele für die Zubereitung der Speisen anschaulich vermittelt werden können. „Wir machen auch Kochveranstaltungen für Diabetiker“, berichtet die Apothekerin und zeigt einen Schrank mit Kochschürzen. „Und die Vorträge übersetzen wir sogar in Gebärdensprache – als Service für Gehörlose, das hat sich bei diesen betroffenen Personen bereits herumgesprochen. Sie finden es ganz toll, dass für sie etwas angeboten wird.
Und natürlich feiern wir hier in diesem Raum schon mal oder schauen gemeinsam ein Fußballspiel“, freut sich die Apothekerin. „Auch Firmen können diesen Raum anmieten, um Schulungen zu veranstalten, an denen dann nicht nur meine Mitarbeiter teilnehmen, sondern auch Teilnehmer anderer Apotheken.“
„Ich würde wieder Pharmazie studieren“
Die Mitarbeiterführung und -betreuung, der Einkauf und die Logistik fallen in ihr Ressort. Nur wenn es mal ganz eng wird, geht sie selbst in den Handverkauf, was sie zwar gerne tut, um auch nah an der Arbeit mit dem Kunden zu sein. „Aber die pharmazeutische Beratung können mittlerweile alle meine Mitarbeiter besser als ich“, gesteht sie gerne ein. Ihre Welt ist heute schon eher das Management der Apotheke.
Würde sie nochmal Pharmazie studieren? Ja, auf jeden Fall, bekennt Frau Zweydinger freimütig. Das Studium bereitete ihr Freude, und die Möglichkeiten, die einem als Apotheker, als Apothekerin nach dem Studium offen stehen, sieht sie als äußerst vielfältig und interessant an. Die heilberufliche Seite des Berufs schätzt sie sehr, auch wenn sie sich heute eher als Kauffrau sieht, die gerne gestaltet und managt. Als Ostfriesin ging sie seinerzeit zum Pharmaziestudium nach Berlin. Nach dem Fall der Mauer nutzte sie die Chance zur Gründung ihrer ersten Apotheke, die Apotheke im Ring-Center I im Berliner Stadtteil Friedrichshain, die in diesem Jahr das zwanzigjährige Bestehen begeht. „Es gibt Mitarbeiter, die seit dieser Zeit dabei sind“, freut sie sich. Nach vierzehn Jahren folgte eine zweite Apotheke, die Apotheke im Ring-Center II, die ebenfalls im Ring-Center-Komplex unweit der ersten Apotheke liegt. Vor fünf Jahren konnte sie eine weitere Filiale hinzunehmen, die Apotheke im Gesundbrunnen-Center, die sie nach der Übernahme vollkommen umbaute und mit ihrem Konzept versah. Und vor zwei Jahren gründete sie die Apotheke 4.0 in der Turmstraße. Mit ihren Apothekenstandorten ist sie zufrieden, sie laufen gut, haben ein Umsatzverhältnis Rezept zu OTC von 50 : 50. „Da meine Apotheken in der Nähe von S-Bahnhöfen liegen, wird es nur problematisch, wenn die S-Bahnen nicht fahren“, erinnert sie sich an die Streiktage der Bahn. Ihr Erfolgsrezept: „Ich jammere nicht, ich kämpfe, ich nehme Herausforderungen an und habe die besten Mitarbeiter.“
Voller Tatendrang
Und wie sieht sie die Zukunft? „Besser als heute wird’s wohl nicht werden, aber Apotheken wird man auch weiterhin brauchen. Mich würde es freuen, wenn wir noch weitere Filialen hinzunehmen dürften“, lacht sie.
Zur Berufspolitik möchte sie sich nicht äußern, sagt sie freundlich aber bestimmt, sie sei kein standespolitischer Mensch. Aber dann lässt sie sich doch zu einem Statement verleiten: „Ich kann an unseren Berufsstand nur appellieren, dass man wieder verstärkt zur Seriosität und zur Übernahme von Verantwortung zurückkehrt. Billig zu sein, das können andere besser. Und wenn es für den Kunden keinen Unterschied mehr macht, ob er online bestellt oder vor Ort in die Apotheke geht, dann schafft man sich selbst ab. Selbst wenn ein Kunde meine Apotheke verlässt, ohne etwas gekauft zu haben, aber sagt, dass er gut beraten wurde, dass er etwas erfahren hat, was ihm noch nie jemand gesagt hat, dann ist das das größte Lob für meine Mitarbeiter. Ich bin sicher, dieser Kunde kommt wieder, das ist nachhaltig.“
Und wie sieht sie ihre persönliche Zukunft? „Ich stecke voller Tatendrang“, gesteht sie, sie arbeitet bereits an einer Idee und Vision für eine moderne „Concept Store Apotheke“: „Premium-Apotheke mit Premium-Mitarbeitern, außen und innen ehrlich und auf hohem Niveau“, fasst sie ihr neues Projekt kurz zusammen. Sie möchte eine neue Apotheke im historischen Ambiente einer ehemaligen Brauerei in Berlin errichten. Man darf gespannt sein. Sie hofft, dass es nicht die letzte Apotheke ist, die sie eröffnen wird. Immerhin, sie hat vier Kinder … |
0 Kommentare
Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.