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- DAZ 32/2015
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Arzneimittel und Therapie
Dengue-Impfstoff auf der Zielgeraden?
Interimsdaten zur Wirksamkeit der ersten potenziellen Vakzine veröffentlicht
Die Symptome des Dengue-Fiebers ähneln einer gewöhnlichen Grippe, mit Fieber, Kopf-, Gelenk- und Gliederschmerzen, aber auch mit Übelkeit und Appetitlosigkeit. Zudem zeigen sich unter Umständen Röteln-ähnliche Hautausschläge mit Juckreiz. Bei der Mehrheit der Patienten klingen die Symptome ohne weitere Folgen wieder ab. Etabliert sich jedoch ein Dengue-Hämorrhagisches Fieber (DHF) oder Dengue-Schock-Syndrom (DSS), ist eine intensivstationäre Behandlung von Nöten. Diese lebensbedrohlichen Komplikationen gehen mit einer erhöhten Permeabilität der Blutgefäßwände einher, wodurch unkontrollierbare innere und äußere Blutungen auftreten. Zudem bricht der Blutkreislauf zusammen und es kommt zu allgemeinen Schocksymptomen wie Tachykardie, kaltschweißige Haut und Blässe.
Derzeit Behandlung wie Grippe
Die derzeitigen Behandlungsoptionen der Dengue-Infektion unterscheiden sich in der unkomplizierten Fieber-Phase nicht wesentlich von der Therapie einer Grippe – mit dem Unterschied, dass ASS als thrombozytenaggregationshemmendes NSAR zur Therapie ungeeignet ist, da es die Blutungsneigung erhöht. Während des Krankheitsverlaufs sind regelmäßige Blut- und Urinuntersuchungen indiziert, um die Blutungsneigung und den Flüssigkeitshaushalt zu überwachen. Eine intravenöse Flüssigkeitszufuhr (Rehydratation) ist im Falle eines Dengue-Schock-Syndroms von entscheidender Bedeutung.
Strategische Vorbeugemaßnahmen gegen das Dengue-Fieber in endemischen Gebieten stellen derzeit groß angelegte Kampagnen dar, die ein Verbreiten der übertragenden Mücken vor allem in urbanen Gegenden verhindern sollen, zum Beispiel durch Vernichtung der Insektenlarven mittels chemischer Insektizide oder larvenfressender Flusskrebse und Fische. Persönliche Schutzmaßnahmen zur Vorbeugung umfassen das Vermeiden von Mückenstichen, insbesondere durch geeignete Kleidung und Repellenzien mit hohem DEET-Gehalt.
Impfung wäre der effektivste Schutz
Eine Dengue-Fieber-Impfung wäre die effektivste Maßnahme zum Schutz der Bevölkerung. Ein entsprechender Impfstoff befindet sich noch immer in der Testphase und ist daher noch nicht verfügbar. Die Entwicklung eines Impfstoffs gegen das Dengue-Virus wird dadurch erschwert, dass der Erreger, wie bereits erwähnt, in vier unterschiedlichen Serotypen auftritt, deren Infektionen keine langfristige Kreuzimmunität hinterlassen, weshalb ein tetravalenter Impfstoff notwendig wäre. Der derzeit am weitesten erprobte attenuierte, tetravalente Impfstoff (CYD-TDV, Sanofi Pasteur) wird zurzeit im Rahmen von drei klinischen Studien der Phase III und IIb an mehr als 35.000 Kindern im Alter von zwei bis 16 Jahren in Südostasien und Lateinamerika getestet. Die Interims-Ergebnisse zur Erkrankungsrate wurden nun im NEJM veröffentlicht [1]. Innerhalb der dreijährigen Nachbeobachtungszeit ereigneten sich insgesamt 65 (von 22.177 Probanden) Hospitalisierungen aufgrund von Dengue-Fieber in der Vakzin-Population bzw. 39 (von 11.089 Personen) in der Kontrollgruppe. Gefährliche Komplikationen ereigneten sich zudem bei 18 bzw. 6 Personen aus den entsprechenden Studienarmen. Das relative Risiko für eine Dengue-Infektion nach Vakzinierung beträgt somit insgesamt 0,84 (95% KI, 0,56 – 1,24), genauer aber 1,58 (95% KI, 0,83 – 3,02) für Kinder unter neun Jahren bzw. 0,50 (95% KI, 0,29 – 0,86) für Kinder von neun Jahren und älter. Somit verringerte die Vakzinierung das Risiko einer Dengue-Infektion hauptsächlich bei älteren Kindern.
Weitere Untersuchungen zur Sicherheit bei Kindern
Die Autoren der Studie sehen die unerwartete Erhöhung an Hospitalisierungsraten bei jüngeren Kindern dennoch als kritisch an und empfehlen daher die weitere Untersuchung der Sicherheit des Vakzins bei Kindern unter neun Jahren. Ob diese Befunde auf Zufällen beruhen oder ein kausaler Zusammenhang zur frühzeitigen Vakzinierung besteht, wird ebenfalls in einem begleitenden Editorial diskutiert [2]. Als möglicher Mechanismus gilt die kurzlebige Antikörperproduktion durch den Impfstoff, gegenüber einer echten Dengue-Infektion, die sich bei älteren Kindern (> 9 Jahre) möglicherweise schon einmal ereignet hat. Der Hersteller beschränkt sich daher darauf, zunächst die Vorteile des Impfstoffs in Populationen älter als neun Jahre hervorzuheben. Zunächst muss allerdings vermutet werden, dass der Impfstoff eher die Gesamt-Serotyp-Immunität nach bereits erfolgter Infektion eines spezifischen Erregertyps vermittelt [3].
Es bleibt daher abzuwarten, ob weitere Langzeitergebnisse die Sicherheit und Effektivität des Impfstoffs bestätigen und ob mit einer baldigen Beantragung der Zulassung gerechnet werden kann, denn der Bedarf eines wirksamen Impfstoffs zur Bekämpfung des Dengue-Fiebers in endemischen Gebieten ist weiterhin hoch. Auch vereinzelte Ausbrüche auf der portugiesischen Insel Madeira im Jahr 2012 zeigen, dass die globale Klimaerwärmung die Verbreitung des Erregers in Europa vorantreibt und die Thematik der Tropenkrankheiten in Apotheken hierzulande auch außerhalb der Reisezeit zunehmend ernst genommen werden sollte [4]. |
Quellen:
[1] Hadinegoro, S. R., et al. (2015). „Efficacy and Long-Term Safety of a Dengue Vaccine in Regions of Endemic Disease.“ New England Journal of Medicine.
[2] Simmons, C. P. (2015). „A Candidate Dengue Vaccine Walks a Tightrope.“ New England Journal of Medicine.
[4] http://ecdc.europa.eu/en/publications/Publications/dengue-madeira-risk-assessment-update.pdf (03.08.2015)
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