Arzneimittel und Therapie

Blutzucker und Gewicht gemeinsam senken

Liraglutid hilft übergewichtigen Typ-2-Diabetikern bei der Gewichtsreduktion

Das GLP-1 Analogon Liraglutid ist seit 2009 in Deutschland erhältlich und wird in Kombination mit anderen Antidiabetika zur Behandlung von Typ-2-Diabetes bei Erwachsenen eingesetzt. Ein neues Indikationsgebiet ist die Behandlung von Übergewicht bei Adipösen und Personen mit assoziierten Komorbiditäten. Eine Studie hat nun den Effekt von Liraglutid auf die Gewichtsreduktion bei übergewichtigen Typ-2-Diabetikern untersucht.
Foto: Heidi Mehl – Fotolia.com

Für Patienten mit Typ-2-Diabetes ist Liraglutid (Victoza®) zur Blutzucker­regulation in einer Tagesdosis von bis zu 1,8 mg indiziert. Neben Wirkung auf den Blutzucker moduliert das GLP-1-Analogon vermutlich auch den Appetit, wobei im Gehirn frühzeitig Sättigungsgefühle ausgelöst werden sollen. Eine Gewichtsabnahme unter Liraglutid-Therapie ist bereits erkannt worden und in mehreren Studien bewiesen, sodass das Inkretin-Mimetikum tatsächlich auch zur Gewichtsreduktion geeignet scheint. Die FDA hat daher kürzlich Liraglutid (Saxenda®) als tägliche Injektion in einer 3-mg-Dosierung zur Behandlung chronischen Übergewichts zugelassen, woraufhin auch die EMA inzwischen einer Indikationserweiterung des Antidiabetikums zustimmt [1]. Indiziert ist Liraglutid hierbei in Kombination mit einer Diät und Bewegungstherapie bei Adipösen ab einem BMI von 30 kg/m2 sowie Übergewichtigen ab einem BMI von 27 kg/m2, wenn eine weitere Gewichts-assoziierte Komorbidität wie Bluthochdruck oder Typ-2-Diabetes vorliegt. Liraglutid übt bei Letzterem möglicherweise einen positiven dualen Effekt auf die Blutzucker- sowie Gewichtskontrolle aus.

Die Wirksamkeit von Liraglutid zur Gewichtsreduktion, speziell bei übergewichtigen Typ-2-Diabetikern, wurde daher in einer randomisierten, doppelt-verblindeten und Placebo-kontrollierten Studie (The SCALE Diabetes Randomized Clinical Trial) untersucht, deren Ergebnisse nun im JAMA veröffentlicht wurden [2]. Hierbei wurden zwischen 2011 und 2013 in neun Ländern insgesamt 846 Typ-2-Diabetiker mit einem BMI ≥ 27, zusätzlich zu ihrer üblichen antidiabetischen Behandlung, entweder mit Liraglutid in einer Dosierung von 3,0 mg/d (n = 423) bzw. 1,8 mg/d (n = 211), oder mit Placebo (n = 212) therapiert und die entsprechende Gewichtsveränderung über einen Zeitraum von 56 Wochen beobachtet. Eine zusätzliche Periode von zwölf Wochen ohne Behandlung mit Liraglutid bzw. Placebo diente der Analyse von Absetzungseffekten, sodass die Gesamtdauer des Beobachtungszeitraumes 68 Wochen betrug. Die Patienten wurden zudem dazu angewiesen eine kalorien-reduzierte Diät einzuhalten sowie ihre körperliche Aktivität (≥ 150 min/Woche) zu steigern.

Der durchschnittliche Gewichtsverlust betrug 6,0% mit Liraglutid (3,0 mg/d), 4,7% mit Liraglutid (1,8 mg/d) bzw. 2,0% mit Placebo. Dabei verloren 54,3% der Probanden mit einer 3,0-mg/d-­Dosierung von Liraglutid 5% oder mehr an Gesamtgewicht. Bei einer ­Dosierung von 1,8 mg/d erreichten 40,4% der Personen diese Gewichtsreduktion während dies in der Placebo-Gruppe nur 20,3% der Patienten gelang. Eine Verringerung des Gewichts um mind. 10% wurde von 25,2% bzw. 15.9% in der Liraglutid-Gruppe (3,0 bzw. 1,8 mg/d) erreicht, wobei dies nur 6,7% der Patienten mit Placebo gelang. Bezüglich der Sicherheit der Liraglutid-Therapie wurden mehr gastrointestinale Nebenwirkungen in der Hochdosis-Behandlung registriert als bei Probanden mit Placebo bzw. einer 1,8-mg/d-Dosierung. Das Auftreten einer Pankreatitis, einer eher seltenen Nebenwirkung, welche bereits mit einer Liraglutid-Behandlung in Verbindung gebracht wurde, konnte jedoch nicht belegt werden.

Studien zur Sicherheit notwendig

Entsprechend der bereits bestätigten Wirksamkeit von Liraglutid als Adjuvanz zur Gewichtsreduktion bei Adipösen bzw. übergewichtigen Personen mit Komorbiditäten konnte auch hier gezeigt werden, dass eine subkutane Injektion von Liraglutid in einer Dosierung von 3,0 mg/d speziell bei Patienten mit Gewichts-assoziiertem Typ-2-Diabetes im Rahmen diätetischer Maßnahmen und erhöhter körperlicher Aktivität zusätzlich dabei hilft, eine erwünschte Gewichtsreduktion zu erzielen. Zudem zeigte sich, dass die Gabe von Liraglutid (3,0 mg/d) allgemein gut vertragen wurde und diese sich im Nebenwirkungsprofil ähnlich verhielt wie die bereits zugelassene und deutlich niedrigere Dosierung von 1,8 mg/d zur Therapie des Typ-2-Diabetes. Dennoch sind weitere Studien notwendig, um die Wirksamkeit und Sicherheit einer hoch dosierten Therapie mit GLP-1-Analoga wie Liraglutid auch über den Beobachtungszeitraum von einem Jahr hinaus zu belegen und zu analysieren, ob mit einem erhöhten Risiko für Gallensteine oder für Pankreatitis zu rechnen ist.

Andere Studien zur Sicherheit von Liraglutid in Dosierungen von 3,0 mg/d zeigten in der Tat ein vielfach höheres Risiko für eine Pankreatitis, wobei eine Steigerung von 0,1 auf 0,4% noch immer als sehr gering einzuschätzen ist [3]. Eine möglicherweise stark ansteigende Verschreibungsrate von Liraglutid zur Unterstützung der Gewichtsreduktion könnte jedoch dazu führen, dass mit verstärktem Auftreten von Pankreatitis oder sogar Pankreaskarzinomen zu rechnen ist. In der Tat besteht ein dringender Bedarf an sicheren und wirksamen Arzneimitteln zur Gewichtsreduktion (Anorektika), da eine alleinige Umstellung der Lebensgewohnheiten selten langfristig erfolgt und beispielsweise die Diabetes-Remissionsraten dadurch oftmals geringer sind als erhofft.

Dass Patienten, welche bereits eine Entzündung der Bauchspeicheldrüse erfuhren, möglichst nicht mit Liraglutid behandelt werden sollten, erscheint, trotz des derzeit noch nicht abschätzbaren Risikos für diese Komplikation, ratsam. Ebenso lässt die Notwendigkeit einer subkutanen Applikation an der allgemeinen Compliance der infrage kommenden Patienten zweifeln. Somit bleibt abzuwarten, wie sich die Akzeptanz adipöser oder übergewichtiger Personen gegenüber Liraglutid verhält, denn neben Saxenda® ist ein weiteres Präparat zur Gewichtskontrolle (Mysimba®), eine Kombination bestehend aus Naltrexon und Bupropion, kürzlich in Europa zugelassen worden [4]. Dieses wird nicht injiziert, sondern oral eingenommen und besitzt somit eindeutige Vorteile in der Anwendung.

Die positiven Auswirkungen einer Gewichtsabnahme auf die Gesundheit von Personen mit Gewichts-assoziierten Komorbiditäten wie Typ-2-Diabetes sind klinisch gut dokumentiert und Maßnahmen hierzu stehen somit an erster Stelle des Behandlungskonzepts. Ärzte und Apotheker müssen daher gleichermaßen dem Patienten die Notwendigkeit einer engmaschigen Gewichtskontrolle vermitteln und ggf. die Möglichkeit einer Anwendung medikamentöser Adjuvanzien diskutieren. |

Literatur

[1] http://www.ema.europa.eu/docs/en_GB/document_library/Press_release/2015/01/WC500180857.pdf

[2] Davies MJ, Bergenstal R, Bode B, et al. Efficacy of Liraglutide for Weight Loss Among Patients With Type 2 Diabetes: The SCALE Diabetes Randomized Clinical Trial. JAMA. 2015;314(7):687-699. doi:10.1001/jama.2015.9676.

[3] Pi-Sunyer X, Astrup A, Fujioka K, et al. A randomized, controlled trial of 3.0 mg of liraglutide in weight management. N Engl J Med 2015;373:11-22

[4] http://www.ema.europa.eu/docs/en_GB/document_library/EPAR_-_Summary_for_the_public/human/003687/WC500185583.pdf

Apotheker Dr. André Said

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1 Kommentar

Senkung des Blutzuckers

von Elfi Fücker am 19.11.2019 um 9:10 Uhr

Meine Frage geht dahin das ich den ungefähren Wert in % brauche den Victoza mit 1,2 den Blutzucker senkt. Denn trotz allem einhalten der verminderten Nahrungsaufnahme und für mich nach Plan ausgerichteten Diabetes Medikamente ist mein Blutzucker in den letzten 2 Wochen zum Teil wieder stark angestiegen. Für eine Antwort wäre ich Ihnen zu Dank verpflichtet

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