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Die Anträge zum Apothekertag

Eine kritische Sichtung

Ein großer Teil der Tagesordnung für den Deutschen Apothekertag 2015 umfasst wie in früheren Jahren die Diskussion der Anträge in der Hauptversammlung, auch wenn diese selbst keine unmittelbare Zuständigkeit besitzt und nur an Entscheidungsgremien appellieren kann. Doch die Diskussionen und Abstimmungen vermitteln ein Stimmungsbild. Sie können daher Signale für die Berufspolitik geben und die Arbeit auf Länderebene beeinflussen. Hier werden die Anträge, die vom 1. bis 3. Oktober zur Diskussion stehen werden, vorgestellt, erläutert und kritisch hinterfragt.

Von Thomas Müller-Bohn

E-Health-Gesetz

Bei den Anträgen zur „pharmazeutischen Kompetenz“ geht es zunächst um das laufende Gesetzgebungsverfahren zum E-Health-Gesetz. Der Geschäftsführende ABDA-Vorstand und andere Antragsteller begrüßen dieses Gesetz prinzipiell, aber die Apotheker möchten stärker beteiligt werden. Patienten mit drei oder mehr Arzneimitteln sollen nicht nur gegenüber dem Arzt, sondern auch gegenüber dem Apotheker einen Anspruch auf einen Medikationsplan erhalten. Außerdem soll vor dem Medikationsplan eine Medikationsanalyse erstellt werden. Diese Leistungen sollen angemessen honoriert werden.

Den Hintergrund für diesen Antrag bildet offenbar die Erkenntnis, dass der bisher im Gesetzentwurf vorgesehene „Medikationsplan“ eigentlich nur eine Medikationsliste ist, die in einem eher technischen Vorgang kritiklos zusammengetragen werden kann, beispielsweise beim Erstellen eines Ausdrucks durch nicht-ärztliches Personal in Arztpraxen. Die im Antrag geforderte Medikationsanalyse ist hingegen gemäß dem einschlägigen Grundsatzpapier der ABDA ein vergleichsweise aufwendiges Verfahren, das für die enorm große Zahl von Patienten mit drei oder mehr Arzneimitteln von den verfügbaren Apothekern nicht zu leisten wäre, für viele davon kaum erforderlich sein dürfte und in diesem Umfang vom Gesetzgeber vermutlich auch nicht gewünscht ist. Andererseits erscheint es unsinnig, eine möglicherweise auf den ersten Blick unplausible Medikation aufzulisten. Ein Kompromiss wäre eine erste Plausibilitätsprüfung, bei der zumindest Doppelverordnungen eliminiert und potenziell schwerwiegende Wechselwirkungen geklärt werden. Ein solches erstes kritisches Hinterfragen mit pharmazeutischem Sachverstand beim Erstellen eines vorläufigen Medikationsplans wäre im Apothekenalltag praktikabel und für ein überschaubares Honorar zu leisten. Dies allerdings als Medikationsanalyse zu bezeichnen, würde den gerade erst in die politische Diskussion eingeführten Begriff von ­Anfang an verwässern und könnte spätere Bemühungen um die ­weitergehende patientenorientierte Pharmazie in Modell­projekten untergraben. Daher wird zu diskutieren sein, ­welche Form der Analyse hier gefordert und wie diese bezeichnet werden soll.

Ein weiterer Antrag zum E-Health-Gesetz fordert, mit der elektronischen Gesundheitskarte sollten Apotheker mit Einverständnis der Patienten Zugang zu Diagnosen und Behandlungsdaten erhalten, um das Medikationsmanagement zu ermöglichen. Zudem soll die verfasste Ärzteschaft aufgefordert werden, die gemeinsame Verantwortung von Ärzten und Apothekern für die Arzneimitteltherapiesicherheit anzunehmen.

Diverse pharmazeutische Leistungen

Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen soll aufgefordert werden, das Potenzial der Apotheken für die Prävention zu nutzen und die Apotheken bei der Festlegung der einheitlichen Handlungsfelder und Kriterien für Leistungen zur Prävention nach § 20 SGB V nicht auszuschließen. Außerdem soll der Gesetzgeber die Möglichkeit eines Impfpass-Checks als entgeltliche pharmazeutische Dienstleistung in der Apotheke prüfen. Wie diese Leistung abgerechnet werden und wer sie veranlassen soll, wird dabei nicht angesprochen.

Die Landesapothekerkammer Hessen fordert, die medizinische Anwendung von Cannabis und den Einsatz zu Genusszwecken in der politischen Diskussion zu trennen. Der Geschäftsführende ABDA-Vorstand fordert, medizinisch eingesetztes Cannabis müsse die nötige pharmazeutische Qualität haben, verschreibungsfähiges Cannabis dürfe nur in Apotheken abgegeben werden und es müsse in den Leistungskatalog der GKV aufgenommen werden. Dies zielt darauf, Patienten nicht den Eigenanbau zu genehmigen, sondern stattdessen Extrakte aus kontrolliertem Anbau verschreibungs- und erstattungsfähig zu machen.

Gemäß einem Antrag der Apothekerkammer Berlin soll im Rahmen der ABDA-Imagekampagne das Arzneimittel in den Mittelpunkt gestellt werden. Sowohl verschreibungspflichtige als auch „nur“ apothekenpflichtige Arzneimittel sollen medizinischen und pharmazeutischen Regeln entsprechen und sich nicht an der Betriebswirtschaft oder dem Marketing orientieren. Fünf Delegierte fordern, in heimversorgenden Apotheken müsse der für die Heimversorgung verantwortliche Apotheker im Bereich „Geriatrische Pharmazie“ weitergebildet sein. Schon bei früheren Apothekertagen wurden für die unterschiedlichsten Aufgaben in Apotheken zusätzliche Qualifikationen gefordert, aber solche Anträge wurden stets abgelehnt, zurückgezogen oder in einen Ausschuss verwiesen, weil sich die Apotheker selbst nicht für zusätzliche bürokratische Hürden einsetzen wollten.

Pharmaziestudium und PTA-Ausbildung

In einem Leitantrag sollen die zuständigen Ministerien der Länder und die Universitäten aufgefordert werden, die Standorte mit Pharmaziestudium zu erhalten und auszubauen bzw. Studienplatzkürzungen zurückzunehmen. Weitere Anträge sprechen sich gegen eine Umwandlung des Pharmaziestudiums in Bachelor-Master-Studiengänge aus und fordern eine Professur in Klinischer Pharmazie an jedem Standort, letzteres jedoch ohne Vorschläge zur Finanzierung zu machen, die für die Umsetzung maßgeblich wären.

In einem Antrag der Apothekerverbände Westfalen-Lippe und Hessen werden rechtliche und finanzielle Rahmenbedingungen von staatlicher Seite gefordert, die eine ausreichende Zahl von PTA gewährleisten, damit die Apotheken ihren Versorgungsauftrag erfüllen können. Aufgrund des Versorgungsauftrages sehen die Antragsteller den Gesetzgeber in der Pflicht, den dafür nötigen Rahmen zu schaffen. In der Antragsbegründung wird betont, dass eine Beteiligung der Apotheken an der PTA-Ausbildung bei der Bemessung des Apothekenhonorars bisher nicht berücksichtigt werde. Die PTA-Ausbildung sei ursprünglich durch die Länder finanziert worden, doch würden sich diese schleichend zurückziehen. In Nordrhein-Westfalen und Hessen entfalle die Landesausbildungsförderung ab 2015 vollständig. Damit sähen sich die Apotheken dort schon bald mit massivem Nachwuchsmangel bei PTA konfrontiert.

Neuer Anlauf zum G-BA

Die Apothekerkammer Nordrhein fordert in einem Antrag, einen pharmazeutischen Beirat zum Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) zu gründen. Von der ständigen Präsenz der Apotheker in einem dem G-BA angegliederten Gremium erhoffen die Antragsteller eine vermehrte Einflussnahme. Nachdem frühere Anträge zu einer G-BA-Mitgliedschaft der Apotheker gescheitert sind, ist dies offenbar ein Versuch, den Einfluss auf den G-BA zu erhöhen, ohne dabei die Nachteile einer Vollmitgliedschaft in Kauf nehmen zu müssen. Allerdings bleibt zu fragen, welche Befugnisse der Gesetzgeber einem solchen Beirat wohl einräumen würde.

Alte Honorarforderungen wiederholt

Zum Thema „Wirtschaftliche Rahmenbedingungen“ fordern der Geschäftsführende ABDA-Vorstand und weitere Antragsteller in einem Leitantrag eine angemessene Entgeltung der Apotheken. Dazu gehöre „insbesondere“, den Festzuschlag gemäß AMPreisV jährlich zu überprüfen und die Methodik zu seiner Anpassung so zu ändern, dass dies „die wirtschaftliche Entwicklung der Apotheken und die Teilhabe an der gesellschaftlichen Wohlstandsentwicklung ermöglicht“. Außerdem soll das Sonderentgelt für dokumentationspflichtige Arzneimittel erhöht, der Festzuschlag auch für verschreibungspflichtige Rezepturarzneimittel erhoben und der Zuschlag für den Nacht- und Notdienstfonds so erhöht werden, dass jährlich 120 Millionen Euro zusammenkommen. Alle diese Forderungen wurden bereits beim Apothekertag 2014 ausdrücklich erhoben.

Angesichts der erneuten Forderung bleibt – entgegen einigen anderen Aussagen aus jüngerer Zeit – der Festzuschlag offenbar im Mittelpunkt der Bemühungen der ABDA zur Honorierung, auch wenn hier (wie schon 2014) die jährliche Überprüfung und damit nicht zwingend die jährliche Erhöhung gefordert wird. Anders als 2014 ist sogar eine Abstufung erkennbar, denn die Forderungen zu anderen Honorarbestandteilen werden „auch (…) erhoben“. Zuletzt war hingegen sowohl aus Kreisen der ABDA als auch von Politikern zu hören, die Forderungen nach erhöhten Honoraren für definierte Einzelleistungen seien aussichtsreicher. Es bleibt daher spannend, ob in der Hauptversammlung über eine andere Gewichtung der Forderungen diskutiert wird.

Weitergehende Honorarforderungen

Offenbar weiter als der Leitantrag reicht ein Antrag der Apothekerkammer Nordrhein, die „Methoden zur Berechnung der zur Erfüllung des gesetzlichen Versorgungsauftrages

notwendigen Vergütung mit dem Ziel weiterzuentwickeln, eine von möglichst allen Beteiligten anerkannte und validierte Verhandlungsbasis zu schaffen“. In der Begründung wird erläutert, das Ergebnis der unternehmerischen Tätigkeit dürfe nicht durch die Gemeinwohlpflichten belastet werden, sondern diese müssten angemessen vergütet werden. Wie weit dieser Antrag zu interpretieren ist und ob er möglicherweise zu neuen Honorarelementen führen kann, dürfte zu diskutieren sein.

In einem Antrag fordern zehn Delegierte, die Vergütung gemäß AMPreisV um die seit 2004 eingetretene Inflation zu erhöhen und künftig weiter anzupassen, wenn das Preisniveau seit der vorigen Anpassung um mindestens fünf Prozent gestiegen ist. Mit diesem Antrag käme auch der Honorarausgleich für die Zeit bis 2013 erneut auf die politische Tagesordnung.

Honorar für Einzelleistungen

Andere Anträge beziehen sich dagegen jeweils gezielt auf Einzelaspekte der Honorierung. Der Berliner Apothekerverein fordert, die Betäubungsmittelgebühr auf 2,91 Euro zu erhöhen und diese künftig bei allen dokumentationspflichtigen Arzneimitteln zu erheben. Der Betrag wird nicht ausdrücklich begründet, aber die Antragsteller verweisen auf die Sondergebühren des Großhandels. Dagegen fordert die Apothekerkammer Nordrhein eine Betäubungsmittelgebühr von 8,31 Euro. Diesen Betrag hatte Uwe Hüsgen in einer im Auftrag der Apothekerkammer Nordrhein durchgeführten und auf der Interpharm 2014 präsentierten Studie als Vollkosten für die Erfüllung der betäubungsmittelrechtlichen Vorschriften bei einem Fertigarzneimittel ermittelt. Angesichts des großen Unterschieds zwischen den beiden geforderten Beträgen dürfte sich eine Debatte aufdrängen, ob einzelne Gemeinwohlpflichten künftig mit den Vollkosten honoriert werden sollen oder ob analog zum Nachtdienstfonds nur Zuschüsse gezahlt werden sollen, die eine ruinöse Entwicklung verhindern. Dann wäre allerdings zu fragen, nach welchen Kriterien angemessene Zuschüsse berechnet werden sollen.

Außerdem fordert die Apothekerkammer Nordrhein, (übereinstimmend mit dem Leitantrag) den Festzuschlag gemäß AMPreisV auf verschreibungspflichtige Rezepturarzneimittel auszudehnen und (über den Leitantrag hinaus) die Dokumentation von Rezepturherstellungen gesondert zu honorieren. In einem gemeinsamen Antrag fordern Apothekerkammer und Apothekerverband Nordrhein zudem, die „Aufschläge zur Herstellung und Abgabe von Rezepturen“ gemäß § 5 AMPreisV zu erhöhen. Gemeint sind wohl die Rezepturzuschläge gemäß § 5 Absatz 3 AMPreisV, also die „Arbeitspreise“. In einem weiteren Antrag fordern acht Delegierte weiterreichende Änderungen bei der Taxierung von Rezepturen. Es sollen jeweils alle Arbeitsschritte berechnet und nicht nur ein pauschaler Zuschlag erhoben werden. Sterilherstellungen sollen pro Anfertigung und nicht pro Gramm honoriert werden. Gemäß Antragsbegründung würden damit Vorschläge der Arbeitsgruppe „Hilfstaxe“ des Deutschen Apothekerverbandes umgesetzt, doch zugleich fordern die Antragsteller, diese Vorschläge nicht als abschließend zu betrachten. Mit diesen Anträgen stellt sich die Frage, ob für Rezepturen zusätzlich zum Festzuschlag auch ein erhöhter Preis für die Herstellung gefordert werden sollte und welche Forderung ggf. Priorität hat. Für beide Forderungen gibt es massive Argumente, denn selbstverständlich müssen Rezepturen nicht nur hergestellt, sondern auch mit Beratung abgegeben werden, und die „Arbeitspreise“ wurden zuletzt 2004 erhöht, der Aufwand ist aber mit der Änderung der ApBetrO 2012 gewachsen und die Tarifgehälter sind seit 2004 ebenfalls gestiegen.

Retaxations-Prophylaxe und mehr

Gemäß einem Antrag des Berliner Apothekervereins sollen der Verordnungsgeber und der GKV-Spitzenverband sicherstellen, dass ärztliche Verschreibungen die Anforderungen der AMVV bzw. des Sozialrechts vollständig erfüllen. In der Begründung wird argumentiert, dass Sanktionen üblicherweise auf eine Verhaltensänderung zielen, aber Retaxationen bei Apotheken könnten bei Ärzten nicht wirken. In einem weiteren Antrag fordern zwölf Delegierte, Formfehler auf Rezepten nachträglich heilbar zu machen. Dazu wird argumentiert, Formfehler müssten von pharmazeutischen Fehlleistungen und betrügerischen Vorgehensweisen unterschieden werden. Der Apothekerverband Brandenburg fordert, Nullretaxationen wegen Formfehlern abzuschaffen. Etwas eingeschränkt gegenüber dieser pauschalen Forderung ist der Antrag des Apothekerverbandes und der Apothekerkammer Bremen, die GKV solle von Retaxationen wegen Nichtbeachtung der AMVV bzw. des Bundesmantelvertrags der Ärzte absehen. Außerdem fordern acht Delegierte in einem Antrag, dass die Tarifparteien „die Qualifikation des Fachapothekers bei der Gestaltung des Gehaltstarifvertrages (…) berücksichtigen“ sollen.

Versorgungssicherheit

Ein Antrag des Hessischen Apothekerverbandes zum Themenkomplex „Sicherstellung der Arzneimittelversorgung und Hilfsmittelversorgung“ spricht sich dafür aus, dass die ABDA Mindestanforderungen an eine flächendeckende pharmazeutische Versorgung definiert, die von den Landesorganisationen konkretisiert werden, um Regelungen von dritter Seite zuvorzukommen. Möglicherweise kann dieser Antrag als Einstieg in eine Sicherstellung der pharmazeutischen Versorgung durch apothekerliche Organisationen analog zu den Kassenärztlichen Vereinigungen verstanden werden.

Gemäß einem Antrag des Geschäftsführenden ABDA-Vorstands soll der Gesetzgeber das gesetzliche Regelwerk bewahren, das eine flächendeckende Versorgung sicherstellt. In der Begründung wird erläutert, dass mit Zweig- und Not­apotheken sowie Rezeptsammelstellen bereits ein gutes Instrumentarium gegen mögliche Versorgungsprobleme bestehe und dies nur in geeigneter Weise angewendet werden müsse. Hier dürfte zu diskutieren sein, ob eine Definition der flächendeckenden Versorgung im Sinne des vorherigen Antrags noch als „Bewahren“ des bestehenden Regelwerks verstanden werden kann oder bereits einen neuen Ansatz darstellen würde, der gemäß dem Antrag des Geschäftsführenden Vorstands gerade verhindert werden soll.

Gemäß einem Antrag der Apothekerkammer Nordrhein soll der Internetversand verschreibungspflichtiger Arzneimittel verboten werden, „um die Arzneimittel- und Versorgungssicherheit zu erhöhen.“ Einem solchen Antrag hatte schon der Apothekertag 2012 zugestimmt. Gemäß einem weiteren Antrag der Apothekerkammer Nordrhein soll die Einhaltung der „Good Distribution Practice“ (GDP) im Versandhandel auch beim Transport durchgesetzt werden. Das Transportunternehmen soll entsprechend verpflichtet werden und insbesondere die Lagerung der Arzneimittel unter 25 Grad Celsius sicherstellen.

Lieferengpässe

Die Landesapothekerkammer Hessen fordert, die Arzneimittelhersteller zu verpflichten, die Nichtlieferfähigkeit von verschreibungspflichtigen Arzneimitteln innerhalb einer Woche beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte anzuzeigen, das diese Information dann innerhalb einer Woche veröffentlichen soll. Beim Apothekertag 2014 hatte die Landesapothekerkammer Thüringen in einem ähnlichen Antrag gefordert, die Apotheken sollten ein eigenes elektronisches Verzeichnis für Lieferengpässe schaffen. Dieser Antrag wurde in einen Ausschuss verwiesen, weil befürchtet wurde, eine verbindliche Liste könne erschweren, regionale Lieferengpässe nachzuweisen, und damit Krankenkassen zu Retaxationen einladen. Im Juli 2015 berichtete die ABDA, der Geschäftsführende Vorstand der Bundesapothekerkammer habe nach ausführlicher Beratung entschieden, ein eigenes elektronisches Verzeichnis nicht weiter zu verfolgen.

Hilfsmittelversorgung

Der Berliner Apothekerverein fordert in zwei Anträgen, die Hilfsmittelversorgung so umzugestalten, dass Patienten „die sozialrechtlich fixierten Sach- und Dienstleistungen grundsätzlich aufzahlungsfrei erhalten können“, und Ausschreibungsverträge für Hilfsmittel zu verbieten, um die unverzügliche wohnortnahe Versorgung sicherzustellen. In einem weiteren Antrag fordert der Berliner Apothekerverein, Apotheker sollten durch Gesetz oder Verordnung automatisch zur Abgabe bestimmter Hilfsmittel qualifiziert werden, sodass die Präqualifizierung dafür entfällt. Die Selbstverwaltung solle eine Liste solcher Hilfsmittel erstellen. Gemäß einem Antrag des Apothekerverbandes Brandenburg sollen die Hilfsmittelversorgungsverträge harmonisiert und weitere kleingliedrige Differenzierungen nicht mehr zugelassen werden, um den bürokratischen Aufwand zu begrenzen. Die Apothekerkammer Brandenburg beantragt, die Erstattungszeiträume für Hilfsmittel auf einen Monat zu vereinheitlichen und dies auf dem Rezept zu vermerken.

Diverses zum Apothekenalltag

In einem Antrag im Kapitel „Grundlagen der Berufsausübung“ spricht sich der Geschäftsführende ABDA-Vorstand dafür aus, ein „sicheres IT-Netz der Apothekerschaft“ nach den Anforderungen der gematik zu konzipieren und umzusetzen. In anderen Anträgen dieses Kapitels geht es um sehr unterschiedliche Themen. Die Gültigkeitszeiträume für spezielle Verordnungen sollen auf sieben Tage vereinheitlicht und Cash-Back-Gutscheine sowie On-Pack-Promotions für OTC-Arzneimittel sollen verboten werden. Gegen On-Pack-Promotions hatte bereits der Apothekertag 2014 votiert. Die ABDA hatte dazu im Juli 2015 berichtet, das Anliegen werde im Rahmen des zu erwartenden Arzneimittelrechtsänderungsgesetzes eingebracht.

Gemäß einem weiteren Antrag soll das Austauschspektrum bei pharmazeutischen Bedenken auf alle austauschbaren Fertigarzneimittel erweitert werden und nicht mehr auf das verordnete und die drei preisgünstigsten Arzneimittel beschränkt sein. So sollen beispielsweise Teilbarkeit, Handhabung und Lieferfähigkeit berücksichtigt werden können. Außerdem sollen Selbstverwaltung und Gesetzgeber regeln, dass Apotheker nach Rücksprache mit dem Arzt Rezepte ändern dürfen, ohne dies vom Arzt gegenzeichnen lassen zu müssen. Die wenigen Fälle, in denen dies nicht möglich sein soll, sollen ausdrücklich beschrieben werden. Dies soll den bürokratischen Aufwand verringern. Der Hessische Apothekerverband fordert zudem, in der GKV die rechtlichen Voraussetzungen für Wiederholungsrezepte zu schaffen. Außerdem sollen die in Arztpraxen und Kliniken genutzten EDV-Systeme stets auf dem neuesten Stand sein. Jede Gesetzesänderung in der pharmazeutischen Versorgung soll innerhalb von zwei bis fünf Jahren einer unabhängigen Erfolgskontrolle unterzogen werden. Dabei sei auch zu prüfen, ob das Ergebnis den vermehrten Aufwand rechtfertigt.

Gemäß einem Leitantrag soll die verpflichtende Importquote nach § 129 Absatz 1 Nr. 2 SGB V entfallen. Dies hatten bereits die Apothekertage 2013 und 2014 gefordert. Die ABDA hatte die Forderung in die Diskussion über das GKV-VSG eingebracht, doch wurde sie dort nicht erfüllt. Im Bericht der ABDA vom Juli 2015 über den Umgang mit den Anträgen von 2014 blieb offen, ob die ABDA das Thema weiter verfolgt. In einem weiteren Antrag wird gefordert, alle Antibiotika europaweit der Verschreibungspflicht zu unterstellen, um die Ausbreitung von Resistenzen zu verringern. Dabei dürfte zu diskutieren sein, ob dies auf Arzneimittel zur systemischen Anwendung zu begrenzen ist, weil die Umsetzung dann realistischer erscheint.

TTIP und Co

Gemäß einem Antrag des Geschäftsführenden ABDA-Vorstands soll die Hauptversammlung ihren Appell von 2014 an die Bundesregierung und die Europäische Kommission erneuern und bekräftigen, „bei allen Maßnahmen auf europäischer und internationaler Ebene dafür zu sorgen, dass die Entscheidungskompetenz der Mitgliedstaaten über die Organisation ihres Gesundheitswesens gewahrt wird“. Insbesondere müssten die Eckpfeiler der Freiberuflichkeit gestärkt werden. In der Begründung wird deutlich, dass der Antrag auf die Befürchtung zielt, Handelsabkommen wie TTIP oder CETA könnten negative Folgen haben, wenn sie ohne Rücksicht auf gewachsene Strukturen und Zuständigkeiten in den EU-Mitgliedstaaten umgesetzt werden. Während dieser Antrag nur einen allgemein gehaltenen Appell darstellt, ist ein Antrag der Apothekerkammer Berlin konkreter. Dort wird gefordert, alle derzeit und künftig verhandelten Freihandelsabkommen, die Auswirkungen auf die Gesundheitssysteme der EU-Mitgliedstaaten haben, ausnahmslos als „gemischte Abkommen“ abzuschließen. Im Gegensatz zu reinen EU-Abkommen müssen dann alle 28 Mitgliedstaaten bzw. deren Parlamente einzeln zustimmen. In dem Antrag heißt es weiter, die Parlamente der Länder müssten bei so weitreichenden Abkommen prüfen und ggf. darüber abstimmen können, „ob wirtschaftliche Verknüpfungen enthalten sind, die indirekt einen starken Einfluss auf das Gesundheitssystem nehmen“. Dabei seien auch indirekte Verknüpfungen, z. B. über Preise und Erstattungen von Arzneimitteln, möglich. In der Begründung wird erklärt, die ordnungsgemäße Arzneimittelversorgung dürfe nicht in Gefahr geraten, rein gewinnorientierten Interessen zu unterliegen. Weiter heißt es, die Bundesregierung betrachte das CETA-Abkommen derzeit als gemischtes Abkommen, doch es sei nicht klar, ob die letztlich maßgebliche Europäische Kommission dies auch so sehe.

ABDA intern

Der Abschnitt „Berufsständische Organisation“, in dem in manchen Jahren stark beachtete Anträge zu grundlegenden Strukturveränderungen in der ABDA zu finden waren, umfasst diesmal nur zwei Anträge des Hessischen Apothekerverbandes, in denen mehr Transparenz gefordert wird. Die angenommenen oder in einen Ausschuss verwiesenen Apothekertagsanträge sollen transparenter bearbeitet und in einer Datenbank mit ihrem Bearbeitungsstand auf der ABDA-Internetseite – zumindest für alle Delegierten des Apothekertages – dargestellt werden, soweit dies berufspolitische Ziele nicht beeinträchtige. Ein umfassenderer Antrag zum transparenteren Umgang mit den Anträgen wurde beim Apothekertag 2014 nach kontroverser Debatte knapp abgelehnt. Nun wurden die damaligen Forderungen etwas reduziert, aber der Wunsch nach einer Datenbank ist geblieben.

Gemäß dem zweiten Antrag sollen die Strukturen der ABDA-Geschäftsstelle „in einem ersten Schritt“ transparent gemacht werden, indem das Organigramm der Geschäftsstelle auf der ABDA-Internetseite veröffentlicht wird. Zur Begründung verweisen die Antragsteller auf andere Organisationen, die so verfahren. |

Autor

Dr. Thomas Müller-Bohn ist Apotheker und Diplom-Kaufmann. Er ist externes Redaktionsmitglied der DAZ.

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