Titelthema Zahnschmerzen

Gegen Zahnschmerzen ist ein Kraut gewachsen

Tipps aus der Komplementärmedizin

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Zahnschmerzen gehören zu den unangenehmsten Schmerzen. Ganz besonders unerträglich wird es, wenn die Schmerzen nachts, am Wochenende oder an Feiertagen auftreten und der Zahnarzt des Vertrauens keine Sprechstunde hat. Nicht jeder möchte unbedingt den Notdienst aufsuchen. In diesen Situationen können auch naturheilkundliche Mittel gegen Zahnweh eingesetzt werden.

Eine Selbstmedikation bei Zahnschmerzen sollte nur zur Überbrückung bis zum Zahnarztbesuch zum Einsatz kommen oder nach bereits erfolgter Zahnbehandlung. Bei intensiven Schmerzen, stark geschwollener Schleimhaut, häufigem Zahnfleischbluten und Vereiterungen ist unbedingt ein Zahnarzt zu konsultieren. Ebenso gehören Abzesse sowie immer wiederkehrende, nicht ausheilende Zahnfleischentzündungen in ärztliche Behandlung, um die zugrundeliegenden Ursachen wie Karies, Zahnmarks- und Zahnwurzelentzündungen oder Parodontitis abzuklären. Darüber hinaus gibt es auch Zahnschmerzen ohne direkten Zahnschaden, die vielmehr wichtige organdiagnostische Hinweise liefern und ernst genommen werden müssen.

Natürliche Mittel gegen akute Zahnschmerzen

Naturheilkundliche Mittel ersetzen selbstverständlich keine zahnärztliche Behandlung. Doch sie können zumindest das Leiden der von lästigen Zahnschmerzen Geplagten bis zum Zahnarztbesuch etwas lindern. Im Notfall können antibakteriell, antiphlogistisch und analgetisch wirkende Öle wie Cajeput-, Niaouli-, Nelkenknospen- oder Lorbeeröl pur auf das Zahnfleisch um den betroffenen Zahn herum aufgetragen werden [1]. Ebenso bewährt hat sich das Spülen beziehungsweise Gurgeln mit verdünnter Propolis- oder Myrrhentinktur oder das Betupfen der schmerzenden Stelle mit Teebaumöl. Alternativ zum Nelkenöl können Gewürznelken gekaut werden. Der Inhaltsstoff Eugenol hat eine leicht betäubende Wirkung.

Zur Behandlung einer Gingivitis, Stomatitis, Stomatitis aphthosa oder zur Wundbehandlung und Blutstillung nach Parodontalbehandlung und Zahnextraktionen eignet sich der Wala Mundbalsam® (Antimonit, Argentum nitricum, Atropa belladonna, Echinacea pallida, Quarz, Rosae aetheroleum) als Lösung oder Gel. Von dem flüssigen Mundbalsam wird fünfmal täglich eine halbe Pipette mit Wasser verdünnt, im Mund verteilt, durch die Zahnzwischenräume gezogen und anschließend geschluckt. ­Wegen der längeren Verweildauer sollte der Balsam am besten nach dem Essen und vor dem Schlafengehen angewendet werden. Bei Druckstellen oder ­Gingivitis durch Zahnprothesen und Zahnregulierungen kann das Gel mehrmals täglich aufgetragen werden, zudem bei Durchbruch der Weisheitszähne zur Schmerzlinderung. Auch Kinder tolerieren das Gel wegen seines besseren Geschmacks eher als die Flüssigkeit [2, 3]. Neben dem Mundbalsam kann Echinacea Mund- und Rachenspray (Wala) mehrmals täglich auf die entzündeten Stellen aufgesprüht werden. Alternativ ist die Anwendung von Ratanhia comp. Lösung (Wala, Weleda), Salbei-Zahnfleischbalsam (Weleda) oder Salviathymol® N Flüssigkeit (Madaus) zur Behandlung von leichten Entzündungen des Zahnfleisches und der Mundschleimhaut möglich. Letztere besteht aus einer Mischung von Salbei-, Eucalyptus-, Pfefferminz-, Zimt-, Nelken-, Fenchel- und Sternanisöl sowie Levomenthol und Thymol. 20 Tropfen dieser Flüssigkeit werden in einem Glas lauwarmem Wasser verdünnt. Mit der Verdünnung kann bis zu dreimal täglich jeweils drei- bis viermal gespült werden. Die Flüssigkeit sollte dabei auch durch die Zahnzwischenräume gezogen, jedoch nicht geschluckt werden. Für Schwangere, Stillende und Kinder unter zwölf Jahren ist die Flüssigkeit mit 31 Vol.-% Alkohol nicht geeignet [4].

Parodontitis-Mischung [1]

  • 10 Tropfen Manuka,
  • 10 Tropfen Myrrhe,
  • 10 Tropfen Niaouli,
  • 20 Tropfen Pfefferminze und
  • 10 Tropfen Tea-Tree

in 5 ml Propoli-Tinktur geben.

Diese Mischung soll nicht nur gegen den Zahnfleischschwund helfen, sondern auch bei Zahnschmerzen nach einer Zahnbehandlung.

Zur Stärkung des Zahnfleisches einen Tropfen dieser Grundmischung mit etwas Heilerde auf die Zahnbürste geben und die Zähne einmal täglich damit putzen. Nicht bei Zahnersatz aus Kunststoff anwenden, da ätherische Öle Kunststoffverblendungen angreifen können.

Für Umschläge bei Zahnschmerzen nach einer Zahnbehandlung: Drei Tropfen Grundmischung auf einen halben Liter kaltes Wasser geben. Einen Waschlappen mit der Mischung tränken, gründlich auswringen und auf die Wange legen. Die Anwendung mehrmals wiederholen.

Als eine weitere Behandlungsoption von Entzündungen im Zahnbereich ­sowie zur ausleitenden Begleittherapie bei operativen Entfernungen von entzündlichem Gewebe im Zahn- und Kieferbereich steht Odonton Echtroplex® (Weber & Weber) zur Verfügung. Dieses homöopathische Komplexmittel soll die Wundheilung nach operativen Eingriffen wie z. B. Zahnextraktion, bei Implantaten und Wurzelbehandlung fördern. Die spezielle Kombination der Einzelmittel (Arnica montana Dil. D4, Calendula officinalis Dil. D3, Delphinum staphisagria Dil. D4, Echinacea purpurea Urtinktur, Hepar sulfuris Dil. D8, Kalium bichromicum Dil. D8, Kalium sulfuricum Dil. D8, Symphytum officinale e radice Dil. D6) wirke auf alle betroffenen Gewebe: Zahnfleisch, Zähne, Knochen und die Schleimhaut, so der Hersteller. Die Lösung ist vor Gebrauch zu schütteln, anschließend werden dreimal täglich 40 Tropfen eingenommen. Kontraindiziert ist die Einnahme bei progredienten Systemerkrankungen, zudem besteht aufgrund des hohen Alkoholgehalts von 57 Vol.-% ein gesundheitliches Risiko unter anderem bei Schwangeren und Kindern [5]. Diese können bei Zahnschmerzen und Entzündungen des Zahnhalteapparates alkoholfreie Globuli anwenden, wie z. B. Silicea comp. Globuli (Wala), die Argentum nitricum, Atropa belladonna und Quarz enthalten. Vor bzw. nach der zahnärztlichen Behandlung werden hiervon bis zu sechsmal täglich zehn Globuli eingenommen [3].

Eukalyptus statt Chloroform

Früher wurde Chloroform oft in der zahnärztlichen Praxis ins­besondere zur Applikation in Wurzelkanälen eingesetzt, um das Füllmaterial Guttapercha zu lösen. Allerdings wurde für Chloroform wegen seiner unerwünschten Wirkungen, hohen Toxizität und möglichen Karzinogenität ein generelles Verkehrsverbot festgeschrieben. Es darf daher in Apotheken nicht mehr abgegeben werden. Als Alternative kann Eukalyptol eingesetzt werden, das ähnlich gute Lösungseigenschaften hat, zusätzlich antibakteriell und weniger irritierend und schleimhautreizend wirkt.

Quelle

Verkehrsverbot für Chloroform. Mitteilungsblatt der Apothekerkammer Schleswig-Holstein 2015;1:8

Homöopathisch gibt es darüber hinaus eine Vielzahl an weiteren Einzelmitteln zur Linderung von akuten Zahnschmerzen und zur Therapie bei Zahnfleischentzündungen. Belladonna D6 soll bei plötzlichen, heftig pochenden oder klopfenden Schmerzen mit hochrotem Kopf, Mundtrockenheit und großem Durst helfen. Die betroffene Stelle ist sehr berührungsempfindlich. Die Beschwerden verschlimmern sich durch Bewegung und Erschütterung und bessern sich in Ruhe. Der typische Chamomilla-Patient klagt über unerträglich starke Schmerzen, ist sehr reizbar und jähzornig. Die betroffene Seite ist heiß und geschwollen, die Röte nur einer Wange fällt auf, eine Sym­ptomverschlimmerung tritt nachts und durch Wärme ein, wohingegen Kälte bessert. Chamomilla D6 wird oft eingesetzt bei Dentitio difficilis, einem erschwerten Zahndurchbruch. Coffea D6 ist eine homöopathische Option bei stechenden, zuckenden Nervenschmerzen, einhergehend mit großer Unruhe und Schlaflosigkeit. Hier hilft auch Kälte. Im Gegensatz zu blitzartig einschießenden Nervenschmerzen, hier lindert Wärme den Schmerz. Eine weitere Option ist Magnesium phosphoricum D12. Im akuten Zustand können alle vier genannten Homöopathika halbstündlich bis zum Eintritt der Besserung angewendet werden [6, 7].

Tipps

  • Für sorgfältige Zahnpflege und Mundhygiene sorgen: Regelmäßig zwei- bis dreimal täglich Zähne putzen, Interdentalbürsten und Zahnseide zur Reinigung benutzen, zusätzlich Zungenschaber verwenden. Zahnbürste jeden Monat wechseln.
  • Weiche Zahnbürste verwenden, putzen mit zahnfleischschonender Zahnputztechnik.
  • Auf guten Sitz von Zahnprothesen und Zahnspangen achten, Druckstellen vermeiden.
  • Ein- bis zweimal jährlich professionelle Zahnreinigung durchführen lassen.
  • Keine heißen oder eiskalten Getränke trinken, diese verstärken die Zahnschmerzen.
  • Auf Alkohol, Nicotin und Coffein verzichten, zuckerhaltige Nahrungsmittel weitgehend meiden.
  • Eisauflagen (Cold-Hot-Packs) können bei Entzündungen vorübergehend Linderung verschaffen; nicht direkt auf die Haut auflegen, sonst entstehen Kälteschäden.
  • Während der akuten Phase einer Zahnfleischentzündung säurehaltige Speisen und Getränke meiden.
  • Zur Kräftigung des Gewebes nach Abklingen der Entzündung viel Rohkost verzehren.
  • Akupressur: Mit Reizung von zwei Punkten (Zentrum des Menschen zwischen Oberlippe und Nasenöffnung und Yang-Käufer am Nagelbett des Zeigefingers) wird die Schmerzweiterleitung kurzfristig unterbunden. Das „Zentrum des Menschen“ kann sowohl von außen (Druck auf die Oberlippe) als auch von innen (Druck direkt auf das Zahnfleisch) akupressiert werden, dazu den entsprechenden Punkt zwei bis fünf Minuten leicht bis mittelstark drücken. Der „Yang-Käufer“ eignet sich sehr gut zur Schmerzlinderung während der Behandlung beim Zahnarzt; mit dem Daumen­nagel bei Bedarf kräftig drücken [8].

Bei Zahnfleischentzündungen mit leicht blutendem, schwammigem Zahnfleisch kann Mercurius solubilis D12 eingesetzt werden. Charakteristische Beschwerden, für die dieses Mittel angewendet werden kann, sind eine geschwollene Zunge, die Zahnabdrücke zeigt, übler Mundgeruch, starker Speichelfluss sowie ein metallischer Geschmack im Mund. Bei durch Eiterung hervorgerufenen Zahnschmerzen, Zahnfleischschwund, Paradontitis mit Zahnfleischbluten und starker Empfindlichkeit der Zahnhälse kann Silicea D12 eingesetzt werden. Der Patient ist sehr kälteempfindlich und infektanfällig. Beide Mittel werden ­zweimal täglich eingenommen. Nach operativen Eingriffen wie Zahnextraktionen kann Arnica D6 angewendet werden, es soll den Wundschmerz ­lindern und die ­Hämatombildung begrenzen. Zur Schmerzprophylaxe kann die Gabe bereits am Abend vor dem geplanten Eingriff erfolgen. Alternierend mit Arnica kann Hypericum D6 gegeben werden. Nicht zuletzt soll die Homöopathie auch Hilfe bei Angst vor zahnärztlicher Behandlung bieten (siehe Beitrag auf S. 48). So soll Aconitum D12 bei Patienten mit großer Unruhe helfen, Argentum nitricum D12 bei Furcht, die auf den Magen und Darm schlägt. Chamomilla C30 wird bei unruhigen, quengeligen Kindern angewendet, die sich oft gewaltsam ­gegen die Behandlung sträuben und Gelsemium D12 bei zittrigen, nervösen Patienten. Das angezeigte Arzneimittel wird jeweils am Abend vor der Behandlung eingenommen und die Gabe zudem eine Stunde vor dem Zahnarzttermin wiederholt [7]. |

Quelle

[1] Werner M, von Braunschweig R. Praxis Aromatherapie, 3. Aufl., Karl F. Haug ­Verlag, Stuttgart 2012

[2] Vademecum Anthroposophische Arzneimittel, 1. Aufl., Hrsg. Gesellschaft Anthroposophische Ärzte in Deutschland e. V. und der Medizinischen Sektion der Freien Hochschule für Geisteswissenschaft, ­Dornach, Schweiz, 2008

[3] Wala Arzneimittel, Hausapotheke, 17. überarbeitete Aufl., Wala Heilmittel GmbH, Bad Boll/Eckwälden, Mai 2006

[4] Gebrauchsinformation Salviathymol® N, Stand März 2010

[5] Gebrauchsinformation Odonton Echtroplex®, Stand März 2012

[6] Bauer G et al. Komplementärmedizin – Beratungsempfehlungen für die Selbstmedikation, 2. Aufl., Deutscher Apotheker Verlag, Stuttgart 2011

[7] Wiesenauer M. Homöopathie für Apotheker und Ärzte, 16. Akt. Lfg., Deutscher Apotheker Verlag, Stuttgart 2014

[8] Wagner F. Akupressur – Heilung auf den Punkt gebracht. 4. Aufl., Gräfe und Unzer Verlag, München 2002

Autorin

Ines Winterhagen hat in Marburg Pharmazie studiert und ist seit der Approbation 2003 in der öffentlichen Apotheke tätig. Sie ist Fachapothekerin für Offizinpharmazie, Homöopathie und Naturheilkunde. In der Reihe „Beratungspraxis“, die im Deutschen Apotheker Verlag erscheint, schrieb sie die Bücher „Neurodermitis“ und „Psoriasis“. Sie ist Referentin und Mitglied im Weiterbildungsausschuss der LAK Baden-Württemberg.

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