Aus den Ländern

GKV- und OTC-Markt im Blick

Wirtschaftsseminar des Apothekerverbandes Mecklenburg-Vorpommern

ROSTOCK (tmb) | Beim Wirtschafts­seminar des Apothekerverbandes Mecklenburg-Vorpommern am 7. Oktober in Rostock bekräftigte der Verbandsvorsitzende Axel ­Pudimat die Honorarstrategie der ABDA und untermauerte sie mit den jüngsten Daten der Treuhand Hannover. Außerdem wurde über neue OTC-Trends berichtet. Die größte Neuigkeit war jedoch die Vorstellung eines Plans für das „Medikationskonsil Greifswald“, das als Gemeinschaftsprojekt mit der AOK Nordost und der Kassenärztlichen Vereinigung des Landes entwickelt wurde (siehe AZ 42, S. 8).

Pudimat erklärte, mit den geltenden Regeln sei eine Anpassung des Fest­zuschlages unsinnig, außer wenn die Packungszahlen sinken oder die Inflation galoppieren würde. Doch nach den jüngsten Daten sei die Zahl der abgegebenen verschreibungspflichtigen Fertigarzneimittel von Januar bis Juli 2015 um 2,3 Prozent gegenüber dem Vorjahr gestiegen, in Mecklenburg-Vorpommern allerdings nur um 0,8 Prozent. Der Anteil der Hochpreiser habe von drei Prozent im Jahr 2003 auf 31 Prozent des Umsatzes im Jahr 2014 zugenommen. Daher rechnet Pudimat demnächst mit einem neuen Arzneimittelspargesetz. In den Apotheken würden die Hochpreiser den Rohgewinnanteil drücken.

Pudimat folgerte: „Für erheblich mehr Arbeit bekommen wird nur ­einen geringen Gewinnzuwachs.“ ­Zudem seien Gewinnzuwächse und Versorgungsarbeit nicht immer an­gemessen verteilt, sodass Nach­regelungsbedarf bestehe.

Foto: DAZ/tmb

Der Verbandsvorsitzende Axel Pudimat (li.) und Walter Pechmann von der GfK.

In Mecklenburg-Vorpommern erzielen die Apotheken durchschnittlich mehr Umsatz als bundesweit, doch die Steigerungen im Betriebsergebnis seien dort zuletzt niedriger ausgefallen. Bundesweit entwickeln sich 70 Prozent der Apotheken positiv, während 30 Prozent schrumpfen. In Mecklenburg-Vorpommern sei das Verhältnis 60 zu 40 Prozent. Angesichts der meist größeren Apotheken sei in Mecklenburg-Vorpommern ein kleinerer Anteil der Apotheken in Bedrängnis als bundesweit.

Mögliche Wege in die Zukunft

Pudimat folgerte, es seien etliche ­Ungerechtigkeiten im System, und von ­einer leistungsgerechten Honorarentwicklung seien die Apotheken noch weit entfernt. „Mittlerweile sind wir so weit, dass wir ‚offiziell‘ beginnen, über geeignete mögliche Druckmaßnahmen nachzudenken“, so Pudimat. Das klinge zwar vorsichtig und solle es auch sein, „aber es bedeutet schon etwas, wenn Friedemann Schmidt vom Rednerpult äußert, zumindest zu prüfen, welche Maßnahmen geeignet wären“, erklärte Pudimat. Allerdings kritisierte Pudimat „Pöbelkommentare zum Apothekertag“ im Internet im Zusammenhang mit der abgesagten Teilnahme des CDU-Bundestagsabgeordneten Michael Hennrich, denn so würden die eigenen Positionen mit „unsinnigen öffentlichen Diskussionen“ geschwächt.

Besonderen Handlungsbedarf sieht Pudimat bei Retaxationen: „Wir müssen den unsinnigen Formfehlerwahn endlich beenden“, forderte er und erklärte: „Hoffentlich entscheidet die Schiedsstelle mit Weisheit, und wir könnten uns dann wieder mehr mit unseren Patienten befassen und nicht vorrangig mit den Abrechnungsformalien.“ Diese Formalien füllten jedoch einen großen Teil des Wirtschaftsseminars. Unter dem Titel „Darf ich das abgeben – und wenn ja, wie viele?“ erläuterte Verbandsgeschäftsführer Carsten Pelzer die rechtlichen Grundlagen der Arznei- und Hilfsmittelversorgung und die praktischen Konsequenzen für das ­Abgabeverhalten in Apotheken.

Foto: DAZ/tmb

Verbandsgeschäftsführer Carsten Pelzer

Trends zur Apotheke vor Ort

Walter Pechmann, GfK Consumer Health & Dental, vermittelte die jüngsten Trends, die das Marktforschungsunternehmen GfK für den OTC-Markt der Apotheken ermittelt hat. Nach seiner Interpretation der Daten werden 21 Prozent der Packungen für die Selbstmedikation im Versand verkauft. Insbesondere bei planbarem und präventivem Bedarf an eher hochpreisigen Produkten sei der Versand eine feste Größe, auch bei den für die Apotheken wichtigen älteren Kunden. Nur ältere alleinstehende Frauen mit niedrigem Bildungsgrad seien digital schwer ­erreichbar. Allerdings zeige sich in jüngster Zeit ein neuer Trend, dass gerade die internetaffinen Männer unter 45 Jahren verstärkt in Apotheken vor Ort einkaufen, denn diese Kunden seien zugleich extrem „zeitaffin“. Es geht schneller, in einer Apotheke einzukaufen, die ohnehin am Weg liegt, als im Internet nach dem richtigen Produkt zu suchen und dann eine elektronische Bezahlung abzuwickeln.

Ein weiterer Trend sei die abnehmende Erinnerung der Konsumenten an die Werbung. Da viele Zuschauer im Internet fernsehen oder während der Werbeblöcke surfen, wird Fernsehwerbung weniger wahrgenommen. Daher wird die Werbung an der Verkaufsstelle wichtiger, und die Vor-Ort-Apotheken werden für die Industrie als Werbeort interessanter.

Kritisch äußerte sich Pechmann zu „Schweinebauch-Anzeigen“, in denen Arzneimittel mit großen Rabatten angepriesen werden. Er bezweifelte, dass die Apotheker sich damit einen Gefallen tun. Wenn Wettbewerber damit ­anfangen, könne eine Apotheke allerdings zu einer solchen Reaktion gezwungen sein. |

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