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Arzneimittel und Therapie
Viren lysieren Tumorzellen
Neues Wirkprinzip in der Therapie des malignen Melanoms
Talimogene Laherparepvec (T-Vec) zählt zu den onkolytischen Viren, die sich selektiv in Tumorzellen vermehren und diese so zerstören können. 2005 wurde mit dem modifizierten Adenovirus Oncorine® das erste onkolytische Virus in China zugelassen, weitere dieser Viren befinden sich in der klinischen Prüfung. Onkolytische Viren werden ausgehend von z. B. Parvoviren, Adenoviren oder Herpesviren entwickelt, deren Tumorselektivität durch gentechnische Veränderungen hervorgerufen wird. T-Vec ist ein Herpes-simplex-Virus Typ 1, das aufgrund der Deletion eines Neurovirulenz-Faktors tumorselektiv ist (Abb.): Mithilfe dieses Proteins können native Herpesviren einen Interferon-abhängigen Schutzmechanismus der befallenen Zellen überwinden. Die Ausschaltung des Proteins bewirkt, dass T-Vec gesunde Zellen nicht mehr infizieren kann. In Tumorzellen ist dieser zelluläre Schutzmechanismus in der Regel nicht mehr vorhanden, so dass sich das Virus ungehemmt vermehren und dadurch die Tumorzelle zum Absterben bringen kann. Dabei setzen die Zellen Tumor-spezifische Antigene frei, die für den zweiten Wirkmechanismus von Talimogene Laherparepvec von Bedeutung sind. Denn T-Vec ist durch eine weitere gentechnische Veränderung in der Lage, die Immunantwort gegen den Tumor zu reaktivieren. Dies wird zum einen durch die Deletion eines Gens erreicht, das die Antigen-Präsentation der infizierten Zellen unterdrückt. Zum anderen bewirkt die Insertion eines Immunmodulators, dass befallene Zellen den Granulozyten-Monozyten-Kolonie-stimulierenden Faktor (GM-CSF) exprimieren. Dieser kann Antigen-präsentierende Zellen rekrutieren und unterstützt auf diesem Weg die Immunaktivierung.
Im Mai 2015 wurden die Ergebnisse des OPTiM-Trial (Oncovex Pivotal Trial in Melanoma; Oncovex ist die frühere Bezeichnung für T-Vec) publiziert. Die randomisierte Phase-III-Studie verglich die direkte Injektion von T-Vec in den Tumor mit einer subkutanen Gabe von GM-CSF. Eingeschlossen waren 436 Patienten mit nicht-resezierbarem malignem Melanom und Befall der Lymphknoten (Stadium IIIb) sowie Metastasenbildung (Stadium IV). Primärer Endpunkt war ein länger als sechs Monate andauerndes Ansprechen auf die Therapie. Sekundäre Endpunkte erfassten unter anderem das Gesamtüberleben. Die Teilnehmer wurden behandelt, bis ein klinisch relevantes Fortschreiten der Krankheit nachweisbar war, die Therapie nicht länger toleriert wurde oder eine komplette Remission eintrat. Nach zwölf Monaten konnten Patienten, die stabil ansprachen, die Therapie für weitere sechs Monate fortsetzen. Im Schnitt wurden alle Patienten 44 Monate lang nachbeobachtet.
Den primären Endpunkt erreichten 16% der Patienten in der T-Vec-Gruppe gegenüber 2% in der GM-CSF-Gruppe. Eine komplette Remission konnte mit T-Vec bei 11% der Patienten erreicht werden, bei GM-CSF lag diese Rate bei unter 1%. Die Erhöhung des Gesamtüberlebens fiel unter T-Vec mit 23,3 Monaten gegenüber 18,9 Monaten nur gering aus.
In letzter Zeit wurde eine Reihe von neuen Wirkstoffen gegen das maligne Melanom zugelassen, z. B. die Checkpoint-Inhibitoren Ipilimumab, Pembrolizumab und Nivolumab. Ein Effizienz-Vergleich zwischen T-Vec und diesen Wirkstoffen wird von Interesse sein. |
Quelle
Andtbacka RHI et al. Talimogene Laherparepvec Improves Durable Response Rate in Patients With Advanced Melanoma. J. Clin. Oncol. 2015;33:2780–2788
Liu BL et al. ICP34.5 deleted herpes simplex virus with enhanced oncolytic, immune stimulating, and anti-tumour properties. Gene Ther. 2003;10:292–303
Amgen‘s Imlygic May Not Boost Earnings But It Will Change Cancer Care, 28. Oktober 2015: www.forbes.com
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