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Management

Attraktiv für alle?

Mitarbeitersuche in den Generationen X, Y und Z

Mitarbeiterinnen* kündigen aus unbekannten Gründen, neues Personal lässt sich kaum finden oder man kommt über das Vorstellungsgespräch nicht hinaus. Die Erwartungen der Angestellten ändern sich mit den Generationen, die Arbeitgeber müssen sich dem anpassen, um attraktiv zu bleiben.

Dabei ergeben sich vielfältige Ansatzpunkte. Zunächst die Frage: Wen möchten Sie im Betrieb halten und wen dazugewinnen? Wenn Sie auf Erfahrung setzen, bieten Sie das an, was älteren ­Mitarbeiterinnen wichtig ist, und unterlassen Sie alles, was diese Gruppe abstößt. Das gilt entsprechend für die nachfolgenden Generationen X, Y und Z.

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Welche Generation passt zu unserem Team? Für die Mitarbeiterauswahl kann dies auch ein Kriterium sein, da es generationsspezifische Eigenschaften gibt, die sich gut oder schlecht integrieren lassen.

Wie unterscheiden sich die Generationen?

Zur Generation X, geboren Mitte der 60er- bis Ende der 70er-Jahre, gehören die eher Skeptischen. Im Gegensatz zu den vorherigen Babyboomern mit ihrem Idealismus ist dies die Gruppe der Konsumverweigerer mit Unlust auf Aufstieg und Karriere. Der Name „X“ bezieht sich auf das Rätsel, das diese Generation anfangs für andere bedeutete, sie war schwer zu durchschauen, unklar.

Ganz anders die Generation Y,geboren danach bis Mitte der 90er. Aufgewachsen ist sie mit dem Internet und entsprechend technik­affin. Arbeit bedeutet Sinnsuche und Selbstverwirklichung sowie ein frühes Streben nach Verantwortung. Hier entsteht die zentrale Forderung nach Vereinbarkeit von Beruf und Familie, der Wunsch nach Work-Life-Balance. Der Name Y wird einfach alphabetisch als Folgename benutzt. Spricht man das Ypsilon Englisch „why“ aus, bezeichnet dies das ständige Hinterfragen, das diese Gruppe auszeichnet.

Die momentan jüngste Generation „Z“, geboren ab 1990 und aufgewachsen in der Wirtschaftskrise, ist am realistischsten. Diesen „Jungen“ ist klar, dass die Arbeitswelt nicht immer gerecht ist. Sie trennen deutlich zwischen ­Arbeits- und Privatleben, wollen klare Strukturen und Vorgaben und sind nicht mehr bereit, in der Freizeit berufliche Anfragen zu beantworten oder kurzfristig ihren Urlaub zu stornieren, wenn es plötzlich am Arbeitsplatz einen Engpass gibt. Das private Leben hat eindeutig Vorrang, Arbeit ist Mittel zum Zweck, gleichzeitig soll der Arbeitsplatz auch ein Ort zum Wohlfühlen sein. Grundsätzlich orientieren sie sich an ihren Eltern, sie sind aufgewachsen mit deren Arbeitsethos, haben mitbekommen, was im Beruf Probleme macht und wollen etwas anderes.

Was bedeutet das für die Apotheke?

Die Generation X ist weniger durch Geld motivierbar, ihr wird allgemein eine gewisse Oberflächlichkeit und Interesselosigkeit nachgesagt, die Menschen sind eher individualistisch, starkes ­Engagement ist nicht die Regel. Hier besteht eine Herausforderung für Chefinnen, manchmal sind gewisse Suchbewegungen nötig, um einen Zugang zur intrinsischen Motivation zu finden.

Die Generation Y ist flexibel, offene Grenzen zwischen den Lebensbereichen sind gewünscht, es besteht eine emotionale Bindung zum Betrieb. Ganz selbstverständlich hantieren die Mitarbeiterinnen während der Arbeit ab und zu mit dem Smartphone, regeln Privates nebenbei. Ein Vorteil: Wo ­ansonsten eine klare Absage kam bei der Frage nach Vertretung, werden die Kinder jetzt früher an der langen Leine geführt und von anderswo überwacht, Privattelefonate am Arbeitsplatz sind mittlerweile ganz normal. Bei Nachfragen der Kolleginnen aus der Apotheke ist es für „Ypsilons“ kein Problem, aus dem Privaten heraus schnell eine Auskunft per iPad zu geben. Dieser Typus will gefordert werden, vielleicht auch inspiriert. Er ist engagiert und pflichtbewusst. Arbeit soll sinnvoll und abwechslungsreich sein. Sind im Betrieb Arbeitskarten vorhanden, ist dies die Generation, die sich über das Rotieren freut und in allen ­Arbeitsgebieten fit sein möchte.

Die Generation Z, die jetzt ins ­Berufsleben gestartet ist, will eindeutige Vorgaben und Strukturen. Stichworte wie „flexible Arbeitszeit“ und „leistungsgerechte Entlohnung“ werden eher negativ aufgefasst, weil sie mit Überstunden bzw. starker Kontrolle gleichgesetzt werden, beides ist unbeliebt. Das gilt auch für Führungspositionen, die mit Stress assoziiert sind und vom Privatleben mit einem Schwergewicht auf Familie, Freunde, Sport und Hobbys abhalten. ­Positives Feedback ist wichtig, negatives wird abgelehnt oder überhört. Hier ist die Generation, die mengenmäßig klein ist – entsprechend hoch sind die Forderungen, denen sich die Apothekenleiterin stellen muss, falls sie überhaupt jemanden in diesem Alter findet. Die gute Seite: Menschen, die so explizit auf das eigene Wohl achten, sind oft zufriedener und gesünder als andere, die sich für die Arbeit opfern und sich selbst dabei vernachlässigen.

Wie immer bei Klassifizierungen, handelt es sich auch hier nur um deutliche Tendenzen, die jede Menge Ausnahmen erlauben. Die Einteilung der Generationen ist künstlich, wird von mancher Seite kritisiert oder vollständig abgelehnt. Betrachten Sie Ihr Team: Können Sie die Beschreibungen nachvollziehen? Wie dem auch sei: Solange wir in der Apotheke ausbilden, gibt es genug Gelegenheit, frühzeitig Weichen zu stellen und den Angestellten das jeweils Wichtige deutlich zu machen.

Eigene Recherchen: Wer will was?

Eine Möglichkeit, Vorlieben herauszufinden, sind eingehende Mitarbeiterbefragungen. Hierzu ein paar Beispiele von der Psychologin Carmen Beilfuß: „Was macht Ihnen Freude?“, „Was treibt Sie an?“, „Worauf richtet sich momentan Ihr Hauptinteresse?“, „Was sind Ihre Lieblingsideen, wenn Sie an Ihre Zukunft denken?“ Dabei kommen sonst nicht ausgesprochene Weiterbildungsträume zu Spezialisierungen wie Kosmetikerin oder Tierheilpraktikerin aufs Tapet. ­Ermuntern Sie Ihre Angestellten, Wünsche zu artikulieren. So sind Sie im Bilde und haben die Chance, den Menschen – soweit es ­„betriebsgesund“ ist – entgegen­zukommen.

Dass natürliche Grenzen bei der Wunscherfüllung bestehen, sollte den Mitarbeiterinnen klar sein, wenn nicht, verdeutlichen Sie es noch einmal. Manchmal sind es schon kleine Dinge wie eine Beteiligung an den Fahrtkosten, die bereits mehr Zufriedenheit bringen.

Fragen Sie auch Menschen in der jeweiligen Altersgruppe, die nicht bei Ihnen angestellt sind, sondern die Sie gelegentlich in anderem Zusammenhang treffen. Nachsuchen können Sie natürlich auch im Netz – das ist etwas zeitaufwendiger. Wenn jemand kündigt, erkundigen Sie sich grundsätzlich, was ihm nicht gefallen hat bzw. was ihn an seiner neuen Arbeitsstelle reizt. Das Gleiche gilt für Vorstellungsgespräche, egal ob Sie die ­potenzielle Kraft spontan sympathisch finden oder nicht: Was ist wichtig für sie? Sprechen Sie auch mit befreundeten Kollegen über deren Eindrücke und suchen Sie den Austausch bei Fortbildungen, Kongressen, Kammerversammlungen oder in Internetforen etc.

Die Angestellten als ­Unternehmer?

Die momentanen Forschungen in Betrieben befürworten das Modell „Die Angestellte als Unternehmerin“. Das bedeutet eine weitgehende Selbstführung, mehr Verantwortung, mehr eigenständiges Umsetzen von Ideen, die einem ­direkt während des Ausführens von Arbeitsvorgängen zur Verbesserung einfallen. Wie offen sind Sie als Chefin dafür? Was trauen Sie Ihren Mitarbeiterinnen zu? ­Erscheint es Ihnen sinnvoll, mehr in dieser Richtung auszuprobieren, oder passt es nicht zu Ihnen und Ihrer Apotheke?

Ein anderer Weg, als Arbeitgeber attraktiver zu werden, führt über die Frage: Was müssten Sie tun, um die Beliebtheit eines Arbeitsplatzes bei Ihnen zu verringern? Hier erstellen Sie am besten eine Checkliste: eigenes Verhalten, das Team, die Einrichtung des Arbeitsplatzes, Regeln und Gepflogenheiten und so weiter. Arbeiten Sie auch mit der Vervollständigung von Sätzen wie: „Bei uns war es schon immer so, dass …“ Manchmal tauchen bei solchen Überlegungen recht antiquierte Betriebsgewohnheiten auf, die vielleicht früher ­einmal sinnvoll waren, aber jetzt überflüssig sind. Nach eingehender Sammlung können Sie diese Schwachpunkte beheben, um Ihre Anziehungskraft zu erhalten bzw. wiederzuerlangen.

Als Arbeitgeber tragen Sie auch Verantwortung für die psychische Gesundheit Ihrer Angestellten, Sie sollten Fürsorge tragen und Kontraproduktives in jeder Beziehung unterlassen. Auch in dieser Beziehung lohnt ein Blick in Bezug auf Ihre Attraktivität!

Innovationen und Zukunft

Ist Ihr Team in seiner aktuellen Zusammensetzung eher an der Erhaltung des momentanen Status interessiert oder neugierig und ­offen für Innovationen?

Sicher sind Sie ab und zu auf größeren Kongressen mit Ausstellung. Immer wieder gibt es neue Geräte: Schauen Sie diese genau an, anstatt daran vorbeizulaufen. Selbst wenn vieles davon überflüssig ist – gelegentlich ist auch durchaus Sinnvolles darunter. Erzählen Sie davon im Team, diskutieren Sie und beobachten Sie, wer welche Tendenzen hat.

Nicht zu vergessen: Ihre eigenen Vorlieben. Wo liegen Sie damit? Eher bei X,Y oder Z? Dadurch bekommen Sie einen Hinweis, in welcher Gruppe Sie am besten nach neuem Personal suchen: Soll es gleichschwingend sein oder nicht?

Ein kleines Beispiel für Neuerungen: der Rezeptscanner. Empfinden es alle als Arbeitserleichterung, die Rezepte auf diese Weise zu kontrollieren und sich Retaxierungen zu ersparen, oder überwiegen die Nachteile bei diesem Gerät?

Ein anderes Beispiel: Sie suchen eine neue PTA. Das können Sie ganz alleine machen oder aber bei einer Teamsitzung Ihre Mitarbeiterinnen einbeziehen. Diese dürfen sich Gedanken machen, welche Aufgaben die neue Kraft übernehmen soll, welche Eigenschaften ­favorisiert und welche eher abgelehnt werden. Als Erstes kommt vermutlich die Allrounderin aufs Tapet, die alles kann, zu allem bereit ist, angefangen bei den ihr zugedachten Aufgaben über die Arbeitszeiten bis zu fantastischem Können. Schnell wird klar, dass solche Erwartungen überzogen sind, und damit eine Enttäuschung verhindert. Sowie eine Einigung über realistische Wünsche erzielt ist, kann es weitergehen. Welche Möglichkeiten bietet das Team an, um die neue Kraft gründlich und schnell einzuarbeiten? Wie zeigen die Kolleginnen, dass jemand willkommen ist? Manche Leiterinnen führen Vorstellungsgespräche nicht alleine, sondern mit einer angestellten Kollegin zusammen, je nach Beruf die jeweils passende Kraft. Ist das eine Option für Sie als Chefin? Bedeutet es Be- oder Entlastung? |

Ute Jürgens

Ute Jürgens ist Kommunikationstrainerin mit Spezialisierung auf die Heilberufler,
Dipl. Erwachsenenpädagogin und PTA, www.kommed-coaching.de


Literatur

Carmen Beilfuß: Ein Himmel voller Fragen – Systemische Interviews, die glücklich machen. Carl-Auer- Verlag 2015. ISBN 978-3-8497-0083-6

Christian Scholz: Generation Z – Wie sie tickt, was sie verändert und wie sie uns alle ansteckt. Wiley-VCH Verlag 2014. ISBN 978-3-527-50807-5

Hans und Georg Wögerbauer: Irgendwann kommt nie – Entscheidung zur Lebendigkeit.
Orac Verlag 2015. ISBN 978-3-7015-0578-4

http://www.topjob.de/projekt/trendstudien/index.html

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