Management

Der Griff in die Kasse

Auf Diebstähle durch Mitarbeiter richtig reagieren

Der Apotheker ist als Arbeitgeber nicht vor Diebstahl oder Unterschlagungen durch seine Mitarbeiter gefeit. Ladendiebstähle werden zwar durchaus auch von Kunden durch das Einstecken von Waren ausgeübt. Der unbemerkte Griff in die Kasse lässt sich jedoch in der Regel nur durch den Apothekenmitarbeiter durchführen. Dabei wird manchmal das Geld nicht nur durch den klassischen Griff in die Kasse entwendet, sondern zudem das Kassensystem manipuliert, um die Tat zu verschleiern.

Fallen dem Apothekeninhaber dann z. B. im Rahmen einer Betriebsprüfung Fehlbestände in der Kasse auf, muss er überlegen, wie er den „Schuldigen“ ausfindig ­machen kann. Im Folgenden wird erläutert, wie der Apotheker auf rechtlich zulässige Art und Weise Diebstählen oder Unterschlagungen vorbeugen und was für rechtliche Schritte er nach dem erfolgten Griff in die Kasse gegen Mitarbeiter einleiten kann und muss.

Prävention: Was ist rechtlich zulässig?

Es gibt verschiedene Mittel und Wege, um Diebstählen oder Unterschlagungen im eigenen Betrieb vorzubeugen, wobei die Persönlichkeitsrechte der Mitarbeiter oder Kunden nicht verletzt werden dürfen. Dabei steht die Videoüberwachung im Mittelpunkt. Eine ­solche Art der Überwachung kann bereits aufgrund der Abschreckungswirkung eine effektive ­vorbeugende Maßnahme sein.

Die verdeckte Videoüberwachung ist allerdings generell unzulässig. Das Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) erlaubt die Überwachung von Beschäftigten nach § 32 Absatz 1 Satz 2 BDSG zur Aufdeckung von Straftaten neben anderen Voraussetzungen nämlich nur dann, wenn bereits Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass der betroffene Mitarbeiter eine Straftat begangen hat.

Unzulässig wäre die verdeckte ­Videoüberwachung mit dem Ziel, den Täter erst aus einem Kreis möglicher Verdächtiger zu individualisieren. Es muss ein konkreter Verdacht vorliegen, dann ist es ­erlaubt, heimlich zu filmen.

Die Videoüberwachung ist immer dann zulässig, wenn die Mitarbeiter vorher darauf hingewiesen wurden. Sie ist jedoch nicht uneingeschränkt zulässig, weil sie einen erheblichen Eingriff in die Persönlichkeitssphäre des Arbeitnehmers darstellt. Der Mitarbeiter darf der Überwachung nicht dauerhaft ausgesetzt sein, sondern muss Rückzugsmöglichkeiten haben. Zulässig ist es zum Beispiel, nur die Kasse zu filmen.

Um abschließend bewerten zu können, auf welche Weise, zu welchen Zeitpunkten und an welchen Orten ein Videoüberwachungs­system in den Geschäftsräumen der Apotheke installiert werden könnte und mit welchen Hinweispflichten eine solche Maßnahme verbunden ist, muss sich der Apotheker zuvor rechtskundigen Rat einholen.

Foto: Andrey Popov – Fotolia.com

Der konkrete Verdacht (bei heim­licher Überwachung) muss zum späteren Beweis der Zulässigkeit der Überwachungsmaßnahme gut dokumentiert werden. Ansonsten kann es vorkommen, dass eventuelles Beweismaterial im Rahmen einer Kündigungsschutzklage nicht verwendet werden kann.

Wie ermittelt man einen Täter?

Weiterhin können Mitarbeiter durch Testkäufer kontrolliert werden. Diese Art der Kontrolle ist ­zugleich eine präventive, weil abschreckende Maßnahme, wenn Mitarbeiter Kenntnis davon erlangen. Eine Pflicht des Arbeitgebers Testeinkäufe anzukündigen besteht jedoch nicht. Auch bei dem Einsatz möglicher Testkäufer sind rechtliche Grenzen zu beachten.

Ein Testkauf ist nur zulässig, wenn der Apotheker ein berechtigtes Interesse an der Überprüfung der Integrität seiner Beschäftigten nachweisen kann und ihm praktisch keine andere Möglichkeit, ein sogenanntes milderes Mittel, zur Überprüfung verbleibt. Dies dürfte oftmals bei Mitarbeitern, die im Kassenbereich arbeiten, der Fall sein, weil die Videoüberwachung insgesamt eine schwerwiegendere Maßnahme darstellt.

Konsequenzen für den Mitarbeiter

Ist bereits ein Diebstahl durch einen Apothekenmitarbeiter erfolgt oder wird ein solcher auch nur aufgrund gravierender Verdachtsmomente vermutet, so kommt eine Kündigung aus verhaltensbedingten Gründen in Betracht. Zu unterscheiden sind grundsätzlich die ­ordentliche und die außerordent­liche Kündigung. Die ordentliche Kündigung erfolgt unter Einhaltung der gesetzlichen, tariflichen, betriebsüblichen oder einzelvertraglich vereinbarten Kündigungsfrist. Die außerordentliche Kündigung wird dagegen fristlos erklärt.

Nach Tendenzen in der Rechtsprechung soll bei Bagatelldiebstählen zwar der Apotheker zur Vorbereitung einer Kündigung den Mitarbeiter zunächst abmahnen. Die fristlose Kündigung ist unserer Empfehlung nach jedoch in der ­Regel das Mittel der Wahl. Denn Diebstähle rechtfertigen nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) im Regelfall die fristlose Kündigung, ohne dass es auf den Wert der ­entwendeten Sachen ankommt.

Auch wenn nur ein Verdacht besteht, ist die fristlose Kündigung gerechtfertigt. Bei einem Verdacht liegt kein sicheres Wissen über den Täter vor, die Hinweise haben sich jedoch zu einer konkreten Vermutung verdichtet. Der Verdacht muss praktisch sicher sein und der Arbeitgeber muss alles ­Erforderliche zur Aufklärung ­unternommen und entsprechend dokumentiert haben.

Eine Verdichtung der Indizien zu einem konkreten Verdacht liegt beispielsweise vor, wenn ein geführter Tagesplan oder Stundenplan ergibt, dass nur ein Mitarbeiter stets zu der Zeit oder an den Tagen, an denen üblicherweise die Fehlbestände in der Kasse auffallen, gearbeitet hat. Ein weiteres Beispiel sind Manipulationen an Kassenvorgängen, die immer nur unter einer bestimmten Bedienernummer auftreten. Unter diesen Umständen kommt ein anderer Mitarbeiter kaum in Betracht, auch wenn niemand den Griff in die Kasse beobachtet hat.

Vor der Verdachtskündigung ­besteht lediglich die Pflicht des Arbeitgebers zur vorherigen Anhörung des Mitarbeiters.

Schadensersatz und ­Strafanzeige

Der Apothekeninhaber kann von seinem Mitarbeiter nach allgemeinen zivilrechtlichen Vorschriften Schadensersatz verlangen. Er kann – muss aber nicht – die Straftat zur Anzeige bringen. Wichtig ist, dass der Arbeitgeber dem Mitarbeiter nicht mit der ­Erstattung einer Strafanzeige droht, um Vorteile für sich durchzusetzen wie den Abschluss eines Aufhebungsvertrags oder eine Schadensersatzleistung für den Diebstahl. Denn dann kann er sich selbst zum Beispiel wegen Nötigung oder Erpressung strafbar machen.

Mit Bedacht vorgehen

Die vorbezeichneten Maßnahmen sind mit Bedacht zu wählen, weil sie jedenfalls immer in die Persönlichkeitsrechte eingreifen. Umgekehrt muss der Apotheker alles dafür tun, den Betriebsfrieden aufrechtzuerhalten, der durch solche Taten nicht unerheblich beeinträchtigt wird. Um richtig und erfolgreich zu reagieren, ist es unbedingt erforderlich, sämtliche Maßnahmen von der Überwachung bis zur Kündigung mit dem Rechtsanwalt abzustimmen. |

Rechtsanwalt Dr. Markus Rohner, ­Sozietät Witte Rohner Zur Mühlen / RST Beratungsgruppe, Essen

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