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Gesundheitspolitik
Schmerz rechtfertigt Heroinkonsum nicht
Bundesgerichtshof: Betäubungsmittelgesetz bestimmt zulässigen BtM-Umgang abschließend
Cannabis zur Schmerzlinderung ist seit Monaten ein Dauerthema in Politik, Rechtsprechung und Medien. Die Akzeptanz für das Betäubungsmittel als Medizin wächst. Doch wie sieht es mit anderen Drogen aus? Auch Heroin kann Schmerzen lindern. Mit dem Fall einer erkrankten Frau, die auf diese harte Droge zurückgriff, hatte sich kürzlich der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) zu befassen. Nach dem Beschluss ist klar: Auf Straffreiheit wegen einer Notstandssituation kann ein kranker Heroinkonsument nicht setzen (Beschluss des BGH vom 28. Juni 2016 Az.: 1 StR 613/15)
58 Gramm Heroin für den Eigenbedarf
Worum ging es? Eine Frau hatte gut 58 Gramm Heroin und 35 Gramm Kokain beschafft – und war dabei aufgeflogen. Doch sie hatte Gründe für den Drogenkauf: Sie wollte damit ihre Schmerzen behandeln, die sie aufgrund ihrer Sarkoidose-Erkrankung erlitt. Die zuvor ärztlich verordneten Schmerzmittel hätten nicht geholfen, ein morphinhaltiges Arzneimittel habe sie nicht einnehmen wollen. Als die Schmerzen zunahmen, habe sie begonnen, Drogen zu konsumieren. Während es ihr mit den Schmerzen nicht mehr möglich gewesen sei, das Bett zu verlassen, sei sie mit den Drogen in der Lage gewesen, zu arbeiten und ihre Kinder zu versorgen.
Die Frau wurde unter anderem wegen unerlaubten Sichverschaffens von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge angeklagt und vom Landgericht zu viereinhalb Jahren Haft verurteilt. Zugunsten der Angeklagten hatte das Landgericht angenommen, dass es ihr nur um den Eigenkonsum ging. Doch die Frau fand sich mit dem Urteil nicht ab und legte Revision beim BGH ein. Sie erklärte, ihr Drogenkonsum sei wegen der damit verbundenen Schmerzlinderung gerechtfertigt gewesen.
Legale Möglichkeiten nicht ausgeschöpft
Der BGH wies das Rechtsmittel jedoch zurück und bestätigte das vorinstanzliche Urteil. Zwar habe durch die Erkrankung eine gegenwärtige Gefahr für die Gesundheit der Frau vorgelegen. Dennoch sei der strafbare Umgang mit Betäubungsmitteln nicht durch Notstand (§ 34 StGB) gerechtfertigt. Denn: Die Schmerzlinderung hätte auch durch andere Maßnahmen erreicht werden können.
Der BGH hält der Frau vor, dass zwischen dem Schmerzschub, der zum Drogenkonsum führte, und dem Beschaffen der 58 Gramm Heroin mehr als ein Jahr lag. In dieser Zeit hätte sie keine legalen Möglichkeiten der effektiven Schmerzbehandlung ergriffen, sondern gleich auf unerlaubte Betäubungsmittel zurückgegriffen. Dabei hätte sie durchaus anders vorgehen können: Zum einen hätte sie sich vom Arzt ein anderes Arzneimittel verschreiben lassen können. Zum anderen wäre es ihr möglich gewesen, ein Genehmigungsverfahren nach § 3 Abs. 2 Betäubungsmittelgesetz einzuleiten, also eine Ausnahmeerlaubnis beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) zu beantragen.
Zugelassene Alternativen zu Heroin verfügbar
Hier macht das Gericht deutlich: Eine solche Ausnahmegenehmigung komme grundsätzlich zur Sicherstellung einer notwendigen medizinischen Versorgung eines Patienten in Betracht. Und zwar nicht nur für Cannabisprodukte, sondern auch für Heroinprodukte, die zu therapeutischen Zwecken eingesetzt werden sollen. Um hier eine Entscheidung zu treffen, wären für das BfArM die von der Rechtsprechung zu Cannabis entwickelten Kriterien maßgeblich. Das heißt insbesondere: Das Heroin müsste die Beschwerden lindern, und ein anderes gleich wirksames und erschwingliches Medikament steht nicht zur Verfügung. Zwar half der Frau das Heroin, auch die Dosierung sei medizinisch nachvollziehbar gewesen. Doch mit dem für die Substitutionsbehandlung zugelassenen Diamorphin stehe ein mit Heroin substanzgleiches Produkt mit gleicher Wirkung zur Verfügung. |
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