Gesundheitspolitik

BGH erlaubt Zuzahlungsverzicht

Bei Hilfsmitteln verstößt der Verzicht auf die Zuzahlung nicht gegen geltendes Recht

BERLIN (ks) | Der Bundesgerichtshof (BGH) hat am 1. Dezember entschieden, dass die Werbung mit einem Verzicht auf die gesetzliche Zuzahlung bei medizinischen Hilfsmitteln zulässig ist. Eine Entscheidung, die auch Apotheken aufhorchen lässt. (Urteil des Bundesgerichtshofs vom 1. Dezember 2016, Az.: I ZR 143/15)

In dem Verfahren, das der BGH zu entscheiden hatte, hatte die Wettbewerbszentrale gegen einen Online-Versender, insbesondere für Produkte zur Behandlung von Diabetes, geklagt. Dieser hatte damit geworben, dass seine Kunden keine gesetzliche Zuzahlung entrichten müssen, weil er diese übernehme. Die Wettbewerbszentrale sah darin einen Verstoß sowohl gegen sozialrechtliche Normen, die die Zuzahlung regeln (§ 33 Abs. 8 SGB V und § 43c Abs. 1 SGB V), als auch gegen das Verbot von Werbegaben nach dem Heilmittelwerbegesetz.

Das Landgericht hatte die Klage auf Unterlassung und Ersatz von Abmahnkosten zunächst abgewiesen. Die Berufung der Klägerin vor dem Oberlandesgericht (OLG) Stuttgart hatte hingegen Erfolg. Dieses nahm an, der Verzicht auf die Zuzahlung widerspreche der gesetzlichen Pflicht, die Zuzahlungen für Hilfsmittel einzuziehen, und stelle deshalb eine im Gesundheitswesen verbotene Werbegabe dar.

Der BGH ließ nun das erstinstanzliche Urteil wieder aufleben. Die Entscheidungsgründe liegen noch nicht vor. In einer Pressemitteilung heißt es jedoch, dass die gesetzlichen Zuzahlungsregelungen der Kostendämpfung im Gesundheitswesen und nicht dem Schutz der dort tätigen Mitbewerber dienen. Die Einhaltung dieser Regeln könne daher nicht mit Mitteln des Lauterkeitsrechts durchgesetzt werden. Die BGH-Richter sehen im Zuzahlungsverzicht aber auch keine verbotene Heilmittelwerbung. Denn nach § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a HWG seien bestimmte oder auf bestimmte Art zu berechnende Rabatte jeder Art für nicht preisgebundene Arzneimittel, Medizinprodukte und andere Heilmittel erlaubt. Die Zuzahlungen seien an die Höhe des Abgabepreises ­gekoppelt und ließen sich ohne Weiteres errechnen.

Auch stünden die gesetzlichen ­Regelungen zur Zuzahlung einem solchen Rabatt bei Hilfsmitteln nicht entgegen. Denn bei Hilfsmitteln werde der Verkäufer und nicht – wie etwa bei apothekenpflichtigen Arzneimitteln – die Krankenkasse Inhaber der Zuzahlungs­forderung gegen die Versicherten. Der Vergütungsanspruch des Hilfsmittellieferanten gegen die Krankenkasse verringert sich automatisch um die Zuzahlung. Der Verkäufer der Hilfsmittel kann über die Zuzahlungsforderung frei verfügen, also darauf auch verzichten. |

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