Gesundheitspolitik

Startschuss für Unterschriftenkampagne

Apotheken sollen Patienten gegen „gefährliche Einflüsse von außen“ mobilisieren

BERLIN (ks) | Noch vor Weihnachten will die ABDA ihre Öffentlichkeitsarbeit nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) zur Rx-Preisbindung auf die nächste Ebene heben. Nachdem in den vergangenen Wochen die Politik im Mittelpunkt der Aktionen stand, geht es nun darum, Patienten für die Sache der Apotheker zu mobilisieren: Mit ihrer Unterschrift sollen sie sich für den Erhalt der Apotheke vor Ort aus­sprechen, erläuterte ABDA-Vize-Prä­sident Mathias Arnold bei einem Pressegespräch nach der ABDA-Mitgliederversammlung am 7. November.

Alle Apotheken bekommen nun das entsprechende Material zugeschickt: Unterschriftenbögen, Flyer, Plakate und Argumentationshilfen für die Apotheker. Die Botschaft an die Patienten: Das Gesundheitssystem ist durch „gefährliche Einflüsse von außen“ in Gefahr. Diese müsse die Politik stoppen. Das Ziel sei es nicht so sehr, am Ende kistenweise Unterschriften zu haben, sagte Arnold. „Es geht um das Gespräch mit den Patienten.“

Auf dem Informationsflyer für ­Patienten ist eine große, rote Warnleuchte zu sehen. Unterschrift: „Gesundheitssystem in Gefahr!“ Weiter heißt es dort: ­„Aktuelle Entscheidungen der EU machen es ausländischen Konzernen noch einfacher, sich an unserem Gesundheitssystem zu be­reichern. Internationale Versandhändler wollen die Rosinen aus unserem System picken, ohne einen wesentlichen Beitrag für Sie, die Patienten, zu leisten. Dies gefährdet Ihre Apotheke vor Ort!“

© Kai Felmy

Keine Forderung nach Rx-Versandverbot

Auf eine Erklärung des genauen Zusammenhangs, das EuGH-Urteil und die damit verbundenen Rx-Boni von EU-Versandapotheken, verzichtet die ABDA. Diese überlässt sie den Apothekern selbst. Auch ein Versandhandelsverbot wird nicht gefordert. Der Flyer weist aber auf Szenarien hin, die den Patienten aus Sicht der ABDA nun drohen. Dazu zählen: keine Nacht- und Feiertagsdienste mehr, keine Rezepturen für kranke Kinder oder kein Schutz vor gefälschten Arzneimitteln. Weiter heißt es: „Anders als in vielen anderen Ländern“ orientiere sich das deutsche Gesundheitssystem am Wohle des Patienten. „Es ist auf Leistung, Qualität und Sicherheit ausgerichtet – nicht auf Gewinne und Renditen. Das soll so bleiben!“ Und so lautet die Schlussfolgerung: „Fordern Sie von der Politik, die gefährlichen Einflüsse von außen zu stoppen. Unterschreiben Sie dafür – in Ihrer Apotheke!“

„Nicht anti-europäisch“

Diese Forderung und die dazu gehörige Erklärung wirken schlicht – und sorgten damit für Nachfragen bei den Fachjournalisten. Daraufhin betonte Arnold, dass die Aussagen „nicht anti-europäisch“ zu verstehen seien. Wohl aber bestehe Sorge um das Europa, wie man es kenne, wie es früher einmal gedacht war. Arnold sprach von einem „Europa der Regionen“, in dem zwar die großen Dinge wie Außen- oder Verteidigungspolitik gemeinsam geregelt werden. Andere Themen, wie die Gesundheit, aber dem Subsidiaritätsprinzip unterliegen. „Wir haben das Gefühl, die Kommission hat das vergessen und stellt nun den Binnenmarkt über alles“, so Arnold. Damit setze sie bewährte Regeln aufs Spiel. Auch ABDA-Präsident Friedemann Schmidt wies es von sich, anti-europäische Impulse zu setzen. Mit dem Kurs bestimmter politischer Kreise wolle man nichts zu tun haben, betonte er.

Auch wenn das Rx-Versandverbot nicht das vordergründige Thema der Unterschriftenaktion ist. Für Schmidt ist es noch immer erstes Ziel. Er gehe nach wie vor davon aus, dass der Gesundheitsminister ein entsprechendes Gesetz vorlegen werde. Selbst wenn das nicht der Fall sei, sieht Schmidt die ABDA „auf jegliche Entwicklungen vorbereitet“. Er betonte: „Wir sind in der Lage, monatelang weiterzukämpfen – und das werden wir auch tun.“ |


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