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Thema Prostata

Drängende Probleme

Wann Phytopharmaka bei Beschwerden der Prostata evidenzbasiert helfen können

Man(n) kennt sie aus Printmedien oder vom Fernsehen: Pflanzliche Arzneimittel gegen Prostata-Beschwerden werden sehr intensiv beworben. Mit Erfolg! Das benigne Prostata-Syndrom ist eine klassische Domäne der Phytotherapie, hier kommen besonders häufig Phytopharmaka zum Einsatz. Verwendet wird ein breites Spektrum an Extrakten, ­deren Evidenzbasis für die Anwendung allerdings sehr heterogen ist. Lassen sich trotzdem Empfehlungen ableiten? | Von Robert Fürst und Ilse Zündorf

Benignes Prostata-Syndrom

Bereits im dritten Lebensjahrzehnt fängt es an und bei den über 80-Jährigen hat es fast jeder Mann: Eine gutartige Vergrößerung der Prostata, die als benigne Prostata-Hyperplasie (BPH) bezeichnet wird. Sie entsteht durch eine Vermehrung von Drüsenzellen und Anteilen des Stromas der Prostata, wobei die Ursachen bisher nur unzureichend verstanden sind. Klar ist jedoch, dass die benigne Prostata-Hyperplasie zum natürlichen Alterungsprozess des Mannes gehört. Zu behandlungsbedürftigen Beschwerden, dem benignen Prostata-Syndrom (BPS), kommt es aber nicht bei jedem. In Deutschland sind in der Gruppe der über 50-Jährigen in etwa 40% betroffen. Allerdings können die chronisch-progredient verlaufenden Symptome schon recht früh die Lebensqualität des Patienten beeinträchtigen. Durch die Obstruktion der Harnröhre kommt es zu Beschwerden beim Wasserlassen (Miktion): Trotz großem Harndrang beginnt die Blasenentleerung verzögert, dauert lang bei schwachem Harnstrahl und es tröpfelt nach. Außerdem bleibt Restharn in der Blase und es kommt sehr schnell wieder zu einem starken Harndrang. All diese Symptome sind unangenehm, werden als LUTS (Lower Urinary Tract Symptoms) zusammengefasst und gehören nicht unbedingt zu den Beschwerden, wegen denen Mann gern zum Arzt geht.

Interessanterweise bedingt ein großes Prostata-Volumen nicht automatisch eine starke Obstruktion und damit große Beschwerden. Die Korrelation dieser Parameter ist nur schwach ausgeprägt, so dass sich sehr große interindividuelle Unterschiede ergeben. Die Beurteilung des LUTS-Schweregrades wird immer noch gerne mithilfe des Schemas nach Alken von 1973 vorgenommen (siehe Tabelle 1). Zur quantifizierbaren Erfassung der Symptomatik wird heute der International Prostate Symptom Score (IPSS) verwendet, der in den 1990er Jahren entwickelt wurde und vor allem in klinischen Studien herangezogen wird. Für diesen Score wird der betroffene Patient hinsichtlich seiner Probleme beim Wasserlassen befragt.

Tab. 1: Einteilung der Schweregrade des benignen Prostata-Syndroms nach Alken
Stadium
Bezeichnung
Symptome
I
kompensierte Erkrankung, Reizblasenstadium
verzögerter Miktionsbeginn, häufiges und nächtliches Wasserlassen, keine Restharnbildung
II
beginnende Dekompensation, Restharnstadium
Zunahme der Miktionsbeschwerden, Restharnbildung
III
dekompensierte Erkrankung, Dekompensationsstadium
Harnverhalt oder Überlaufinkontinenz, Rückstauschäden an den Nieren

Die urologische Standarddiagnostik des BPS besteht neben dem IPSS aus der digito-rektalen Untersuchung, der Sonografie, Uroflowmetrie, Restharnbestimmung und aus Laboruntersuchungen (Serum-Kreatinin, PSA).

Chemisch-synthetische Arzneistoffe

Hält der Urologe das benigne Prostata-Syndrom für behandlungsbedürftig, kann die Therapie aus pharmakologischen und chirurgischen Maßnahmen bestehen. Ab einem gewissen klinischen Schweregrad sind chirurgische Verfahren das Mittel der Wahl. Für die Pharmakotherapie mit chemisch-synthetischen Arzneistoffen macht man sich im Wesentlichen zwei Angriffspunkte zunutze:

  • Durch Hemmstoffe der 5α-Reduktase (Finasterid, Dutasterid) kann die Umwandlung von Testosteron in seinen aktivsten Metaboliten, das Dihydrotestosteron, verhindert und damit auch die Proliferation von Prostatazellen verringert werden. Allerdings führen 5α-Reduktase-Inhibitoren nur bei Patienten mit bereits großer Prostata zu einer relevanten Symptomlinderung sowie zu einer Volumenverringerung der Prostata um ca. 20 bis 30%, und das auch erst nach mehreren Monaten.
  • α1-Adrenozeptoren-Antagonisten (Tamsulosin, Terazosin, Alfuzosin, Doxazosin, Silodosin) beeinflussen den Tonus der glatten Muskulatur des Blasenhalses, der Prostata sowie der Harnröhre, bewirken eine rasche Reduktion der Symptome und können somit die Symptomprogression in gewissem Umfang hemmen. Die Prostata-Größe wird jedoch nicht beeinflusst.

Aufgrund des komplementären Wirkmechanismus ist die Kombination beider Substanzgruppen sinnvoll und etwas effektiver als die jeweiligen Monotherapien. Die klinische Wirksamkeit der chemisch-synthetischen Arzneistoffe ist zwar belegt, man sollte aber nicht zu hohe Erwartungen in den zu erzielenden Effekt setzen. Bei ausgeprägten Beschwerden können sie kurz- oder bestenfalls mittelfristig die Notwendigkeit einer Operation hinausschieben. Auch die auftretenden unerwünschten Wirkungen müssen ausreichend berücksichtigt werden: α1-Adrenozeptor-Blocker können Schwindel, Hypotonie, orthostatische Beschwerden und Ejakulationsstörungen hervorrufen. Bei den 5α-Reduktase-Inhibitoren treten vor allem eine verminderte Libido und Potenzstörungen auf.

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Kürbis, Sägepalmenfrüchte, Roggen und Brennnessel Extrakte aus Bestandteilen dieser Pflanzen werden häufig bei Prostata-Beschwerden eingesetzt.

Phytopharmaka

Wegen ihrer niederschwelligen Verfügbarkeit spielen pflanzliche Arzneimittel als Alternativen zu den chemisch-synthetischen in der Therapie des benignen Prostata-Syndroms vor allem im frühen Stadium eine wichtige Rolle. Traditionell wurden in der Volksmedizin mehr als zwei Dutzend verschiedene Pflanzenarten gegen Prostatabeschwerden verwendet, auf die hier nicht näher eingegangen wird, da sie eigentlich keinerlei Bedeutung mehr haben sollten. Heutzutage stehen für die Stadien I und II des BPS (nach Alken) evidenzbasierte Phytopharmaka zur Verfügung, deren unerwünschte Wirkungen sich auf Placebo-Niveau befinden. Obwohl die Kosten selbst übernommen werden müssen, werden die Präparate aufgrund des günstigen Nutzen-Risiko-Profils sehr gut von den Patienten angenommen. Alle für die Therapie des benignen Prostata-Syndroms relevanten Arzneipflanzen sind in Tabelle 2 zusammengefasst.

Tab. 2: Pflanzen, aus denen Extrakte zur Therapie des benignen Prostata-Syndroms gewonnen werden
Pflanze (dt.)
Pflanze (lat.)
Pflanzenteil
Sägepalme
Serenoa repens (syn. Sabal serrulata)
Früchte (Ph. Eur.)
Brennnessel
Urtica dioica, U. urens
Wurzel (Ph. Eur.)
Kürbis
Cucurbita pepo
Samen (DAB)
Südafrikanische Kafferntulpe
Hypoxis rooperi
Wurzel
Kiefern, Fichten
Pinus, Picea
Holz
Roggen
Secale cereale
Pollen

Erfreulich und für Phytopharmaka keineswegs selbstverständlich ist, dass sie in der S2e-Leitlinie zur Therapie des benignen Prostata-Syndroms (AWMF-Reg.-Nr. 043-035) aus dem Jahr 2014 aufgeführt und ausführlich diskutiert werden. Die Leitlinie ist bei der Bewertung der Phytopharmaka vorsichtig und betont, dass keine pauschale Empfehlung für ihre Anwendung gegeben werden kann. Diese Einschätzung ist sehr gut nachvollziehbar, denn sie beruht auf den bekannten Problemen: eine Vielzahl verschiedener Extrakte aus einer Droge und die extrem variable Qualität der klinischen Studien. Existieren überhaupt Studien, weisen sie oftmals Mängel hinsichtlich der gewählten Behandlungsdauer, der Patientenzahl oder eines geeigneten Endpunkts auf, und aus den teils widersprüchlichen Ergebnissen lässt sich nur schwer ein klares Bild ableiten. Für die qualitative Beurteilung klinischer Studien orientiert sich die Leitlinie an den 2006 veröffentlichten Empfehlungen der International Consultation on Prostate Diseases.

Sägepalmenfrüchte
Die Früchte der im Südosten der USA beheimateten Sägepalme enthalten vor allem freie und veresterte Fettsäuren, Phytosterole wie β-Sitosterol und dessen Glucosid, längerkettige Fettalkohole und Polysaccharide. Das Committee on Herbal Medicinal Products (HMPC) der europäischen Arzneimittelbehörde (EMA) hat im November 2015 einem Dickextrakt mit dem Droge-Extrakt-Verhältnis (DEV) von 7 bis 11:1, der unter Verwendung des Auszugsmittels Hexan hergestellt wird, in den Dosierungen 320 mg/Tag und zweimal 160 mg/Tag den „Well-established Use“ (siehe Kasten „Rechtlicher Status von Phytopharmaka“) zuerkannt und damit die Wirksamkeit dieses Extrakts aufgrund der guten Studienlage als belegt bestätigt. Bei dem Extrakt handelt es sich um den Wirkstoff des französischen Präparats Permixon®, mit dem die meisten Studien durchgeführt wurden. Eine ausführliche Auseinandersetzung mit der Studienlage findet sich im Final Assessment Report, der, wie alle Publikationen des HMPC, frei auf der Homepage der EMA zugänglich ist. Die Studie von Debruyne [2002] wird im Report als besonders bedeutend für die Zuerkennung des „Well-established Use“ angegeben: 542 BPS-Patienten wurden ein Jahr lang entweder mit Permixon® oder mit Tamsulosin behandelt. Die Verbesserung des IPSS und der Uroflowmetrie-Parameter war in beiden Gruppen äquivalent. Leider steht das Präparat in Deutschland nicht zur Verfügung, es wird in Frankreich, der Schweiz, Italien, Portugal und Polen vertrieben. Die Extrakte der bei uns erhältlichen Phytopharmaka bewegen sich im DEV-Bereich von 7,5 bis 14,3:1 und werden mit Ethanol 90% oder 96% hergestellt, so dass sie nicht mit dem Hexan-Extrakt vergleichbar sind. Der HMPC-Report merkt an, dass den ethanolischen Extrakten aufgrund der schwächeren Studienlage lediglich der Status „Traditional Use“ zuerkannt werden konnte.

Rechtlicher Status von Phytopharmaka

  • Vollzulassung: Genauso wie bei chemisch-synthetischen Arzneimitteln müssen präklinische und klinische Daten für das spezielle Präparat Wirksamkeit und Unbedenklichkeit im beantragten Indikationsgebiet nachweisen.
  • „Well-established Use“: Wirksamkeit und Unbedenklichkeit werden bibliografisch nachgewiesen, das heißt durch Verweis auf existierende Studien. Die HMPC-Monografie spielt hierbei eine wesentliche Rolle. Eigene präklinische und klinische Daten sind nicht erforderlich.
  • „Traditional Use“: Dieses Registrierungsverfahren beruht lediglich auf dem Nachweis einer langjährigen Erfahrung mit dem Präparat. Erkennbar sind diese Phytopharmaka durch den Hinweis „Traditionell angewendet bei ...“.

Brennnesselwurzel
Die Wurzel der auf der Nordhalbkugel sehr weit verbreiteten Brennnessel enthält als charakteristische Inhaltsstoffe β-Sitosterol und andere Phytosterole und deren Glykoside, Lektine, das Cumarin Scopoletin, Fettsäuren und Polysaccharide. Das HMPC hat Ende 2012 der Brennnesselwurzel und ihren Extrakten lediglich den Status „Traditional Use“ zugebilligt, da es insgesamt zu wenige Studien gibt, die zudem sehr heterogen und qualitativ unzureichend sind. Nur zwei qualitativ gute und kontrollierte klinische Studien mit einer größeren Patientenzahl und einer Studiendauer von mindestens sechs Monaten sind vorhanden. Leider sind die erhaltenen Ergebnisse widersprüchlich: In der Studie von Schneider [2004], die als Verum das Präparat Bazoton® uno (DEV 7,1 bis 14,3:1; Auszugsmittel: Methanol 20%; einmal 459 mg/Tag) verwendete, wurde ein signifikanter, aber nur sehr kleiner Effekt auf den IPSS beobachtet, in der Uroflowmetrie und bezüglich der Restharnmenge ergab sich kein Unterschied. Die zweite Studie [Safarinejad, 2005], in der der verwendete Brennnesselwurzel-Extrakt leider nicht spezifiziert ist, konnte eine sehr ausgeprägte, positive Wirkung auf den IPSS und signifikant günstige Effekte in der Uroflowmetrie, auf die Restharnmenge sowie auf das Prostata-­Volumen zeigen.

Kombination aus Sägepalmenfrüchten und Brennnesselwurzel
Die Kombination aus Sägepalmenfrüchte- und Brennnesselwurzel-Extrakten in Prostagutt® forte (160 mg Dickextrakt aus Sägepalmenfrüchten, DEV 10 bis 14,3:1, Auszugsmittel Ethanol 90% und 120 mg Trockenextrakt aus Brennnesselwurzeln, DEV 7,6 bis 12,5:1, Auszugsmittel Ethanol 60%) ist in vier kontrollierten klinischen Studien mit mindestens sechsmonatiger Behandlungsdauer in der Dosierung zweimal 160 mg/120 mg/Tag gut ­untersucht. In zwei Studien [Metzker, 1996, und ­Lopatkin, 2005] wurde gegen Placebo verglichen, in den anderen beiden Studien gegen Finasterid [Sökeland, 1997] bzw. Tamsulosin [Engelmann, 2006]. In allen Untersuchungen verbesserte sich der IPSS, in den meisten auch die sekundären Parameter (Uroflowmetrie, Restharnmenge). Das Phytopharmakon war in seiner Wirksamkeit den chemisch-synthetischen Arzneistoffen nicht unterlegen.

Phytosterol (β-Sitosterol)
Das Europäische Arzneibuch definiert „Phytosterol“ als ein Gemisch aus Sterolen, das zu mindestens 70% aus β-Sitosterol besteht. Phytosterol liegt somit im Grenzbereich zwischen Extrakt und isoliertem Reinstoff. Zur Gewinnung werden die Wurzel von Hypoxis rooperi oder das Holz von Pinus- und Picea-Arten (Kiefern bzw. Fichten) genutzt. Leider existieren nur zwei kontrollierte klinische Studien, in denen der Behandlungszeitraum mindestens sechs Monate beträgt. Die Studie von Berges [1995] nutzte als Verum das Präparat Harzol®. Phytosterol war Placebo hinsichtlich des IPSS, der Uroflowmetrie-Parameter und der Restharnmenge klar überlegen. Das Prostata-Volumen wurde nicht beeinflusst. In der zweiten Studie [Klippel, 1997] wurde Azuprostat® eingesetzt. Auch hier schnitt Phytosterol gegenüber Placebo eindeutig besser ab.

Kürbissamen
In den Samen des ursprünglich in Amerika heimischen Kürbisses finden sich – neben Proteinen, Kohlenhydraten und Mineralstoffen (hoher Selenanteil) – vor allem fettes Öl („Kürbiskernöl“), das überwiegend aus Glyceriden der Linolsäure und Ölsäure sowie aus Sterolen und deren Glucosiden besteht. Extrakte aus Kürbissamen wurden Ende 2012 vom HMPC bewertet und mit dem Label „Traditional Use“ versehen. Die Leitlinie und der HMPC-Report heben beide hervor, dass es nur eine qualitativ gute, kontrollierte klinische Studie gibt [Bach, 2000]. In dieser wurde zwar ein signifikanter Unterschied im IPSS sowie in der Miktionsfrequenz zwischen Placebo und Verum (Prosta Fink® forte, heutiger Name: Granu Fink® Prosta forte 500 mg) nachgewiesen. In den sekundären Parametern (Uroflowmetrie, Restharnmenge, Prostata-Volumen, Lebensqualitätsscore) war aber kein Unterschied feststellbar. Der in dem Präparat enthaltene Kürbissamen-Dickextrakt weist ein DEV von 15 bis 25:1 auf, als Auszugsmittel wird Ethanol 92% verwendet.

Gräserpollen
Das Phytopharmakon Pollstimol® (früher: Cernilton®) stellt eine Mischung aus zwei Bestandteilen dar: Die hydrophile Komponente ist ein Trockenextrakt aus Gräserpollen (DEV 2 bis 3,5:1; Auszugsmittel: Aceton 4,8% und Natriumdodecylsulfat 0,038%; Roggen-Pollen, Timothy-Gras-Pollen und Maispollen im Verhältnis 30:1,5:1). Der lipophile Bestandteil ist ein Dickextrakt (Auszugsmittel: Aceton) aus dem Rückstand, der bei der Extraktion der hydrophilen Komponente anfällt. Roggenpollen enthalten vor allem Aminosäuren, Sterole und Kohlenhydrate. Leider liegt nur eine einzige kontrollierte klinische Studie mit einem mindestens sechsmonatigen Behandlungszeitraum vor [Buck, 1990]. Aufgrund ihres Alters entspricht die Studie nicht den heute gültigen Anforderungen. Die Beurteilung der Wirksamkeit erfolgte anhand einer globalen Frage, der IPSS stand zu der Zeit noch nicht zur Verfügung. Verum schnitt im Vergleich zu Placebo bezüglich dieser Frage, aber auch bei der Messung der Restharnmenge, deutlich besser ab.

Wirkungsmechanismen und relevante Inhaltsstoffe

Die Frage nach den relevanten, bioaktiven Komponenten der Extrakte ist nach wie vor ungeklärt; vor allem Phytosterole und freie Fettsäuren stehen in der Diskussion. Eine Vielzahl an Untersuchungen wurde durchgeführt, vor allem zu proliferationshemmenden, antiandrogenen und antiphlogistischen Effekten der Extrakte und Inhaltsstoffe. Molekularpharmakologisch sind insbesondere hemmende Wirkungen auf verschiedene Enzym-Systeme (z. B. 5α-Reduktase, Cyclooxygen­ase, Lipoxygenase) nachgewiesen. Meist müssen jedoch in den In-vitro-Testsystemen hohe Konzentrationen der Extrakte/Inhaltsstoffe verwendet werden, um diese Wirkungen hervorzurufen. Diese Konzentrationen werden wahrscheinlich im Menschen mit den angegebenen Einnahmemengen nicht erreicht. Da letztendlich weder die wirksamen Stoffe klar identifiziert sind, noch die im Menschen auftretenden Metabolite oder die am Wirkort erzielbaren Konzentrationen bekannt sind, bleibt die Relevanz dieser Daten völlig unklar.

Fazit

Fast schon reflexartig werden in vielen wissenschaftlichen Artikeln zum Thema „Phytotherapie des BPS“ mehr, größere, längere und qualitativ hochwertigere Studien gefordert. Natürlich ist diese Forderung richtig, trotzdem bleibt das Gefühl, dass man sich vor einer Bewertung drückt. In der S2e-Leitlinie heißt es immerhin: „Phytotherapeutika, die in klinischen Studien eine Überlegenheit gegenüber Placebo gezeigt haben, können bei Patienten mit geringen bis moderaten Beschwerden und Leidensdruck in Betracht kommen, wenn chemisch definierte Präparate abgelehnt werden.“ Damit ist zumindest das Einsatzgebiet, milde Formen des benignen Prostata-Syndroms, klar umrissen. Die Grenzen der Phytotherapie sollten mit dem Urologen abgestimmt und eine indizierte chirurgische Maßnahme darf nicht verzögert werden. Natürlich müssen auch während der Therapie mit Phytopharmaka regelmäßige ärztliche Kontrolluntersuchungen stattfinden. Wichtig wäre nun noch eine Antwort auf die Frage, welche Extrakte empfohlen werden können. Die Leitlinie wird hier leider nicht konkret. Aus den oben dargestellten Fakten lässt sich jedoch eine (subjektive) Einschätzung ableiten, die im oben stehenden Kasten „Eine Frage der Evidenz“ dargestellt ist. |

Eine Frage der Evidenz – Phytopharmaka für die Prostata
Extrakt
Evidenzbasis
Sägepalmenfrüchte-Hexan-Extrakt (Permixon® – in Deutschland nicht erhältlich)
gut
Sägepalmenfrüchte-Ethanol-Extrakte (z. B. Prosta Urgenin® uno, Prostagutt® uno)
gering
Brennnesselwurzel-Extrakte (z. B. Bazoton® uno)
gering
Sägepalmenfrüchte- plus Brennnesselwurzel-Extrakt (Prostagutt® forte)
gut
Phytosterol (z. B. Harzol®, Azuprostat®)
mäßig
Kürbissamen-Extrakte(Granu Fink® Prosta forte)
mäßig
Gräserpollen-Extrakte (Pollstimol®)
gering

Literatur

Das vollständige Literaturverzeichnis erhalten Sie bei den Verfassern.

Autoren

Dr. Ilse Zündorf
Studium der Biologie in Erlangen; Forschungsaufenthalt an der University of Kentucky (USA); Promotion am Institut für Pharmazeutische Biologie der Uni Frankfurt; Akademische Oberrätin am Institut für Pharmazeutische Biologie der Uni Frankfurt; Forschungsschwerpunkt: monoklonale Antikörper

Prof. Dr. Robert Fürst
Studium der Pharmazie; Promotion und Habilitation im Fach Pharmazeutische Biologie an der LMU München; W3-Professur für Pharmazeutische Biologie am Institut für Pharmazeutische Biologie der Uni Frankfurt; Forschungsschwerpunkt: molekulare Wirkmechanismen von Naturstoffen

Institut für Pharmazeutische Biologie der Goethe-Universität Frankfurt | Campus Riedberg

1 Kommentar

Pollstimol

von GERHARD Evert am 21.06.2018 um 11:16 Uhr

Kann Jemand etwas dazu sagen, wann der Hersteller Hartmann wieder liefern können wird und kann man mehr Druck aufbauen, damit dieses endlich geschieht ? Danke.
M.f.G.
Gerhard Evert

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