Arzneimittel und Therapie

Zu viel Salz schadet – zu wenig aber auch

Neue Erkenntnisse zum Gesundheitsrisiko des Kochsalzkonsums

„Schränken Sie Ihren Salzkonsum ein!“ – so oder ähnlich lautet die gängige Empfehlung für Hypertoniker. Aktuelle Studien zeigen jedoch erneut, dass man dies differenzierter sehen muss. Denn eine salzarme Ernährung könnte das kardiovaskuläre Risiko sogar erhöhen.

In einer Analyse, die kürzlich in der Fachzeitschrift Lancet veröffentlicht worden war, betrachtete man eine Kohorte von mehr als 133.000 Personen aus 49 Ländern von sechs Kontinenten über rund vier Jahre. Etwas weniger als die Hälfte von ihnen (N = 63.559) litt unter hohem Blutdruck. Es wurde untersucht, ob der Zusammenhang zwischen Salzkonsum und kardiovaskulär bedingten Erkrankungen und Todesfällen durch Änderungen des Blutdrucks modifiziert wird. In einer weiteren Studie aus der Zeitschrift JAMA ging es um Patienten mit chronischer Niereninsuffizienz. Hier beobachtete man den Zusammenhang zwischen Salzkonsum und der Häufigkeit von Herzversagen, Myokardinfarkten und Schlaganfällen über fast sieben Jahre. In beiden Studien nutzte man die in Urinproben bestimmte Natrium- bzw. Kaliumausscheidung als Surrogat für die tägliche Salzaufnahme.

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Vor allem Hypertoniker und Nierenkranke sollten weniger Salz konsumieren.

Generell salzarm schadet eher

Es zeigte sich, dass bei Hypertonikern sowohl ein hoher Salzkonsum (definiert als eine Salzausscheidung von > 7 g/Tag) als auch ein niedriger (< 3 g/Tag) im Vergleich zu mittleren Werten (4 bis 5 g/Tag) mit einer signifikanten Risikoerhöhung (um 23% bzw. 34%) verknüpft war. In der Gruppe mit normalem Blutdruck führte ein höherer Salzkonsum nicht zu mehr Herzinfarkten und Schlaganfällen, ein geringer aber schon (signifikante Risikoerhöhung um 26%).

Ganz neu sind diese Erkenntnisse nicht. Bereits frühere Untersuchungen hatten einen Zusammenhang zwischen Salzkonsum und kardiovaskulärem Risiko gezeigt, der nicht linear ist, sondern sich eher mit einer J- oder U-förmigen Kurve beschreiben lässt. Denn unterhalb einer Verzehrs von etwa 3 g Salz pro Tag stieg das kardiovaskuläre Risiko wieder. In der zweiten Studie zeigte sich ein signifikant höheres kardiovaskuläres Risiko nur bei den Patienten, die eine Salzausscheidung von > 4,5 g/Tag hatten. Dagegen unterschied sich dieses Risiko zwischen Patienten mit mittlerer und niedriger Salzausscheidung nicht signifikant. Trotz unterschiedlicher Patientenkollektive kommen die Autoren beider Studien zu dem Schluss, dass eine Verringerung des Salzkonsums am ehesten den Hypertonikern und Nierenkranken zu empfehlen ist, die sehr viel Salz aufnehmen.

Zur Situation in Deutschland

Für die Beratung in der Apotheke könnte man aus diesen beiden Studien ableiten: Eine Reduktion des Salzkonsums ist nicht nach dem „Gießkannenprinzip“ generell, sondern nur für bestimmte Patienten empfehlenswert. Doch dies sind wahrscheinlich nicht wenige: Einer Erhebung zufolge liegt bei vielen Deutschen die Salzzufuhr über der empfohlenen Menge von 6 g/Tag, und zwar bei 70% der Frauen und 80% der Männer. Darüber hinaus nahmen 39% der Frauen und 50% der Männer über 10 g Salz pro Tag auf. Bei 15% der Frauen und 23% der Männer lag der Salzkonsum sogar bei über 15 g pro Tag. |

Quelle

Mente A et al. Associations of urinary sodium excretion with cardiovascular events in individuals with and without hypertension: a pooled analysis of data from four studies. Lancet 2016, online vorab publiziert am 20. Mai 2016, http://dx.doi.org/10.1016/S0140-6736(16)30467-6

Mills KT et al. Sodium excretion and the risk of cardiovascular disease in patients with chronic kidney disease. JAMA 2016, 315(20):2200-2210, doi:10.1001/jama.2016.4447

Frieden TR. Sodium reduction—saving lives by putting choice into consumers’ hands. JAMA 2016, online publiziert am 1. Juni, doi:10.1001/jama.2016.7992

Strohm D et al. Speisesalzzufuhr in Deutschland, gesundheitliche Folgen und resultierende Handlungsempfehlung. März 2016, doi: 10.4455/eu.2016.012

Apothekerin Dr. Claudia Bruhn

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