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DAZ aktuell
Ein Tropfen auf den heißen Stein
Auswirkungen einer möglichen Gebührenerhöhung für dokumentationspflichtige Arzneimittel
Bei den Apothekenzuschlägen für Zubereitungen aus Stoffen (§ 5 AMPreisV) sollen die bisher geltenden Rezepturzuschläge nach Darreichungsform und Menge gestaffelt um jeweils 1,00 Euro (von 2,50 Euro auf 3,50 Euro, von 5 Euro auf 6 Euro bzw. von 7 Euro auf 8 Euro) angehoben werden. Zudem sollen Apotheken für Standard-Rezepturen einen (zusätzlichen) Festzuschlag von 8,35 Euro berechnen dürfen, wobei der Kassenabschlag (gemäß § 130 SGB V) in diesen Fällen nicht länger 5 Prozent des (zivilrechtlichen) Abgabepreises, sondern generell 1,77 Euro je Mittel betragen soll. Die Erhebung der Notdienstgebühr (von 0,16 Euro je Arzneimittel) ist in diesen Fällen nicht vorgesehen.
BtM und dokumentationspflichtige Arzneimittel
Bisher gilt nach § 7 AMPreisV (Betäubungsmittel): „Bei der Abgabe eines Betäubungsmittels, dessen Verbleib nach § 15 der Betäubungsmittel-Verschreibungsverordnung … nachzuweisen ist, können die Apotheken einen zusätzlichen Betrag von 0,26 Euro einschließlich Umsatzsteuer berechnen.“ In Zukunft soll dieser Betrag auf 2,91 Euro angehoben werden, wobei für „Arzneimittel nach § 3a Arzneimittelverschreibungsverordnung (AMVV)“ dieser zusätzliche Betrag zukünftig ebenfalls in Rechnung gestellt werden (können) soll. Dabei handelt es sich um Arzneimittel, die auf T-Rezepten verordnet werden. Laut Referentenentwurf werden die vorgeschlagenen Maßnahmen zur Vergütungsverbesserung bei Apotheken mit jährlichen Mehrbelastungen von rund 100 Mio. Euro für die GKV verbunden sein. Dabei entfallen auf die Regelungen zur Ausdehnung des Festzuschlags auf Standardrezepturen und die Erhöhung der Arbeitspreise rund 70 Mio. Euro und auf den zusätzlichen Betrag für dokumentationsaufwendige Arzneimittel rund 30 Mio. Euro. Für die Unternehmen der privaten Krankenversicherung entstehen laut BMG durch diese Maßnahmen jährliche Mehrausgaben von rund 15 Millionen Euro. Das wäre eine Verteilung von 87 (GKV) zu 13 (PKV).
BtM-Verordnungen in Zahlen
Belastbare Zahlen zu den Standard-Rezepturen liegen Hüsgen nicht vor; die Entwicklung der Verordnungen von Betäubungsmitteln dokumentiert er seit 2013 (siehe Tabelle 1). Wurden im Jahr 2013 noch knapp 11,07 Mio. Betäubungsmittel verordnet, waren es ein Jahr später fast 11,32 Mio. (bzw. 2,3% mehr). Im letzten Jahr (2015) fiel der Zuwachs mit rund 32.000 Verordnungen mehr (bzw. + 0,3%) bescheiden aus.
Pro Apothekenbetriebsstätte wurden im Jahr 2015 also durchschnittlich 560 bis 570 Betäubungsmittel abgegeben, das entspricht der Abgabe von knapp elf Betäubungsmitteln pro Woche.
Nicht ganz überraschend, dass die Zuwächse sowohl im Jahr 2014 als auch in 2015 ausschließlich aus Mehrverordnungen zulasten der GKV resultierten, ist in diesen Jahren bei den GKV-Versicherten doch eine (deutliche) Zunahme festzustellen gewesen. Die Verordnungen im Privatsektor gingen in den genannten Jahren sogar zurück!
Jahr |
insge-samt |
GKV |
PKV |
||
---|---|---|---|---|---|
absolut |
in % |
absolut |
in % |
||
2013 |
11,07 |
10,08 |
91,03% |
0,99 |
8,97% |
2014 |
11,32 |
10,34 |
91,32% |
0,98 |
8,68% |
2015 |
11,35 |
10,37 |
91,40% |
0,98 |
8,60% |
Quelle: Insight Health und Berechnungen von Hüsgen |
Aufgrund der Datenlage wird angeregt, eine pharmaökonomische Studie zu diesem Themenbereich durchzuführen, auch deshalb, weil der Anteil der BtM-Verordnungen zulasten der GKV von Anfang an jenseits der 91-Prozent-Marke lag. Warum das BMG bei seiner Kostenprognose von einer Verteilung von 87 (GKV) zu 13 (PKV) ausgeht, ist nicht nachvollziehbar. In den ersten sechs Monaten dieses Jahres sind laut Insight Health bisher 5,79 Mio. Betäubungsmittel verordnet worden, das sind fast 215.000 (oder rund 3,9%) mehr als im entsprechenden Vergleichszeitraum des Vorjahres. Dabei hat sich das Verordnungsverhältnis GKV (mit 91,4%) zu PKV (mit 8,6%) so gut wie nicht verändert. Allerdings, und das ist eine Abweichung von der bisherigen Entwicklung, sind im ersten Halbjahr 2016 diesmal auch im PKV-Bereich Verordnungszuwächse zu verzeichnen.
Auswirkungen auf den Rohertrag
Die Anhebung der BtM-Gebühr von 0,26 Euro auf 2,91 Euro – jeweils einschließlich Mehrwertsteuer – führt zu Mehreinnahmen je abgegebenem Mittel von 2,65 Euro. Auf der Basis der Werte von 2015 wären das bei rund 11,35 Mio. abgegebenen Betäubungsmitteln Umsatzzuwächse (Mehrausgaben von GKV und PKV) von rund 30 Mio. Euro. Nach Abzug der Mehrwertsteuer verblieben den Apotheken damit knapp 25,3 Mio. Euro Rohertragszuwachs, bzw. etwa 1250 Euro je Apothekenbetriebsstätte pro Jahr (siehe Tabelle 2).
Jahr |
mit MwSt. |
ohne MwSt. |
---|---|---|
2013 |
29,3 |
24,6 |
2014 |
30,0 |
25,2 |
2015 |
30,1 |
25,3 |
Quelle: Insight Health und Berechnungen von Hüsgen |
Warum der DAV anstelle von 2,91 Euro (brutto) je BtM-Abgabe nicht einen höheren Betrag gefordert hat (eine im Auftrag der Apothekerkammer Nordrhein von Hüsgen durchgeführte Studie kam – bei Vollkostenrechnung – im Jahr 2014 auf der Basis der Zahlen von 2013 auf einen Wert von 8,31 Euro ohne MwSt.; siehe DAZ 2014, Nr. 14, S. 61) entzieht sich dem Betrachter. Möglicherweise wollte und will man damit der Forderung speziell des GKV-Spitzenverbandes nach einer detaillierten Beschreibung apothekerlicher Leistungen entgehen. Eine solche fordert der GKV-Spitzenverband auch aktuell wieder (siehe DAZ 2016, Nr. 30, S. 86).
1250 Euro mehr an Rohertrag pro Jahr und Apothekenbetriebsstätte wären, so sie denn kommen, zwar nur ein Tropfen auf den heißen Stein, aber immerhin ein Anfang, auf dem man aufbauen könnte. Denn jetzt darf es nicht wieder 35 Jahre dauern, bis die BtM-Gebühr abermals angepasst wird. |
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