Arzneimittel und Therapie

NAC jetzt auch bei COPD?

Immer mehr Studien unterstreichen möglichen Nutzen von N-Acetylcystein

Da Husten mit Auswurf zu den typischen Symptomen zählt, unter denen COPD-Patienten leiden, erscheint die Behandlung mit starken Mukolytika wie N-Acetylcystein sinnvoll. Ein aktueller Literatur-­Review über die vergangenen zehn Jahre bestätigt dies insbesondere für Tagesdosen von 1200 mg.

Die chronisch-obstruktive Lungenerkrankung (COPD) gehört zu den weltweit häufigsten Erkrankungen, mit steigender Tendenz. Die Leitsymptome sind Husten, Auswurf, Kurzatmigkeit bis hin zu Atemnot sowie Fatigue. Die Behandlung erfolgt nach wie vor rein symptomatisch mit Bronchodilatatoren und Sauerstoffgabe, bei akuten Exazerbationen mit Glucocorticoiden und Antibiotika. N-Acetylcystein (NAC, ACC) ist in den letzten zehn Jahren in zahlreichen Studien als Behandlungsoption bei COPD getestet worden – mit widersprüchlichen Ergebnissen. Laut den Empfehlungen des GOLD-Komittees (Global Initiative for Obstructive Lung Disease), die als Standard für die Behandlung gelten, sind die Ergebnisse der Studien zum Einsatz von Mukolytika bei COPD – außer N-Acetylcystein betrifft dies beispielsweise auch Ambroxol und Carbocystein – widersprüchlich, weshalb der allgemeine Einsatz dieser Substanzgruppen nicht empfohlen werden kann. Doch NAC besitzt nicht nur schleimlösende, sondern auch antioxidative und antiinflammatorische Eigenschaften. Daher wurde in Studien unter anderem der Einsatz von hochdosiertem NAC bei Patienten mit akuten Exazerbationen unter Glucocorticoid-Gabe geprüft.

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Bisher ist N-Acetylcystein zugelassen zur sekretolytischen Therapie bei akuten und chronischen bronchopulmonalen Erkrankungen, die mit einer Störung von Schleim­bildung und -transport einhergehen.

Exazerbationsrate kann signifikant gesenkt werden

Basis des kürzlich von zwei US-amerikanischen Autoren vorgelegten Reviews war eine MEDLINE-Recherche über den Zeitraum 2004 bis Dezember 2015. Sie ergab, dass bei moderat stabilen COPD-Patienten die Anwendung von N-Acetylcystein die Häufigkeit von Exazerbationen signifikant senken kann. Der Effekt scheint dosisabhängig zu sein, denn eine signifikante Reduktion der Exazerbationsrate pro Jahr fand man in zwei Studien mit einer Dosis von 1200 mg/Tag, in einer Studie mit 600 mg/Tag dagegen nicht. Die Review-Autoren regen auf Basis dieser Ergebnisse weitere Studien an, eventuell sogar mit Dosen über 1200 mg pro Tag. Schwerwiegende Nebenwirkungen dürften nicht auftreten, da N-Acetylcystein in Studien mit deutlich höheren Dosen gut verträglich war. Aus der intravenösen Applikation von N-Acetylcystein bei Paracet­amol-Vergiftungen liegen beim Menschen sogar Erfahrungen mit Tagesmaximaldosen bis zu 30 Gramm vor.

Einige Unklarheiten bleiben

Noch nicht komplett verstanden ist, Patienten mit welchem Schweregrad am meisten von N-Acetylcystein profitieren. Möglicherweise sind es die schwerer erkrankten Populationen (GOLD-Stadium II und III). Die Autoren merken jedoch an, dass die beiden aussagekräftigen Studien mit hoch­dosiertem NAC mit chinesischen Probanden durchgeführt wurden, was Verallgemeinerungen erschweren könnte. Unklar bleibt außerdem, ob Patienten, die gerade eine akute COPD-Exazerbation erleiden, von einer NAC-Gabe profitieren können. Zwar war in einer Studie eine signifikante Reduktion der Entzündungsmarker (CRP-Spiegel) zu verzeichnen. Aber welche Auswirkungen das auf die klinischen Symptome hat, müsste in weiteren Studien untersucht werden. |

Quelle

Gillard CJ, Reuter CM. The clinical role of N-acetylcysteine in the management of COPD: A review of recent literature. Curr Respir Med Rev 2016;12:136-141

Global Strategy for the diagnosis, management, and prevention of chronic obstructive pulmonary disease, updated 2016, www.goldcopd.org

Bruhn C. N-Acetylcystein kann mehr als Sekret lösen: Studien zeigen neue Therapieoptionen auf. DAZ 2012;152(7):52-53

Fachinformation Fluimucil® long 600 mg Brausetabletten, Stand Dezember 2014

Apothekerin Dr. Claudia Bruhn

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