Kundenzeitschriften

Die Neue Apotheken Illustrierte

Gespräch mit Jutta Petersen-Lehmann, Chefredakteurin der NAI

diz | Die ABDA ist mit einem eigenen Gesundheitsmagazin auf dem Markt der Apothekenkundenzeitschriften vertreten: Die „Neue Apotheken Illustrierte“ (NAI) erscheint in der Avoxa-Mediengruppe, dem ehemaligen Govi-Verlag. Wir unterhielten uns mit Apothekerin Jutta Petersen-Lehmann, Chefredakteurin der NAI, über Anspruch, Ziele und Zukunft „ihrer“ Zeitschrift.
Foto: Avoxa

Jutta Petersen-Lehmann ist Apothekerin. 1987 trat sie in die Redaktion der „Pharmazeutischen Zeitung“ ein und arbei­tete dort als Redakteurin. Einige Jahre später übernahm sie dann die Chefredaktion der ABDA-eigenen Kundenzeitschrift Neue Apotheken Illustrierte. Seit 1995 ist sie Objektleiterin für Publikumsmedien beim Govi-Verlag, jetzt Avoxa, seit 2011 auch Chefredakteurin von aponet.de.




DAZ: Frau Petersen-Lehmann, welchen Anspruch hat die NAI? Welche Zielgruppen hat die NAI in ihrem Fokus?

Petersen-Lehmann: Unser Anspruch ist es, mit nur einem Heft alle apothekenrelevanten Zielgruppen anzusprechen. Das heißt, wir wollen alle Altersgruppen erreichen, den älteren Menschen genauso wie die jungen Eltern, aber auch den Diabetiker. Weil wir uns mit der NAI an alle Gesundheits­interessierten wenden, machen wir bewusst keine auf eine bestimmte Zielgruppe ausgerichtete Zeitschrift, mit einer Ausnahme: Unser Heft „Extra – Diabetes“ ist ein Spezialheft für Diabetes-Patienten. Der Hintergrund für unser Konzept, alle Zielgruppen einzubeziehen: Wir wissen, dass die NAI von mehreren Personen eines Haushalts gelesen wird. Daher sollen möglichst viele ein für sie interessantes Thema finden. Es gibt aber auch einen ökonomischen Grund: Wir wollten immer eine Zeitschrift sein, die preiswert für den Apotheker ist, die sich jede Apotheke leisten kann. Das bedeutet für uns: keine weitere Diversifizierung.

Foto: Avoxa
Jutta Petersen-Lehmann, Apothekerin, ist Chefredakteurin der Neuen Apotheken Illustrierten.

DAZ: …und einen Umfang, der sich im Rahmen hält?

Petersen-Lehmann: In der Tat, wir liegen mit dem Umfang der NAI zwischen 44 und 52 Seiten. Deshalb können wir mit einem preisgünstigen Angebot am Markt antreten. Abhängig von der bestellten Anzahl und der Bezugsdauer liegt der Preis eines Exemplars der NAI-Basisausgabe zwischen 15 und 21 Cent. Aber trotz des überschaubaren Umfangs versuchen wir, möglichst alle unsere Zielgruppen und möglichst viele Interessensgebiete anzusprechen.

DAZ: Welche Themen stehen im Mittelpunkt?

Petersen-Lehmann: Unsere Texte drehen sich im weitesten Sinne um pharmazeutische und medizinische Themen. Ernste Erkrankungen werden genauso angesprochen wie Wellness-Themen. Was mir besonders wichtig ist: Einer unserer Schwerpunkte ist die Gesundheitspolitik, die Standespolitik. Das sind wir unserem Herausgeber, der ABDA, schuldig. Wir greifen diese Themen aber auch aus eigenem Interesse auf. Wir stellen dabei fest: Wenn wir solche Themen gut verständlich aufbereiten und in Patientenfragen umsetzen, dann sehen wir, dass solche Inhalte in der Bevölkerung durchaus ankommen. Wir sehen dies auch auf unserem Internetportal aponet.de: Vor allem, wenn es die Menschen direkt betrifft, wenn es zum Beispiel um Geld geht wie bei Fragen der Zuzahlung zu Arzneimitteln, wenn es um Arzneimittelsicherheit oder um Patientenrecht geht, löst das große Resonanz aus.

DAZ: Apothekenkunden und Patienten sind die eine Zielgruppe. Aber sind nicht auch die Apotheker eine der Zielgruppen, die Sie ansprechen wollen?

Petersen-Lehmann: Auf alle Fälle. Neben den Leserzielgruppen haben wir die davor geschaltete Zielgruppe der Apotheker, es sind diejenigen, die uns kaufen. Darüber hinaus haben wir auch unseren Herausgeber als Zielgruppe, der sich auch von der NAI angesprochen fühlen muss. Das ist sein gutes Recht. Und letztlich haben wir natürlich auch unsere Anzeigenkunden als Zielgruppe, wobei wir selbstverständlich vor dem Hintergrund unseres ethischen Anspruches ganz klar zwischen Redaktion und Anzeigen trennen. Aber wenn wir uns mit Gesundheitsthemen beschäftigen, bieten wir den Anzeigenkunden auch Anlass, darauf zu reagieren. Dennoch, wir beschränken uns hier weit mehr, als es heute marktüblich ist.

DAZ: Wie stellen Sie den Apotheker in Ihrem Medium dar?

Petersen-Lehmann: Wir versuchen, den Apotheker als Anwalt des Patienten zu positionieren. Beispielsweise vermitteln wir dem Leser bei allen berufspolitischen Themen, dass die Forderungen der Apotheker kein Selbstzweck sind. Es geht um das Patientenwohl. Und wir stellen heraus, dass sich der Apotheker auch dem Gemeinwohl verpflichtet fühlt.

DAZ: Kann die NAI nicht auch als ein Sprachrohr der Apo­theker angesehen werden?

Petersen-Lehmann: Durchaus, wobei ich Wert darauf lege, dass wir uns als Sprachrohr der Apothekerschaft und nicht allein der ABDA positionieren. Bei uns stehen das Apothekerwohl, die Interessen der Apotheker auf dem Programm.

DAZ: Sollte sich Ihrer Meinung nach auch die standespoli­tische Ausrichtung im redaktionellen Programm der NAI niederschlagen, Stichwort Perspektivpapier 2030?

Petersen-Lehmann: Absolut. Über das Perspektivpapier haben wir bereits mehrfach berichtet. Eines unserer Themen war auch ARMIN, die Arzneimittelinitiative in Sachsen/Thüringen. Vor Kurzem haben wir ein zielführendes Interview mit Professor Weckbecker geführt, dem Direktor des Instituts für Hausarztmedizin, und Andreas Kiefer, dem Präsidenten der Bundesapothekerkammer, über die Arzneimitteltherapiesicherheit und den Medikationsplan. Das Gespräch zeigte, dass die Differenzen zwischen Hausärzten und Apothekern weit geringer sind als vermutet. Wir konnten unseren Lesern vermitteln, dass beide an einem Strang ziehen zum Wohl des Patienten. Bei solchen Themen zeigt sich auch der Sinn, warum der Apothekerstand eine eigene Zeitschrift hat. Man kann abseits der sonst veröffentlichten Meinung und eingefahrener Vorurteile Sachverhalte unter dem eigenen Blickwinkel präsentieren. Die Apotheker haben mit ihrer Zeitschrift die große Chance, die Verbraucher über ihre Ziele, ihre Arbeit zu informieren.

DAZ: Ist die NAI damit ein Teil der Öffentlichkeitsarbeit der ABDA? Mit kaum einem anderen Medium als einer Kundenzeitschrift kommt man näher ran an den Verbraucher als mit einer Zeitschrift, die er zu Hause auf seinem Tisch hat.

Petersen-Lehmann: Das kann man so sehen. Wir stimmen uns tatsächlich in gewissem Umfang mit der Abteilung für Öffentlichkeitsarbeit ab. Ich halte es für ein hohes Gut, wenn eine Organisation, ein Verband eine eigene Zeitschrift hat, die auf den Markt geht. Jede andere Zeitung zu erreichen, ist weitaus schwieriger, denn dazwischen steht immer eine Redaktion, die ihre eigene Ansicht mit einbringt. Mit einer eigenen Redaktion und Zeitschrift lassen sich Ansichten und Einstellungen der Apothekerschaft wesentlich besser transportieren.

DAZ: Werden die großen Kampagnen der ABDA-Öffentlichkeitsarbeit mit der NAI abgestimmt?

Petersen-Lehmann: Wir sprechen uns über die wichtigen Eckpunkte im Jahr ab. Ich bin Mitglied im PR-Ausschuss und erfahre die Planung rechtzeitig. Wir können somit sehr früh unsere Themen auf die Kampagnen abstellen. Wenn beispielsweise eine Nachwuchskampagne läuft, begleiten wir dies parallel mit einer Berichterstattung über die Berufe, die in der Apotheke arbeiten, mit dem Ziel, dass z. B. die Großmutter die Enkelin anspricht, ob nicht der PTA-Beruf eine Alternative für sie wäre.

DAZ: Sollten sich die ABDA-Spitze oder auch andere Berufspolitiker häufiger in der NAI mit Beiträgen zu Wort melden?

Petersen-Lehmann: Wir veröffentlichen immer wieder Editorials, verfasst von unseren Standespolitikern, das ist ein weiteres Plus einer eigenen Zeitschrift. Dazu gibt es aber auch andere journalistische Formen, die wir standespolitisch nutzen. Der ABDA-Präsident hat überdies einmal im Monat eine eigene Kolumne im Heft!

DAZ: Nehmen wir als Beispiel das Thema der Apotheker­honorierung. Könnte es Aufgabe einer apothekereigenen Kundenzeitschrift sein, in der Bevölkerung Verständnis zu wecken für eine ausgewogene Honorierung der Apotheker?

Petersen-Lehmann: Auf alle Fälle, das haben wir auch gemacht. Das sind Themen, die bei uns mehrfach in jedem Jahr vorkommen. Wir stellen das in einer kundenverständlichen Aufmachung und Sprache dar. Zum Beispiel haben wir beim Thema Notdienst darauf hingewiesen, dass der Nacht- und Notdienstfonds einerseits notwendig ist, aber andererseits der Nachtdienst für den Apotheker zum Teil auch Gemeinwohlarbeit ist. So kann man beim Patienten, beim Verbraucher Verständnis für dieses Anliegen wecken. Auf keinen Fall wird dies von uns redaktionell so dargestellt, dass der Eindruck rüberkommt, die Apotheker wollen einfach nur mehr Geld. Wir verbinden es immer mit einem Patienten­nutzen, es soll immer für den Patienten einsichtig sein.

DAZ: Wie groß ist die Redaktion der NAI?

Petersen-Lehmann: Klein. Für aponet, die NAI, die NAI Extra, außerdem für eine italienische Ausgabe der NAI und für das Buchlektorat unserer Verbraucherratgeber arbeiten mit mir gerade mal vier Vollzeitredakteure, eine Teilzeitredakteurin und einige wenige freie Autoren. Es ist eine gute Mischung aus Apothekern und Nichtapothekern, alle mit einer zusätzlichen journalistischen Qualifikation. Darüber hinaus können wir auf einen großen Kreis von Fachleuten für spezifische Themen zurückgreifen. Dennoch, meine Redaktion ist relativ klein, es ist eine große Herausforderung.

DAZ: Wo steht die NAI im Markt der Kundenzeitschriften?

Petersen-Lehmann: Wir halten die Auflage stabil, unsere Verbreitung liegt monatlich bei etwa einer Million. Wir haben sogar Marktanteile gewonnen. Jede Ausgabe der NAI hatte im Erhebungszeitraum der aktuellen Allensbacher Markt- und Werbeträgeranalyse durchschnittlich 2,28 Millionen Leser pro Ausgabe.

DAZ: Welche Zukunftsperspektiven hat eine NAI – vor dem Hintergrund des Internets und des Verhaltens der Verbraucher, die sich immer häufiger im Netz informieren?

Petersen-Lehmann: Da kann ich nur einen Blick in die Glaskugel werfen. Unsere Analysen zeigen, dass weniger als zehn Prozent unserer Hauptzielgruppe 60 plus im Internet nach Gesundheitsfragen recherchieren. 75 Prozent unserer Leser sind zudem Frauen, die in der Altersgruppe 60 plus das Internet relativ wenig nutzen. Andererseits sorgen die Frauen in der Familie für die Gesundheit. Unsere Zielgruppe nutzt die Kundenzeitschriften trotz Internet unverändert, im Gegensatz zu den Tageszeitungen, die kontinuierlich Leser verlieren. Mit einem gedruckten Magazin hat man eher die Möglichkeit, die Leser mit neuen Themen zu konfrontieren, nach denen sie nicht gesucht haben.

Und allen, die ihre Gesundheitsinformationen gerne im Internet suchen, kann die NAI mit „aponet“ ein abwechslungsreiches Gesundheitsportal bieten. Wir verknüpfen die NAI und aponet bereits crossmedial. Aponet fungiert in erster Linie als Nachrichtenkanal und Nachschlagewerk, in der Zeitschrift findet der Leser eher die längeren Beiträge, die bequemer auf Papier zu lesen sind. Bei aponet gibt es zudem einen eigenen Bereich, der die Zeitschrift selbst hervorhebt. Wir gehen davon aus, dass es für die Print-Ausgaben der Kundenzeitschriften derzeit und auch noch für die nächsten Jahre eine große Zielgruppe gibt. Unsere Hauptzielgruppe wird auch weiterhin noch die gedruckten Exemplare bevorzugen. In anderen Bereichen mag das anders sein.

DAZ: Ist eine App der NAI fürs Tablet oder Smartphone geplant?

Petersen-Lehmann: Konkret in der nächsten Zeit nicht, für die NAI-Zielgruppe hat das glaube ich zumindest in der nahen Zukunft keine hohe Priorität. Was wir aber gemacht haben: die Notdienst- und Apothekensuche auf aponet.de für die mobile Nutzung optimiert. Und wir sehen an den Nutzungszahlen, dass das absolut richtig war.

DAZ: Frau Petersen-Lehmann, vielen Dank für das Gespräch. |


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