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Impfen? Das können Apotheker auch
Vorbild Schweiz: Immer mehr Kantone erlauben Impfungen in der Apotheke
Im Jahr 2015 waren in der Schweiz die Kompetenzen und Verantwortungen der Apotheker auf Bundesebene mit Anpassungen im Medizinalberufe- und im Heilmittelgesetz erweitert worden. Unter anderem wurde auch das Impfen vorbehaltlich bestimmter Voraussetzungen und Genehmigungen erlaubt. Der erste Schweizer Kanton, in dem speziell dafür ausgebildete Apotheker gesunde Erwachsene ohne vorliegendes Arztrezept impfen durften, war Zürich, und zwar seit September 2015. Mittlerweile darf in zwölf Kantonen, vornehmlich in der Westschweiz (Basel-Land, Bern, Neuenburg, Freiburg, Jura, Solothurn), aber auch in Genf und im Nordosten in Schaffhausen, Thurgau und Zürich sowie in Schwyz und dem flächenmäßig großen Kanton Graubünden direkt geimpft werden. Ab dem 1. November kommt nun noch der Kanton St. Gallen hinzu. Im Tessin ist die Impfung in der Apotheke mit Rezept erlaubt.
Anlässlich des nationalen Grippeimpftags am 6. November 2015 hat der Schweizerische Apothekerverband pharmaSuisse die Plattform impfapotheke.ch lanciert. Dort ist mit einem Klick auf eine übersichtliche Landkarte des Alpenlandes zu erfahren, in welcher Apotheke sich Erwachsene in den einzelnen Kantonen nun direkt impfen lassen können.
Hauptsächlich Grippe- und FSME-Impfung
Die Impfbefugnisse sind kantonal unterschiedlich ausgelegt und in der Regel beschränkt auf Impfungen gegen Grippe und Frühsommer-Meningo-Enzephalitis sowie auf Folgeimpfungen (bisher fast ausschließlich gegen Hepatitis A und B). In Neuenburg und Solothurn darf auch gegen Masern geimpft werden. Kinder unter 16 sind von den Impfungen in Apotheken ausgeschlossen. PharmaSuisse strebt an, dass Apotheker in allen Kantonen gesunde Erwachsene gegen Krankheiten gemäß dem schweizerischen Impfplan (inklusive Masern) impfen können. Die Schweiz ist immer noch ein „Exportland“ für Masern.
Voraussetzung Fähigkeitsausweis
Apotheker, die impfen wollen, müssen über eine Weiterbildung den speziellen Fähigkeitsausweis „FPH Impfen und Blutentnahme“ erwerben. Außerdem muss für die Apotheke und den Apotheker eine kantonale Impfbewilligung vorliegen. Für den Fähigkeitsausweis wird eine fünftägige Schulung (plus Vorbereitungszeit) absolviert. Dort lernen die Kursteilnehmer nicht nur, wie man impft und Blut abnimmt, sie eignen sich auch ein umfassendes Wissen zu Impfstoffen und deren Anwendung an. Sie machen einen Reanimationskurs und üben, mit einem anaphylaktischen Schock umzugehen. Um den Ausweis zu behalten, muss der Reanimationskurs alle zwei Jahre aufgefrischt und es müssen Fortbildungskurse zum Thema Impfen und/oder Injektionstechnik besucht werden. In Zukunft sollen diese Fähigkeiten bereits im Pharmaziestudium vermittelt werden. Landesweit waren mit Stand Mitte September 2016 knapp 530 Apotheker mit dem Fähigkeitsausweis zertifiziert.
Prof. Dr. Robert Steffen, der an der Universität Zürich für Epidemiologie und die Prävention übertragbarer Krankheiten zuständig war, hat das Fähigkeitsprogramm FPH Impfen und Blutentnahme mitentwickelt, selbst unterrichtet und Prüfungen abgenommen. Steffen sagt: „Apotheker, die diese spezielle Ausbildung absolviert haben, beherrschen das Impfen genauso gut wie Ärzte. Für Erwachsene ohne wesentliche gesundheitliche Störungen ist das Impfen in der Apotheke ebenso sicher wie in der Arztpraxis.“
Ärzte teilweise noch skeptisch
Als der Kanton Zürich mit dem Service nach einem sechsjährigen Gang durch behördliche und politische Instanzen die Vorreiterrolle übernahm, gab es großen Widerstand aus der Ärzteschaft. Laut pharmaSuisse haben in der Zwischenzeit die meisten Ärztegesellschaften in Kantonen, in denen in Apotheken geimpft werden darf, ihr Einverständnis gegeben. Es ist aber offenbar noch Überzeugungsarbeit zu leisten. Als der Genfer Staatsrat das Impfen in der Apotheke im August 2016 genehmigte, musste er sich mit einer heftigen Gegenwehr seitens der Hausärzte auseinandersetzen. Eine ähnliche Skepsis besteht in Luzern, wo der Apothekerverein unlängst einen Antrag gegen das Impfen durch Apotheker gestellt hat. In St. Gallen ist ein Konflikt mit den Medizinern wohl nicht zu erwarten – im Gegenteil. Der Antrag auf Änderung der Heilmittelverordnung erfolgte einvernehmlich mit der Ärzteschaft.
Kosten tragen die Patienten
Die Kosten für Impfungen in der Apotheke werden nicht von den Krankenkassen getragen. Den Preis für die Dienstleistung können die Anbieter selber festlegen. Laut Daniel Hugentobler vom Apothekerverband des Kantons Zürich (AVKZ) liegt er meistens zwischen 35 und 45 Schweizer Franken, jedenfalls nicht höher als beim Arzt. Dort kostet es 70 bis 100 Franken, wenn dafür extra eine Konsultation vereinbart wird. Bevölkerungsumfragen von pharmaSuisse zeigen, dass die Nachfrage nach Impfungen in der Apotheke steigt.
Nicht gewinnbringend
Das Angebot ist jedoch derzeit nicht gewinnbringend. Als Grund hierfür werden die Ausgaben für die Impfstoffe und die hohen Investitionen angeführt. Die Schulung kostet 3500 bis 4000 Schweizer Franken. Wer die Lizenz zum Impfen erlangen will, muss in der Apotheke einen Raum einrichten, der visuell und akustisch von der Offizin getrennt ist. Hinzu kommen Material und Infrastruktur inklusive Liege, Notfallkoffer, Sauerstoffgerät und weitere medizinische Hilfsmittel. „Dieser Aufwand ist ein Grund, weshalb einige Apotheken noch zögern“, sagt AVKZ-Präsident Dr. Lorenz Schmid.
Auch in Kantonen, in denen sie noch nicht impfen dürfen, bieten viele Schweizer Apotheker eine professionelle Impfberatung an. Zum Service gehört ein elektronischer Impfausweis. Dort können nebst den erhaltenen Impfungen auch Informationen zu Allergien oder chronischen Erkrankungen eingetragen werden. Wer will, kann sich per SMS oder E-Mail daran erinnern lassen, dass Impfungen aufgefrischt werden sollten. Mit der Zustimmung des Patienten können Ärzte im Bedarfsfall ortsunabhängig auf den elektronischen Impfausweis zugreifen. Der Impfpass kann auch online zur Verfügung gestellt werden, sodass der Kunde jederzeit und überall einen aktuellen Überblick über seine Impfungen hat. |
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